
Das Lagertor.
Die Gedenkstätte des Lagers Struthof, im „Dritten Reich“ offiziell „Konzentrationslager Natzweiler“ genannt, liegt im Elsaß, 8 km vom Bahnhof Rothau entfernt, auf einem Gipfel der Vogesen in 800 m Höhe in einem oft nebligen und kalten Klima. Im September 1940 wird die Anlage des KZ geplant und am 21. Mai 1941 fertiggestellt. Das Lager wurde für 1500 Häftlinge gebaut und zu Anfang von 150 deutschen Strafgefangenen („grüne Dreiecke“) belegt. Der tatsächliche Bestand lag zu Beginn des Jahres 1944 unter 2000, erreichte im September jedoch beinahe die Zahl von 7000 Personen, die beim Heranrücken der Alliierten nach Dachau verlegt wurden. Vom Lager waren 18 Außenkommandos im Mosel- und Neckartal mit etwa 14 000 Häftlingen abhängig. Das KZ Natzweiler-Struthof war kein Vernichtungslager im engeren Sinne, sondern diente als Straf- und Arbeitslager. Weltbekannt wurde es als berüchtigtes und gefürchtetes Lager durch die medizinischen Versuche (Fleck- und Gelbfieber durch Prof. Haagen, Gasversuche usw.). Die genaue Anzahl der hier Umgekommenen ist nicht zu ermitteln, dürfte aber mit Sicherheit mehrere tausend betragen haben.
Zur SS-Leitung der Lager gehörten: der Kommandant, der Schutzhaftlagerführer, der Arbeitsdienstführer; jede Baracke stand unter Aufsicht eines Blockführers. Die zivile, d.h. interne Leitung des Lagers wurde von der SS-Leitung an Häftlinge, meist Kriminelle, übergeben. Sie bestand aus dem Lagerältesten, dem Lagerkapo und den Arbeitskapos. Jedem Block oder jeder Baracke stand ein Blockältester vor, der zwei Stubenälteste unter sich hatte. Die Arbeitskapos (Vorarbeiter / Gruppenführer) wurden von der SS, meistens unter den grünen oder schwarzen „Dreiecken“, ausgesucht und hatten das Recht, Unterkapos zu bestimmen. Die verschiedenen Häftlingsgruppen wurden mit Stoffdreiecken gekennzeichnet: Rot – Politische Häftlinge; Violett – Bibelforscher (Zeugen Jehovas); Schwarz – „Asoziale“; Grün – Kriminelle; Rosa – Homosexuelle; Blau – Emigranten; gelber Stern – Juden. Fluchtverdächtigen wurde eine Zielscheibe aufgenäht.
Die sogenannten NN-Transporte nach Natzweiler, von: Eugen Kogon, Der SS-Staat, Das System der deutschen Konzentrationslager, München 1974, S. 242 ff.
(…) Die „Nacht- und Nebel-Transporte“ erfassten Holländer, Franzosen und Belgier, von denen ein Teil nach „rassenbiologischer Untersuchung“ Sonderversuchen in anderen KZ, besonders in dem berüchtigten Natzweiler, zugeführt wurde. Die NN-Transporte waren eine reine Abschreckungsmaßnahme. (…)
Die für die NN-Transporte bestimmten Häftlinge durften ab sofort nicht mehr an ihre Angehörigen schreiben. Ihr Schicksal im KZ Natzweiler war, wie dann allmählich bekannt wurde, recht verschieden. Um klarzumachen, welche allgemeinen Verhältnisse sie dort vorfanden, soll ein Bericht des politischen Häftlings Robert Leibbrand aus Stuttgart hier eingefügt werden, der sich auf Angaben von Natzweiler Revierpflegern stützt. 20 von ihnen waren von Dachau aus dorthin gebracht worden; nur drei haben das Lager Natzweiler überlebt.
In einem höchst unwirtlichen Klima hatten 900 Gefangene in einem Jahr das Lager terrassenförmig am Vogesenberghang zu errichten. Kommandant war der SS-Sturmbannführer Zill aus Plauen, der erste Lagerführer SS-Hauptsturmbannführer Kramer aus Augsburg, der erste Lagerarzt der von Buchenwald dorthin beorderte Dr. Eisele, sein Nachfolger der kaum weniger berüchtigte SS-Obersturmführer Blanke. Von den 900 Anfangshäftlingen „verstarben“ 330, weitere 300 mussten als Invaliden nach Dachau geschafft werden.
Das gefürchtetste Arbeitskommando war der Steinbruch von Natzweiler. Von den Lagerinsassen waren nur etwa 100 wirklich arbeitsfähig, und das war die grüne Lagerprominenz, die nicht arbeitete. Da jedoch das Steinbruchkommando mindestens 200 Mann umfassen musste, wurden viele, die nicht mehr gehen konnten, in Schubkarren zur Arbeit gebracht. 60 % der Häftlinge wogen unter 50 Kilo. Der Hunger war so groß, dass die Schwächsten von entmenschten Mitgefangenen einfach deshalb erschlagen wurden, damit sich die Täter in den Besitz der kärglichen Tagesration der Toten setzen konnten. In einer einzigen Nacht wurden einmal in das Revier nicht weniger als 30 Mann erschlagen eingeliefert.

Der Galgen als zentraler Schauplatz öffentlicher Hinrichtungen.
Die Behandlungspraxis im Häftlings-Krankenbau überstieg alle Vorstellungen. (…) Am 8. Juli 1942 war einer der Revierpfleger Zeuge des folgenden Ereignisses: „Im Korridor des Reviers ständen sechs aus rohen Brettern zusammengenagelte Kisten übereinander, die als Särge dienten. Aus den Fugen sickerte Blut. Im untersten Sarg war plötzlich ein Klopfen zu hören. Eine schwache Stimme wimmerte: ‚Macht auf, macht auf, ich lebe noch!’ (…) Die Grünen holten den Sarg hervor und öffneten ihn.
Mit zerschlagenen Gliedern und verletztem Kopf starrte uns ein mit einem Toten zusammenliegender Häftling an. Ich wollte zugreifen, um ihn aus seiner fürchterlichen Lage zu befreien, wurde aber von den BVern (BV = Befristete Vorbeugehaft für Kriminelle) sofort zur Seite gestoßen. Einige dumpfe Schläge, dann war der Sarg wieder zugenagelt und ging in das Krematorium ab.“
In dieses Milieu kamen die NN-Häftlinge. Schon bei der Aufnahme in die politische Abteilung erhielten sie Prügel über Prügel. Die Funktionskräfte bekamen strengste Anweisung, dass die Neueingetroffenen nur im Freien mit den schwersten Arbeiten beschäftigt werden durften. Innerhalb von sechs Tagen wurden 20 von ihnen durch die Postenkette getrieben und „auf der Flucht erschossen“. Bei der Arbeit an dem steilen Berghang genügte ein kräftiger Stoß durch einen SS-Mann oder einen der grünen Antreiber, und der Häftling stürzte über die Postenkette hinaus. Die SS-Wachtposten erhielten für jeden Abschuss drei Tage Urlaub und eine Zulage von Lebensmitteln und Tabak. (…)
Bericht eines Häftlings; Doktor Goudé, Tragédie de la Déportation
Ich kam am 19. Mai 1944 mit einer Gruppe von sieben Intellektuellen ins Lager Struthof. Bei unserer Ankunft fielen uns sofort unsere Leidensgenossen auf, ihr automatisches Gehen, ihr stierer Blick, ihr skelettartiges Aussehen, unbeschreiblich und unerreicht. Ich habe viele Lager gekannt (Buchenwald, Natzweiler, Wesseling, Dachau und Auschwitz), nirgends habe ich schmerzlicheres Mitleid empfunden als im Lager Struthof. Was uns dort auffiel, waren die riesigen Buchstaben NN, mit roter Farbe auf die Kleidung geschmiert. (…) Diese Menschen waren völlig von der zivilisierten Welt abgeschlossen. Sie erhielten weder Briefe, noch Päckchen, noch Nachrichten von draußen. Hier fanden wir die völlige Verrohung, wahnsinnige Arbeit und die wilde Brutalität der Kapos und der Blockältesten. Die Gefangenen konnten nicht einmal fünf Stunden wirklich schlafen; das Ungeziefer hinderte sie daran. Die sonntägliche Mittagsruhe war aufgehoben. Aber dafür den ganzen Tag Stockschläge – die Hunde ständig an den Fersen – die Angst vor dem geringsten Schwächeanfall, die verringerten Essensportionen, das Fehlen jeglicher ärztlicher Pflege zu Anfang, die furchtbaren sogenannten wissenschaftlichen Versuche, Verpflanzungsversuche an Menschen und die Gaskammer.
Die Gefangenen führten in den Bergen Erdarbeiten aus, unter der ständigen Drohung der Knüppel der Kapos. Diese Kapos, Gefangene wie wir, hatten es erreicht, von dem verantwortlichen SS-Mann eine besondere Stellung zugeteilt zu bekommen. Meistens Ausländer und Sträflinge, machten sie sich rücksichtslos über ihre Schicksalsgefährten her. Das Gesetz des Lagers wollte es nicht, dass die Belegschaft eine bestimmte Zahl überschritt. Die Kapos besorgten die Hinrichtung einer bestimmten Anzahl Gefangener, indem sie sich unterwürfig nach den erhaltenen Befehlen richteten. Sie suchten sich die Schwächsten aus und machten sich mit ihren Knüppeln über sie her, mit herausfordernder Grausamkeit. Es kam jedoch vor, dass das gewünschte Ergebnis nicht vor der Rückkehr ins Lager erreicht wurde. In diesem Fall stieß der Kapo den verurteilten Gefangenen unerbittlich den Hang hinunter. Hatte der Unglückliche unfreiwillig die angenommene Begrenzungslinie des Arbeitsplatzes überschritten, so wurde er von den Wachposten, die mit den Kapos unter einer Decke steckten, erschossen; sein Totenschein gab jedesmal „Fluchtversuch“ als Todesursache an.
Bericht, René Marx, Témoignage strasbourgeois
Am nächsten Morgen begann die Hinrichtung der Widerstandskämpfer der Organisation „Alliance“. Sie dauerte drei Tage und umfasste zwischen 150 und 200 Opfer. Gewisse Gerüchte hatten sie angekündigt. Kurz vorher hatte man gehört, dass Franzosen in den Wäldern des Donon versteckt seien und die Lager Struthof und Schirmeck stürmen wollten. Daher hatte der Kommandant von den Häftlingen an den Zugängen des Lagers ein Grabensystem bauen lassen mit Maschinengewehren, die ins Lagerinnere gerichtet waren und uns im Falle eines Angriffs erschießen sollten. Außerdem wurde von der SS eine Jagd auf die Widerstandskämpfer begonnen, so dass die Kommandos, zu denen man täglich die Häftlinge brachte, nicht arbeiten konnten.

Das Krematorium.
Das Ergebnis dieser Offensive ließ nicht auf sich warten. Noch am gleichen Abend, gegen Mitternacht, kam ein Lastwagen nach dem anderen und fuhr zum Krematorium. Von dem Motorenlärm geweckt, bezog ich wieder meinen Beobachtungsposten am Fenster, das auf die Hauptstraße ging. Der Kamin des Krematoriums, vom Schein des Feuers gerötet, hob sich unheimlich von der Dunkelheit ab. Was ging da vor? Vielleicht, sagte ich mir, verbrennt die SS ihre Akten, bevor sie das Lager evakuieren würde.
Am nächsten Tag war ich wie erstarrt. Ein Kamerad aus Luxemburg, der die Nacht im Ankleidungsblock direkt über dem Krematorium verbracht hatte, erzählte mir, dass stundenlang Scharen von Männern und Frauen auf Lastwagen gebracht wurden, und dass man die ganze Zeit ein Geräusch gehört habe, das an das Zuknallen einer Tür erinnert habe, und gleichzeitig ersticktes Schreien und Singen. Von all diesen Menschen, die man zum Krematorium gebracht hatte, war nichts mehr übrig als ein brenzliger Geruch im Lager und ein grauer Rauch, der unaufhörlich vom großen Kamin aufstieg und dann in das Tal hinabsank. Es war leicht zu verstehen, was geschehen war. Die Menschen, die man ins Krematorium gebracht hatte, waren die Widerstandkämpfer der Umgebung. Man hatte sie eingekreist, gefangengenommen, auf Lastwagen geladen und zu den Verbrennungsöfen gebracht. Das Geräusch, das einer schlagenden Tür ähnelte, war nichts anderes als das Knallen der Sechs-Millimeter-Revolver der SS, die ihre Opfer durch Genickschuss tötete.
Schreiben von Prof. Dr. August Hirt, Ordinarius für Anatomie an der Reichsuniversität Straßburg, an den Reichsführer SS Heinrich Himmler vom 9.2.42
zit. nach: A. Mitscherlich / F.Mielke, Medizin ohne Menschlichkeit, Dokumente des Nürnberger Ärzteprozesses, Frankfurt/Hamburg 1960, S. 114
Betr.: Sicherstellung der Schädel von jüdisch-bolschewistischen Kommissaren zu wissenschaftlichen Forschungen in der Reichsuniversität Straßburg.

Der Verbrennungsofen im Krematorium.
Nahezu von allen Rassen und Völkern sind umfangreiche Schädelsammlungen vorhanden. Nur von den Juden stehen der Wissenschaft so wenig Schädel zur Verfügung, dass ihre Bearbeitung keine gesicherten Ergebnisse zulässt. Der Krieg im Osten bietet uns jetzt Gelegenheit, diesem Mangel abzuhelfen. In den jüdisch-bolschewistischen Kommissaren, die ein widerliches, aber charakteristisches Untermenschentum verkörpern, haben wir die Möglichkeit, ein greifbares wissenschaftliches Dokument zu erwerben, indem wir ihre Schädel sichern.
Die praktische Durchführung der reibungslosen Beschaffung und Sicherstellung dieses Schädelmaterials geschieht am zweckmäßigsten in Form einer Anweisung an die Wehrmacht, sämtliche jüdisch-bolschewistischen Kommissare in Zukunft lebend sofort der Feldpolizei zu übergeben. Die Feldpolizei wiederum erhält Anweisung, einer bestimmten Stelle laufend den Bestand und Aufenthaltsort dieser gefangenen Juden zu melden und sie bis zum Eintreffen eines besonderen Beauftragten wohl zu behüten. Der zur Sicherstellung des Materials Beauftragte (…) hat eine vorher festgelegte Reihe photographischer Aufnahmen und anthropologischer Messungen zu machen‘ und, soweit möglich, Herkunft, Geburtsdaten und andere Personalangaben festzustellen. Nach dem danach herbeigeführten Tode des Juden, dessen Kopf nicht verletzt werden darf, trennt er den Kopf vom Rumpf und sendet ihn, in eine Konservierungsflüssigkeit gebettet, in eigens zu diesem Zwecke geschaffenen und gut verschließbaren Blechbehältern zum Bestimmungsort. An Hand der Lichtbildaufnahmen, der Maße und sonstigen Angaben des Kopfes und schließlich des Schädels können dort nun die vergleichenden anatomischen Forschungen über Rassenzugehörigkeit, über pathologische Erscheinung der Schädelform, über Gehirnform und -größe und über vieles andere mehr beginnen.
Für die Aufbewahrung und Erforschung des so gewonnenen Schädelmaterials wäre die neue Reichsuniversität Straßburg ihrer Bestimmung und ihrer Aufgabe gemäß die geeignete Stätte.
SS-Standartenführer Sievers an SS-Obersturmbannführer Adolf Eichmann im Reichssicherheitshauptamt, Berlin
Betrifft: Aufbau einer Sammlung von Skeletten (…)
Insgesamt wurden 115 Personen, davon 79 Juden, 2 Polen, 4 Innerasiaten und 30 Jüdinnen bearbeitet. Diese Häftlinge sind zur Zeit getrennt nach Männern und Frauen in je einem Krankenbau des KL Auschwitz untergebracht und befinden sich in Quarantäne. Zur weiteren Bearbeitung der ausgesuchten Personen ist nunmehr eine sofortige Überweisung an das KL Natzweiler erforderlich, was mit Rücksicht auf die Seuchengefahr in Auschwitz beschleunigt durchgeführt werden müsste. (…)
Aussage des Lagerkommandanten von Struthof, Joseph Kramer, vor dem ersten amerikanischen Militärgerichtshof in Nürnberg
Ich war ein Buchhalter in Augsburg vor dem Jahre 1932. Sodann habe ich mich freiwillig zur SS gemeldet, und mir wurde befohlen, die Insassen von Konzentrationslagern zu bewachen. Bevor die Feindseligkeiten ausbrachen, war ich Leutnant in verschiedenen Konzentrationslagern, insbesondere in Esterwegen, Sachsenhausen, Dachau, Mauthausen und Auschwitz. Während des Monats August 1943 erhielt ich vom Lager Oranienburg oder vielmehr von der obersten SS-Führung in Berlin (…) den Befehl, ungefähr 80 Insassen von Auschwitz zu empfangen. In dem Begleitbrief zu dem Befehl hieß es, dass ich sofort mit Professor Hirt von der medizinischen Fakultät in Straßburg in Verbindung treten sollte. Ich ging zum anatomischen Institut von Straßburg, wo Hirt war. Der Letztere sagte mir, dass er von einem Insassen-Begleitzug, der von Auschwitz nach Struthof ging, wüsste. Er sagte mir, dass diese Personen in der Gaskammer des Lagers Struthof mit Gasen getötet und dann ihre Leichname zum anatomischen Institut gebracht werden sollten, damit er über dieselben verfügen könne. Nach diesem Gespräch gab er mir eine Flasche, die ungefähr einen Viertelliter Salze enthielt, die, ich glaube, Cyanhydratsalze waren. Der Professor sagte mir, welche Dosis ich zu nehmen hatte, um die Insassen (…) zu vergiften.

Die Aschengrube neben dem Krematorium – ein Massengrab.
Zu Beginn des Augusts 1943 erhielt ich die 80 Insassen, die mit den Gasen getötet werden sollten, die mir von Hirt übergeben worden waren. Eines Abends ging ich zur Gaskammer mit einem kleinen Wagen, es war ungefähr 9 Uhr, mit ungefähr 15 Frauen das erstemal. Ich sagte zu diesen Frauen, dass sie in den Desinfektionsraum gehen müssten; aber ich sagte ihnen nicht, dass sie vergiftet werden sollten. Mit Hilfe einiger SS-Leute kleidete ich sie vollständig aus und schob sie in die Gaskammer. (…) Als die Tür geschlossen war, fingen sie an zu brüllen. (…) Ich führte durch ein Rohr, das oben rechts vom Guckloch angebracht war, eine gewisse Menge von Salzen ein. Sodann schloss ich die Öffnung des Rohres mit einem Kork, der am Ende dieses Rohres angebracht war. Dieser Kork hatte ein Metallrohr. Dieses Metallrohr schleuderte das Salz und das Wasser in die Innenseite der Öffnung der Kammer. (…)
Ich beleuchtete die Innenseite des Raumes mittels eines Schalthebels, der in der Nähe des Rohres angebracht war, und beobachtete durch das Guckloch, was innerhalb des Raumes vor sich ging. Ich habe gesehen, dass diese Frauen noch ungefähr eine halbe Minute geatmet haben, bevor sie auf den Boden fielen. Nachdem ich die Ventilation innerhalb des Schornsteins in Bewegung gebracht hatte, öffnete ich die Türen. Ich fand diese Frauen leblos am Boden liegen. (…) Am nächsten Morgen sagte ich zu den Krankenpflegern der SS, die Leichname in einen kleinen Wagen zu legen (…), damit sie in das anatomische Institut gebracht werden könnten, so wie mich Professor Hirt gebeten hatte. Einige Tage später brachte ich unter den gleichen Umständen wiederum eine gewisse Anzahl von Frauen in die Gaskammer, die auf dieselbe Weise vergast wurden. Einige Tage später ging ich wiederum in die Gaskammer, und das wiederholte sich ungefähr zwei- oder dreimal, bis 50 Menschen oder vielleicht auch 55 mit den Salzen, die Hirt mir gegeben hatte, getötet waren. (…)
Ich habe bei der Ausführung dieser Dinge kein Gefühl gehabt, weil ich den Befehl erhalten hatte, diese 80 Insassen auf diese Weise zu töten, wie ich Ihnen bereits gesagt habe. Übrigens bin ich auf diese Weise erzogen worden. (…)

Grundriss des Konzentrationslagers Natzweiler-Struthof.
Autor: Detlef Bähr
Literatur
Adamo, Hans / Florence Herve / Martin Graf (Hrsg.): Struthof. Regards au-dela de l’oubli – Blicke gegen das Vergessen. Essen 2002.
Benz, Wolfgang / Hermann Graml /Hermann Weiß: Enzyklopädie des Nationalsozialismus, München 1997.
Benz, Wigbert / Bernd Bredemeyer / Klaus Fieberg: Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg. Beiträge, Materialien Dokumente. CD-Rom, Braunschweig 2004.
Gutman, Israel / Eberhard Jäckel / Peter Longerich (Hrsg.): Enzyklopädie des Holocaust. Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden. München 1998.
Lang, Hans-Joachim: Die Namen der Nummern, Hamburg 2004.
Kammer, Hilde / Elisabet Bartsch / Manon Eppenstein-Baukhage / Manon Eppenstein-Baukhage: Lexikon Nationalsozialismus, Berlin 1999.