Im KZ Flossenbürg mit seinen zahlreichen Außenlagern inhaftierte das nationalsozialistische Regime zwischen 1938 und 1945 mehr als 100.000 Menschen aus 47 Ländern. Die gefährliche Zwangsarbeit in den Steinbrüchen sowie die schrecklichen Lebensbedingungen im Lager galten als besonders gefürchtet. Neben dem alltäglichen Sterben durch Verhungern oder Erfrieren kam es zu unzähligen willkürlichen Morden und Exekutionen. Auf der Flucht vor den heranrückenden US-amerikanischen Truppen starben im April 1945 bei berüchtigten Todesmärschen Tausende Häftlinge in Ostbayern.
Zunächst dienten die sofort nach der Machtübernahme 1933 neben den Gefängnissen errichteten Konzentrationslager der Ausschaltung politischer Gegner der Nationalsozialisten. Bald traf es auch jene Menschen, die nicht deren Bild von einer „Volksgemeinschaft“ entsprachen: „Asoziale“, „Arbeitsscheue“, Homosexuelle, „Gemeingefährliche“, Vorbestrafte und Zeugen Jehovas. Mit den Novemberpogromen 1938 begann die systematische Verhaftung und Vernichtung der jüdischen Bevölkerung. Mittlerweile spielten zudem wirtschaftliche Interessen eine wichtige Rolle. Für ihre eigenen Betriebe wollten die Parteiorganisationen der SS (Schutzstaffel) zunehmend Profit aus der Arbeit von billigen und rechtlosen Inhaftierten in Konzentrationslagern schlagen.
Der seinerzeit kleine Ort Flossenbürg im Oberpfälzer Wald entwickelte sich dank der Granitvorkommen ab Ende des 19. Jahrhunderts zum Arbeiterdorf. Lediglich die von unberührter Natur umgebene hochmittelalterliche Burgruine, die gut in die mythologische Welt des Nationalsozialismus passte, eignete sich als Ausflugsziel. Die örtlichen Steinbrüche gewannen im Dritten Reich aufgrund des wachsenden Bedarfs an Baustoffen erheblich an Bedeutung. Darüber hinaus bot die abgeschiedene Lage an der tschechischen Grenze nahe dem Sudetenland beste Bedingungen für die Organisation von Zwangsarbeit. So erreichte am 3. Mai 1938 der erste Transport mit 100 Gefangene aus Dachau das im Bau befindliche Lager Flossenbürg. Unter strenger Bewachung der Lager-SS wächst deren Zahl im Laufe des Jahres bereits auf 1.500 an.
Neben den deutschen und österreichischen Gefangenen verbrachte die SS mit Kriegsbeginn erste ausländische Inhaftierte aus Polen und Tschechien ins KZ. Im Herbst 1941 folgten rund 2.000 sowjetische Angehörige der Roten Armee. Die Wehrmacht überstellte als politische Kommissare eingesetzte oder als „Intelligenzler“ bezeichnete Soldaten aufgrund des sogenannten „Kommissarbefehls“ zur Exekution. Die meisten von ihnen wurden im Rahmen einer „Sonderbehandlung“ ermordet. Ab 1943 inhaftierten die Nationalsozialisten vorwiegend Widerstandskämpfer gegen die deutsche Besatzung aus Belgien, Holland und Frankreich.
Nachdem zunächst die harte Zwangsarbeit in den Steinbrüchen und beim Ausbau des Lagers den Alltag bestimmte, rückte bald die Rüstungsindustrie in den Fokus. Überall in Bayern, Sachsen und Böhmen entstanden neben dem Stammlager kleinere Außenlager der SS, am Ende zwischen 80 und 100, zur Unterstützung der Kriegsproduktion. Industrie- und Rüstungsbetriebe wie Flick, Siemens, Osram, Junkers oder Messerschmidt profitierten von den unter teilweise furchtbaren Bedingungen eingesetzten Häftlingen. Ende 1944 transportierte die SS zur Intensivierung der Kriegswirtschaft Tausende noch arbeitsfähige jüdische Menschen aus den Vernichtungslagern Osteuropas nach Flossenbürg. Abseits der Öffentlichkeit richtete das Regime sieben infolge des Attentats auf Adolf Hitler vom 20. Juli 1944 Inhaftierte hin – darunter Dietrich Bonhoeffer, Hans Oster und Wilhelm Canaris.
Für die Bewachung und Verwaltung des KZ Flossenbürg setzte die SS ihre Totenkopfverbände ein. Sie sahen sich als Elite des rassistischen und ideologischen Ordens der Schutzstaffel. Im Stab der Kommandantur arbeiteten rund 90 SS-Leute. Der Lagerkommandant und seine Abteilungen entschieden unmittelbar über das Schicksal der Gefangenen. Die Wachmannschaften wuchsen von 300 im Jahr 1940 bis zum Kriegsende, einschließlich der Außenlager, auf etwa 2.500 Männer und 500 Frauen an. Darüber hinaus existierte ein perfides System, das willige oder dazu gezwungene Mitgefangene, darunter viele Kriminelle, (beispielsweise als Kapos) zur Misshandlung von Insassen ausnutzte. Mit Nummern und farbigen Winkeln gekennzeichnete Häftlingskleidung grenzte die unterschiedlichen Gruppen voneinander ab. Dabei versuchte die SS, ethnische, politische, nationale, kulturelle und soziale Gegensätze der Insassen auszunutzen.
Mit seinen untypisch an einem Hang gelegenen Baracken entwickelte sich das KZ schnell zu einem Ort brutalster Gewalt. Über die Jahre mussten Tausende Inhaftierte in den Steinbrüchen der „Deutschen Erd- und Steinwerke (DESt)“ Erde abtragen, Granitblöcke abschlagen, Steine schleppen und Loren schieben. Im Verlauf des Krieges verlegen die Messerschmidtwerke ihre Produktionsstätten für Flugzeuge wegen zunehmender Luftangriffe nach Flossenbürg. Dafür mussten bis zu 5.000 KZ-Insassen lange Tunnels ins Gestein treiben beziehungsweise an der Montage von Kampfflugzeugen mitwirken. Nicht vorhandene Sicherheitsvorkehrungen, schlechte Bekleidung, extreme Wetterbedingungen mit strenger Kälte oder Nässe und vollkommen unzureichende Ernährung führten vielfach zum Tod. Zu den willkürlichen Strafaktionen durch SS-Männer und Kapos zählen Stockschläge sowie stundenlanges Herumtragen von schweren Steinblöcken im Kreis.
Ab 1942 wurde das KL zur Zentrale eines weitverzweigten Systems von Außenlagern bei zivilen Firmen und SS-Einrichtungen. Die größten befanden sich im tschechischen Leitmeritz und im mittelfränkischen Hersbruck. Alleine in diesen Lagern starben rund 4.500 beziehungsweise 4.000 Menschen. Gegen an die Kommandantur in Flossenbürg zu entrichtende Zahlungen leisteten sie unter meist schlimmen, oft gefährlichen Bedingungen harte Zwangsarbeit. Das Spektrum reichte von Montagearbeiten oder der Mitwirkung an riskanten Forschungsprojekten bis hin zum Bau von SS-Übungsplätzen und dem Erschließen heute touristisch genutzter Tropfsteinhöhlen. Oft sah sich die Bevölkerung zwischen Würzburg, Niederbayern und Nordsachsen erstmals vor Ort mit ausgemergelten, streng bewachten KZ-Häftlingen konfrontiert. In wenigen Fällen umgingen die Einheimischen das Verbot, ihnen Nahrungsmittel zuzustecken oder Briefe weiterzuleiten.
Die Gefangenen in Flossenbürg kämpften jeden Tag ums Überleben. Zum unvorstellbaren Hunger kamen Erfrierungen und Verletzungen durch die brutalen Wachmannschaften. Zahlreiche Häftlinge werden ab 1944 zu Opfern sinnloser medizinischer Operationen. Alleine dem 1948 in Landsberg hingerichteten Lagerarzt Heinrich Schmidt schreiben Historiker 250 Todesfälle zu. Die ab 1941 durchgeführten planmäßigen Erschießungen bestimmter Gruppen durch Exekutionskommandos blieben trotz aller Geheimhaltung nicht verborgen. Einerseits verschwanden Gefangene spurlos. Andererseits mussten Leichenträger- und Krematoriumskommandos die Toten beseitigen. Bis zum Kriegsende beteiligte sich die SS in Flossenbürg in mindestens 2.500 Fällen an systematischen Ermordungen. Vorwiegend traf es polnische Inhaftierte, sowjetische Kriegsgefangene, Kranke, Alte, Behinderte und ausländische Zwangsarbeiter. In den letzten Monaten vor der Befreiung gehörten viele Widerstandskämpfer zu den Opfern.
Bis 1944 verbrachten die Gestapo und die SS insgesamt 22.000 Menschen nach Flossenbürg. Im letzten Kriegsjahr kamen 78.000 Gefangene hinzu, darunter 16.000 Frauen und mehr als 22.700 Juden aus Polen und Ungarn. Mit der Räumung der Vernichtungslager in Auschwitz und des KZ Groß-Rosen wegen der vorrückenden Roten Armee wird das Lager zur Auffangstation für Tausende geschundene Gefangene. Bei teilweise weit über 1.500 zusammengepferchten Menschen in den Baracken war das KL völlig überfüllt. Wegen der ausbrechenden Typhusepidemien stieg die Sterblichkeit drastisch. Die Kapazitäten des Krematoriums reichten nicht für die Einäscherung der Toten. Die Leichen müssen im Freien verbrannt werden.
Als die US-Armee im April 1945 nach Ostbayern vorrückte, versuchte die SS das Lager zu räumen sowie Dokumente, Folterwerkzeuge und Blutspuren zu beseitigen. 15.000 bis 20.000 Inhaftierte trieben die Bewacher in vier großen, sich weiter aufteilenden Kolonnen Richtung Süden. Ziel sollte das 200 Kilometer entfernte KZ Dachau sein, das jedoch lediglich etwa 2.800 Menschen erreichten. Mehr als 5.000 völlig entkräftete Insassen starben entlang der Strecke, ehe sie von US-Soldaten befreit werden konnten. Meist erschossen sie die SS-Bewacher oder sie fielen alliierten Luftangriffen zum Opfer. In einigen Orten wie beispielsweise in Neunburg v. W. und Cham zwangen die Befreier Einheimische zur würdevollen Bestattung der einfach am Wegrand „liegengelassenen“ Leichen auf den örtlichen Friedhöfen. Als die Amerikaner am 23. April 1945 das KZ Flossenbürg erreichten, fanden sie lediglich rund 1.500 fast ausschließlich schwerkranke, oft sterbende Menschen vor.
Im Flossenbürg-Hauptprozess gegen die Kriegsverbrecher des Konzentrationslagers kam es 1947 in Dachau bei 52 Angeklagten zu 40 Verurteilungen durch das amerikanische Militärgericht. Die in der Folge angesetzten 18 Nebenprozesse betrafen weitere 42 Beschuldige. Von ihnen wurden sieben freigesprochen. Insgesamt gab es 26 Todesurteile, von denen die Alliierten 18 vollstreckten, sowie 19 lebenslange und weitere langjährige Haftstrafen.
Bis 1946 diente das ehemalige KZ Flossenbürg als Kriegsgefangenenlager für SS-Angehörige. In den folgenden Jahren nutzten es zunächst Displaced Persons sowie Flüchtlinge aus Böhmen und Schlesien als vorläufige Unterkunft. Die Alliierten wiesen den Bau eines Ehrenfriedhofs in der Ortsmitte an. Im Mai 1947 fand die Einweihung der im ehemaligen Konzentrationslager Flossenbürg errichteten Sühnekapelle statt. Auf dem dort zwischen 1957 bis 1960 ebenfalls entstandenen Sammel-KZ-Friedhof liegen heute über 5.000 aus anderen bayerischen Lagern exhumierte Todesopfer. Nach dem seinerzeit in vielen Bereichen der Gesellschaft verbreiteten „Verdrängen“ der schrecklichen Ereignisse begannen ab 1995 Planungen für eine Neugestaltung der Gedenkstätte. Die 2007 im Gebäude der ehemaligen Wäscherei eröffnete Dauerausstellung zeigt die wissenschaftlich aufbereitete Geschichte des Lagers auf zwei Etagen. Unter der Trägerschaft der Stiftung Bayerische Gedenkstätten arbeitet sie auch Einzelschicksale von Häftlingen und Häftlingsgruppen auf. Ein digitales Totenbuch enthält die Namen von über 21.000 der dort und seinen Außenlagern gestorbenen Menschen. Zudem gibt es an zahlreichen Orten der Region, wie etwa in Neunburg v. W. oder Wetterfeld bei Roding, entsprechende Gedenkstätten und Friedhöfe.
Literatur
Arbeitsgemeinschaft ehemaliges KZ Flossenbrg. e. V. (Hrsg.): Zwangsarbeit. Pahl-Rugenstein, Bonn 2001.
Arbeitsgemeinschaft ehemaliges KZ Flossenbrg e. V. (Hrsg.): Gegen das Vergessen. Pahl-Rugenstein, Bonn 2001.
Wolfgang Benz, Barbara Distel (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Band 4: Flossenbrg, Mauthausen, Ravensbrück. C.H. Beck, München 2006.
Wolfgang Benz, Barbara Distel (Hrsg.): Flossenbrg. Das Konzentrationslager Flossenbrg und seine Außenlager. C. H. Beck, München 2007,
Hans Brenner: Der Arbeitseinsatz in den Außenlagern des KZs Flossenbrg. In: Ulrich Herbert, Karin Orth, Hans Brenner (Hrsg.): Die nationalsozialistischen Konzentrationslager. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2002, S. 682–706.
Pascal Cziborra: KZ Flossenbrg. Gedenkbuch der Frauen. Lorbeer Verlag, Bielefeld 2007
KZ-Gedenkstätte Flossenbrg, Stiftung Bayerische Gedenkstätten (Hrsg.): Konzentrationslager Flossenbrg 1938–1945. Wallstein Verlag, Göttingen 2008, (Katalog zur ständigen Ausstellung).
Website der Gedenkstätte