Das Konzentrationslager Bergen-Belsen war eine der größten Anlagen, die während des Zweiten Weltkriegs als Gefangenenlager von den Nationalsozialisten genutzt wurde. Das Lager befand sich im Ortsteil Bergen der Gemeine Belsen, die zu dem Landkreis Celle in Niedersachen gehört. Zwischen 1943 und 1945 sollen in dem hier schätzungsweise 120.000 Gefangene inhaftiert gewesen sein.
Als 1935 der Truppenübungsplatz Bergen errichtet wurde, wurden die Arbeiter in einem Lager aus Baracken untergebracht. Dieses Barackenlager, das den offiziellen Namen Heeresneubaulager Bergen-Belsen trug, wurde ab 1940 von der deutschen Wehrmacht zu einem Gefangenenlager umfunktioniert, um französische und belgische Kriegsgefangene zu inhaftieren.
1941 wurde Bergen-Belsen ausgebaut, damit bis zu 21.000 sowjetische Kriegsgefangene hier untergebracht werden konnten. Entsprechend wurde das KL umbenannt in Kriegsgefangenen-Mannschaftsstammlager Stalag XI C (331). Allerdings fehlte es an Unterbringungsmöglichkeiten für die Gefangenen, sodass viele inhaftierte Soldaten gar nicht in Baracken Platz fanden. Sie mussten im Freien schlafen oder sich selber Unterkünfte aus Laubhaufen oder Erdlöchern bauen. Aufgrund der schlechten Unterbringungsmöglichkeiten starben bis 1942 ca. 14.000 Kriegsgefangene an Hunger, Unterkühlung oder Erkrankungen.
Im April 1943 wurde der südliche Bereich des Kriegsgefangenenlagers an die SS abgetreten, die daraus zunächst ein Aufenthaltslager für sogenannte Austauschjuden machte. Als Austauschjuden wurden jüdische KZ-Häftlinge bezeichnet, die man für Gefangenenaustausche von im Ausland festgehaltenen Deutschen verwenden konnte.
Die zuständige Amtsgruppe der SS nannte das Lager zunächst Zivilinterniertenlager Bergen-Belsen. Dieser Begriff wurde allerdings bereits wenige Wochen nach der Errichtung des Lagers abgeändert, weil ein Zivilinterniertenlager laut den Genfer Konventionen für entsprechende internationale Kommissionen frei besuchbar sein musste. Um die Einmischung fremder Nationen zu unterbinden, benannte die SS das Lager einfach in Aufenthaltslager Bergen-Belsen um.
Bis März 1944 wurden hier fast ausschließlich jüdische Inhaftierte interniert und auf unterschiedliche Lager verteilt. Die Aufteilung der Lager wurde nach den staatlichen Zugehörigkeiten der Insassen vorgenommen. Ein Großteil der Austauschjuden befand sich im sogenannten Sternenlager, wo die Bewohner zwar Zivilkleidung tragen durften, aber trotzdem Arbeitsdienste leisten und aufgenähte Juden tragen mussten. Im Neutralenlagen wurden dagegen Juden aus neutralen Staaten wie der Türkei, Spanien oder Argentinien untergebracht. Außerdem gab es ein Ungarnlager, in dem Juden aus Ungarn interniert wurden. Die SS tauschte sie unter anderem gegen Devisen oder gegen Waren mit Ländern wie der Schweiz ein.
Neben den jüdischen Inhaftierten gab es außerdem noch ein abgetrenntes Lager in Bergen-Belsen, in dem bis 1944 ca. 600 Häftlinge lebten. Diese Häftlinge wurden unter anderem für Ausbaumaßnahmen verwendet, wenn das Lagervergrößert werden musste.
Beginnend im März 1944 wurden im KZ Bergen-Belsen vermehrt Häftlinge aufgenommen, die aufgrund des Platzmangels per Transport aus anderen Lagern deportiert werden mussten. Das Häftlingslager wurde deutlich vergrößert und die Austauschjuden wurden auf andere Baracken verteilt. Dafür übernahm die SS später auch die restlichen Bereiche des ehemaligen Heeresneubaulagers von der Wehrmacht. Weil die meisten Häftlinge, die dorthin kamen, krank oder schwach waren und nicht mehr als Arbeitskräfte eingesetzt werden konnten, wurde das Häftlingslager auch als Erholungslager bezeichnet.
Im SS-Wortschatz war die Bezeichnung eines Erholungslagers gleichbedeutend mit einem Lager, wo die Gefangen zum Sterben hin verlegt wurden. Es fehlte an Ärzten, Pflegern und Medikamenten, um die Häftlinge ausreichend zu behandeln. Entsprechend entschied die Lagerleitung, die ohnehin spärliche Behandlung der Insassen auf ein Minimum zu reduzieren. Oft wurden kränkliche Inhaftierte durch das Spritzen tödlicher Substanzen einfach getötet. Viele Inhaftierte wurden aber auch von Mitgefangenen getötet. Die Täter waren in der Regel Funktionshäftlinge, die im Auftrag der SS die Morde begingen und die dafür kleinere Vorzüge innerhalb des KZs genießen konnten.
Im August 1944 entschied die SS, das Konzentrationslager Bergern-Belsen zusätzlich als ein Durchgangslager zu verwenden. Frauen und Kinder wurden hier untergebracht, die später als Zwangsarbeitskräfte unter anderem von Rüstungsfirmen eingesetzt werden konnten. Im Sommer wurden die Frauen zunächst auf unbebauten Freiflächen in einfachen Zelten untergebracht. Nachdem allerdings im Herbst starke Stürme die Zelte zerstört hatten, mussten sich die Frauen und Kinder zwangsläufig in den Baracken anderer Internierter zusammendrängen.
Mangelnde Hygiene und eine unzureichende medizinische Versorgung in Kombination mit dem schlechten Gesundheitszustand vieler sorgte dafür, dass sich in dem KZ Krankheiten ausbreiteten, denen viele Menschen zum Opfer fielen. So sollen alleine im März 1945 ca. 18.000 Menschen verstorben sein.
Als sich Ende März abzeichnete, dass die alliierten Truppen vorrücken und das Lager bald erreichen würden, entschied sich die Lagerleitung dazu, noch vier letzte Transportzüge mit Austauschjuden auf den Weg zu bringen. Insgesamt 6.800 Gefangene sollten in das KZ Theresienstadt deportiert werden, um dort vermutlich getötet zu werden.
Die inhaftierten Juden wurden auf drei Züge aufgeteilt und losgeschickt. Nur der zweite Zug erreichte das KZ Theresienstadt. Der erste Transportzug wurde von amerikanischen Streitkräften bei Magdeburg befreit. Der zweite Transportzug erreichte das KZ Theresienstadt. Was genau mit den Insassen passiert ist, konnte im Nachhinein nicht lückenlos geklärt werden. Der dritte Transportzug kam allerdings vom Kurs ab und wurde erst am 23. April bei Tröbitz von Soldaten der Roten Armee gefunden. Allerdings hatten fast 200 der deportierten Juden die Fahrt in dem Zug nicht überlebt und waren während der Fahrt verstorben. Der dritte Transportzug aus dem KZ Bergen-Belsen wird auch als der Verlorene Zug bezeichnet.
Aber bereits zwei Wochen, bevor der Zug gefunden wurde, hatte die deutsche Wehrmacht in der Nacht vom 12. auf den 13 April 1945 einen Waffenstillstand mit den vorrückenden britischen Truppen ausgehandelt. Die Mitglieder der Wehrmacht durften ohne Gegenreaktionen der Briten das Gelände verlassen. Für die Mitglieder der SS gab es dagegen kein sicheres Abrücken, sodass auch manche SS-Leute beim Verlassen des KL von den Alliierten Truppen gefangen genommen wurden. Die britische Armee übernahm am 15. April die Leitung des Konzentrationslagers Bergen-Belsen. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich noch ca. 60.000 Menschen vor Ort, von denen viele Menschen in sehr schlechter körperlicher Verfassung waren. Nahrungsmangel und eine Fleckenfieber-Epidemie hatten die Situation für die Menschen in Bergen-Belsen deutlich verschlechtert und viele Häftlinge waren todkrank, als man sie fand. Auch wenn die britischen Soldaten ihr Möglichstes unternahmen, um die Häftlinge zu behandeln und sie für die anstehende Auflösung des KL wieder zu stärken, starben einige Menschen im Zuge ihrer Erkrankungen.
Die gefangengenommenen SS-Angehörigen mussten in den Folgewochen dabei helfen, Massengräber auszuheben und die nicht bestatteten Leichen zu beerdigen. Die Baracken wurden bis zum Mai 1945 geräumt und anschließend abgebrannt.
Nach dem Krieg wurde das Gelände des KZ Bergen-Belsen in eine 55 Hektar große Gedenkstätte umgewandelt. Da die meisten Gebäude nach der Befreiung zerstört worden waren, erinnern heute freie Flächen auf den großen Heidewiesen als Mahnmal an die Baracken, in denen die Gefangenen untergebracht worden waren.
Das 2007 errichtete Dokumentationszentrum ist dabei ein Mittelpunkt der Gedenkstätte. In dem Zentrum können Besucher in einer Dauerausstellung nachverfolgen, welche Geschehnisse sich in dem Lager abgespielt haben. Außerdem sind viele Bilder und Schriftstücke aus der Zeit des Konzentrationslagers dort ausgestellt. Unter den Dokumenten sind auch Auszüge aus dem Tagebuch der Anne Frank zu finden, die zusammen mit ihrer Schwester Margot im Januar 1945 in das KZ Bergen-Belsen deportiert worden war und dort nur wenige Wochen vor der Befreiung aufgrund einer Fleckenfieber-Infektion verstarb.
Literatur
Hans-Dieter Arntz: Der letzte Judenälteste von Bergen-Belsen. Josef Weiss – würdig in einer unwürdigen Umgebung. Helios, Aachen 2012.
Susanne Bardgett, David Cesarani: Belsen 1945. New Historical Perspectives. Vallentine Mitchell, Middlesex 2006.
Wolfgang Benz, Barbara Distel (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Band 7: Niederhagen/Wewelsburg, Lublin-Majdanek, Arbeitsdorf,
Herzogenbusch (Vught), Bergen-Belsen, Mittelbau-Dora. C.H. Beck, München 2008.
Juliane Hummel: Immobile Erinnerung: Der Bau und die baulichen Reste des Kriegsgefangenen- und Konzentrationslagers Bergen-Belsen. In: Wilfried Wiedemann, Joachim Wolschke-Bulmahn (Hrsg.): Landschaft und Gedächtnis: Bergen-Belsen, Esterwegen, Falstad, Majdanek. München 2011, S. 103–124.
Website der Gedenkstätte