Das KZ Majdanek befand sich an der östlichen polnischen Grenze zur Ukraine, nahe der Stadt Lublin und auf der Straße nach Zamość und Lwów. Es war das erste Konzentrationslager der SS im von Nazideutschland besetzten Polen und wurde später auch als Vernichtungslager verwendet. Errichtet wurde es im Juli 1941, drei Jahre später hatte die Rote Armee es befreit.
Die Lage des Konzentrationslagers Majdanek wurde nicht zufällig gewählt: Die nahe Stadt Lublin war die Heimat einer großen Minderheit an Juden. Hier befand sich auch die 1930 gegründete „Chachmei Lublin Jeschiwa“, die damals größte Talmudschule der Welt. Unter anderem deswegen errichtete die „Aktion Reinhardt“ hier ihr Hauptquartier. Dabei handelt es sich um einen Tarnnamen für die systematische Ausrottung der Juden und Roma innerhalb des Generalgouvernements Polens.
Heinrich Himmler besuchte die Stadt Lublin im Juli 1941 und veranlasste Odilo Globocnik, SS-Angehöriger und Chef der Polizei von Lublin, mit dem Bau eines Lagers. Es sollte 25.000 bis 50.000 Menschen fassen können. Die Gefangenen sollten Baumaßnahmen unterstützen und in Werkstätten der örtlichen Polizei sowie der SS arbeiten. Damit sollten sie die Expansion in den Osten unterstützt.
In seiner dreijährigen Geschichte wurde das KZ Majdanek niemals fertiggestellt. Der allgemeine Bauplan lag erstmals am 23. März 1942 vor und war für 150.000 Gefangene konzipiert, was es zum größten KL Europas gemacht hätte. Wirtschaftliche Schwierigkeiten und die militärischen Misserfolge im Osten Europas erschwerten jedoch eine Fertigstellung.
Zunächst oblag die Verwaltung der „Inspektion der Konzentrationslager“. Im März 1942 übernahm das „SS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt“ die Leitung. Bis zu 1.200 Lagerpersonal stand der Leitung zur Verfügung. Zunächst war Karo Otto Koch vom September 1941 bis August 1942 als Lagerkommandant tätig, dann wurde er von Max Koegel abgelöst. Das KZ hatte insgesamt fünf Lagerkommandanten, die selbst innerhalb der SS einen schlechten Ruf hatten.
Zunächst hieß das Projekt „Kriegsgefangenenlager der Waffen SS Lublin“, im Februar 1943 wurde es zu „Konzentrationslager Lublin“ unbekannt. Das KZ Majdanek diente nicht nur als Lager für Juden und andere Minderheiten, sondern auch als Durchfahrt zu weiteren Konzentrationslagern. Zudem wurde es als Straflager eingesetzt.
Es erstreckte sich auf eine Fläche von 470 Hektar und bestand aus drei Sektionen: der SS-Bereich, der Wirtschaftsbereich und das „Schutzhaftlager“. Letzteres bestand aus fünf Gefangenenbereichen. Hier wurden die Baracken für die Unterbringung der Gefangenen errichtet.
Die Häftlinge kamen aus knapp 30 Ländern. Neben den polnischen Juden wurden auch Gefangene aus der Sowjetunion, der Slowakei, Weißrussland, dem Protektorat Böhmen und Mähren sowie Ukrainer hier gefangen. Derzeit geht die Forschung von 74.000 bis 90.000 Juden aus, die in Majdanek inhaftiert waren. Davon kamen 56.500 Juden aus Polen und 26.000 aus Lublin. 20.000 sollen aus dem Warschauer Ghetto stammen. Mindestens 17.500 Juden stammen aus anderen europäischen Ländern: gut 3.000 aus dem Protektorat Böhmen und Mähren, 3.000 aus Deutschland und Österreich, 2.000 aus Frankreich, den Niederlanden und Griechenland.
Im Oktober 1941 wurden 2.000 Kriegsgefangene aus der Sowjetunion hierher verlegt. Sie waren jedoch zu schwach zum Arbeiten und verstarben bald darauf in Gefangenschaft. Auch Menschen aus Westeuropa, Norwegen oder Italien wurden ins KZ Majdanek gebracht.
Hauptsächlich waren hier Männer interniert. Im Oktober 1942 wurde der Bereich V für Frauen reserviert und die ersten weiblichen Gefangenen erreichten das Lager bei Lublin. Es gab Pläne, ebenfalls Kinder im Lager festzuhalten, was jedoch bis zur Befreiung nicht realisiert werden konnte. Dennoch waren hier auch einige Kinder jüdischer, weißrussischer und polnischer Abstammung aus der Region Zamość untergebracht.
Die Insassen lebten unter schwierigen Bedingungen. Die Baracken waren primitiv und überfüllt, die sanitären Anlagen unzureichend. Der Mangel an Wasser, Essen, sauberen und warmen Kleidern erhöhte die Sterblichkeitsrate der Häftlinge. Zudem war die medizinische Versorgung prekär. Vor allem in den harten Wintermonaten 1941 bis 1942 kam es zu vielen Toten. Wer zu schwach zum Arbeiten war, starb häufig in den Gaskammern.
Im Frühling 1942 begann die „Operation Reinhard“ und damit die Maßnahmen zur Auslöschung der Juden. Das Vernichtungslager Majdanek wurde zum Endziel vieler slowakischer und polnischer Juden, unter anderem auch aus Auschwitz und Belzec. Juden wurden aus Deutschland, Österreich und Tschechien hierher transportiert, darunter auch viele der 10.000 Juden aus dem Warschauer Ghetto, welche im Sommer abtransportiert wurden.
Als das KZ Belzec im Dezember geschlossen wurde, wurden rund 25.000 Juden nach Lublin verlegt. Weitere 18.000 bis 22.000 Juden aus dem Warschauer Ghetto folgten nach dem Aufstand im Frühling 1943.
Im Winter 1941 bis 1942 kam es zum Einsatz von Zyklon B und zur gezielten Tötung von Häftlingen, die zu schwach zum Arbeiten waren. Zunächst wurden die Hänftlinge in provisorischen Gaskammern getötet. Vom Oktober 1942 bis zum Ende des Jahres 1943 wurde die Tötung mit Zyklon B verstärkt und in größerem Umfang durchgeführt. Drei Gaskammern wurden im Konzentrationslager Majdanek identifiziert, von denen mindestens zwei für den Einsatz des tödlichen Gases konzipiert waren.
Bis heute ist die Bezeichnung als „Vernichtungslager Majdanek“ innerhalb der Holocaust-Forschung umstritten. Die genauen Opferzahlen lassen sich nur schätzen und es bleibt unklar, wie viele Menschen im Lager aufgrund der Überarbeitung und der Umstände umkamen, und wie viele gezielt in den Gaskammern oder auf andere Weise getötet wurden. Frühe Einschätzungen der Sowjets gingen von 400.000 jüdischen Opfern aus und 1,5 Millionen Opfern unterschiedlicher Nationalitäten. Der Direktor des Staatlichen Museums geht eer von einer Sekundärfunktion als Vernichtungslager aus. Im Jahr 2005 schätzte er die Zahl der hier getöteten Menschen auf 79.000, davon waren 59.000 Juden. Für die Historikerin Barbara Schwindt diente das Lager vom Frühjahr bis Herbst 1943 als Vernichtungslager.
Zu den bekannten Opfern gehören Henio Zytomirski, welches zu einer Ikone des Holocausts in Polen wurde. Er starb im Alter von neun Jahren. Weiterhin Otto Freundlich, ein deutscher Maler der Abstrakten Kunst. Seine Bilder waren Bestandteil der 1937er Ausstellung „Entartete Kunst“. Dmitry Karbyshev war ein russischer General, ausgezeichnet mit dem Ehrentitel „Held der Sowjetunion“. Er verstarb im Lager im Alter von 64 Jahren.
Zu den Überlebenden des Lagers gehört die Schriftstellerin, Dichterin und Übersetzerin Halina Birenbaum, die im Jahr 1943 kurzzeitig nach Majdanek verlegt wurde; der Künstler Maria Albin Boniecki, der am Warschauer Aufstand teilnahm; und der Schwede Mietek Grocher, Überlebender von neun unterschiedlichen Konzentrationslagern sowie Autor von „I Survived“ (im Original: Jag överlevde). Auch Rudolf Vrba verbrachte einige Wochen hier, bevor er nach Auschwitz verlegt wurde. Sein Augenzeugenbericht über die Konzentrationslager wurde noch während des Krieges veröffentlicht.
Die Rote Armee erreicht das Konzentrations- und Vernichtungslager Ende Juli des Jahres 1944. Zuvor versuchte die SS, relevante Dokumente zu verbrennen und die Einrichtungen mitsamt den Gaskammern zu vernichten. Allerdings konnte sie letzteres in der Eile der Flucht nicht bewerkstelligen. Offiziell lösten sie das Lager Majdanek am 23. Juli 1944 auf. Einen Tag später wurde es von der 1. Weißrussischen Front und der 2. Panzerarmee befreit. Westliche Journalisten erreichten das Lager im August 1944, es folgte ein ganzseitiger Artikel im Magazin Life am 28. August desselben Jahres. Heute befindet sich auf dem ehemaligen Lagergelände eine Gedenkstätte sowie ein Museum.
Literatur
Tomasz Kranz: Majdanek. Das deutsche KL in Lublin. In: Gorch Pieken, Matthias Rogg, Militärhistorisches Museum: Schuhe von Toten. Dresden und die Shoa. Dresden 2014.
Elissa Mailänder Koslov: Gewalt im Dienstalltag. Die SS-Aufseherinnen des Konzentrations- und Vernichtungslagers Majdanek 1942-1944. Hamburg 2009. Interview (ca. 6 Minuten) mit der Autorin im Deutschlandfunk, Studiozeit, aus Kultur- und Sozialwissenschaften, Sendung vom 8. Oktober 2009, MP3.
Josef Marszalek: Majdanek. KL in Lublin. Verlag Interpress, Warschau 1984.
Ingrid Müller-Münch: Die Frauen von Majdanek. Vom zerstörten Leben der Opfer und der Mörderinnen. Rowohlt, Reinbek 1982.
Zacheusz Pawlak: „Ich habe überlebt…“ Ein Häftling berichtet über Majdanek. Hoffmann und Campe, Hamburg 1979.
Website der Gedenkstätte