Motto: „Wenn wir mit den Engeln nicht singen können, dann werden wir mit den Wölfen heulen“ (Prager Tageszeitung „Lidové noviny“ am 4. Oktober 1938, Protektorat Böhmen und Mähren)
Am 15. März 2009 waren es auf den Tag 70 Jahre her, dass Hitler sein „Protektorat Böhmen und Mähren“ proklamierte. Im September 1938 hatte er – im Münchner Abkommen und mit billigender Unterstützung Italiens, Frankreichs und Englands – der Tschechoslowakei das grenznahe Sudetenland geraubt, ca. 25 Prozent des tschechoslowakischen Staatsterritoriums, dann stachelte er die Slowaken an, sich von Prag loszusagen, zuletzt folgte das erwähnte „Protektorat“. Es gibt in Deutschland ehrenwerte Autoren wie z.B. Sebastian Haffner, der die Inbesitznahme von Böhmen und Mähren zu den „Erfolgen“ Hitlers zählte und zähneknirschend Hitlers eigener Sicht folgte, er habe damit die „tausendjährige Einheit des deutschen Lebensraums wiederhergestellt“.[1] Bei allem Respekt vor Haffner: Seine Sicht der Dinge ist mehrfach falsch! Zum ersten hat Hitler im März 1939 seine Partner von München betrogen, die von nun an kriegerische Weiterungen vom „Großdeutschen Reich“ erwarteten. Zweitens ließ dieser Krieg ja nicht lange auf sich warten, denn er begann im September 1939 mit dem Angriff auf Polen. Und drittens wissen wir aus leidvoller Erfahrung, dass es keine historisch legitimierten „Lebensräume“ gibt und dahingehende politische Aspirationen immer aggressive Absichten enthalten, da des einen „historischer“ Lebensraum der aktuelle Lebensraum des anderen ist, der aus diesem vertrieben werden muss.[2]
Krieg der Deutschen mit den Tschechen?
Der letztgenannte Aspekt war gerade für Böhmen und Mähren von spezifischer Relevanz, denn dort wurde seit Beginn des 20. Jahrhunderts ein „Herrenvolk-Streit“ der besonderen Art ausgetragen: Die Deutschen behaupteten und propagierten, dass sie historisch und kulturell den Primat im böhmisch-mährischen Raum besäßen.[3] Die Tschechen behaupteten und propagierten das diametrale Gegenteil: Sie seien „die Ersten“ in dieser Region gewesen, erst später hätten „ihre“ Könige Deutsche gerufen – die Deutschen seien folglich „Kolonisten“, die im Grunde hier nichts zu suchen hätten, denen man aber gewisse Rechte „gewähren“ müsse und wolle.[4]
Solange diese Debatten im Rahmen der „deutschen“ Monarchie Österreich-Ungarn geführt wurden, musste man sie nicht besonders ernst nehmen. Das änderte sich nach dem Ersten Weltkrieg und der Entstehung des Staates Tschechoslowakei, wie Richard Coudenhove-Kalergi (1894-1972), Begründer des Pan-Europa-Gedankens, 1921 in provokativer Deutlichkeit ausführte:[5]
„(…) den Deutschen fällt es schwer, sich in die Rolle der Minorität zu fügen, den Czechen, ihre Macht mit einer zweiten Nation zu theilen. Die Deutschen können nicht vergessen, daß sie einst das Herrenvolk in diesem Land waren, die Czechen nicht die erlittenen Verfolgungen und Bedrückungen. Die Deutschen treiben eine Politik der Starrköpfigkeit, die Czechen eine des Ressentiments; den Deutschen fehlt Einsicht, den Czechen Großmuth, beiden Takt und Versöhnlichkeit. Beide Völker leiden an kleinlicher Gehässigkeit und an dem engen Horizontehemaliger österreichischer Provinzler“.
Schon der Staatsname definierte die Tschechoslowake als den politischen Handlungsraum von zwei Titularnationen, von denen die zweite, die Slowaken, erheblich kleiner als die deutsche „Minderheit“ im Lande war. Einsichtige Deutsche sahen hierin früh eine Gefahr:[6]
„Soeben werden die Ergebnisse der Volkszählung (Februar 1921, W.O.) in Böhmen veröffentlicht. Danach hat Böhmen 4.382.802 Tschechen und 2.173.230 Deutsche. An dieser Ziffer wird ein System scheitern! Unmöglich, einen gemischt-nationalen Staat so regieren zu wollen, als wäre er von einer einzigen Nation bewohnt“.
Auch auf tschechischer Seite gab es kluge Köpfe, die mit den obwaltenden Umständen absolut nicht zufrieden waren, allen voran der Philosoph Emanuel Rádl (1873-1942), der 1928 in seinem Buch „Válka Čechů s Němci“ (Der Krieg der Tschechen mit den Deutschen) hellsichtig kommende Gefahren beschrieb:[7]
„Die Tschechoslowakei ist von drei Seiten vom deutschen Volksstamme eingeschlossen (…) Deutschland wird sicherlich den Frieden von Versailles korrigieren und in der Welt wird sich dagegen kein Protest erheben; Österreich wird den Anschluß an Deutschland vollziehen, der Danziger Korridor wird aufgehoben werden und das Nationalitätenprinzip, das man im Kampf gegen Deutschland anwendete, wird in dessen Händen zur Waffe werden. Auch zur Waffe gegen die Tschechoslowakei, deren Bevölkerung zu einem Viertel deutsch ist? Was wird geschehen, bis es zu einem neuen Zusammenstoße kommt, der die ganze Welt in Mitleidenschaft zieht?“
Genau so ist es gekommen. Mehr noch: Rádl hatte die Möglichkeit nicht in Betracht gezogen, dass sich die an ihren Grenzen gut befestigte und wohlgerüstete Tschechoslowakei, die 1934/35 größter Waffenexporteur der Welt war, militärisch verteidigen könnte. Zwar gab es unter den Militärs nicht wenige, die Hitler mit Waffen entgegentreten wollten, aber sie konnten sich nicht durchsetzen. Das Land war schon geographisch nicht zu verteidigen – 980 km West-Ost-, 100 – 240 km Nord-Süd-Ausdehnung. Zudem waren Tschechen und Slowaken extrem antimilitaristisch eingestellt, was ihre Armee ständig zu spüren bekam. Im Grunde brauchte und wollte dieser Staat keine Armee, unterhielt aber dennoch eine, um bei seinen Bündnispartnern in West- und Osteuropa Eindruck zu machen.[8] Und in den dramatischen Wochen der „Münchner Krise“ von 1938 war die militärische Option kein Gegenstand[9], da Hitler die Westmächte überzeugt hatte, das tschechoslowakische Sudetenland sei seine „letzte Territorialforderung“ – die man ihm um so leichter durchgehen ließ, als diese Gebiete in der Tat zu acht oder neun Zehnteln von Deutschen besiedelt waren.
England und Frankreich hatten vor München der Tschechoslowakei mit dem Entzug jeglicher Hilfe gedroht, falls diese nicht Hitlers „Friedensangebot“ annähme. Einige Monate nach München erklärte Hitler mit zynischer Offenheit, dass er vom Frieden nur habe reden müssen, um seine wahre Kriegsabsicht zu verschleiern, und bloß bedauerte, dass die Aktivitäten um die Tschechoslowakei den Kriegsausbruch um ein Jahr verzögert hätten. Dabei unterschlug er die vier immensen Vorteile, die die Vereinnahmung der „Rest-Tschechei“ gerade seiner Kriegsführung gebracht hatten: 1. Die Region war eine strategisch wichtige „Abrundung“ seines „groß-deutschen Reichs“. 2. Der in der alten Tschechoslowakei dominierende Einfluss Frankreichs war völlig eliminiert worden. 3. Die hochentwickelte tschechische Industrie und Wirtschaft stand Hitlers Kriegsmaschinerie restlos zur Verfügung. 4. Hitler hat zu keinem Augenblick daran gedacht, die Tschechen als militärische Kombattanten seines Krieges einzusetzen. Dabei leiteten ihn als Österreicher nicht Zweifel an soldatischer Loyalität der Tschechen, vielmehr nutzten die ihm am meisten, wenn sie an heimischen Werkbänken standen statt auf russischen Schlachtfeldern zu verbluten. Die Zahlen sprachen für sich: Die Zahl tschechischer Arbeiter stieg von 1,332.000 (1939) auf 1.701.000 (1944), die der Angestellten im selben Zeitraum von 1.895.000 auf 2.429.000. Das kam der gesamten Wirtschaft zugute, wie der steigende Betrag der im September 1939 verordneten „Kriegssteuer“ bezeugte: 1940 drei Milliarden Kronen, 1944 bereits 12 Milliarden (1 Reichsmark = 10 Protektoratskronen). Zudem musste das Protektorat dem Deutschen Reich noch 42,3 Milliarden Kronen für den „Schutz vor äußeren Gefahren“ zahlen, Diese Belastungen (oder Beraubungen) waren zwar ungeheuerlich schwer, bewiesen indirekt aber auch, dass der tschechischen Wirtschaft zu Protektoratszeiten noch ein Gutteil Eigenständigkeit erhalten blieb, die angesichts der organisatorischen und administrativen Vereinnahmung des gesamten tschechischen Lebens kaum zu erwarten gewesen war: Zwangsverwaltung der Industrie, ständische Neuordnung der Landwirtschaft, Ausrichtung des Außenhandels auf deutsche Bedürfnisse und im September 1939 Einführung von Lebensmittelkarten für alle Einwohner.
Oberste Instanz der Ökonomie im Protektorat war der Wirtschaftsfachmann Dr. Walter Bertsch (1900-1952), der 1942 auf Befehl Heydrichs Protektoratsminister für Wirtschaft und Arbeit wurde. Bertsch hat die deutsche Absicht, das Protektorat Böhmen und Mähren restlos auf die Kriegswirtschaft auszurichten, radikal umgesetzt: Kriegsunwichtige Produktionsstätten wurden geschlossen, andere zu Großbetrieben vereinigten und unter staatliche Verwaltung gestellt, zudem wurden ab Jahresende 1941 große Gruppen tschechischer Arbeitskräfte ins „Reich“ abgestellt. Tschechische Historiker haben wiederholt behauptet, dass Hitler durch seinen unblutigen „Krieg“ gegen die Tschechen, der am 15. März 1939 mit deren völliger Niederlage endete, 41 kriegsstarke Divisionen gewann, da die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaft und Produktion nötigen Arbeitskräfte im Protektorat Böhmen und Mähren tätig waren.
Alltag im Protektorat Böhmen und Mähren
Dem Einzug deutscher Truppen in Böhmen und Mähren war eine dramatische Nacht vorausgegangen: Emil Hácha (1872-1945), nach dem Münchner Abkommen anstatt des nach England emigrierten Edvard Beneš (1884-1948) Staatspräsident der sog. „Rest-Tschechei“, war nach Berlin beordert worden, wo Hitler und andere Größen des Reichs ihm heftigst zusetzen – mehrfach in dieser Nacht mussten Ärzte Hácha Beistand leisten -, bis dieser einwilligte, „das Schicksal des tschechischen Volkes und Staates vertrauensvoll in die Hände des Führers zu legen“. Für diesen „Vertrauensbeweis“ bekam er Hitlers Versprechen, dass den Tschechen Autonomie und Rechtssicherheit „garantiert“ würden.[10]
Seit 70 Jahren quälen sich die Tschechen mit zwei Fragen herum. Hätten sie 1938/ 39 gegen Hitler kämpfen sollen? Mit Blick auf ihre Armee, Rüstung, Grenzbefestigungen etc. hätten sie es zweifellos gekonnt, aber in München standen England, Frankreich und Italien auf Hitlers Seite und waren überzeugt, ihn mittels ihrer „appeasement“-Politik beschwichtigen zu können. Tschechischer Widerstand gegen die Abtrennung des Sudetenlands hätte eine europäische Friedensordnung, die dem Anschein nach in München besiegelt wurde, gefährdet, und darum wurde den Tschechen dieser Widerstand schlichtweg verboten. Und die zweite Frage: Hat Hácha zu rasch aufgegeben? Verbürgt ist, dass Hitler verblüfft und begeistert gewesen ist, wie problemlos ihm Böhmen und Mähren in der Nacht zum 15. März 1939 in den Schoß fielen. Aber hätte es denn anders sein können? Hácha wusste, was ihn in Berlin erwartete, nachdem die nationalsozialistische Propaganda seit Wochen gegen die „Rest-Tschechei“ getrommelt hatte. Er war ein auch physisch schwacher Mann, der die stundenlangen Drohreden nicht aushielt. Und er war ein kultivierter Tscheche, dem Görings Drohung, Prag und andere Städte bombardieren zu wollen, den Rest von Standfestigkeit austrieben. Zudem hatte sich am 14. März 1939 die Slowakei, in engster Abstimmung mit Deutschland, von der Tschechoslowakei losgesagt und ihre staatliche Souveränität proklamiert. Mit anderen Worten: Hácha sah sich in Berlin dreifach vereinsamt – konfrontiert mit einem kriegsentschlossenen Hitler, ohne Unterstützung durch die Münchner Signatarmächte und verraten vom zweiten Staatsvolk der Tschechoslowakei. Was konnte er da noch tun? Die völlige Auslieferung Böhmens und Mährens erschien als der am wenigsten schlechte Ausweg.
Das Protektorat – mit 49.000 Quadratkilometern und 7,5 Millionen Einwohnern dem heutigen Niedersachsen vergleichbar – bestand bis zum 8. Mai 1945, also über 2.200 Tage lang. Hitlers Autonomie-Versprechen wurde nie ganz eingehalten, aber auch nie ganz gebrochen, und darum kann man das Protektorat auch nicht mit dem „Generalgouvernement“, also dem okkupierten Rest-Polen, vergleichen. Das Protektorat Böhmen und Mähren verfügte über alle staatlichen Attribute, beginnend beim Staatspräsidenten, weiter mit der Regierung und endend bei einer eigenen Armee. Es handelte sich um die sog. „Vladní vojsko“ (Regierungstruppe), 7.000 leichtbewaffnete Angehörige, die der erfahrene General Jaroslav Eminger (1886-1964) kommandierte.
Alle Institutionen des Protektorats Böhmen und Mähren wirkten unter Aufsicht der Deutschen, an deren Spitze der Reichsprotektor stand. Anfänglich war das Ex-Außenminister Konstantin von Neurath, der jedoch bald als „zu liberal“ abgesetzt wurde, nominell aber bis Kriegsende im Amt blieb. Die „Germanisierung“ Böhmens und Mährens ließ sich zuerst eher gemächlich an: Reichsprotektor von Neurath ließ z.B. die Protektoratsregierung mehr oder minder ungestört mit Benešs Exilregierung in London kommunizieren und von dieser Weisungen entgegennehmen. In Prag sorgten Präsident Hácha und seine Minister dafür, dass Anordnungen des Reichprotektors verwässert, verzögert oder verschleppt wurden. Dieses augenzwinkernde Verhältnis hielt über zwei Jahre an, obwohl ihm von Anfang an ein enger Rahmen gezogen war. Bereits im Herbst 1939 beantwortete von Neurath Protestdemonstrationen der Tschechen mit einigen Todesurteilen und der Schließung aller Hochschulen – nominell für drei Jahre, tatsächlich bis Kriegsende nicht wieder geöffnet.[11]
Dennoch hatte es oft den Anschein, als sei die deutsche Präsenz auch ein „Schub“ für überfällige Neuerungen. Beispielsweise hatte die tschechoslowakische Regierung bereits 1938 beschlossen, ein Überbleibsel aus Habsburger Zeiten zu beseitigen: den Linksverkehr auf tschechischen Straßen. Mit der Ausführung ließ man sich indessen Zeit. Dann begann das Protektorat, und bereits elf Tage später verkündeten im ganzen Land Plakate: „Od 26 března jezdíme vpravo“ (Ab 26. März fahren wir rechts). Am 11. Juli 1939 wurde verordnet, das alle Schilder an Straßen, Läden, Restaurants etc. zweisprachig zu sein hätten, wobei die deutsche Bezeichnung an erster Stelle stehen müsse. Auch das war für die Tschechen nicht ganz neu, waren doch früher in der Prager Altstadt und auf dem Hradschin oberhalb der Hauptstadt alle Straßenschilder ebenfalls zweisprachig (die erst langsam unter dem Putz wieder hervorkommen). Generell war das Protektorat zweisprachig, aber die deutsche Sprache war auch ein Instrument deutscher Vorherrschaft. Beispielsweise wurde mit dem Einzug von Walter Bertsch in die Protektoratsregierung Deutsch deren Amtssprache, was den Tschechen demonstrierte, wer der „Herr“ im Protektorat war.
Am 27. September 1941 war die noch milde Phase der Protektoratspolitik zu Ende, denn an diesem Tag trat als „Stellvertretender Reichsprotektor“ Reinhard Heydrich (1904-1942) sein Amt an, ein sehr ehrgeiziger und vielseitiger Akteur des NS-Regimes: SS-Obergruppenführer, General der Polizei, Chef des „Reichssicherheits-Hauptamtes“ (RSHA), Beauftragter für die „Endlösung der Judenfrage“ etc. Er sollte in Böhmen und Mähren „für Ordnung sorgen“. Heydrich konnte Tschechen nicht ausstehen – „lachende Bestien, die hier im Grunde nichts zu suchen haben“ – und wie er mit ihnen nach dem „Endsieg“ zu verfahren gedachte, führte er am 2. Oktober 1941 vor höchsten Vertretern des Besatzerregimes aus: 45 Prozent seien „eindeutschungsfähig“, 40 Prozent müssten als „unbelehrbar“ vertrieben werden, 15 Prozent seien als „Rassenschädlinge“ zu liquidieren. Einstweilen aber spielte das reibungslose Funktionieren der hochentwickelten tschechischen Industrie die Hauptrolle, für deren Beschäftigte Heydrich eine bessere Versorgung, medizinische Betreuung und soziale Sicherung verfügte. Das gefiel den Tschechen natürlich, aber der Londoner Exilregierung überhaupt nicht: Es entstand der Eindruck, dass alle Tschechen mehr oder minder zufrieden waren und der ohnehin geringe Widerstand gänzlich aufgehört habe. Beneš und sein Kabinett fürchteten größtes Misstrauen bei den Alliierten: Große Teile Europas kämpften gegen Hitler, aber dessen erste Opfer, die Tschechen, schienen es sich unter seiner Fremdherrschaft ganz komfortabel eingerichtet zu haben.
Darum organisierte die Exilregierung ein Attentat auf Heydrich[12] – sehr zum Entsetzen der wenigen Widerstandsgruppen im Protektorat Böhmen und Mähren, die deutsche Terrorreaktionen, die Zerschlagung des Widerstands und die Unterbrechung aller Verbindungen nach London fürchteten. Diese Einsprüche verfingen nicht, das Attentat fand am 27.Mai 1942 statt und war sogar erfolgreich, obwohl vermutlich noch nie ein Attentat so schlecht vorbereitet und so stümperhaft wie dieses ausgeführt war. Die aus England eingeflogenen Attentäter verirrten sich, als sie Heydrich gegenüber standen, versagten ihre Waffen. Eine eilig geworfene Handgranate explodierte zwar, schien Heydrich aber verfehlt zu haben, denn der beteiligte sich noch an der Verfolgung der Täter. Jedoch war bald deutlich, dass er von der Explosion innere Verletzungen davongetragen hatte, denen er nach wenigen Tagen erlag. Die deutschen Behörden setzten eine Belohnung von 10 Millionen (Protektorats-)Kronen für die Ergreifung der Täter aus, die tschechische Protektoratsregierung legte dieselbe Summe dazu, um deutsche Repressalien zu mildern. Dieser Finanzaufwand zeitigte Erfolg: Die Attentäter wurden binnen kurzem vollständig liquidiert, wobei einer von ihnen, Karel Čurda, den umfassendsten Verrat übte und den Löwenanteil der ausgelobten Belohnung einstrich.[13]
In kommunistischen Zeiten galt das Attentat als Bekundung individuellen Terrors, später wurde es als größte Tat des heimischen und des europäischen Widerstands gefeiert. Es war weder das eine noch das andere, brachte der Londoner Regierung aber doch große Erfolge: Der prophezeite deutsche Terror setzte umgehend ein – angeblich wurden insgesamt 5.000 Menschen in der sog. „Heydrichiade“ getötet, tatsächlich „nur“ rund 1.700[14] -, aber genau das ließ die Westmächte umdenken. Die scheinbar so schicksalsergebenen Tschechen hatten sich als mutige Widerständler erwiesen – London und Paris annullierten ihre Unterschriften unter das Münchner Abkommen, Beneš und seine Londoner Regierung wurden als vollwertige Partner anerkannt.
Daheim übte man sich in Geduld, wie 2002 der Historiker Petr Koura bekundete:
„Obwohl das Protektorat eine ziemlich schwere, blutige Zeit war, ging das Leben weiter. Die Leute lebten inmitten von Kultur, trieben auch Sport, es gab sportliche Wettbewerbe, Theatervorstellungen fanden statt, Filme wurden gedreht“.
Es hat lange gedauert, bis die Tschechen zu solchen Aussagen fanden. In den Jahrzehnten nach dem Krieg wurde die Lage so dargestellt, als sei das ganze tschechische Volk eine Nation von Widerstandskämpfern gewesen, die unausgesetzt und kollektiv gegen die Deutschen kämpfte. Erst langsam bricht sich die Erkenntnis Bahn, dass davon keine Rede sein konnte, dass vielmehr die alltägliche Normalität in ihrer bruchlosen Kontinuität verblüffte. Daran könnten sogar die Heydrich-Attentäter gescheitert sein: Sie erwarteten ein gequältes Volk, dass nur auf das Zeichen zur allgemeinen Erhebung wartete, und sie fanden bloß Tschechen, die tagsüber arbeiteten, abends ausgingen und an Wochenenden Ausflüge unternahmen.[15] Vor allem funktionierte das Bildungswesen, auch wenn, wie erwähnt, alle Hochschulen seit Herbst 1939 geschlossen waren. Das restliche Schulwesen unterlag zwar starkem Germanisierungsdruck, stand partiell aber besser als früher da, sagt der 2006 Schulhistoriker František Morkes in einem Gespräch mit dem Verfasser::
„Das Berufsschulwesen blieb zumeist unbehelligt, wo die Ausbildung qualitativ sogar zunahm. Die Besatzungsbehörden haben sie gestrafft und auf die Großproduktion von Rüstung ausgerichtet und so eine Verbesserung gegenüber früherer Bildungsorientierung auf Kleinbetriebe erreicht“.
Solche Erfolge wurden in den Medien propagiert. Zwar waren von den einst 2.200 Zeitungen und Zeitschriften nur rund 300 übrig geblieben, aber der relativ wenig zensierte Rundfunk demonstrierte mit seinem breit gefächerten Programm viel Eigenständigkeit. Zudem öffnete er ein Tor zur Welt, das offiziell fest verschlossen war, wie sich der Prager Historiker Vladimir Horský erinnerte:
„Auf einem der Knöpfe dieses Empfängers war ein runder Zettel, zweisprachig glaube ich, jedenfalls der tschechische Text lautete: Pamtuj že poslouchaní zahraničního rozhlasu je zakazáno a tresta se smrti
Oder deutsch: Denke daran, dass das Abhören ausländischer Sender verboten ist und mit dem Tod bestraft wird. Jeder wusste, dass dieses Verbot absolut wirkungslos war. Praktisch alle Tschechen hörten allabendlich BBC, über die sich die Londoner Exilregierung meldete, oder amerikanische Stationen bzw. Radio Moskau. Dieser nationsweiten Verweigerungsfront waren die Deutschen ziemlich hilflos ausgesetzt, denn sie demonstrierte ihnen, wie illusorisch ihre Postulate an Tschechen waren. Loyalität, Kollaboration, Passivität verlangten sie, also drei Haltungen, die niemals und von niemandem zur Gänze zu erfüllen waren: Das Protektorat Böhmen und Mähren war Teil des Reichs, aber die Tschechen besaßen die Staatsangehörigkeit des Protektorats – wem sollten sie loyal sein? Die meisten Kollaborateure wirkten so unglaubwürdig, als hätte sie ein geschworener Feind den Nationalsozialisten als Läuse in den Pelz gesetzt. Und politische Passivität der Tschechen war von Deutschen gewünscht und gefördert.
Auch der generell unpolitische Kulturbereich war voller „Tücken“: Es gab – und gab nicht – Kultur im Protektorat Böhmen und Mähren. Das offiziell propagierte und geförderte Surrogat von Kultur mochte in Literatur und Musik alte Standards halten, in Film und Fotographie diese sogar überbieten, aber generell hatten sich die Tschechen der deutschen Herrenkultur zu beugen. Tschechische Sozietät und deutsch dominierte Kultur konnten nicht zusammenfinden, zumal Hitler wesentliche Träger tschechischer Multikulturalität – die Prager deutschen Literaten, die in deutscher Kultur tief verwurzelten tschechischen Juden – ausmerzte. Je länger der Krieg währte, desto restriktiver handhabten die Deutschen ihre eigene Kultur, verboten z.B. „verdächtige“ Werke wie Schillers „Räuber“ oder seinen „Tell“, ließen aber tschechische Literatur weithin ungeschoren: Klassische Werke konnten verfilmt werden, neue wie etwa die erzkomischen Schul- und Sportsatiren von Jaroslav Žák wurden sogar in Deutschland Bestseller. Unter solchen Umständen wirkte schlicht lächerlich, was Goebbels’ Propagandaministerium im November 1941 als Richtlinie verfügte:
„Es ist grundsätzlich unerwünscht, eine autonome tschechische Kultur hervorzuheben, also eine von deutscher Kultur wesentlich unterschiedene Kultur. Eine tschechische Gemeinschaft mit Polen, Russen und anderen Slaven sollte nicht betont werden. Unerwünscht ist jegliche Erwähnung von Ereignissen, bei denen Tschechen in einen Gegensatz zum Reich kamen, also Hussiten-Bewegung, Panslavismus etc., was stets als Irrtum kommentiert werden soll. Ständig muss in positiver Weise die Zugehörigkeit der Tschechen zum deutsch-europäischen Kulturraum betont werden. Bei jeder Gelegenheit ist der machtvolle Einfluss herauszustreichen, den die deutsche Kultur auf die tschechische ausgeübt hat“.
So etwas zu betonen, musste unglaubwürdig und ahistorisch wirken. Natürlich hat es in Böhmen und Mähren über Jahrhunderte hinweg einen starken deutschen Einfluss gegeben, der aber nur selten als exponiert „deutsch“ wahrgenommen oder propagiert wurde. Bis ins mittlere 19. Jahrhundert hinein bestand in beiden Gebieten das Gefühl einer gemeinsamen regionalen „böhmischen“ Zugehörigkeit, die sich um variierende Sprachkonventionen nicht kümmerte. Fast alle beherrschten die Sprache des Nachbarn, verwendeten sie auch – bis hin zu Landesgremien, wo man „utraquistisch“ tagte, d.h. an einem Tag deutsch, am anderen tschechisch. Die Kulturgeschichte Böhmens und Mährens nationalistisch auseinander zu dividieren, war unmöglich. Wer so etwas versucht, rührt bald an „heiligste Güter“ – wenn er etwa feststellt, dass national-tschechische Organisationen wie der Wehrsportverband „Sokol“ (Falke) 1862 von den Deutschen Heinrich (Jindřich) Fügner (1822-1865) und Emanuel Thiersch (Miroslav Tyrš, 1832-1884) gegründet wurden, dass die historischen Werke, die das moderne Tschechisch begründeten, auf Deutsch verfasst waren, dass selbst der Staatsgründer Tomáš Masaryk (1850-1937) zeitlebens die „deutschen“ Anfänge seiner wissenschaftlichen und politischen Karriere sprachlich nicht verleugnen konnte.
Und ähnliches mehr: Keine Region Osteuropas war im 20. Jahrhundert von unsäglichen „Volkstumskämpfen“ so zerrissen wie Böhmen und Mähren – keine war im Grunde dafür so ungeeignet wie diese. Gerade in Böhmen und Mähren hatte sich früh gezeigt, dass deutsch-slavische Koexistenz immer von Nutzen war, sei es als direkter Beitrag (wie der „Sokol“, der sich rasch bei allen Slaven durchsetzte), sei es als kreative Konkurrenz (wie die nationalkulturelle Bewegung der „Matica“ /Mutterschatz/, die ebenfalls bei allen Slaven Fuß fasste). Die kulturellen Synergien waren natürlich in Prag besonders ausgeprägt, dessen ethnische Basis slavisch war, seine politische „deutsch“, nämlich als Hautstadt des „Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation“, und seine kulturelle Bestimmung multikulturell (mit prägendem Vorrang der slavisch-tschechischen Elemente, wie in Architektur, Malerei, Musik etc. bis zur Gegenwart auszumachen ist).
Aber nun war man im Protektorat und musste dieses irgendwie überstehen. Das konnte man auch – gelegentlich unter schwejkischen Umständen, die Petr Koura in Erinnerung rief:
„Wenn man den Protektoratsfilm erwähnt, dann denken viele Leute an berühmte Schauspielerinnen jener Zeit, vor allem Adina Mandlová und Lida Baarová. Diese Frauen waren ja schon vor dem Zweiten Weltkrieg in ganz Europa bekannt. Später hatte Lida Baarová ein Liebesverhältnis mit Josef Goebbels und kam in der Protektoratszeit mit höchsten Machthabern zusammen. Ich glaube, dass sie durch solche Kontakte mit Nazi-Honoratioren viele Dinge günstig beeinflussen konnte. So haben es nicht wenige gehalten, die dann rasche Kehrtwendungen schafften – etwa der Regisseur Otakar Vávra, der bis zum letzten Moment eine Protektoratskomödie drehte, sozusagen Brot und Spiele für die Masse, um kurz danach noch 1945 Anti-Nazi-Filme zu drehen“.
In Prager DVD-Geschäften sind bis heute Kopien von „Protektoratsfilmen“ ausgesprochene Renner, etwa „Přednosta stanice“ (Der Stationsvorsteher), eine turbulente Gaunerkomödie à la Gogols „Revisor“, deren schmissige Musik bis zur Gegenwart Liebhaber in Fülle hat. Nur noch in Archiven finden sich hingegen Zeugnisse für die wirkungsvolle „Zersetzung“, die z.B. der tschechische Rundfunk damals betrieb. Nachrichten und Kommentare wurden streng kontrolliert, Publizistik, Kunst und Schulfunk nur obenhin. Diese Chance nutzten die Tschechen doppelt, quantitativ und qualitativ: Seit 1941 wurden pro Jahr zwischen 62 und 94 Hörspiele gesendet, darunter viele Theaterstücke der Weltliteratur oder Dramatisierungen tschechischer Literatur. Hinzu kamen Dutzende Diskussionen über neue Bücher, Feuilletons, Lesungen, historische Sendereihen, Reportagen aus dem Protektorats-Alltag, Ratgeber zur Gesundheit, Wunschkonzerte, Glückwunschsendungen und vieles mehr
So etwas hakten deutsche Kontrolleure nur statistisch ab, womit ihnen die qualitative Doppelbödigkeit des Programms entging. In der Sendereihe „Nachtkonzerte“ dominierte natürlich tschechische Musik, allen voran Smetanas Zyklus „Má vlast“ (Mein Vaterland) mit seinen allen Tschechen vertrauten volkstümlichen Melodien. Oder die Reihe „Berühmte Szenen berühmter Dramen“, die absichtsvoll so ausgewählt waren, dass sie Überlebensmut verbreiteten. Serien wie Zdeněk Wirths „Prager Spaziergänge von heute bis zur Urzeit“ waren eine einzige Obstruktion deutscher kultureller Herrschaftsansprüche in Böhmen und Mähren. Diese Form des kleinen, aber wirkungsvollen Widerstands wuchs noch durch Gemeinschaftsunternehmen, etwa wenn sich Nationaltheater, Tschechische Philharmonie und Tschechischer Rundfunk zu dem Zyklus „Prager Mai“ zusammentaten.
Der Rundfunk im Protektorat war der Propagator des gesamten tschechischen Kulturspektrums und Experimentierstätte dessen, was man den deutschen Herren alles zumuten konnte. Vieles war möglich, und alles war irgendwie widerhakig – beispielsweise im Schulfunk, der ab 1942 täglich von allen Sendern (Prag, Brünn und Moravská Ostrava) ausgestrahlt wurde und den allgemeinen Germanisierungsdruck auf das Bildungswesen nach Kräften unterlief – mit Fremdsprachenkursen, mit tschechischen Kursen für Buchhaltung, mit Hörerwettbewerben im Auftrag tschechischer Sparkassen etc. Das mag im Detail alles nicht viel gewesen sein, aber zusammengefasst war es wirksam gegen Bemühungen wie die vom Frühjahr 1943, mit dem „Kuratorium für Jugenderziehung“ ein Pendant der Hitler-Jugend zu schaffen und junge Tschechen Jubelchöre auf das Reich brüllen zu lassen
„Der Schutz des Reichs ist unsere Garantie, die tschechische Jugend ist zur Arbeit für den Sieg bereit. Dienst ist das Ziel unseres jungen Lebens“.
Kurz gesagt: Den Tschechen ging es besser als vorher befürchtet – den Deutschen schlechter, als sie es sich in der Euphorie der Protektoratsgründungen hatten träumen lassen. Dieses Paradoxon hat der Prager Schulhistoriker Morkes sehr genau erforscht und schildert es so:
„Die deutschen Schulen hatten eine fantastische Autonomie, mehr als in der früheren Republik. Ab einem gewissen Moment gerieten sie jedoch in die Klemme. In diesem abgeriegelten Sudeten-Gebiet, das ja direkt dem Großdeutschen Reich angefügt wurde, unterrichteten Lehrer ehemaliger deutscher Schulen in der Tschechoslowakei und sahen sich einer, sagen wir, pointierten Unbeliebtheit ausgesetzt. Als nunmehrige Bürger des Großdeutschen Reichs unterlagen sie der Wehrpflicht, die für die Protektoratsbürger nicht bestand. Zudem galten im Sudetengebiet deutsche Gesetze, wonach die Schulen wie im restlichen Reich organisiert waren. Konkret: Alle Lehrbücher wurden verboten, die die Lehrer dieser Region geschrieben oder benutzt hatten. Das empfanden die natürlich als Unrecht: Sie hatten in der alten Republik gute Lehrbücher geschrieben, ohne allen ideologischen Ballast, und genau deswegen fanden sie sich nun in einer deutlichen Diskriminierung wieder“.
Die Tschechen des Protektorats unterlagen keiner Wehrpflicht, ihr Land befand sich außerhalb der Reichweite alliierter Bomber – es gab, von wenigen Ausnahmen abgesehen, keine direkten Kriegsschäden. Vor gewissen deutschen Drangsalen, etwa der Verschickung zur Arbeit im „Reich“, schützten Tschechen sich, indem sie früher heirateten und Kinder bekamen. Dadurch stieg die Bevölkerungszahl gegen Ende der Protektoratszeit deutlich an. Die Tschechen hatten sich irgendwie unter den Deutschen eingerichtet und erwarteten mit Gewissheit eine Zukunft ohne Deutsche im Land, ob Besatzer oder Sudetendeutsche, die schon deshalb glücklich zu werden versprach.[16] Darum interessierte sie es auch nicht mehr, was Bildungsminister Emanuel Moravec, devotester Kollaborateur der Deutschen, noch kurz vor dem Ende von Krieg und Protektorat euphemistisch erklärte:
„Tschechisches Volk! Mitten im schlimmsten Krieg haben Böhmen und Mähren bis zuletzt in Ruhe und unter dem Schutz des Reichs gelebt. Wenn der Frieden kommt, muß bei uns nicht viel repariert werden. Die Schäden, die uns feindliche Flieger zufügten, waren die einzigen, die uns an die Realität des Krieges erinnerten. Bei uns herrscht kein Hunger und wird auch keiner sein, solange wir die Ordnung bewahren. Für die Bewohner des Protektorats sind die Nahrungsmittel bis zur nächsten Ernte sicher. Hundertfacher schlimmer sind die daran, die von Truppen des Westens und Bolschewiken Ostens befreit wurden. Diese vom Krieg erschöpften Völker sind dem Hunger und dem Mangel an allem Lebensnotwendigen ausgesetzt. Über die Arbeit der Prager Regierung ist nicht viel zu sagen, denn die hat ruhig und unter oft erschwerten Bedingungen gearbeitet und das immer zum Wohle ihres Volks, auch wenn ihr Wirken nicht immer auf vollstes Verständnis stieß. Es sind keine Proklamationen zum Eigenlob der Regierung, sondern reine Wahrheit, dass sie das tschechische Volk in bester Ordnung durch alle Momente dieses Kriegs geführt hat und es vor Verlusten an Menschen und Gütern bewahrte. Die Nähe der Ostfront mag in manchen Grenzregionen störend gewirkt haben, aber sie konnte nicht den ruhigen Lauf tschechischen Lebens und Wirtschaftens bedrohen“.
1993 hat das Prager „Institut für internationale Beziehungen“ eine tschechoslowakische Opferbilanz der Jahre 1939-1945 veröffentlicht. Diese Bilanz ist in ihrer ethnischen Undifferenziertheit aufschlussreich, denn sie besagt, dass das Protektorat Böhmen und Mähren den Tschechen die relativ wenigsten Opfer abverlangt hatte (abgerundete Zahlen)::
Todesopfer, total | 343.000. |
getötete Juden (aus dem Protektorat und der Slowakei) | 265.000 |
Verstorbene in Gefängnissen, KZs, bei „Todesmärschen“ | 20.000 |
Gefallene im Slowakischen Nationalaufstand 1944 | 19.000 |
„hingerichtete tschechoslowakische Bürger“ | 8.500 |
Gefallene im Prager Aufstand (Mai 1945) | 8.000 |
getötete tschechoslowakische Roma | 7.000 |
gefallene tschechoslowakische Soldaten im Bestand der Roten Armee | 5.600 |
Getötete bei Bombardements | 4.000 |
Verstorbene bei Arbeitseinsätzen | 3.000 |
gefallene tschechoslowakische Soldaten im Bestand alliierter Armeen | 1.200 |
getötete deutsche und tschechische Widerstandskämpfer im Sudentenland | 1.000 |
Nebenher bemerkt: Es ist nahezu unmöglich, eine exakte Opferbilanz der Tschechen zu erstellen. Wer immer es versucht, muss wissen, dass er irgendwann „Äpfel und Birnen addieren“ will, was mathematisch eben nicht geht. Die Slowakei war ab dem 14. März 1939 „unabhängig“, beteiligte später an Hitlers „Feldzügen“ und kämpfte in ihrem „Nationalaufstand“ von 1944 für eine freie Tschechoslowakei – wem „gehören“ ihre Toten? Im 1938 abgetrennten Sudetenland waren über 100.000 Tschechen verblieben, die bei Kriegsausbruch zur deutschen Wehrmacht eingezogen wurden und bei deren Kämpfen fielen – sind sie tschechische oder deutsche Tote? Unter den Opfern der „Heydrichiade“ waren nicht wenige Deutsche, die aus dem Protektorat deportierten Juden empfanden und deklarierten sich oftmals als Deutsche. Bis Kriegsbeginn gehörte die östliche Karpato-Ukraine zum tschechoslowakischem Staatsgebiet, dann wurde sie von Ungarn okkupiert, bei Kriegsende von den Sowjets vereinnahmt – von ihren Deportierten und Toten findet sich in der Literatur kaum eine Spur. Und ähnliche Barrieren mehr – da es keine „abgestimmte“ Basis für eine Opferberechnung gibt, kann auch keine Berechnung stimmig sein. Eine der Spätfolgen dessen ist das Wirken der altstalinistischen „Klubs des tschechischen Grenzlandes“, die sich bis zur Gegenwart als patriotische Wächter gegen die „Gefahr der Germanisierung“ verstehen und mit besonderer Wut gegen deutsche Soldatenfriedhöfe Front machen. Ihre ganze Verehrung gehört jenen „Helden“, die nach dem kommunistischen Putsch von 1948 die tschechoslowakische Staatsgrenze gegenüber Deutschland und Österreich „schützten“, d.h. gegen ungezählte Tschechen und Slowaken abriegelten, die vor kommunistischer Gewaltherrschaft fliehen wollten.
Kollaboration, Denunziation, Widerstand[17]
Im Jahre 2000 erregte in Tschechien das Buch „Mnichovský komplex“ (Der München-Komplex) von Jan Tesař Aufsehen, das eigentlich gar nicht zur Veröffentlichung bestimmt war. Aber dann erschien es eben doch, und so konnte alle Welt nachlesen, was der Autor hielt von der Armee der 1930-er Jahre („Bordell“), der Verteidigungspolitik („katastrophale Idiotie“), der späteren Historiographie („totale Inkompetenz“) und weiteren Dingen.
Man geht wohl nicht fehl, Publikationen wie diese als Bekundungen eines nationalen Selbsthasses anzusehen, dessen Basis die Scham ist – Scham darüber, dass es im Lande so viele „schlechte Tschechen und Slowaken“ geben hatte (wie Václav Havel mehrfach rügte), d.h. Kollaborateure und Denunzianten. Das war kein tschechisches (tschechoslowakisches) Spezifikum, vielmehr ein weit verbreitetes Phänomen. Im besetzten Frankreich sollen in den Kriegsjahren bei den deutschen Besatzungsbehörden zwischen drei und fünf Millionen Denunziationen eingegangen sein, im besetzten und zerstückelten Polen („Generalgouvernement“) in vergleichbarer Menge. In der Nachkriegs-Tschechoslowakei liefen 1945-1948 massenhaft Prozesse gegen Kollaborateure ab, wobei zumeist Denunziationen, im Nachlass der deutschen Behörden gefunden, das Fundament der Anklagen bildeten.[18]
Wie weiter oben bereits erwähnt, hatten Heydrich und weitere NS-Größen die Absicht, das tschechische Volk nach dem Krieg durch Assimilierung, Vertreibung und Vernichtung zu eliminieren. Zur Feststellung „rassischer Voraussetzungen“ fanden im Frühjahr 1942 „rassenkundliche“ Reihenuntersuchungen statt, die als TBC-Prävention getarnt waren. Diese physische Vorbereitung deutscher Pläne wurde durch die ideologische ergänzt, die Kollaboration.
Kollaboration ist ein extrem vielschichtiges Phänomen – das nicht dadurch klarer wird, dass es in Forschung und Historiographie oft vermieden und umgangen wird.[19] Im ganzen Geflecht „Kollaboration“ gibt es nur einen Fixpunkt, von dem aus man seine Natur, Wirkung, Folgen etc. untersucht könnte. Feste Größe ist allein der Feind, ob der nun mit militärischer Gewalt gesiegt oder ein Land und Volk so unblutig wie 1939 die „Rest-Tschechei“ erobert hat. In jedem Fall wird er den Unterlegenen seine Ordnung, Gesetze und Regeln überstülpen und deren Beachtung durch strengste Strafmaßnahmen erzwingen. Dieses völlige Ausgeliefertsein ist nur durch radikale Gegenwehr zu bekämpfen, etwa in der Form des Partisanenkampfs, oder durch vielfältigste Formen der Kollaboration zu mildern. Kollaboration ist immer Zusammenwirken mit dem Feind, aber das muss ja nicht ständige und devote Liebedienerei bedeuten. Hätten im Protektorat Böhmen und Mähren Schule, Rundfunk, Kultur etc. nicht „kollaboriert“ – von Regierung und Verwaltung gar nicht zu reden -, dann hätte es sie nicht gegeben. Weil es sie aber gab und sie ihre Existenz grundsätzlicher Kollaboration verdankten, konnten sie fallweise Bekundungen des Widerstands leisten. Und die weitreichendste Form von Widerstand war, die Tschechen in ihrem ethnischen, kulturellen, sprachlichen etc. Tschechentum zu bestärken.[20]
Die Tschechen waren besetzt und den Deutschen ausgeliefert – wie die Polen auch. Aber was für ein Unterschied zwischen beiden, gesehen aus deutscher NS-Sicht! Die nationalsozialistische Rassenideologie, nach welcher Slawen grundsätzlich „Untermenschen“ waren, galt im Umgang mit Tschechen nicht, wurde gegenüber Polen aber gnadenlos praktiziert. Eben das aber widersprach nationalsozialistischer Politik aus jüngerer Vergangenheit. Als am 12. Mai 1935 Józef Piłsudski (*1867), Polens großer Staatsmann und Retter Polens vor russischen Bolschewiken, starb, äußerte Hermann Göring im Reichstag Worte aufrichtigen Mitgefühls:
„Meine Herren Abgeordneten, ich bitte Sie, sich von Ihren Plätzen zu erheben und mit mir eines Großen zu gedenken, der vor wenigen Tagen abberufen worden ist. Das deutsche Volk und mit ihm vor allem auch der Deutsche Reichstag als berufener Vertreter des deutschen Volkes steht in tiefer Teilnahme am Grabe des großen Marschalls der uns befreundeten polnischen Nation. Ich habe in Ihrem Namen auch das Mitgefühl des Deutschen Reichstages dort aussprechen können. Wir Deutsche, erzogen und großgeworden in der nationalsozialistischen Weltanschauung, haben ein besonderes Verständnis für die Größe einer Persönlichkeit. Ich glaube, darum auch sagen zu können, dass wir ganz besonders verstehen, welch ein schwerer Verlust das polnische Volk betroffen hat. Indem wir die Größe des Marschalls erkennen, wissen wir aber auch, dass er einer jener Männer gewesen ist, die tatkräftig überall für den Frieden eintraten und als sichtbare Tat eines solchen Friedens auch die deutsch-polnische Verständigung mit herbeiführen halfen. Ich danke Ihnen, dass Sie sich von Ihren Plätzen zu Ehren des dahingegangenen polnischen Marschalls Piłsudski erhoben haben“.
Ähnliche deutsche Bekundungen, geäußert an die tschechische Adresse, hat es nie gegeben. Die Deutschen, angeführt von dem Österreicher Adolf Hitler, verachteten die Tschechen, sahen sie als fleißige „Rastelbinder“ und fröhliche Blasmusiker an, trauten ihnen aber keine höheren Leistungen zu (was nur einer tiefen Unkenntnis europäischer Kulturgeschichte und des tschechischen Beitrags zu dieser entsprang). Umgekehrt trauten sie Polen in allen Bereichen – Wissenschaft, Musik, Literatur, Militärwesen etc. – alles zu.
Diese selektive Perzeption zweier Nachbarvölker bedingte deren Schicksal im Krieg und unter deutscher Besatzung. Von Polen erwarteten und verlangten Deutsche keine Kollaboration, denn sie hätten diese nur als Spiel um Zeit gewertet – eine Zeit, in welcher Polen die Intelligenz und Wehrhaftigkeit ihrer Nation bis zu einem Gegenschlag gegen Deutsche konservieren konnten. Dieses Risiko wollte der Nationalsozialismus gar nicht erst eingehen, also legte er es darauf an, polnische Intellektuelle umzubringen und die Masse des Volkes als ungebildete Arbeitssklaven einzusetzen.
Ganz anders verhielt es sich mit Tschechen. Hitler brauchte ihre Industrie, von der kleinen Manufaktur bis zum international bekannten Technikkonzern, und dafür war er zu enormen Konzessionen bereit: Tschechische Universitäten und Hochschulen waren, wie erwähnt, geschlossen, aber in Großbetrieben arbeiteten Labors und Forschungsstätten weiter. Schulen aller Stufen wurden streng kontrolliert, arbeiteten aber im Grunde normal und bildeten das Personal einer hochentwickelten und differenzierten Produktionskultur aus.
Auf dem Friedehof von Prag-Vinohrady findet sich das Grab von Emil Hácha, Präsident des Protektorats. Jahrzehntelang galt er als der verachtungswürdigste Kollaborateur – seit einigen Jahren weist ihn die Grabplatte als „Präsident der Republik“ aus und meist ist das Grab mit Blumen geschmückt, die ein Band in den Nationalfarben zusammenhält. Hácha war eine zutiefst tragische Figur: Sein Staatsamt war eine Camouflage – von Deutschen als Pseudobeleg der „Staatlichkeit“ des Protektorat eingerichtet und erhalten. Seine Kollaboration war von eigener Art: Drei Jahre lang bemühte er sich mit einigem Erfolg, die Anordnungen der Deutschen zu umgehen und zu verzögern, auch schlimmste Pläne Berlins zu verhindern. Als er das nicht mehr konnte, verfiel er in absolute Passivität – tat nichts mehr, nicht für Deutsche und auch nicht für Tschechen. In gewisser Weise ist Hácha ein Beispiel dafür, dass die Grenzen zwischen „Kollaboration“ und „Widerstand“ fließend sind. Nur die „niederste“ Form von Kollaboration, die Denunziation, ist eindeutig auszumachen: Wer aus niederen Beweggründen dem Feind einen Mitmenschen ausliefert, indem er ihn wegen einer Übertretung der geltenden Gesetze und Regeln anzeigt, ist ein Denunziant. Die Frage ist nur, ob die Beweggründe immer „niedrig“ waren. Natürlich hat es immer Denunzianten gegeben, die auf ausgesetzte hohe Belohnungen schielten, aber das waren nicht alle.
Wenn es möglich wäre, sollte man einmal die Raten von Denunziationen und Scheidungen in Korrelation setzen, um herauszufinden, dass erstere stiegen und letztere sanken. Nach glaubwürdigen Untersuchungen soll die überwiegende Mehrheit von Denunziationen von Frauen ausgegangen sein, was partiell verständlich ist: Eine Ehefrau wird von ihrem Mann permanent misshandelt oder betrogen, eine Scheidung ist zu kompliziert und zu teuer – eine Denunziation erfüllt denselben Zweck, den Quäler oder Treulosen auf Zeit oder auf Dauer unschädlich zu machen, und obendrein gibt es noch eine Belohnung dafür.
Es verwundert nicht, dass die Deutschen im Protektorat Denunzianten sehr großzügig belohnten. Beispielsweise konnten die Heydrich-Attentäter vor allem dadurch aufgespürt werden, dass einer von ihnen, Karel Čurda (1910-1947), sie verriet. Nach dem Krieg wurde er gefasst, verurteilt und hingerichtet, aber zuvor hatte er den Richtern noch kaltblütig erklärt, dass sie „für eine Million“ (Reichsmark) wohl nicht anders gehandelt hätten. Und Čurda war nur einer von zahlreichen, die sich die ausgesetzte Belohnung von zehn Millionen (Protektorats-Kronen) verdienen wollten.
„Das Reich siegt an allen Fronten für Europa“, verkündeten Propagandaplakate in tschechischer Sprache. Glaubten die Tschechen das? Die Denunziation war die „Brücke“, über die die deutschen Behörden in Familien, Köpfe und Herzen der Tschechen eindrangen. Was Tschechen dachten, planten und sagten, wurde ihnen in vielen Fällen dadurch bekannt, dass jemand es ichnen „petzte“. Irgendetwas hatte ja jeder zu verbergen – Hören von Auslandssendern, Betätigungen auf dem Schwarzen Markt, „Schwarzschlachten“ eines Schweins, Unterstützungen von Juden etc. -, also bot auch jeder eine potentielle Blöße, auf welcher die Deutschen ihn treffen konnten. Vertrauensseligkeit auf der einen, Gemeinheit auf der anderen Seite sind nun einmal urmenschliche Eigenschaften, die vor allem in Extremsituationen wie Krieg und Besatzung die schlimmsten Folgen haben.
Die Kollaborateure im Protektorat Böhmen und Mähren
Es ist ein Kuriosum sui generis, dass sich die organisierte tschechische Kollaboration dadurch selber begrenzte, dass sie den Deutschen zu sehr entgegenkam – in Bereichen, die die Deutschen überhaupt nicht wollten. Wenn sich slavische Tschechen als „Arier“ bezeichneten, dann verstießen sie gegen die Rasseideologie der Deutschen (die Tschechen nur als „eindeutschungsfähig“ oder nicht goutierten) und gegen den „Reichsgedanken“ (der das Protektorat als Stufe zur Wiederherstellung der historischen Zugehörigkeit Böhmens und Mährens zum „Reich“ ansah). Wenn Tschechen, bis hin zu Präsident Hácha, die Bildung tschechischer Kampfverbände in der deutschen Armee anboten, dann verstießen sie gegen Hitlers wiederholt geäußerte Ablehnung dieser Idee. Und ähnliches mehr: Gerade im Protektorat bestätigte sich die historisch verbürgte Eigenheit, dass Gewaltherrscher zwar den Verrat lieben, nicht aber die Verräter.
Im Grund gab es auf beiden Seiten keine Konzeption für eine deutsch-tschechische Koexistenz im Protektorat Böhmen und Mähren. Im August 1939 entstand z.B. der „Tschechische Verband zur Zusammenarbeit mit den Deutschen“ (Český svaz spolupráci s Němci, ČSSN), der 1943 wieder aufgelöst wurde. Ähnlich wirkungslos blieb eine „Tschechisch-deutsche Gesellschaft“ (Česko-německá společnost. ČNS), die als kollaborierender Intellektuellenverband gedacht war: Zusammenarbeit in Kultur, Wissenschaft und Bildung, Propagierung des Deutschunterrichts etc. Dafür konnte sich buchstäblich niemand erwärmen: Die tschechischen Intellektuellen mieden die Gesellschaft – die deutsche NSDAP beargwöhnte sie als Konkurrenten, da sie gerade in diesen Bereichen das Monopol für sich beanspruchte. Das alles ist nicht verwunderlich, denn weder Deutsche noch Tschechen wünschten eine „Zusammenarbeit“ miteinander – die Deutschen wollten, dass Tschechen für sie arbeiten und politisch passiv blieben, die Tschechen fühlten sich erobert und besetzt und drängten zu keiner organisierten Form einer Zusammenarbeit mit den Eroberern und Besatzern.
Das wiederum heißt nicht, dass es keine organisierte Kollaboration gegeben hätte. Die entstand, wiewohl bilateral völlig unterschiedlich motiviert. Den Deutschen ging es um Kontrollinstrumente, die möglichst große Massen, Berufsgruppen etc. umfassten. Die Tschechen glaubten, dass eine große Organisation auch eine Interessensvertretung und Einflussnahme verbürgte. Daraus wurde natürlich nichts, was vollauf dem Paradoxon des Protektorats entsprach: Die großen Organisationen waren hatten keinen Einfluss – die einflussreichen Organisationen, allesamt „Kopien“ deutscher Vereinigungen und ihrer Ideologie, waren nicht groß. Und im Fortgang des Kriegs verstärkten sich immanente Trends: Die großen Organisationen dümpelten in steigender Passivität ihrer Mitglieder dahin – die kleinen „Aktivisten“ verfielen in hektische Betriebsamkeit.
Offizielle Organisationen
Die unter diesen Aspekten erstaunlichste Organisation war die „Nationale Gemeinschaft“ (Národní souručenství, NS), die Präsident Hácha am 6. April 1939 als „einzige politische Vereinigung des tschechischen Volks“ proklamierte. Von dem breiten Parteienspektrum der alten Tschechoslowakei waren nach dem Münchner Abkommen nur zwei Sammelparteien übrig geblieben, die „Partei der nationalen Einheit“ (Strana narodní jednoty) als regierungstragende Mehrheitspartei und die „Nationale Arbeitspartei“ (Narodní strana práce) als loyale Opposition. In ersterer hatten sich ehemalige Agrarier, Nationaldemokraten, Katholiken etc., in letzterer Sozialdemokraten und Teile der Nationalen Sozialisten zusammengefunden. Ende März 1939 lösten sich die beiden neuen Parteien selber auf, empfahlen aber ihren Mitgliedern, sich einer bald zu gründenden Einheitspartei anzuschließen. Das soll den Deutschen imponiert haben, die dann der Gründung einer Massenorganisation unter Führung Háchas und zur Unterstützung seiner Politik ihre Zustimmung gaben. So entstand die NS, als deren „Führer“ (vůdce) Hácha selber auftrat.
Die NS hatte Ende 1939 bereits 4.092.308 Mitglieder und war dadurch die größte Partei der tschechischen Geschichte. Unter dem Slogan „Věrni sobě“ (treu sich selber) vereinte sie praktisch alle Mitglieder der alten tschechischen Parteien aus der Zeit vor München, die darauf hofften, über die neue NS politischen Einfluss und eine Beteiligung an der Besatzermacht zu bekommen. Die Tschechen waren enttäuscht von ihren einstigen westlichen Verbündeten, England und Frankreich, und diese Enttäuschung wuchs noch, als Westeuropa im September keinen Finger rührte, um dem von Hitlers überfallenen Polen beizustehen. Wenn selbst Stalins Sowjetunion im August 1939 mit Hitler paktierte, dann zeigte das doch nur, wie richtig Hácha gehandelt hatte. Mit jedem weiteren „Sieg“ Hitlers, jeder weiteren Eroberung festigte sich das tschechische Empfinden, dank Háchas pragmatischer Politik in relativer Ruhe und Autonomie leben zu können. Diese Einstellung änderte sich 1941 in ihr Gegenteil, als die USA in den Krieg eintraten und Hitler die Sowjetunion überfiel. Die Tschechen waren überzeugt, dass Hitlers Deutschland diesen Krieg verlieren würde, und diese Überzeugung ließ das Prestige Háchas und der NS augenblicklich stark zurückgehen.
Der NS vergleichbar war die „Nationale Berufs- und Beschäftigtenzentrale“ (Národní odborová ústředná zaměstanecka, NOÚZ), eine Pseudo-Gewerkschaft, die den Zweck verfolgte, das Heer der Berufstätigen zu kontrollieren und die zahlreichen Angestellten früherer tschechischer Gewerkschaften in den NOÚZ-Apparat einzubinden. Ursprünglich bestand die NOÚZ aus zwei autonomen Organisationen, je eine für Arbeiter und Angestellte, die im August 1941 vereinigt und zur „einzigen Interessensvertretung tschechischer Beschäftigter“ erklärt wurde. In ihr gingen 698 Berufsverbände auf. 1944 zählte sie 564.395 Mitglieder, die von einem Zentralsekretariat, 15 Landes- und 40 Bezirkssekretariaten verwaltet wurden. Ein gutes Viertel der Mitglieder verhielt sich völlig passiv, obwohl der Verband einige Attraktionen zu bieten hatte: seit 1942 die Fortbildungskurse in den „Školy práce“ (Arbeitsschulen), die Freizeitorganisation „Radost a práce“ (Freude und Arbeit), die der deutschen „Kraft durch Freude“ nachgebildet war, zahlreiche Vergnügungsveranstaltungen, Freikarten für Sportereignisse usw. Oberste Instanz der NOÚZ war ein deutscher Kommissar, Ing. W. Köster, aus dem „Verbindungsamt zu den Gewerkschaften“ beim Reichsprotektor.
Neben der NOÚZ existierte noch der „Zentralverband öffentlicher Angestellter“ als autonome Organisation. Dieser unterhielt Verbindungen zum tschechischen Widerstand, was einige seiner führenden Repräsentanten im Verlauf der „Heydrichiade“ mit dem Leben bezahlen mussten. Als rechtsextremer Ersatz früherer Gewerkschaften war auch die „Tschechische Arbeitsfront“ (Česká pracovní fronta, ČPF) gedacht, die im Oktober 1940 gegründet wurde. Die Deutschen nutzten sie eine Zeitlang zur Kontrolle der Arbeiter, lösten sie 1943 aber wegen völliger Ineffizienz auf.
Zur Kontrolle des Agrarsektors wurde am 1. Dezember 1942 der Landwirtschafts- und Forstverband (Svaz zemědělství a lesnictví, SZL) gegründet, dem alle beitreten mussten, die mehr als 0,5 ha Land oder Wald besaßen. Vorsitzender wurde Adolf Hrubý (1893-1951), in der Protektoratsregierung Landwirtschaftsminister und wohl der abenteuerlichste „Wendehals“ der tschechischen Geschichte: Im Ersten Weltkrieg war er zu den russischen Bolschewiken übergelaufen, kämpfte für sie und wurde sogar Ehrenbürger einer sibirischen Stadt. Im Dezember 1918 kehrte er in die Tschechoslowakei zurück, um hier „für die Weltrevolution“ zu arbeiten. Diesen Auftrag vergaß er bald und schloss sich 1922 der einflussreichen „Agrarpartei“ an, für die er 1935 ins Parlament einzog. Am 21. März 1938 ernannte Hácha ihn zum geschäftsführenden Vorsitzenden der NS, welches Amt er im Oktober 1939 wieder aufgab. Er bemühte sich um Kontakte zum Widerstand, wurde von der Protektoratsführung deshalb als unsicherer Kantonist betrachtet, der aber dennoch 1942 ein Ministeramt bekam. Nach dem Krieg wurde er im Prozess gegen die Protektoratsregierung zu lebenslanger Haft verurteilt – die Todesstrafe blieb ihm erspart, da er zahlreiche „Persilscheine“ von Widerstandskämpfern präsentieren konnte. Am 9. Juni 1951 starb er im Gefängnis.
In der tschechischen Historiographie wird Hrubý nicht nur negativ gezeichnet. Zwar stand die gesamte Landwirtschaft unter härtesten Auflagen und schärfsten Kontrollen, aber sie hatte keine Sorgen mit dem Absatz ihrer Produkte. Im Gegenteil: 1942 stiegen die Preise für Agrarprodukte um 63 Prozent, während die Aufwendungen gleich blieben oder bei Düngemitteln sogar um 26 Prozent zurückgingen. Während die Landwirtschaft im „reichsdeutschen“ Sudetenland rapide verfiel, da nahezu alle Männer zur Armee eingezogen wurden, konnte sie im Protektorat Böhmen und Mähren relativ komfortabel weiterexistieren. Nur in landwirtschaftlichen Versuchsgütern, Veredlungsstationen etc. konnte sich auch ein Rest von wissenschaftlicher Forschung und Ausbildung halten, nachdem alle tschechischen Hochschulen geschlossen worden waren. Über alles das wachte Minister Hrubý, was ja für ihn spricht.
Der von Hrubý geleitete SZL bemühte sich Produktionssteigerungen in der Landwirtschaft, wobei er beträchtliche Aktivitäten bei der Beschaffung von Saatgut und Berufskleidung, Erholung der Landwirte etc. entwickelte. Ab April 1945 versuchten einige ehemalige „Agrarier“, den Verband zur Wiederherstellung ihrer Partei zu nutzen, hatten damit aber keinen Erfolg.
Auf Initiative von Otto Bláha (1880-1946), General der Gendarmerie, entstand 1941 der „Tschechische Kriegerbund“ (Český svaz válečniků, ČSV), der die tschechischen Angehörigen der ehemaligen österreichisch-ungarischen Armee und der Tschechischen Legionen, die bis 1920 gegen die Bolschewiken in Russland kämpften, vereinen und der Kollaboration dienlich machen sollte. Bereits am 4. April 1941 schlug Bláha dem Reichsprotektor die Bildung tschechischer Kampfeinheiten und deren Einsatz „im Kampf für das neue Europa“, fand dafür aber kein Gehör. Auch bei den alten Soldaten hatte der ČSV kein großes Prestige – sie bildeten unter den 7.772 Mitgliedern die kleinste Gruppe. Die Mitglieder waren in „Kameradschaften“ (Kamerádství) organisiert und begrüßten einander mit dem „deutschen Gruß“, also dem erhobenen rechten Arm. Angesichts der Wirkungslosigkeit des ČSV trat Bláha im Juli 1943 vom Vorsitz zurück, den daraufhin General Robert Rychtrmoc (1875-1946) übernahm. Rychtrmoc war ein befähigter Militär und politischer Narr: 1938 hatte er gefordert, die Flucht von Präsident Beneš zu verhindern, diesen vor ein Militärgericht zu stellen und ihn wegen Hochverrats zum Tode zu verurteilen. Im März 1945 fand er sich bereit, Vorsitzender von Háchas NS zu werden, und noch im April 1945 bot er den Deutschen tschechische Kampfverbände an. Nach dem Krieg wurden beide wegen Hochverrats angeklagt und am 21. Januar 1946 hingerichtet.
Organisierte Umerziehung
Die Geschichte der tschechischen Kollaboration kennt manche extreme Kehrwendungen, wobei Emanuel Moravec (1893-1945) die radikalsten vollzog. In der alten Tschechoslowakei war er Berufssoldat und überzeugter Demokrat, wollte gegen Deutschland mit aller Energie kämpfen. Das Münchner Abkommen war ein großer Schock für ihn, der wohl sein Umdenken auslöste: Wenn man gegen die deutschen Nationalsozialisten nicht kämpfen kann, dann muss man eben mit ihnen gehen, und zwar so restlos entschlossen, wie man früher gegen sie eingestellt war![21] In dieser Erkenntnis wurde Moravec ein „Muster-Kollaborateur“, der den Deutschen Möglichkeiten aufzeigte und Pläne suggerierte, die diesen noch gar nicht eingefallen waren. Sie revanchierten sich damit, dass sie Hácha im Januar 1942 befahlen, Moravec zum Protektoratsminister für das Bildungswesen zu machen. Das geschah natürlich und damit war auch die Phase tschechischer Hinhalte- und Verzögerungspolitik am Ende. Erst als Emanuel Moravec in der Regierung erschien, wurde diese eine echte Kollaborationsregierung.
Moravec hatte schon Háchas Sammlungsbewegung NS als unfähig und/oder unwillig erkannt, alle Auflagen des Reichsprotektors zu erfüllen. Deswegen initiierte er am 11. Mai 1943, nach Konsultationen mit dem Amt des Reichsprotektors, die Gründung des „Öffentlichen Aufklärungsdienstes“ (Veřejná osvětová služba, VOS) als Instrument zur Umerziehung der Tschechen zu loyalen „Reichsbürgern“. Der VOS betrieb zwölf Regionalorganisationen, in denen „Beauftragte“ die Lehrer und Leiter von Theatern, Bibliotheken, Museen etc. zur Mitarbeit drängten. Der konnten sie sich zumeist nicht verweigern, schrieben für ihre Berichte aber meist nur deutsche Leitartikel oder Schulungsmaterialien ab. Moravec nutzte den Verband zum Aufbau eines eigenen Nachrichtendienstes, der ihm Daten zur Stimmungs- und Versorgungslage in bestimmten Gebieten verschaffte.
Ebenfalls auf eine Anregung von Moravec ging die Gründung des „Kuratoriums für die Jugenderziehung in Böhmen und Mähren“ (Kuratorium pro výchovu mládeže v Čechach a na Moravě, KVMČM) am 29. Mai 1942 zurück. Diese Organisation war der deutschen Hitlerjugend und dem Reichsarbeitsdienst nachgebildet: Alle Kinder von 10 bis 18 Jahren mussten an einem obligatorischen „Jugenddienst“ teilnehmen – Verweigerung wurde polizeilich wie Nichtbefolgung der Schulpflicht geahndet. Das KVMČM betrieb fast ausschließlich sportliche Aktivitäten, was durchaus im Sinne der deutschen Behörden war, die dadurch genaue Kenntnis der körperlichen Fitness junger Tschechen im Hinblick auf künftige „Eindeutschungen“ bekamen. Funktionäre konnte das Kuratorium leicht rekrutieren, da es besoldete Posten anbot – in einer Organisation, in deren Führung Deutsch die „Amtssprache“ war.
Das Kuratorium erfasste alle 2.260 Sportvereine, die im Protektorat Böhmen und Mähren bestanden, und betreute sie mit der Organisation des „Jugenddienstes“. Auch Trainer und Übungsleiter standen aus früheren Zeiten, als es in der Tschechoslowakei noch die Jugendbünde „Orel“ (Adler), „Sokol“ (Falke) und „Junák“ (Jüngling) gegeben hatte, in großer Zahl bereit, allerdings hegten die deutschen Behörden ausgeprägtes Misstrauen gegen sie. Dennoch hat das KVMČM viel für den Jugendsport getan – beispielsweise haben der tschechische „Wunderläufer“ Emil Zátopek (1922-2000) und weitere tschechische Sportgrößen hier ihre ersten Übungen absolviert. Sport, Ausflüge und ähnliche Aktivitäten wurden von den Jugendlichen natürlich gern angenommen, aber generell war das Kuratorium eine passive Masse, die zur geforderten „Erziehung zum Reichsgedanken“ wenig bis nichts beitrug. Um hier eine Änderung einzuleiten, verfiel man auf den Gedanken, innerhalb des KVMČM „Eliteeinheiten“ zu schaffen: „Vzorné roje“ (Musterschwärme) für Kinder und „Oddily ZZ“ (Abteilungen für Sondereinsätze) für Jugendliche. Aus letzteren wurde noch am 5. März 1945 die „Freiwillige Kompanie des Heiligen Wenzel“ (Svatováclavská dobrovolnická rota, SDR) aufgestellt, aber da war ohnehin schon alles zu spät.
Verglichen mit weitgespannten Sportprogramm, war die politische Schulung erträglich, zumal sie den Sportrahmen kaum verließ, höchstens vom Sporttauchen auf deutsche U-Boote schwenkte. Dafür waren 3.500 Instruktoren und 400 Instruktorinnen zuständig, die an eigenen „Führerschulen“ ausgebildet wurden. „Generalreferent“ des Kuratorium, faktisch dessen Führer, war der Arzt František Teuner (1911-1978), der schon in der alten Tschechoslowakei rechtsextremen Ansichten und Organisationen angehangen hatte. Er wollte eine Massenorganisation aufbauen, was ihm nicht gelang, obwohl die „Sommerlager“ des Kuratoriums sich einiger Beliebtheit bei Jugendlichen erfreuten. 1943 wurden die deutschen Berater und Aufseher des KVMČM an die Front abkommandiert, was ein spürbarer Rückschlag für die ganze Organisation war. Bei Kriegsende flüchtete Teuner nach Deutschland, wurde dort aber verhaftet, an die Tschechoslowakei ausgeliefert und 1947 bei dem Prozess gegen KVMČM-Führer zum Tode verurteilt. Das Todesurteil wurde in einem zweiten Prozess auf lebenslängliche Haft gemildert. Teuner verbüßte einen Teil seiner Strafe in dem slowakischen Gefängnis Ilava, wo er als Gefängnisarzt tätig war. 1960 wurde er begnadigt, flüchtete 1968 nach Nürnberg, wo er ebenfalls als Arzt praktizierte und später verstarb.
Die wohl eigenartigste Kollaborationsformation waren die „Journalisten-Aktivisten“ (Novinářští aktivisté. NA), ein informeller Zusammenschluss einflussreicher Journalisten, die aus pragmatischen, antidemokratischen, antikommunistischen, antisemitischen oder anderen Erwägungen heraus überzeugt waren, das Schicksal des tschechischen Volks sei nur im Verbund des Deutschen Reichs gesichert. Diese Überzeugung wollten sie durch ihre journalistische Arbeit den Tschechen „einimpfen“, was ihnen das Wohlwollen des Reichsprotektors sicherte.
Alle noch bestehenden Zeitungen unterstanden der NS, wodurch ein sonderliches Gemisch zustande kam, das von rechtsextremen Blättchen wie „Vlajka“ (Flagge), Arijský boj“ (Arischer Kampf), „Zteč“ (Sturm) etc. bis zu großen Zeitungen wie „České slovo“ (Tschechisches Wort), „Venkov“ (Land) u.a. reichte. Ehrgeizige Chefredakteure wurden vom Reichprotektor dazu angestachelt, die NS und Hácha wegen ihrer „Passivität“ zu kritisieren, und dafür mit „Dienstreisen“ an alle Fronten des Kriegs belohnt. Zudem hatten sie praktisch unbegrenzten Zugang zum Protektoratsrundfunk, was ihren Einfluss weiter erhöhte. Ihnen schlossen sich bislang erfolglose Kulturschaffende, Schauspieler, Schriftsteller etc. an, für sie richtete der Reichprotektor den elitären „Presseklub“ ein. 1941 schlossen bildete sich die „Sedmíčka“ (Gruppe der Sieben), in der die Chefredakteure der sieben größten Zeitungen zusammenfanden, um im Stile einer „Schattenregierung“ und in Tuchfühlung mit dem Reichsprotektor die Politik und die Stimmung im Protektorat Böhmen und Mähren nach deutschen Plänen zu beeinflussen und umzugestalten. Nach Kriegsende wurden 84 Journalisten der Kollaboration und Denunziation angeklagt, weitere 34 bekamen ein unbefristetes Publikationsverbot. Das Volksgericht sprach fünf Todesurteile und zahlreiche Urteile zu lebenslanger bzw. langjähriger Haft aus.
Tschechische Faschisten
Seit den mittleren 1920-ern Jahren waren in der Tschechoslowakei Faschisten aktiv, „richtige“ Faschisten, d.h. solche, die sich den Italiener Benito Mussolini, seine „faschistische“ Bewegung und seine ständestaatliches Konzept zum Vorbild genommen hatten. Spätere Differenzierungen im tschechischen rechtsextremen Lager rührten daher, dass Teile von diesem zur deutschen Hitler-Bewegung tendierten und deren Feindschaft gegen Juden, Freimaurer etc. übernahmen. Davon abgesehen, ist es enorm schwer, die Geschichte der tschechoslowakischen Faschisten auch nur in Umrissen darzustellen. Wie immer bei Rechtsextremen, so sammelten sich auch hier verkrachte Existenzen, halbgebildete „Intellektuelle“, aktenkundige Kriminelle, Abenteurer aus Kriegs- und Nachkriegszeiten, antidemokratische Desperados etc., die dann das übliche rechte Theater abspielten: Jeder wollte Führer sein, andere an Radikalität überbieten, zahlreiche Gruppen und Grüppchen entstanden, vereinigten und trennten sich wieder, machten ihre radikalen Ansichten in kleinen Zeitschriften publik, die kaum jemand las.
“Urvater“ dieses Treibens war Radola Gajda, 1892 als Rudolf Geid(e)l in Dalmatien geboren. Im Ersten Weltkrieg diente er in der österreichischen Armee und gab sich als Arzt aus, obwohl er nicht einmal die Mittelschule absolviert hatte. Später kam er nach Russland, wo er weiterhin als „Arzt“ tätig war, kämpfte bei der Tschechischen Legion, später bei den „Weißen“ des Admirals Kol’čak, noch später gegen diese und kehrte im Januar 1920 nach Prag zurück. Hier studierte er an der Kriegshochschule, machte danach rasche Karriere in der Armee, war 1926 für zwei Monate sogar Chef des Generalstabs. Zu dieser Zeit hatte er sich bereits so sehr in faschistisches Treiben verstrickt, dass die Armee ihn nach einem Disziplinarverfahren zum einfachen Soldaten degradierte.
In den dramatischen Tagen des Münchner Abkommens gehörte Gajda zu den entschiedenen Gegnern einer „Kapitulation“ vor Hitler, forderte noch am 21. September bei einer Kundgebung die Prager zum bewaffneten Widerstand auf. Kurze Zeit später wurde er stellvertretender Vorsitzender der neuen Sammlungs-„Partei der nationalen Einheit“ (SNJ), im März 1939 bekam er im Zuge einer Amnestie seinen Generalrang zurück, dazu eine enorme Finanzentschädigung, für die er sich ein Landgut kaufte. Während des Protektorats blieb Gajda unerwartet zurückhaltend. Er unterstützte zwar Hácha und dessen Politik, exponierte sich aber in keiner Weise. Noch am 4. Mai 1945 bat Moravec ihn, mit den Alliierten zu verhandeln, was Gajda ablehnte. Nach dem Krieg wurde er vor Gericht gestellt, das ihn zu zweijähriger Haft verurteilte, diese aber durch die Untersuchungshaft als verbüßt ansah. Er wurde freigelassen und starb am 15. April 1948.
Gajda hatte 1927 die Führung der „Nationalen faschistischen Gemeinschaft“ (Národní obec fašistická, NOF) übernommen, der stärksten faschistischen Partei der alten Tschechoslowakei. Die Partei gab sich eine breite organisatorische Basis – 15.000 Mitglieder, dazu Jugend- und Frauenorganisation, Parteipresse etc. – und bekam bei den Parlamentswahlen vom 19. Mai 1935 167.433 Stimmen, was sechs Sitze im Parlament bedeutete. Zu Beginn des Protektorats rief Gajda die NOF-Mitglieder auf, Háchas NS beizutreten, womit die NOF faktisch aufhörte zu existieren. Im September 1940 versuchten ehemalige Funktionäre eine Erneuerung der NOF, diesmal ohne Gajda. Zum 1. Januar 1943 wurde diese Organisation von den Deutschen verboten, da sie – ungeachtet ihrer Parole „ehrliche Zusammenarbeit mit dem Reich“ – als „Ruhestörer“ im Protektorat galt. Aber damit hatte Gajda schon nichts mehr zu tun.
Zum frühen Umfeld Gajdas gehörte die „Faschistische Studentengemeinschaft“, die sich früh im Unfrieden von ihm trennte und sich am 20. März 1928 als „Nationalverband der Jugend und Studenten“ neu konstituierte. Der Verband gab die Zeitschrift „Vlajka“ (Flagge) heraus, und beide wurden zum Inbegriff eines extremen Nationalismus und Antisemitismus. 1930 wurde die „Vlajka“ verboten, was ihr nichts ausmachte, da sie immer „artverwandte“ Bünde und Blätter fand, hinter denen sie sich tarnen konnte. 1936 stieß Josef Rozsévač (1901-1946) zu ihr, ein abgebrochener Medizinstudent, der unter dem Pseudonym Jan Rys zum wildesten staatsfeindlichen und antisemitischen Hetzer der Vorkriegs-Tschechoslowakei wurde.
Nach dem Münchner Abkommen war der Verband „Vlajka“ die einzige faschistische Organisation, die nicht in die SNJ eintrat, zumal sie sich am 11. November 1938 offiziell auflöste. Tatsächlich setzte sie als illegale „Mafia“ ihre antisemitische Hetze fort und unternahm vereinzelt Bombenanschläge.
Im Protektorat erlebte die „Vlajka“ eine Renaissance. Auf Anregung von Rys-Rozsévač vereinte sie sich mit zahlreichen ähnlichen Gruppen und konstituierte mit ihnen am 11. Oktober 1939 das „Tschechische nationalsozialistische Lager – Vlajka“ (Český národně socialistický tábor – Vlajka, ČNST – Vlajka). Aus der „Vlajka“ wurde eine Tageszeitung, der die „Árijská fronta“ (Arische Front) zur Seite stand. Was vom ČNST und seinen Blättern zu halten war, demonstrierte ein im Protektorat umlaufender Spottvers: „Každý národ má svou špinu – Češi mají vlajkařinu“ (Jedes Volk hat seinen Schmutz – Tschechen haben das Vlajka-Lager).
Das ČNST war ein heftiger Gegner von Hácha und der NS, verübte am 8. August 1940 sogar einen Überfall auf die Prager NS-Zentrale. Dennoch duldete die deutsche Protektoratsführung das ČNST, da es dessen 13.500 Mitglieder (1940) als Pressure group gegen Hácha und als diensteifrige Spitzel und Denunzianten schätzte. 1942 setzten die Deutschen ausschließlich auf die Kollaborationslinie von Moravec, dem sich das ČNST auf keinen Fall unterordnen wollte. Daraufhin wurde es Ende 1942 aufgelöst, seine Führer schickte man als „Ehrenhäftlinge“ ins KZ Dachau, von wo sie bei Kriegsende an Prag ausgeliefert und dort zum Tod oder zu langen Haftstrafen verurteilt wurden.
Neben diesen existierten weitere Gruppen des rechtsextremen Spektrums, das sich ständig erweitere oder verkleinerte, auseinanderlief oder sich vereinigte, von der Leine gelassen oder gezügelt wurde. Aua der Fülle dieser Organisationen seien der Vollständigkeit halber nur noch einige erwähnt:
„Tschechische Liga gegen den Bolschewismus“ (Česká liga proti bolševismu, ČLpB), eine im Dezember 1943 auf Anregung von Minister Moravec gegründete Organisation, die als heimische Antwort auf den Vertrag gedacht war, den die Londoner Exilregierung mit der Sowjetunion geschlossen hatte. Ihre Hauptfeinde waren Präsident Beneš, der „Volksverräter“, und die „jüdischen Bolschewisten“, die angeblich die ganze Sowjetunion beherrschten.
„Arische front“ (Árijská fronta, ÁF) und „Arische Arbeitsfront“ (Árijská pracovní fronta, ÁPF). Die ÁF knüpfte an den „Kreis slavischer Arier“ von 1937 an und träumte davon, alle rechtsextremen Gruppen des Landes zu einer „Nationalen arischen Kulturfront“ unter ihrer Leitung zu vereinigen. Daraus wurde natürlich nichts, so dass sie mit ihren 300 Mitgliedern ein Schattendasein führte. Die im November 1939 gegründete ÁPF – Losung „Ein Führer, ein Reich, ein Ziel“ – war eine Pressure group des radikalen Antisemitismus und der lachhaften Umdeutung der gesamten tschechischen Geschichte, die sie als ständigen Kampf für „Zusammenarbeit mit dem Deutschen Reich“ hinstellte. Trotz ihrer lediglich 500 Mitglieder konnte sie ein landesweites Informationsnetz antijüdischer Ausrichtung aufbauen. Ihre Führer Badřich Opletal wurde am 26. März 1946 hingerichtet.
„Nationalsozialistische tschechische Arbeiter- und Bauernpartei“ (Národně socialistická česká dělnická a rolnická strana, NSČDRS), auch als „Partei des grünen Hakenkreuzes“ (Strana zeleného hákového kříže) bekannt, eine im Juni 1939 gebildete tschechische Kopie der NSDAP, die hoffte, dafür mit dem Hauptanteil an der Protektoratsverwaltung bedacht zu werden. Die Deutschen konnten mit ihr wenig anfangen, tolerierten sie jedoch als Propagator des deutschen „Endsieges“. Am 22. Juni 1941, Tag des Kriegsbeginns gegen Russland, beschloss die Partei, die damals 2.100 Mitglieder hatte, eine „Teilnahme von Tschechen am Kampf gegen die Sowjetunion“. Die NSČDRS war nach dem „Führerprinzip“ aufgebaut, ihr oberster „vůdce“ (Führer) F.M.Mlčoch wurde am 26. April 1946 hingerichtet, nachdem die Partei bereits Anfang 1945 zerfallen war.
„Volkskundliches Mähren“ (Národopisná Morava, NM), eine Organisation mährischer Faschisten, die bereits am 16. März 1939 in einem Brief an Hitler die Angliederung der Region „Moravské Slovácko“ (Mährische Slowakei) – ein mährisch-slowakisches Übergangsgebiet – an die „souveräne“ Slowakei forderten. In der Region selber war die tschechische Sprache aus den Schulen verbannt und durch den regionalen Dialekt ersetzt worden. Präsident Hácha wandte sich hilfesuchend an deutsche Behörden, und auf Weisung Hitlers wurde das Ersuchen der NM abgelehnt. Im Grunde war deren Treiben den Deutschen nicht unsympathisch, da es deren Ansicht unterstützte, das die Tschechoslowakei „von selber zerfallen“ und niemals ein lebensfähiger Staat gewesen wäre. Mit der Zurückweisung der NM aber konnte Hitöler demonstrieren, dass er den „Schutz“ des Protektorats ernst nahm. Die NM wurde nicht verboten, aber auch nicht gefördert, und 1944 ging sie in der ČLpB auf.
Die Liste könnte noch um zehn, zwanzig ähnliche Organisationen erweitert werden, aber das ist nicht nötig. Was immer sich im Protektorat formierte, war kein tschechisches Eigengewächs, sondern eine sklavische Kopie deutscher, italienischer, rumänischer, ungarischer etc. Vorbilder. Alle Gruppen wurden von deutschen Sicherheitsbehörden streng überwacht und nur so lange geduldet, wie man sich von ihnen einen Vorteil versprach – als Propagator, Spitzel, Zuträger, Pressure group usw.
Das Ende nach dem Krieg
Kurz nach Kriegsende wurden am 9. Juni 1945 per Dekret des aus London triumphal heimgekehrten Präsidenten Beneš „außerordentliche Volksgerichte“ und ein „Nationalgericht“ geschaffen, deren Aufgabe es war, „Nazis und ihre verräterischen Mitschuldigen in der Tschechoslowakei“ einer „strengen Gerechtigkeit“ zu unterziehen.
Die Tätigkeit der 24 Volksgerichte endete am 4. Mai 1947, am 29. Mai 1947 legte Justizminister Prokop Drtina (1900-1980) ihren Tätigkeitsbericht dem Parlament vor. Insgesamt hatten sie 132.549 Fälle zu bearbeiten, von denen 130.114 abgeschlossen wurden. Von diesen endeten 38.316 mit einem Urteil, 4.592 wurden an ordentliche Gerichte weitergeleitet und 40.534 wegen unzureichender Beweise eingestellt. In 31.793 Fällen waren die Beweise deshalb unzureichend, weil die Angeklagten rechtzeitig „ins Reich“ geflüchtet oder verstorben waren.
Von den Verurteilten traf 713 die Todesstrafe (475 Deutsche, 234 Tschechen) und weitere 741 wurden zu „lebenslangem schwerem Kerker“ verurteilt (443 Deutsche, 293 Tschechen). Zudem wurden 19.888 Personen zu insgesamt 206.334 Jahren Haftstrafen verurteilt mit der Auflage, „dass sie die gesamte Strafe oder einen wesentlichen Teil davon in besonderen Zwangsarbeitsabteilungen abbüßen müssen“. Die verbleibenden 15.895 Verfahren endeten mit Freispruch (9.132), Übergabe an ordentliche Gerichte (1.634) oder Einstellung (5.129), weil die Angeklagten nicht auffindbar oder verstorben waren.
Viele Deutsche konnten nur deshalb vor tschechische Gerichte gestellt werden, weil sie aus den deutschen Besatzungszonen ausgeliefert worden waren. Aber das war die kleinste Gruppe. Aus aufgefundenen deutschen Dokumenten war z.B. bekannt, dass im Protektorat 5.861 Angehörige der Gestapo tätig gewesen waren, derer man gern habhaft geworden wäre, es aber nicht konnte. Noch geringer war die „Ausbeute“ bei SS-Angehörigen, wobei nach tschechischen Vorschriften bereits eine SS-Mitgliedschaft als Straftatbestand galt. Eine kleine Genugtuung für die Tschechoslowakei war, dass die russischen und amerikanischen Ankläger im Nürnberger Prozess auch in ihrem Namen auftraten und dafür mit umfangreichen Beweisdokumentationen ausgestattet worden waren.
Die Tatsache, dass gegen Tschechen 234 mal die Todesstrafe und 293 mal lebenslange Haft verhängt wurden, wertete Minister Drtina als Beweis für die unparteiische Strenge, mit der die Gerichte vorgingen. Ihre Arbeit war ohnehin schwer genug: Dass hier Gesetze mit rückwirkender Geltung angewendet wurden, störten das Rechtsempfinden vieler. Die amtlich festgesetzte Mindeststrafe von fünf Jahren Haft wurde von Laienrichtern und Schöffen oft nicht angewandt, da sie in Fällen von minderer Schwere lieber für Freispruch votierten. Auch leuchtete es nur wenigen ein, dass Tschechen vor Gericht Deutschen gleichgestellt wurden; Deutsche seien im Protektorat schließlich die „Hauptschuldigen“ gewesen, Tschechen „Schuldige der sekundären Art“.
Einwände dieser Art müssen die Gesetzesväter der sog. „Retributionsprozesse“ vorhergeahnt haben, denn anders sind gewisse Bestimmungen nicht zu verstehen. Es gab ein Verzeichnis von Organisationen, bei denen bloße Mitgliedschaft schon strafwürdig war, aber das scheint nicht besonders lang gewesen zu sein. Bei den meisten Organisationen, darunter alle oben erwähnten, wurden nur ehemalige Führer oder „Aktivisten“ bestraft. Zudem sahen die Gesetze besonders strenge Strafen für Denunziantentum vor. Zwar wurde berücksichtigt, dass nicht wenige Aussagen von den Deutschen in Verhören erpresst worden waren, aber es blieben doch genügend politisch oder ökonomisch motivierte Denunziationen übrig, für die sich nun sehr viele vor Gericht verantworten mussten.
Vor Gericht landeten auch Präsident Hácha, der allerdings am 27. Juni 1945 im Untersuchungsgefängnis verstarb, und alle Mitglieder der Protektoratsregierungen. Dabei kam es zu einem bemerkenswerten Vorfall: Im April 1939 hatte General Alois Eliáš, Jahrgang 1890, das Amt des Regierungschefs im Protektorat Böhmen Mähren übernommen, dieses aber zu Kontakten mit dem heimischen Widerstand und zur Londoner Exilregierung genutzt. Auf Befehl Heydrichs wurde er am 27. September 1941 verhaftet und am 19. Juni 1942 hingerichtet. Das machte ihn in den Augen der Tschechen zu einem Helden, dem nach Kriegsende posthum höchste Auszeichnungen verliehen wurden – sehr zum Missfallen von Minister Drtina und der Staatsanwälte, die aus dieser Würdigung von Eliáš eine Art Generalpardon für alle Protektoratsminister befürchteten.
Die Sondergerichte hatten nur eine Instanz, Berufung gegen ihre Urteile war nicht möglich, Todesurteile mussten binnen drei Stunden vollstreckt werden. Dabei ging es nicht ohne tragische Verwicklungen und Fehlurteile ab, wenn auch nicht viele. Das tragischste Schicksal erlebte Minister Drtina, seit 1940 rechte Hand von Präsident Beneš, 1945-1948 Justizminister. Als die Kommunisten im Februar 1948 einen Putsch um die Macht starteten, stellte er sich ihnen entgegen, als sie Macht errungen hatten, unternahm er am 28. Februar 1948 einen Selbstmordversuch. Er überlebte, wurde sechs Jahre in Untersuchungshaft gehalten, im Dezember 1953 in einem Schauprozess zu 15 Jahren Haft verurteilt. 1960 amnestierte und 1969 rehabilitierte man ihn vollständig – um diese Rehabilitierung 1971 wieder rückgängig zu machen.
Autor: Wolf Oschlies
Anmerkungen
[1] Sebastian Haffner: Anmerkungen zu Hitler, Frankfurt M. 2002, S. 55 ff.
[2] Detailliert dazu Detlef Brandes: Die Tschechen unter deutschem Protektorat, München/ Wien 1975
[3] Rudolf Jung: Die Tschechen – Tausend Jahre deutsch-tschechischer Kampf, 2.A, Berlin 1937
[4] Detailliert dazu Niklas Perzi: Die Beneš-Dekrete – Eine europäische Tragödie, St. Pölten/ Wien/ Linz 2003
[5] Richard N. Coudenhove-Kalergi: Czechen und Deutsche, in: Die Zukunft Nr. 52m 24.9.1921, S. 342-350
[6] Tagebuch der Zeit, in: Das Tagebuch Nr. 29, 22.7.1922, S. 1019
[7] Zit. N. der deutschen Ausgabe Emanuel Rádl: Der Kampf zwischen Tschechen und Deutschen, Reichenberg 1928, S. 161
[8] Oswald Kostrba-Skalicky: Bewaffnete Ohnmacht: Die tschechoslowakische Armee 1918-1938, in: Karl Bosl (Hrsg.): Die Erste Tschechoslowakische Republik als multinationaler Parteienstaat, München/ Wien 1979, S. 439-527
[9] Detailliert dazu Zdeněk Smetáček: Od Mnichova k válce (Von München zum Krieg), 2.A. Prag 1945
[10] Soweit nicht anders ausgewiesen, folgt die Darstellung hier und im folgenden Wolf Oschlies: Genieße den Krieg, den Hitler verliert – Kultur im deutschen Protektorat Böhmen und Mähren, Funkfeature im Deutschlandfunk (Köln) 19.1.2007
[11] Detlef Brandes: Die deutsche Reaktion auf die Prrager Demonstrationen im Herbst 1939, in: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte Nr. 2/1975, S. 210-218
[12] Vgl.dazu die interessante Bildchronik von Jaroslav Čvančara: Akce Atentát (Aktion Attentat), Prag 1991
[13] Detailliert Rudolf Ströbinger : Das Attentat von Prag, Bergisch Gladbach 1979
[14] Konrad Badenheuer: Die Sudetendeutschen – Eine Volksgruppe in Europa, München 2007, S. 71
[15] Petr Litoš: Rezistence a kolaborace, čeho bylo vic? (Widerstand oder Kollaboration, was überwog?), in: Britské listy 12.3.2009
[16] Detailliert dazu die Autobiographie von Jan Drábek; Po uši v protektorátu >(Ohrenzeuge im Protektorat Böhmen und Mähren), Prag 2001
[17] Soweit nicht anders ausgewiesen, folgt die Darstellung hier Jiří Frajdl: Protektorátní kolaborantské a fašistické organizace 1939-1945 (Kollaboranten- und faschistische Organisationen im Protektorat Böhmen und Mähren 1939-1945), Publikace KSH Nr. 68, www.kcprymarov.estranky.cz
[18] Benjamin Frommer: National Cleansing – Retribution against Nazi Collaborators in Postwar Czechoslovakia, Studdies in the Social and Cultural History of Modern Warfare Nr. 19, Illinois 2005
[19] Grundsätzlich dazu Hans Lemberg: Kollaboration in Europa mit dem Dritten Reich um das Jahr 1941, in: Karl Bosl (Hrsg.): Das Jahr 1941 in der europäischen Politik, München/ Wien 1972, S. 143-162
[20] Detailliert dazu Vilém Prečan: Probleme des tschechischen Parteiensystems zwischen München 1938 und dem Mai 1945, in Karl Bosl (Hrsg.): Die Erste Tschechoslowakische Republik als multinationaler Parteienstaat, München/ Wien 1979, S. 529-552
[21] Emanuel Moravec: Das Ende der Benesch-Republik – Die tschechoslowakische Krise 1938, 4.A. Prag 1942