Die thüringische Stadt Weimar ist bekannt für ihre Kunst, die vor allem durch Goethe und Schiller geprägt wurde. Doch unweit der Stadt befindet sich der Ettersberg, auf dem im Juli 1937 das KZ Buchenwald eröffnet und bis in den April 1945 hinein betrieben wurde. Eine Einrichtung, die zwar nicht zu den Vernichtungslagern gehört, in der aber dennoch mehr als 50.000 Menschen ihr Leben ließen. Unter ihnen nicht zuletzt der Politiker Ernst Thälmann.
Kaum zwei Monate nach der Machtergreifung ließen die Nationalsozialisten ab März 1933 das erste Konzentrationslagerbauen: Es war in Dachau bei München beheimatet. Auch die Umgebung von Weimar erhielt mit Sachsenburg, Bad Sulza und Lichtenburg drei solcher Einrichtungen, die jedoch ab Juli 1937 aufgelöst und zum KZ Buchenwald zusammengefasst wurden. Damit sollte eine zentral gelegene und deutlich größere Haftanstalt eröffnet werden. Als Standort wurde der Ettersberg bei Weimar auserwählt, dessen Wälder gerodet werden mussten, ehe hier die ersten Baracken aufgestellt werden konnten. Arbeiten, die von Gefangenen unterschiedlicher Gefängnisse ausgeführt wurden – einige von ihnen erhielten später hohe Häftlingspositionen in Buchenwald.
Der Ettersberg, der wegen seiner großen Bedeutung für die Weimarer Klassik als Namensgeber für das Lager nicht in Betracht kam, war nicht zufällig gewählt: Das Gelände verfügte über reiche Vorkommen an Stein und Ton, die bei den anstehenden Baumaßnahmen im Deutschen Reich gebraucht wurden. Von den ersten Holzunterkünften auf ebenem Sand wuchs das Konzentrationslager Buchenwald bis zum Frühjahr 1945 auf eine Gesamtfläche von rund 400.000 Quadratmeter an. Neben dem Haupt- gab es mehr als 130 Nebenlager. Einige von ihnen waren auf Dauer angelegt und wurden über viele Jahre betrieben. Bei anderen handelte es sich hingegen um temporäre Notlösungen, die kaum einige Tage überdauerten.
Von den rund 2.500 Insassen, die zu den ersten Inhaftierten im Jahr 1937 gehörten und zu denen Widerständler, Sinti und Roma, Homosexuelle sowie politische Gegner zählten, wuchs die Belegung bis Ende 1938 auf 20.000 Personen an. Maßgeblich waren dafür die Novemberpogrome, durch die nun auch vermehrt Juden ins Lager gelangten. Einen zweiten Zeitpunkt stark ansteigender Häftlingszahlen markieren der Beginn und der Verlauf des Zweiten Weltkrieges, womit die Inhaftierung von Bürgern anderer Länder verbunden war. Den höchsten Stand der Belegung verzeichnete Buchenwald vom Herbst 1944 bis in das Frühjahr 1945, als dort rund 110.000 Menschen eingesperrt waren.
Die Einrichtung war als reines Männerlager konzipiert. Zu den prominenten Insassen gehören die Politiker Ernst Thälmann und Rudolf Breitscheid, der Theologe Dietrich Bonhoeffer, der Schriftsteller Imre Kertész sowie der spätere Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel, die dort interniert waren. Frauen und Mädchen – von denen über die gesamte Zeit von 1937 bis 1945 etwa 27.000 inhaftiert waren – wurden in unterschiedlichen Außenlagern untergebracht und mussten schwerer körperlicher Arbeit nachgehen. Weibliche Insassen konnten jedoch in das lagereigene Bordell verbracht und dort zum Dienst gezwungen werden. Hierfür kamen zudem Häftlinge aus dem Konzentrationslager Ravensbrück in Betracht. Für das Bordell wurden vorwiegend deutsche und osteuropäische Frauen eingesetzt.
Die mit Beginn des Lagers aufgenommene Tätigkeit im Steinbau, bei der etwa Ton und Schiefer in Zwangsarbeit abgebaut wurden, verlor nach und nach an Bedeutung. Die Arbeit dort wurde in der Folge vermehrt als Strafmaßnahme betrachtet. Demgegenüber wuchsen im Umfeld des Lagers diverse Betriebe, die zur deutschen Wirtschaft und Rüstung gehörten – und die in den Häftlingen eine große Zahl an preisgünstigen Arbeitskräften fanden. Deren Dienst betrug 12 bis 16 Stunden pro Tag und galt als kräftezehrend für Körper und Geist. Viele Betroffene konnten die geforderten Leistungen nicht erbringen und verstarben oder wurden erschossen.
Zu den größten Firmen im Außenbereich des Konzentrationslagers Buchenwald gehörten die Gustloff-Werke sowie die Deutschen Ausrüstungswerke, in denen zusammengenommen in jeder Schicht zwischen 5.000 und 6.000 Häftlinge ihre Tätigkeit aufnahmen. Beide Betriebe hatten sich auf die Rüstung spezialisiert, hier wurden von der Pistolenmunition bis hin zu Bauteilen für Panzer und Flugzeuge diverse Güter für den Krieg hergestellt. Widerständler unter den zum Dienst gezwungenen Insassen nutzen dabei indes die Möglichkeit, immer wieder Mängel in die Produktion einfließen zu lassen, wodurch es zu einem relativ hohen Ausschuss bei gleichzeitigem Materialverbrauch kam. Ebenso entstanden Waffen, die sich spätestens beim Fronteinsatz als zu fehlerhaft für die Anwendung zeigten.
Durch das Fehlen einer Gaskammer sowie ähnlicher zur Massentötung nutzbarer Anlagen gilt das KZ Buchenwald heute nicht als Vernichtungslager. Allerdings ließen sich hier Verbrennungsöfen finden, mit denen auf die hohe Zahl der versterbenden Menschen reagiert wurde. In der nicht ganz acht Jahre umfassenden Zeit, die das Lager in Betrieb war, wurden rund 56.000 Tote gezählt – bei einer Gesamtzahl von etwa 280.000 Insassen, die sich auf Buchenwald und die Nebenlager verteilten. Hauptursachen für das Sterben waren die katastrophalen hygienischen und medizinischen Bedingungen, die Überarbeitung, die mangelhafte Ernährung sowie die sich ab 1944 ausbreitenden Krankheiten.
Außerdem kam es durch den ersten Lagerkommandanten Karl Otto Koch schon früh zu brutalen Übergriffen der Wachmannschaften auf die Häftlinge. Tritte und Schläge, unterschiedliche Maßnahmen der Folter, das Anwenden der Todesstrafe und medizinische Experimente gehörten zum Alltag der Inhaftierten. Berüchtigt ist zudem die Genickschussanlage: Eine getarnte Vorrichtung im Arztzimmer, mit der die Körpergröße der zu untersuchenden Insassen gemessen werden sollte, in die aber ein Loch zum Erschießen eingelassen war. Mag das Konzentrationslager Buchenwald auch nicht zu den Vernichtungslagern zählen, so war die Zeit der eingesperrten Menschen dort doch von Tod und Leid geprägt – das Überleben der nächsten Stunden war für niemanden garantiert.
Spätestens im August 1944, als die US-Armee auf europäischen Boden voranrückete, begann der Rückzug der deutschen Wehrmacht an allen Fronten. Eine Entwicklung, die auch das KZ Buchenwald betraf: Von hier aus begann im Herbst des gleichen Jahres die Umverlegung einiger Häftlinge in andere Lager. Als sich bis zum Anfang April 1945 die Situation durch die heranrückenden Alliierten dramatisch verschärft hatte, genügte das jedoch nicht mehr. Ab April wurden viele der noch verbleibenden rund 50.000 Häftlinge auf die Todesmärsche geschickt: Mit den oft tagelangen und bei hohem Tempo durchgeführten Evakuierungen sollten die im Herzen des Reiches gelegenen Lager angesteuert werden.
Am 11. April 1945 gelangten US-amerikanische Truppen in die Nähe des Konzentrationslagers Buchenwald, in dem daraufhin Chaos ausbrach. Während einige Wachen ihre Posten räumten, waren andere darum bemüht, Spuren der Kriegsverbrechen zu verwischen. Viele der noch im Lager befindlichen Häftlinge nutzen das Durcheinander, bewaffneten sich und schossen auf ihre Peiniger. Erst am Abend des gleichen Tages wurde Buchenwald von der US-Armee befreit. Der Anblick der Leichen sowie der entkräfteten Insassen soll auf die Soldaten derart erschreckend gewirkt haben, dass diese nur fünf Tage später etwa 1.000 Bürger aus Weimar kommen ließen, um ihnen das unvorstellbare Leid des Lagers zu zeigen.
Mit der Befreiung am Kriegsende setzte nicht alleine die Rückkehr der ehemaligen Gefangenen in ihre Heimat, ihre Familien und ihr geregeltes Leben ein. Vielmehr begann mit dem 11. April 1945 auch die Jagd auf die Funktionäre und die Wachmannschaften, die im Konzentrationslager Buchenwald ihren Dienst verrichteten. 31 Angeklagte mussten sich von Frühjahr bis Sommer 1947 in einem Hauptprozess vor dem US-amerikanischen Militärgericht wegen potenzieller Kriegsverbrechen verantworten: Es gab keinen Freispruch, mehrheitlich Haftstrafen sowie elf vollstreckte Todesurteile. In mehreren Nebenprozessen, in denen abermals 31 Anklagen behandelt wurden, kam es zu sieben Freisprüchen, mehrjährigen Haftstrafen und einer vollzogenen Todesstrafe.
Das ab April 1945 allmählich geräumte Lager wurde nicht dem Erdboden gleichgemacht. Vielmehr wurde es zunächst von der sowjetischen Besatzungsmacht und wenig später von der Deutschen Demokratischen Republik als eines der sogenannten Speziallager weitergeführt. Damit wurde das Ziel verfolgt, zumeist hochrangige Nationalsozialisten von der übrigen Gesellschaft isolieren und sie in ein Rechtsverfahren überstellen zu können. Allerdings wurden dort auch normale Bürger festgesetzt, deren Gesinnung nicht zum offiziellen Weltbild der DDR passte. Im Jahre 1950 wurde das Lager aufgelöst.
Die nationale Mahn- und Gedenkstätte Buchenwald, auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers, erinnert an eines der dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte. Hier wurden während des Zweiten Weltkriegs über 250.000 Menschen gefangen gehalten, gefoltert und ermordet. Die Ausstellung dokumentiert das Grauen mit persönlichen Berichten, Fotos und Artefakten. Ein Mahnmal für Menschlichkeit und Toleranz, fordert Buchenwald die Besucher auf, die Vergangenheit nicht zu vergessen und für eine friedliche Zukunft einzustehen.
Literatur
Wolfgang Benz, Barbara Distel (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen KL. Band 3: Sachsenhausen, Buchenwald. C. H. Beck, München 2006.
Gitta Günther, Gerhard Hoffmann: KL Buchenwald 1937 bis 1945. Kleines Lexikon. Rhinoverlag, Ilmenau 2016.
David A. Hackett (Hrsg.): Der Buchenwald-Report. Bericht über das KL Buchenwald bei Weimar. C. H. Beck, München 2002.
Lutz Niethammer (Hg.): Der „gesäuberte“ Antifaschismus. Die SED und die roten Kapos von Buchenwald. Berlin 1994.
Ulrich Peters: Wer die Hoffnung verliert, hat alles verloren. Kommunistischer Widerstand in Buchenwald. PapyRossa-Verlag, Köln 2003.
Website der Gedenkstätte der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora.