Der dunkelste Tag der deutschen Geschichte – die Wannseekonferenz und die „Endlösung der Judenfrage“
Rom hatte Unmenschen wie einen Nero, in der Sowjetunion wütete Stalin und in Deutschland war Hitler zweifelsfrei das Maß aller Unmenschlichkeit. Die Perversität der Nazis in ihren Morden unterscheidet sich aber von anderen Untaten zweifelsfrei dadurch, dass noch niemals in der bekannten Geschichte so systematisch ein Völkermord geplant wurde wie bei den Nazis. Und wenn es ein spezielles Datum gibt, aus dem die Systematik des Völkermordes der Nazis ersichtlich wird so ist dies der 20. Januar 1942, der Tag der Wannseekonferenz. Aus diesem Grunde muss und wird dieser Tag leider als der dunkelste Tag der deutschen Geschichte in die entsprechenden Annalen eingehen.
Am 20. Januar 1942 kamen in einer Villa am Berliner Wannsee 15 hochrangige Vertreter der NS Regierung und der NS Behörden zusammen, um den Holocaust im Detail zu planen. Welchen Völkermord die Nazis am 20. Januar 1942 planten, lässt sich daran erkennen, dass man in der historischen Aufarbeitung später ein Dokument mit dem Titel „Liste der jüdischen Bevölkerung in Europa“ fand, aus der hervorgeht, dass die Nazis am 20. Januar 1942 den Mord an über 11.000.000 Menschen planten!
Dass wir in der historischen Aufarbeitung überhaupt so genaue Kenntnisse über die Wannseekonferenz haben, ist im Übrigen einem Zufall zu verdanken. Denn nur durch Zufall entging das 15seitige Exemplar des Wannseeprotokolls von AA-Unterstaatssekretär Martin Luther der Vernichtung. Besagter Martin Luther verlor einen internen Machtkampf im Auswärtigen Amt gegen seinen Vorgesetzten Reichsaußenminister Ribbentrop und wurde 1943 ins KZ Sachsenhausen verbracht. Dort erhielt er eine Sonderbehandlung, d.h. seine Haft erfolgte unter relativ guten Bedingungen. Als Ursache hierfür ist der „nachvollziehbare“ Grund zu sehen, dass man Luther in einem besonderen Schauprozess später vorführen wollte. Im Zuge dessen wurden alle Akten Luthers, auch sein persönliches Exemplar des Protokolls der Wannseekonferenz ausgelagert. Als die Alliierten dann 1945 vor Berlin standen, glaubten SS und Auswärtiges Amt alle Protokolle der Wannseekonferenz vernichtet zu haben, vergasen dabei aber wohl das ausgelagerte Protokoll Martin Luthers. Anfang März 1947, d.h. mitten in der Vorbereitung auf den „Wilhemstraßen-Prozess“ fand sich ein dickes Paket mit der Aufschrift „D“, was für die Deutschland – Abteilung des Auswärtigen Amtes stand. In diesem dicken Paket fand sich dann durch Zufall das Protokoll der Wannseekonferenz. Der Inhalt dieses Protokolls war für den Chefankläger im Wilhelmstraßenprozeß, Telford Taylor, auch erst einmal so unglaublich, dass es um Haaresbreite nicht verwendet worden wäre.
Die Aussagen des Protokollanten Adolf Eichmann zur Wannseekonferenz
Interessant sind in diesem Zusammenhang die Ausführungen des Protokollanten der Wannseekonferenz (Adolf Eichmann) in seinem Prozess, hier speziell in seiner Prozessvernehmung am 24.07.1961 zur Wannseekonferenz:
Richter:
Jetzt wegen des Wannseeprotokolls – wegen der Wannseetagung – hier haben Sie meinem Kollegen, dem Richter Raven, geantwortet, dass in dem Teil, der nicht im Protokoll erwähnt ist – über Tötungsmethoden gesprochen wurde.
Eichmann:
Jawohl.
Richter:
Wer hat über dieses Thema gesprochen? Da?
Eichmann:
Im Einzelnen ist mir diese Sache heute nicht mehr gegenwärtig, Herr Präsident, aber ich weiß, dass die Herren beisammen gespannt und beisammen gesessen sind und da haben sie eben in sehr unverblümten Worten – nicht in den Worten, wie ich sie dann ins Protokoll geben musste, sondern in sehr unverblümten Worten die Sache genannt – ohne sie zu kleiden. Ich könnte mich dessen auch bestimmt nicht mehr erinnern, wenn ich nicht wüsste, dass ich mir damals gesagt hätte: schau, schau der Stuckart, den man immer als einen sehr genauen und sehr heiklen Gesetzesonkel betrachtete und da hier wars eben der Ton und die ganzen Formulierungen waren hier sehr unparagraphenmäßig gewesen …
Richter:
Was hat er über dieses Thema gesagt?
Eichmann:
Im Einzelnen, Herr Präsident, möchte ich
Richter:
Nicht im Einzelnen – im Allgemeinen!
Eichmann:
Es wurde von Töten und Eliminieren und Vernichten gesprochen. Ich selber hatte ja meine Vorbereitungen zu machen für die Protokollangelegenheit – ich konnte nicht dastehen und einfach zuhorchen – aber die Worte drangen eben zu mir herein – zu mir ran, denn das Zimmer war ja nicht zu groß gewesen, als dass man in dem Wortschwall nicht einzelne Worte hätte aufgeschnappt
Richter:
Aber auch diese Sachen wurden von den Stenographen oder der Stenographin aufgenommen?
Eichmann:
Von den Stenographen. Jawohl.
Richter:
Und Sie haben anscheinend dann den Auftrag bekommen, das nicht in das offizielle Protokoll hineinzuschreiben.
Eichmann:
Jawohl, das war so gewesen. Die Stenotypistin saß neben mir und ich hatte dafür zu sorgen, dass das alles aufgenommen wird. Und nachher hatte dann die Stenotypistin das abgeschrieben und Heydrich hat dann bestimmt, was in das Protokoll hineinkommen soll und was nicht. Und dann hatte er es gewissermaßen noch abgeschliffen und damit war die Sache fertig.
Es ist im Übrigen mehr als seltsam, dass man sich dieses Protokolls in der historischen Aufarbeitung nur so rudimentär bedient. Durch die glaubwürdigen Ausführungen des Protokollanten zur Wannseekonferenz ist eindeutig, dass die Nazis den größten Völkermord in der Geschichte der Menschheit systematisch planten. Interessant ist aber auch, dass die Teilnehmer an der Wannseekonferenz (alles hochrangige NS-Funktionäre) im Januar 1942 wohl durchaus schon Zweifel an ihrem Sieg hatten, denn nur so lässt sich ernsthaft erklären, dass wesentliche Aspekte nicht im offiziellen Protokoll erwähnt wurden.
Kommen wir nun aber zu dem Papier, welches die Wannseekonferenz erst auslöste.
Görings Auftrag an Heydrich vom 31. Juli 1941
Mittelbarer Ausgangspunkt der systematischen Planung des Völkermordes ist ein Schriftsatz von Hermann Göring vom 31. Juli 1941 an SS Obergruppenführer Heydrich (in seiner Funktion als Chef der
Sicherheitspolizei und des SD), aus dem wie folgt zitiert wird:
„In Ergänzung der Ihnen bereits mit Erlass vom 24.1.1939 übertragenen Aufgabe, die Judenfrage in Form der Auswanderung oder Evakuierung einer den Zeitverhältnissen entsprechend möglichst günstigen Lösung zuzuführen, beauftrage ich Sie hiermit, alle erforderlichen Vorbereitungen in organisatorischer, sachlicher und materieller Hinsicht zu treffen für eine Gesamtlösung der Judenfrage im deutschen Einflussgebiet in Europa. Sofern hierbei die Zuständigkeiten anderer Zentralinstanzen berührt werden, sind diese zu beteiligen. Ich beauftragte Sie weiter, mir in Bälde einen Gesamtentwurf über die organisatorischen, sachlichen und materiellen Vorausmaßnahmen zur Durchführung der angestrebten Endlösung der Judenfrage vorzulegen.“
Dass Göring diese Beauftragung ohne Kenntnis und / oder Weisung Hitlers vornahm ist absolut unwahrscheinlich.
Warum die Wannseekonferenz verschoben wurde
Ursprünglich übersandte Heydrich am 29. November 1941 die Einladungen für die Konferenz, welche am 9. Dezember 1941 hätte stattfinden sollen. Da jedoch der sowjetische General Schukow am 5. Dezember 1941 seine Gegenoffensive gestartet hatte, die Japaner zwei Tage später am 7. Dezember 1941 Pearl Harbour angriffen und somit den USA den Krieg erklärten, benötigten die Nazis einige Zeit, um diese Ereignisse zu bewerten. Aus diesem Grunde musste die Wannseekonferenz verschoben werden. Hitlers Bewertung dieser Ereignisse gipfelte im Übrigen darin, dass er am 11. Dezember 1941 vor dem Reichstag den Vereinigten Staaten von Amerika den Krieg erklärte. Einen Tag später, d.h. am 12. Dezember 1941 berief er dann die Spitzen der NSDAP in die Reichskanzlei ein und erklärte den NSDAP – Vertretern unter Bezug auf seine „Prophezeiung vom 30. Januar 1939“ folgendes: „Wenn es zu einem Weltkrieg kommt, so werden die Urheber dieses blutigen Krieges mit ihrem Leben bezahlen müssen.“ Für Hitlers eigene Logik waren damit die Juden gemeint.
Es existiert ein weiterer glaubwürdiger Beweis dafür, was Hitler an diesem 12. Dezember 1941 gesagt haben mag. Schließlich schrieb Joseph Goebbels am 12. Dezember 1941 folgendes in sein Tagebuch: „Der Führer ist entschlossen, reinen Tisch zu machen. Er hat den Juden prophezeit, dass, wenn sie nochmal einen Weltkrieg herbeiführen würden, sie dabei ihre Vernichtung erleben würden. Das ist keine Phrase gewesen. Der Weltkrieg ist da, die Vernichtung des Judentums muss die notwendige Folge sein. Diese Frage ist ohne jede Sentimentalität zu betrachten.“
Wenige Tage später kam es dann zu einem Gespräch zwischen Hitler und Himmler bezüglich der Judenfrage. Hiernach fanden dann wiederum Gespräche zwischen Himmler und Heydrich statt und dann war auch schon der 20. Januar 1942 angebrochen. Durch diese Kausalkette lässt sich eindeutig belegen, dass Menschen wie Himmler, Hitler, Goebbels oder Göring – auch wenn diese nicht persönlich an der Wannseekonferenz teilnehmen- Initiatoren dieses geplanten Massenmordes waren, den es vorher in der Menschheitsgeschichte ob seines Umfanges noch nie gab.
Inspiration im Vorfeld durch das Gedankengut von Henry Ford?
Gegenstand der Wannseekonferenz war die Organisation eines „effizienten Massenmordes industrieller Prägung“. Von vielen Historikern wird in diesem Zusammenhang im Übrigen argumentiert, dass die Nazis sich im Vorfeld der Wannseekonferenz von der Fließbandmethode eines Henry Ford hatten inspirieren haben lassen, welcher seine Anregungen wiederum aus den Chicagoern Schlachthöfen bezog.
Dass Henry Ford seit 1920 ein überzeugter Antisemit war und dass sein Buch „Der internationale Jude“ von antisemitischem Gedankengut geprägt sind, dürfte ebenso unstrittig sein wie der Umstand, dass in Hitlers Büro in München ein Bild von Henry Ford hing und dass Hitler im Jahr 1938 den US-Industriellen Henry Ford mit dem Großkreuz des Adlerordens auszeichnen ließ. In wie weit die Fließbandmethode von Fords Autoherstellung Modellcharakter für die Fließbandmethode in den Konzentrationslagern hatte, lässt sich aber ebenso wenig verifizieren wie die von einigen Historikern geäußerte Vermutung, dass Henry Ford die NSDAP mit finanziert hätte.
Wie „effizient“ die Fließbandmethode in den Konzentrationslagern aber war, lässt sich daran ersehen, dass von der Wannseekonferenz Mitte Januar 1942 bis zum Ende 1942 mehrere Millionen Juden aus West- und Mitteleuropa sowie aus der Sowjetunion ermordet wurden.
Letztlich mag es für das Ergebnis des Massenmordes sekundär sein, woher die Inspiration der Fließbandmethode wirklich kam. Von Relevanz für die historische Bedeutung der Wannseekonferenz ist jedoch, dass man an diesem 20. Januar 1942 plante, wie man mit industriellen Möglichkeiten in möglichst kurzer Zeit auf kostengünstigem Wege Millionen Menschen töten kann. Etwas Vergleichbares an Perversität gab es in der Menschheitsgeschichte nicht.
Die Rolle des Auswärtigen Amtes bei der Vorbereitung der Wannseekonferenz
Bevor wir uns nun aber mit der Wannseekonferenz und ihren Teilnehmern beschäftigen, sollte nicht unerwähnt bleiben, dass das nach dem II. Weltkrieg so sehr auf seinen guten Ruf bedachte Auswärtige Amt sowohl bei der Vorbereitung des Holocaust als auch bei der Durchführung in großem Umfang beteiligt war.
Wie sehr im Übrigen das Auswärtige Amt auch in der Planung des Holocaust im Vorfeld der Wannseekonferenz beteiligt war, lässt sich aus der Vortragsnotiz des Unterstaatssekretärs des Auswärtigen Amtes Martin Luther zum Empfang des bulgarischen Außenministers Popoff durch den Reichaußenminister vom 24. November 1941 ersehen:
„Nach Ausführung des Entschlusses des Führers, dass am Ende des Krieges sämtliche Juden Europa werden verlassen müssen, werden die vom bulgarischen Außenminister Popoff zur Sprache gebrachten Schwierigkeiten mit Juden ungarischer, rumänischer, spanischer und sonstiger Nationalität wegfallen.
Bis dahin würde es nach Auffassung von Abteilung Deutschland zur Behebung der Schwierigkeiten dienen, wenn mindestens die im Antikomintern-Pakt vereinigten europäischen Staaten dazu gebracht werden könnten, eine der deutschen angepasste Judengesetzgebung bei sich einzuführen.
Sodann wird bei sämtlichen europäischen Mächten darauf hinzuwirken sein, dass sie die deutschen Judengesetze adoptieren. Schwierigkeiten werden in dieser Hinsicht nur zu erwarten sein bei Ungarn, Italien, Spanien, Schweden und der Schweiz, bei denen sich infolge der – soweit Italien und Spanien in Frage kommen – schon bisher zu Tage getretenen klerikalen Einflüsse voraussichtlich Widerstände zeigen werden.“
Es bedarf eigentlich keiner weiteren Ausführungen um zu belegen, dass auch hochrangige Vertreter des Auswärtigen Amtes nicht nur bei der operativen Durchführung sondern auch bei der systematischen Vorbereitung mithalfen.
Die Teilnehmenden an der Wannseekonferenz
Vergegenwärtigen wir uns aber einmal, wer an der Wannseekonferenz teilnahm und was aus diesen Menschen wurde:
- Reinhard Heydrich (1904-1942), SS-Obergruppenführer, Hauptredner und Vorsitzender der Wannseekonferenz, wurde am 27. Mai 1942 bei einem Attentat in Prag schwer verletzt und starb am 4. Juni 1942. Als Leiter des Reichssicherheitshauptamtes und stellvertretender Reichsprotektor in Böhmen und Mähren war er für zahlreiche Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantwortlich.
- Adolf Eichmann (1906-1962), SS-Obersturmbannführer, Protokollführer der Wannseekonferenz. Als Leiter des Eichmannreferats des Reichssicherheitshauptamtes war er zentral mitverantwortlich für die Ermordung von sechs Millionen Menschen. Mit Hilfe des österreichischen Bischofs Hudal gelang ihm über die Rattenlinie die Flucht nach Südamerika. 1960 wurde er von israelischen Agenten von Argentinien nach Israel verbracht, wo ihm der Prozess gemacht wurde, er zum Tode verurteilt und im Mai 1962 hingerichtet wurde.
- Josef Bühler (1904-1948), Staatssekretär im Amt des Generalgouverneurs in Krakau, 1948 wegen seiner Kriegsverbrechen von einem polnischen Gericht zum Tode verurteilt und am 21.08.1948 hingerichtet
- Roland Freisler (1893-1945), Staatssekretär im Reichsjustizministerium, seit August 1942 Präsident des Volksgerichtshofes, kam am 3.2.1945 während eines schweren Luftangriffs auf Berlin ums Leben
- Otto Hofmann (1896-1982), SS-Gruppenführer, Chef des Rasse- und Siedlungshauptamtes der SS), im März 1948 wurde er im Prozess gegen das Rasse- und Siedlungshauptamt zu 25 Jahren Haft verurteilt, jedoch am 7. April 1954 begnadigt und aus der Haftanstalt Landsberg entlassen.
- Gerhard Klopfer (1905-1987), SS-Oberführer, Ministerialdirektor in der Parteikanzlei der NSDAP, Leiter der Staatsrechtlichen Abteilung III. Nach der Entlassung aus dem Internierungslager wurde Klopfer 1949 durch eine Nürnberger Hauptspruchkammer für „minderbelastet“ erklärt. Er erhielt eine Geldstrafe und eine dreijährige Bewährungsfrist, während der er keine verantwortungsvolle berufliche Tätigkeit aufnehmen durfte. Ab 1952 war er dann Helfer in Steuersachen, und ab 1956 als Rechtsanwalt in Ulm tätig.
- Friedrich Wilhelm Kritzinger (1890-1947), Ministerialdirektor in der Reichskanzlei, im Dezember 1946 inhaftiert, wurde er kurze Zeit später aus gesundheitlichen Gründen aus der Haft entlassen und verstarb tatsächlich kurze Zeit später
- Rudolf Lange (1910-1945), SS-Sturmbannführer, Kommandeur der Sicherheitspolizei und des SD für Lettland in Vertretung seines Befehlshabers, Suizid 1945
- Georg Leibbrandt (1899 – 1982), Reichsamtsleiter, Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete, neben Rosenberg wichtigster NS-Ideologe im außenpolitischen Amt der NSDAP, im Januar 1950 wurde das Verfahren vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth eröffnet, am 10. August 1950 wurde das Verfahren eingestellt. Später wurde er Leiter des Bonner Büros der Salzgitter AG
- Martin Luther, (1895 – 1945), Unterstaatssekretär im Auswärtigen Amt, am 13. Mai 1945 durch Herzinfarkt verstorben
- Alfred Meyer (1891 – 1945), Staatssekretär im Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete), begann am 11. April 1945 Selbstmord
- Heinrich Müller (1900 – ???), SS-Gruppenführer, Chef des Amtes IV (Gestapo) des Reichssicherheitshauptamtes, seit Kriegsende verschollen
- Erich Neumann (1892 – 1951), Staatssekretär im Amt des Beauftragten für den Vierjahresplan, 1945 wurde er interniert, Anfang 1948 wegen Krankheit entlassen.
- Karl Eberhard Schöngarth (1903 – 1946), SS-Oberführer, Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD im Generalgouvernement. 1946 wurde er von einem britischen Militärgericht wegen Kriegsverbrechen zum Tode verurteilt und 16.05.1946 hingerichtet.
- Wilhelm Stuckart (1902 – 1953), Staatssekretär im Reichsministerium des Innern. Stuckart wurde 1950 als „Mitläufer“ entnazifiziert eingestuft und zu einer Geldstrafe von 500 DM verurteilt. 1952 war er bereits Geschäftsführer des „Instituts zur Förderung der niedersächsischen Wirtschaft“. Auch war er eine Zeit lang Kämmerer der Stadt Helmstadt. Er verstarb 1953 im Alter von 51 Jahren bei einem Verkehrsunfall
Die Beispiele der Herren Stuckart, Leibbrandt, Klopfer oder Hofmann belegen (leider), wie wenig NS Täter oftmals in der jüngeren deutschen Nachkriegsgeschichte für ihre Taten zur Verantwortung gezogen wurden.
Der eindeutige Inhalt der Wannseekonferenz
Seite 5 Absatz 3 ff. des Protokolls der Wannseekonferenz ist mehr als eindeutig und wird hier wie folgt widergegeben:
„Anstelle der Auswanderung ist nunmehr als weitere Lösungsmöglichkeit nach entsprechender vorheriger Genehmigung durch den Führer die Evakuierung der Juden nach dem Osten getreten. Diese Aktionen sind jedoch lediglich als Ausweichmöglichkeiten anzusprechen, doch werden hier bereits jene praktischen Erfahrungen gesammelt, die in Hinblick auf die kommende Endlösung der Judenfrage von Bedeutung sind. Im Zuge dieser Endlösung der europäischen Judenfrage kommen rund 11 Millionen Juden in Betracht.
………
Unter entsprechender Leitung sollen nun im Zuge der Endlösung die Juden in geeigneter Weise im Osten zum Arbeitseinsatz kommen. In großen Arbeitskolonnen, unter Trennung der Geschlechter, werden die arbeitsfähigen Juden straßenbauend in diese Gebiete geführt, wobei zweifelsfrei ein Großteil durch natürliche Verminderung ausfallen wird. Der allfällig endlich verbleibende Bestand wird, da es sich bei diesen zweifellos um den widerstandsfähigsten Teil handelt, entsprechend behandelt werden müssen, da dieser, eine natürliche Auslese darstellend, bei Freilassung als Keimzelle eines neues jüdischen Aufbaues anzusprechen ist (siehe die Erfahrung der Geschichte).
Im Zuge der praktischen Durchführung der Endlösung wird Europa von Westen nach Osten durchgekämmt.
……….
Die evakuierten Juden werden zunächst Zug um Zug in sogenannte Durchgangsghettos verbracht, um von dort weiter nach dem Osten transportiert zu werden.“
Diese Aussagen sind eindeutig und belegen, dass die Nazis im Rahmen der Wannseekonferenz den größten Völkermord aller Zeiten planten. Wer dies nicht wahrhaben möchte oder leugnen möchte, der kann in keinster Weise ernst genommen werden.
Was wusste der Durchschnittsdeutsche wirklich von der Wannseekonferenz?
Nun wird oftmals in rechten Kreisen kolportiert, dass doch nur sehr wenige Deutschen wussten, was in der Wannseekonferenz geplant und besprochen wurde. Dies kann jedoch eindeutig widerlegt werden: In seiner berühmt-berüchtigten „Posener Rede“ vom Oktober 1942 bezeichnete Himmler den durch die Wannseekonferenz eingeleiteten „industriellen Holocaust“ als ein „niemals geschriebenes und niemals zu schreibendes Ruhmesblatt der deutschen Geschichte“.
Und dass viele Deutsche von der durch die Wannseekonferenz initiierten systematischen Ermordung wussten, lässt sich am Beispiel der Deutschen Reichsbahn ersehen. Die Deutsche Reichsbahn war 1942 mit 1,4 Millionen Beschäftigten nach der Wehrmacht das größte Unternehmen im III. Reich. Und die Reichsbahn profitierte von den Folgen der Wannseekonferenz in beträchtlichem Umfang. Durch die Beschlüsse der Wannseekonferenz, Juden in die Konzentrationslager zu verbringen, musste man sich eines Transportmittels bedienen und dieses Transportmittel war die Deutsche Reichsbahn. Im Rahmen des Holocaust wurden Juden in Güter- und Viehwagons zum selben Preis befördert wie Fahrgäste mit einer Fahrkarte für eine Hinfahrt. Auffällig gewesen sein musste für die Bediensteten der Deutschen Reichsbahn, dass immer nur Hinfahrten geordert wurden und dass die GeStaPo die Fahrkarten aus dem Vermögen der jüdischen Bevölkerung bezahlte. Es muss als absolut unglaubwürdig angesehen werden, dass die Bediensteten der Deutschen Reichsbahn sich hierüber keine Gedanken machten oder über diesen Sachverhalt nicht mit Dritten sprachen. Und wenn dieser Sachverhalt den Mitarbeitenden der Deutschen Reichsbahn bekannt war, so ist davon auszugehen, dass auch deren Familien hierüber Bescheid wussten.
Hoffentlich werden wir diesen 20. Januar 1942 niemals vergessen, denn dieser Tag erinnert uns daran, zu welchen Morden Menschen fähig sein können. Niemals darf sich jemals so etwas wiederholen. Alle Deutsche haben eine besondere Verantwortung, dass sich diese Geschichte niemals wiederholen darf!
Autor: Stefan Loubichi, Wirtschaftswissenschaftler des Jahrganges 1966, der sich seit vielen Jahren auf wissenschaftlicher Basis mit dem Thema beschäftigt und durch sein Engagement verhindern möchte, dass durch Vergessen jemals wieder vergleichbare Gräueltaten wie die der Nazis im III. Reich entstehen könnten – Zukunft braucht Erinnerung.
Literatur
Eckart Conze, Norbert Frei, Peter Hayes und Moshe Zimmermann: Das Amt und die Vergangenheit. Deutsche Diplomaten im Dritten Reich und in der Bundesrepublik, Karl Blessing Verlag, München 2010, ISBN 978-3-89667-430-2.
Hans-Jürgen Döscher: Martin Luther – Aufstieg und Fall eines Unterstaatssekretärs. In: Die braune Elite II. Hrsg. v. Ronald Smelser, Enrico Syring und Rainer Zitelmann. WBG, Darmstadt 1993. ISBN 3-534-80122-9, S. 179–192.
Mario R. Dederichs: Heydrich. Das Gesicht des Bösen. Piper, München 2005, ISBN 3-492-04543-X
Christian Gerlach: Die Wannseekonferenz, das Schicksal der deutschen Juden und Hitlers politische Grundsatzentscheidung, alle Juden Europas zu ermorden, in: Christian Gerlach: Krieg, Ernährung, Völkermord – Deutsche Vernichtungspolitik im Zweiten Weltkrieg, Pendo-Verlag, Zürich/München 2001, ISBN 3-85842-404-8
Heiner Lichtenstein, Otto R. Romberg (Hrsg.): Täter – Opfer – Folgen, Der Holocaust in Geschichte und Gegenwart, Bonn 1997, ISBN 3-89331-257-9
Norbert Kampe, Peter Klein: Die Wannseekonferenz am 20. Januar 1942 – Planung und Beginn des Genozids an den europäischen Juden, Edition Hentrich, Berlin, 1998, ISNM 3-89468-250-7
Mark Roseman: Die Wannsee-Konferenz – Wie die NS-Bürokratie den Holocaust organisierte, Ulstein, München, 2002, ISBN 3-548-364-09
Peter Longerich: Politik der Vernichtung: Eine Gesamtdarstellung der nationalsozialistischen Judenverfolgung, München, 1988, ISBN 3-492-03755-0
Weblinks
http://www.welt.de/kultur/history/article13808004/Durchfuehrung-der-Endloesung-der-Protokollfund.html
http://www.h-ref.de/vernichtung/wannsee/wannsee-konferenz.php