I. Das nationalsozialistische Frauenbild
Bevor Adolf Hitler und seine nationalsozialistische Partei 1933 in Deutschland an die Macht kamen, beschrieb er die Weltordnung als von den Männern dominiert. Sein Weltbild beinhaltete die Entmündigung der Frau, die bereits nach der biblischen Schöpfungsgeschichte das unterworfene und dienende Geschlecht war, während Adam, der für das männliche Geschlecht stand, über die Frau bestimmen konnte und ihr übergeordnet war. Weiter erklärte Hitler, dass Frauen keinen Anteil an der Weltgeschichte hatten, da die Politik allein den Männern vorbehalten war, „aber es darf nicht ungesagt bleiben, dass Dinge, die dem Mann gehören, dem Mann auch verbleiben müssen. Und dazu gehört die Politik und die Wehrhaftigkeit eines Volkes“ [1] , und dass der Begriff der „Emanzipation“ von den Juden erfunden worden sei, um die vorbestimmte Geschlechterordnung zu zerstören, „das Wort von der Frauenemanzipation ist ein nur vom jüdischen Intellekt erfundenes Wort. Wir empfinden es nicht als richtig, wenn das Weib in die Welt des Mannes eindringt, sondern wir empfinden es als natürlich, wenn diese beiden Welten geschieden bleiben.“ [2]
Erst nachdem im März 1932 Hindenburg und nicht Hitler zum Staatsoberhaupt gewählt worden war, änderten die Nationalsozialisten ihre offizielle Meinung zur Rolle der Frau, da ihre politischen Gegner die weiblichen Wählerinnen davor gewarnt hatten, dass die Nationalsozialisten sie bei einem Wahlsieg zu gehorsamen Dienerinnen degradieren wollten. Daher begannen sie die Frau als Geschlechts- und Arbeitsgenossin darzustellen, die dem Mann helfend zur Hand gehen sollte.
Die Aufgaben des Mannes und der Frau wurden sehr genau verteilt. Vor allem die Rolle als Mutter war für die Frau ausschlaggebend. Während der Mann als der Versorger und Beschützer der Familie charakterisiert wurde, bestand die „natürliche“ Aufgabe der deutschen Frau darin, möglichst viele Kinder zur Welt zu bringen und damit der Volksgemeinschaft zu dienen, indem die Kinder zur Ausbreitung der „arischen Rasse“ beitrugen, „die Frau hat die Aufgabe, schön zu sein und Kinder zur Welt zu bringen. Dafür sorgt der Mann für die Nahrung und wehrt den Feind ab.“ [3]
Die Rolle der Frau im Nationalsozialismus wurde auf die Mutterschaft reduziert, die fortdauernd als ideologisches Idealbild verherrlicht wurde. In der Propaganda des Dritten Reiches erschien der einzige Existenzgrund der Frau der zu sein, als sorgende und liebevolle Mutter die zukünftige Generation der deutschen, „arischen“ Rasse zu gebären und nach nationalsozialistischer Gesinnung aufzuziehen.
Dieses Idealbild der Frau als Mutter, das von den Nationalsozialisten verbreitet wurde, wurde auch durch den damaligen Antisemitismus und durch Grundzüge der Lebensraumpolitik des Dritten Reiches beeinflusst. In ihren Augen konnte nur die deutsche Frau mit einer erstklassigen „arischen“ Abstammung dafür Sorge tragen, dass die deutsche „Rasse“ fortgesetzt wurde. Deutsche Nachkommen wurden für das „Tausendjährige Reich“ benötigt, um den Osten zu besiedeln und an das Deutsche Reich anzugliedern, außerdem sicherte ein Geburtenanstieg auch spätere Soldaten, die für den Krieg besonders wichtig waren.
Damit war die Frau in der nationalsozialistischen Propaganda die „Quelle der Nation“, auf deren Schultern die Zukunft des Deutschen Reiches ruhte. Die deutschen Frauen wurden öffentlich mit Charaktereigenschaften wie Selbstlosigkeit, Treue, Pflichtbewusstsein und auch Opferbereitschaft versehen, während ihnen eine bedeutende Rolle im Aufstieg des Dritten Reiches zugesprochen wurde, was ihr eigenes Selbstbewusstsein enorm steigerte, „was der Mann an Opfern bringt im Ringen seines Volkes, bringt die Frau an Opfern im Ringen um die Erhaltung dieses Volkes in den einzelnen Zellen. Jedes Kind, das sie zur Welt bringt, ist eine Schlacht, die sie besteht für das Sein oder Nichtsein ihres Volkes.“ [4]
Im Nationalsozialismus hatte die Mutterrolle im Leben einer guten deutschen, bzw. „arischen“ Frau höchste Priorität. Sie sollte das Kinderkriegen und die Erziehung der Kinder zu ihrem gesamten Lebensinhalt machen.
II. Juristische Durchsetzung des Frauenbildes
Zur Durchsetzung der nationalsozialistischen Frauenpolitik setzte das Regime im Dritten Reich auf positive Anreize, die die deutschen Frauen zu mehr Gebärfreudigkeit ermuntern sollten. Daher führten sie am 1. Juni 1933 das so genannte Ehestandsdarlehen ein, das Eheschließungen fördern und damit zu einem Geburtenanstieg führen sollte. Dieses Ehestandsdarlehen wurde im Zusammenhang mit dem „Gesetz zur Verminderung der Arbeitslosigkeit“ eingeführt, das darauf abzielte, Frauen von der Erwerbsfähigkeit zu lösen, damit arbeitslose Männer die zuvor von Frauen ausgeführten Arbeiten übernehmen konnten.
Im Wahlkampf hatten die Nationalsozialisten den Frauen zwar die Erwerbstätigkeit zugesichert, lehnten sie jedoch inoffiziell ab. Daher setzte das Ehestandsdarlehen voraus, dass die Frau bei einer Eheschließung ihre Erwerbstätigkeit aufgab und keine Tätigkeit ausübte, solange der Ehemann dazu in der Lage war, „Voraussetzung für die Bewilligung des Ehestandsdarlehens ist: […] dass die künftige Ehefrau ihre Tätigkeit als Arbeitnehmerin spätestens im Zeitpunkt der Eheschließung aufgibt oder im Zeitpunkt der Einbringung des Antrags bereits aufgegeben hat.“ [5]
Damit wurde die Frau indirekt dazu aufgefordert, als Ehefrau keine Arbeit zu haben, sondern sich um die Familie zu kümmern. Außerdem reduzierte sich die Zurückzahlung des Darlehens pro Kind um 25 %. Somit musste ein Ehepaar mit vier Kindern dem deutschen Staat das Darlehen nicht zurückzahlen.
Hinzu kamen auch Maßnahmen wie Wohlfahrten für kinderreiche Familien, staatliche Kinderbeihilfen sowie Errichtungen von einigen Nachwuchsorganisationen. Hingegen erhöhten sich die Steuern für Ehepaare ohne Kinder. All diese Vergünstigungen für Eltern und Benachteiligungen für kinderlose Paare animierten zum Kinderreichtum im Dritten Reich.
Aber auch andere Gesetze bestimmten über das Leben der deutschen Frau im Nationalsozialismus. Den Frauen wurde das passive Wahlrecht abgesprochen, Frauen wurden nicht mehr zu Justizberufen zugelassen, ab 1934 durften Ärztinnen keine Praxen mehr eröffnen und der Frauenanteil an Universitäten durfte nur noch 10 % aller Studenten betragen. Dazu kam, dass der Ehemann in der Ehe alle Entscheidungen treffen durfte. Nach § 1343 des Bürgerlichen Gesetzbuches war er derjenige, der die Ehefrau dazu zwingen konnte, ihren Beruf aufzugeben, oder der bestimmen konnte, an welchem Ort das Ehepaar lebte. Weiter konnte er sich von seiner Ehefrau scheiden lassen, wenn sich herausstellte, dass sie unfruchtbar war oder sich weigerte, Kinder zu bekommen.
All diese Gesetzgebungen zeigen, dass die nationalsozialistische Regierung alles daran setzte, die Geburtenrate in Deutschland zu fördern. Aus diesem Grund sollten die Frauen ihr Leben danach ausrichten, möglichst viele Kinder zu bekommen und dem Dritten Reich zu dienen. Frauen, die Kinder abtreiben ließen, wurden hart bestraft und konnten gegebenenfalls die Todesstrafe erhalten. Auch Frauen, die Mittel zu Abtreibungen weitergaben, wurden bestraft, da sie „wertvolles Erbgut“ zerstörten.
„Erbgesunde deutsche Frauen“ durften im Dritten Reich ihre Kinder nicht abtreiben, andere Frauen jedoch, die als „rassisch minderwertig“ betrachtet wurden, weil sie beispielsweise an einer Behinderung litten, einer anderen Religion angehörten oder nicht mit der Politik der Nationalsozialisten einverstanden waren, wurden oft dazu gedrängt und gezwungen, ihre Kinder abtreiben zu lassen, und wurden sterilisiert. So sollte gesichert werden, dass die deutsche Frau mit dem „gesunden und guten Blut“ den Nachwuchs auf die Welt brachte, während die anderen als „entartet“ angesehenen Frauen davon abgehalten wurden, Kinder auf die Welt zu bringen.
In diesem Zusammenhang begannen die Nationalsozialisten auch ab 1937, sowohl einen Abstammungsnachweis als auch ein amtsärztliches Eheeignungszeugnis bei Antrag auf ein Ehestandsdarlehen zu verlangen, die kontrollieren sollten, ob das zukünftige Ehepaar „erbgesund“ sei. Zudem konnten die Nationalsozialisten auf diesem Weg bereits die Menschen aufspüren, die sie später in Konzentrationslager zu bringen beabsichtigten. Der Rassewahn mit den Ariern als höchster Rasse bestimmte im Dritten Reich die betriebene Bevölkerungspolitik.
Obwohl sich die NSDAP eigentlich als Männerpartei verstand und kaum Frauen als Mitglieder aufgenommen wurden, sollten Frauen in anderen Organisationen, die der NSDAP angegliedert waren, erfasst werden. Auf diese Weise gehörten 1939 12 Millionen Frauen einem der NS-Verbände an, wie dem „Bund Deutscher Mädel“ oder der „NS-Frauenschaft“. Dort wurden die Mädchen zu guten deutschen Müttern erzogen und ihnen wurden die wichtigsten Aufgaben beigebracht, die sie später als Ehefrau und Mutter benötigten. In den Verbänden für erwachsene Frauen wurden Kurse mit Frauenthemen angeboten und dort organisierte man karitative Dinge wie das Winterhilfswerk und die NS-Volkswohlfahrt.
Zweck dieser Organisationen war es, die deutschen Frauen in den Nationalsozialismus einzugliedern und ihnen seine Prinzipien näher zu bringen, so dass sie „gute deutsche Frauen“ wurden.
Während die Frauen aus dem Berufsleben und dem Studium verdrängt wurden, führte man 1938 das Pflichtjahr für Mädchen zwischen 14 und 25 Jahren ein. In diesem Pflichtjahr mussten sie ein Jahr lang in der Land- oder Hauswirtschaft arbeiten, nachdem sie von der Schule abgegangen waren. So konnte sich das Dritte Reich die Arbeitskraft der Mädchen und jungen Frauen zunutze machen.
III. Mutterkreuzkult und Lebensborn
Die Nationalsozialisten begannen 1938, den Muttertag einzuführen, nachdem dieser in den Jahren zuvor vergessen worden war, und stifteten für Frauen mit besonders vielen Kindern das „Ehrenkreuz der deutschen Mutter“. Damit sollten die Mütter erfahren, wie wichtig ihr Beitrag, den sie in Form von Kindern erbrachten, für das Reich war. Das Mutterkreuz war eine staatliche Auszeichnung für die Frauen, die als besonders ehrenvoll und angesehen galt. Diese Auszeichnungen waren im Dritten Reich mit militärischen Würden vergleichbar, auch da die Nationalsozialisten betonten, dass die Frau an der „Geburtenschlacht“ Erfolge erbrachte, wie Soldaten an der Kriegsfront, „erst bei drei bis vier Kindern bleibt der Bestand des Volkes sichergestellt. Du vergehst; was Du Deinen Nachkommen gibst, bleibt; in ihnen feierst Du Auferstehung. Dein Volk lebt ewig!“ [6]
Dahinter steckte, dass man für den kommenden Krieg neue Soldaten brauchte, um die hohen Ziele von der Eroberung der Welt durchführen zu können, „Mütter, eure Wiegen sind wie ein schlafendes Heer. Stets bereits zu siegen werden sie nimmermehr leer.“ [7]
Es entstand ein regelrechter Mutterkult, der durch den Muttertag, der mit großen und ehrenvollen Feiern begangen wurde, einen festen Bestandteil im nationalsozialistischen Jahresablauf hatte. Mit den Ehrenabzeichen wurde den Müttern gedankt, dass sie „dem Führer“ und dem deutschen Volk Kinder geschenkt hatten.
Daher war das Mutterkreuz von Adolf Hitler gestiftet, was eine sehr ehrenvolle Auszeichnung bedeutete, da es vom „Führer“ des Volkes kam. Außerdem ging das Mutterkreuz nur an „würdige“ Mütter mit vielen Kindern. So bekamen Frauen mit vier oder fünf Kindern das Kreuz in Bronze, für sechs oder sieben Kinder in Silber und ab acht Kindern gab es das Kreuz in Gold, was die höchste Auszeichnung bedeutete.
Weitere Gesichtspunkte für die Verleihung des Mutterkreuzes waren, dass die Frau „deutsch-blütig“, „erbgesund“, „anständig“ und „sittlich einwandfrei“ war. Außerdem durften weder ihr Mann noch die Kinder andere politische Ansichten als die Nationalsozialisten haben, durch Gefängnisstrafen vorbelastet sein, der Haushalt musste ordentlich und sauber sein, die Kinder durften keine schlechten Schulnoten haben, die Frau durfte sich nicht „herumtreiben“ und die Familie durfte keine Fürsorgeleistungen erhalten haben. Sollten die Behörden bei Antrag auf ein Mutterkreuz darauf stoßen, dass diese Gesichtspunkte nicht erfüllt waren, galten Eltern und Kinder als „asozial“ und konnten daraufhin in eine Anstalt kommen.
Trotz dieser Auswahlkriterien bekamen bis 1945 ungefähr 5 Millionen Frauen das Mutterkreuz verliehen. Für Frauen, die kein Mutterkreuz verliehen bekamen, obwohl sie mehrere Kinder hatten, bedeutete dies, dass man über sie abfällig sprach und in der Öffentlichkeit verspottete, da man davon ausging, dass mit ihnen etwas nicht stimmen konnte.
Frauen mit diesen Auszeichnungen wurden besonders gut behandelt, wenn sie in ein Geschäft kamen, da sie in Behörden und in Geschäften bevorzugt bedient werden sollten. Auch die Hitlerjugend wurde angewiesen, Trägerinnen des Mutterkreuzes auf der Straße ehrenvoll zu begrüßen, „die Trägerinnen des Mütterehrenkreuzes werden in Zukunft alle jene Bevorzugungen genießen, die uns gegenüber den verdienten Volksgenossen und gegenüber Kriegsbeschädigten bereits Selbstverständlichkeit geworden sind.“ [8]
Die Feiern zum Muttertag wurden ab 1942 nach einem bestimmten Ritus abgehalten, bei denen es auch Massenverleihungen der Mutterkreuze gab. Während der Feiern sprach man oft von der Würdigung des Opfers, welches die Mütter brachten, wenn sie ein Kind bekamen. Vor allem die Geburten von Söhnen seien besonders schmerzvoll, da die Mütter die Söhne im Krieg verlieren konnten. Dieses Opfer sollte demnach durch eine Ehrung gewürdigt werden. Dabei wurde betont, dass für jeden gefallenen Soldaten mindestens ein neues Kind geboren werden sollte. Junge Frauen wurden daher aufgefordert, trotz des Kriegsalltags und der Lebensmittelknappheit besonders viele Kinder zu bekommen.
Die Nationalsozialisten strebten danach, viele „wertvolle“ Kinder für das Dritte Reich zu bekommen. Um dies zu erreichen, gründete Heinrich Himmler 1935 den Lebensborn e.V., der das Ziel verfolgte, den Kinderreichtum der SS zu unterstützen, „über die Grenzen sonst notwendiger bürgerlicher Gesetze und Gewohnheiten hinaus wird es auch außerhalb der Ehe für deutsche Frauen und Mädel guten Blutes eine hohe Aufgabe sein können, nicht aus Leichtsinn, sondern in tiefstem sittliche Ernst Mütter der Kinder ins Feld ziehender Soldaten zu werden, von denen das Schicksal allein weiß, ob sie heimkehren oder für Deutschland fallen.“ [9]
Der Lebensborn wollte gezielt die Geburten von Kindern „guten Blutes“ steigern und nach der nationalsozialistischen Rassenlehre die Elite der „arischen“ Rasse züchten. Frauen wurden in Lebensbornheimen aufgenommen, wenn sie und der Vater des Kindes den Auswahlkriterien der SS entsprachen. Oft waren es auch ledige Frauen, die von SS-Männern Kinder erwarteten, die in die Lebensbornheime kamen. Insgesamt wurden 13 Lebensbornheime eingerichtet, in denen 11.000 Kinder geboren wurden. Man schätzt, dass rund die Hälfte dieser Kinder unehelich geboren wurde.
Soldaten der SS wurden von ihren Vorgesetzten dazu aufgefordert, trotz einer bereits bestehenden Ehe, Verhältnisse mit Frauen „deutschen oder nordischen Blutes“ einzugehen, um möglichst viele Kinder zu zeugen. In den skandinavischen Ländern, die vom Deutschen Reich besetzt waren, wurden ebenfalls Lebensbornheime eingerichtet, die skandinavische Mütter beherbergten, die von SS-Männern Kinder erwarteten. Die Frauen in den Lebensbornheimen wurden besonders gut versorgt und erhielten täglich Milch, Fleisch und andere Lebensmittel, die im Krieg begehrt und luxuriös waren. Nachdem die Kinder geboren waren, kamen sie meist in deutsche Heime oder wurden von deutschen Familien, die nach strengen Kriterien ausgewählt wurden, adoptiert.
IV. Kriegsalltag
Die ersten Einschränkungen, die die Frauen im Krieg erlebten, waren die Lebensmittelrationierungen. Doch sie lösten bei der Bevölkerung kaum Empörung aus, da die Nationalsozialisten davon sprachen, dass alle nun während des Krieges Opfer bringen mussten. Es wurde sehr schnell deutlich, dass die Männer, die als Soldaten in den Krieg gezogen waren, daheim fehlten. „Daheim“ wurde nun „Heimatfront“ genannt, damit die Frauen glaubten, wie die Männer im Krieg zu kämpfen, indem sie die Berufe ausübten, die normalerweise von Männern verrichtet worden waren. Das Arbeitskräfteproblem stieg an, je mehr Soldaten eingezogen wurden, die dadurch ihre Arbeiten daheim liegen lassen mussten.
Doch es waren nicht nur Handwerker, die ersetzt werden mussten. Auch in der Rüstungsindustrie, die endgültig auf Hochtouren lief, nachdem das Deutsche Reich Polen überfallen und damit den Krieg begonnen hatte, fehlten viele Arbeitskräfte. Zuerst begannen die Nationalsozialisten, Frauen für die Arbeiten anzuwerben, anstatt sie zu zwingen, dort zu arbeiten. Dies taten sie, indem sie die wichtige Rolle der Frau im Krieg betonten, „Millionen deutscher Frauen sind auf dem Lande auf dem Felde und müssen dabei in härtester Arbeit die Männer ersetzen. Millionen deutscher Frauen und Mädchen arbeiten in Fabriken, Werkstätten und Büros und stehen auch dort ihren Mann. Es ist nicht unrecht, wenn wir verlangen, dass sich diese Millionen deutsche schaffende Volksgenossinnen noch viele Hunderttausende andere zum Vorbild nehmen.“ [10]
Jedoch waren es immer weniger Frauen, die arbeiten gingen, da die Nationalsozialisten in den früheren Jahren die Frauen systematisch aus dem Berufsleben verdrängt und die Rolle als Mutter betont hatten. Zudem bekamen Frauen von Soldaten hohe Unterstützungszahlungen durch die Regierung, die es ihnen ermöglichten, auf eine Erwerbstätigkeit zu verzichten. Daher begann man die Frauen zurück zu verpflichten, damit sie ihre frühere Arbeit wieder aufnahmen. Auch die „Arbeitsmaiden“ wurden kriegswillig gemacht und mussten in der Rüstungsindustrie arbeiten. Außerdem wurden Maßnahmen, die in den Jahren zuvor durchgesetzt worden waren, um Frauen aus der Berufswelt auszuschließen, rückgängig gemacht. So durften Frauen nun ohne Einschränkungen studieren, da man sie und ihre Fähigkeiten für den Krieg brauchte, und auch Ehepaare bekamen das Ehestandsdarlehen, wenn die Frau arbeiten ging.
1940 startete man den „freiwilligen Ehrendienst der Frauen in der Kriegswirtschaft“, der in der Rüstungsindustrie ausgeführt wurde. Von dieser dreckigen Arbeit waren vor allem Frauen aus dem Bürgertum verschont, während Zwangsarbeiterinnen, die als „asozial“ galten, dort schuften mussten. 1942 wurden alle Frauen zur Arbeit in Rüstungsbetrieben verpflichtet, wovon sich viele Frauen durch Mutterschaft oder Kontakte zur Regierung befreien konnten. Frauen wurden auch als Wehrmachtshelferinnen verpflichtet und arbeiteten sowohl in sicheren Berufen wie Telefonistinnen, Funkerinnen und Fernschreiberinnen, aber auch in Kriegsschauplätzen als Krankenschwestern. Als der Krieg beinahe schon verloren war, arbeiteten und kämpften manche Frauen sogar direkt an der Front mit den Soldaten zusammen.
Die allgemeine Wehrpflicht für Frauen konnte nicht eingeführt werden und viele Frauen, die sich für sichere Arbeiten im Krieg hatten melden müssen, konnten durch Ausnahmeregelungen dem Kriegsdienst entkommen. So waren es im Jahr 1943 „nur“ 500.000 Frauen, die für den Krieg mobilisiert wurden.
Die Frauen, die in der Kriegsrüstungsindustrie arbeiteten, bekamen für die gleiche Arbeit jedoch viel weniger Geld, als die Männer erhielten. So lag der durchschnittliche Stundenlohn im Jahr 1942 für qualifizierte männliche Arbeitnehmer bei 80,8 Reichspfennigen, während eine Frau mit den gleichen Qualifikationen nur 52,3 Reichspfennige erhielt. [11]
Auch das Alltagsleben gestaltete sich schwierig für die Frau, die ihre Kinder allein großziehen musste, während der Mann eingezogen worden war. Das Haushalten mit Strom- und Wasserreserven, aber auch die Lebensmittelknappheit war äußerst schwierig, da die Verteilung von Nahrung an die Bevölkerung im Laufe des Krieges immer weniger wurde. Frauen wurden angewiesen, die Familie mit Wildgemüse zu versorgen und überall zu sparen. Die Frauen machten aus der Not eine Tugend und bauten Gemüse in ihren kleinen Gärten an, außerdem kochten sie aus speziellen Kochbüchern, die wenige Zutaten angaben, um Gerichte zuzubereiten.
Gleichzeitig mussten die Frauen ihre Kinder während der nächtlichen Bombenangriffe in Luftschutzkellern in Sicherheit bringen, übten mit ihnen das Anlegen von Gasmasken, da man einen Gaskrieg befürchtete, flickten die Kleidung so gut es ging, schließlich gab es kaum neue Kleidung oder Stoffe, und bangten um die Ehemänner, die im Krieg waren. Da es auch kaum Kindertagesstätten gab, mussten Frauen, die noch arbeiteten, sich darum kümmern, die Kinder irgendwo unterzubringen, während sie in die Fabriken gingen.
Bald nahmen die Nationalsozialisten keine Rücksicht mehr auf den Mutterschutz, und Frauen mit Kindern waren gezwungen, ebenfalls zu arbeiten. Meistens gingen die Frauen in den Nachtschichten arbeiten und kamen in der Früh nach Hause, um die Kinder zu versorgen und den Haushalt zu machen. Die Frauen waren während der Kriegsjahre allein erziehende Mütter mit vielen Kindern, da sie immer noch möglichst viele Söhne und Töchter bekommen sollten, arbeiteten in einem harten, anstrengenden und langen Job, litten am Krieg und sorgten sich um die Ehemänner. Dieser psychologische Aspekt innerhalb der Untersuchung zum Frauenalltag im Krieg ist besonders wichtig, da er permanente Angstzustände um die Zukunft nach dem Krieg kennzeichnet, die die Frauen ständig erfuhren, da sie nicht wissen konnten, ob der Ehemann und Vater wiederkehren würde. Diese seelische Belastung ist neben der Belastung durch den Krieg und die damit verbundenen Einschränkungen ebenfalls prägend für die Generation der deutschen Frauen im Zweiten Weltkrieg.
V. Fazit
Die Nationalsozialisten wollten zu Anfang, dass die Frau im Nationalsozialismus nur Mutter und Ehefrau war. Sie sollte viele Kinder bekommen und auf diese Weise den Fortbestand des Dritten Reiches sichern. Der Mann dagegen wurde als Ernährer und Beschützer dargestellt. Um den Frauen die Mutterschaft schmackhaft zu machen, betrieben sie einen großen Mutterkult und priesen sie als besonders wertvoll, da es ihre Aufgabe sei, dem Führer und dem Volk neue Kinder zu schenken. Vermutlich war es für die Frau sehr schmeichelhaft, als „Quelle der Nation“ betrachtet oder besonders ehrenvoll behandelt zu werden, wenn sie viele Kinder hatte.
Doch mit dem Krieg musste sich ihre Rolle verändern. Nun musste sie auch die Rolle des abwesenden Mannes einnehmen und mit ihrer Rolle als Mutter kombinieren. Während des schwierigen Kriegszustandes, der ohnehin viele Opfer von ihnen verlangte, war dies kaum zu bewältigen, da sie sich darum kümmern musste, dass ihre Kinder sicher waren und genug zu essen bekamen.
Die Nationalsozialisten hatten einen Fehler gemacht, als sie in den Jahren vor dem Krieg ständig betont hatten, dass die Frau nur eine gute deutsche Mutter und Ehefrau sein sollte, die keinen Platz im Berufsleben hatte. Sicherlich war die Frau durch die Mutterschaft schon eine „Stütze“ des Dritten Reiches, aber nachdem die Männer als Soldaten in den Krieg gegangen waren, musste sie auch die Aufgaben bewältigen, die ihr vorher verboten worden waren. Trotz dieser vielen Aufgaben wurde die Frau bis zum Ende des Kriegs stets nur als Mutter geehrt, während die harten Kriegsarbeiten, die sie machte, kaum erwähnt wurden. Die Frau sollte weiterhin in der nationalsozialistischen Öffentlichkeit nur als Mutter dastehen.
Autorin: Carolin Bendel
Literatur
Bab, Bettina: Frauenleben im NS-Alltag, Bonn 1991
Bettelheim, Charles: Die deutsche Wirtschaft unter dem Nationalsozialismus, München 1974
Bock, Gisela: Gleichheit und Differenz in der nationalsozialistischen Rassenpolitik, in: Bock, Gisela (Hrsg.): Geschichte und Gesellschaft. Rassenpolitik und Geschlechterpolitik im Nationalsozialismus, 19. Jahrgang 1993 / Heft 3, S. 277 – 311
Brockhaus, Gudrun: Opfer, Täterin, Mitbeteiligte, in: Gravenhorst, Lerke (Hrsg.): Töchterfragen, Freiburg 1995
Distel, Barbara: Frauen im Holocaust, Gerlingen 2001
Gerber, Pia: Erwerbsbeteiligungen von deutschen und ausländischen Frauen 1933 – 1945, Frankfurt 1996
Kundrus, Birthe: Loyal, weil satt, in: Mittelweg 36, 6. Jahrgang, 1997, Heft 5, S. 80 – 93
Macciocchi, Maria-Antonietta: Jungfrauen, Mütter und ein Führer. Frauen im Faschismus, Berlin 1976
Schneider, Wolfgang: Frauen unterm Hakenkreuz, München 2003
Scholtz-Klink, Gertrud: Die Frau im Dritten Reich, Tübingen 1976
Weyrather, Irmgard: Mutterkreuze. Rassistische Orden des Geburtenkrieges, in: Beiträge zur feministischen Theorie und Praxis, Nr. 27 (1990), S. 134-142
Anmerkungen
[1] Aus der Rede des Reichsministers für Volksaufklärung und Propaganda, Joseph Goebbels, zur Eröffnung der Ausstellung „Die Frau“ in Berlin am 19. März 1933.
[2] aus: Hellwig, G. (1997): Weg zur Gleichberechtigung. In: Bundeszentrale für politische Bildung: Frauen in Deutschland. Informationen zur politischen Bildung, Heft 254
[3] Schneider, Wolfgang: Frauen unterm Hakenkreuz, Hamburg 2003, S. 15.
[4] aus: Hellwig, G. (1997): Weg zur Gleichberechtigung. In: Bundeszentrale für politische Bildung: Frauen in Deutschland. Informationen zur politischen Bildung, Heft 254
[5] §1, Absatz 1b), Reichsgesetzblatt 1933, Teil 1, Nr.60.
[6] aus: Zehn Gebote für die Gattenwahl vom Reichsausschuss für Volksgesundheit, 1934
[7] aus: Die neue Gemeinschaft 1942, S. 175.
[8] aus: Völkischer Beobachter, Nr. 25, 1938
[9] aus: Rede Heinrich Himmlers, vom 28. Oktober 1939
[10] aus: Rede Adolf Hitlers vor dem Reichstag, Mai 1941
[11] nach: Bettelheim, Charles: Die deutsche Wirtschaft unter dem Nationalsozialismus, München 1974, S. 230.
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