
Plan zur Operation Overlord und zur begleitenden Bomberoffensive, mit den deutschen Stellungen am 6. Juni 1944. anonym, Overlord Plan – Combined Bomber Offensive and German depositions 6 June 1944, als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons
Nach dem erfolgreichen Abschluss des Westfeldzuges im Sommer 1940 hielten die deutschen Truppen ein Gebiet besetzt, dessen Westgrenze sich vom Nordkap bis zu den Pyrenäen erstreckte. Eines von Hitlers zentralen Zielen war es jedoch, in den Weiten des russischen Ostens „Lebensraum für deutsche Siedler“ zu schaffen. Zu diesem Zweck griff er im Juli 1941 die Sowjetunion an und brach damit den Nichtangriffspakt, den er am 23.8.1939 mit Stalin geschlossen hatte, um Polen besetzen zu können. Der deutsche Überfall führte zu einer Annäherung der Sowjetunion an Großbritannien und die USA, deren erklärtes gemeinsames Ziel es nun war, dem Eroberungsdrang Deutschlands Einhalt zu gebieten.
Im Verlauf der alliierten Beratungen wurde mehrfach die Idee einer großangelegten Invasion der Westalliierten angesprochen. Vor allem Stalin drängte bereits seit September 1941 auf die Errichtung einer „Zweiten Front“ in Westeuropa, um die sowjetischen Truppen zu entlasten, die zu diesem Zeitpunkt die Hauptlast der Alliierten im Kampf gegen die Deutschen trugen.
Doch erst im Mai 1943 einigten sich Winston Churchill und Franklin D. Roosevelt auf einer Konferenz in Washington darauf, dass britische und amerikanische Truppen im Frühjahr 1944 in einer großangelegten Invasion in Frankreich landen und so einen schnellen militärischen Zusammenbruch Deutschlands herbeiführen sollten. Endgültig bestätigt wurde dieser Entschluss auf der Konferenz der Großen Drei in Teheran vom 28.11.-1.12.1943. Die Vorbereitungen für die „Operation Overlord“ waren zu diesem Zeitpunkt jedoch schon längst angelaufen.
Das Vorhaben der Alliierten
Am 28. Juni 1943 trafen sich 80 britische und amerikanische Generäle in Schottland, um einen genauen Plan für die westalliierte Invasion auszuarbeiten. Hier fiel auch die Entscheidung, dass die Offensive an der Normandieküste stattfinden sollte. Da die Landschaft im Südwesten Englands zwischen Portsmouth und der Halbinsel Cornwall den Stränden in der Normandie sehr ähnlich ist und sich perfekt als Übungsgelände für die Truppen anbot, sammelten sich dort bis zum Frühjahr 1944 über 1,5 Millionen amerikanische, kanadische, australische, polnische, französische und britische Soldaten. Nach der Evakuierung von 3000 Zivilisten trainierte das Militär dort monatelang, sich in voller Ausrüstung durch das hüfthohe Wasser und die Brandung zum Strand vorzuarbeiten.
Der Erfolg der Offensive hing vor allem davon ab, ob sich die erste Welle der Soldaten an der Küste festsetzen und einen stabilen Brückenkopf für ihr weiteres Vorgehen bilden konnte. Es musste also unbedingt verhindert werden, dass die Deutschen die alliierten Pläne erfuhren und ihre Truppen gezielt in der Normandie platzierten. Da derartig große Truppen- und Materialverschiebungen, wie sie für die Invasion nötig waren, jedoch kaum geheim gehalten werden konnten, begann ein weitreichendes Täuschungsmanöver an der Kanalküste im Südosten Englands. Die Deutschen wussten im Frühjahr 1944 zwar, dass die Westalliierten eine Invasion planten, konnten aber bis zuletzt darin getäuscht werden, wo die Landung stattfinden sollte. Den Alliierten gelang es, die Deutschen so gründlich irrezuführen, dass Hitler und ein Großteil des OKW noch Tage nach dem Beginn der Invasion in der Normandie am 6. Juni glaubten, dies sei nur ein Ablenkungsmanöver für den tatsächlichen Angriff bei Calais. Schließlich hatten die Alliierten durch die Errichtung einer Flotte von Pappschiffen, aufblasbaren Panzern, regem Funkverkehr und der Aufstellung einer Geisterarmee unter US-General Patton den deutschen Aufklärungsfliegern genug Material gegeben, damit sie glaubten, die alliierte Flotte sammele sich im Ärmelkanal bei Dover.
Deutsche Verteidigungsstrategien im Westen
Durch den Angriff auf die Sowjetunion und die gleichzeitige Notwendigkeit, die neugewonnenen Küstengebiete im Westen zu verteidigen, wurden an die Wehrmacht völlig neue Anforderungen gestellt. Zur Entlastung des Oberkommandos des Heeres ernannte Hitler bereits im Oktober 1940 den Generalfeldmarschall Gerd von Rundstedt zum Oberbefehlshaber West, der schnell feststellte, dass die Abwehr feindlicher Angriffe an der Küste von Frankreich durch fehlende Befestigungsanlagen und einem stetigen Kompetenzgerangel der oberen und unteren lokalen Führung deutlich erschwert wurde.
Kompetenzprobleme
Besondere Probleme gab es bei der Kooperation zwischen Heer und Marine, die unabhängig voneinander völlig unterschiedliche Verteidigungskonzepte entwickelten, da sich die Marine nicht der Heeresleitung unterordnen wollte. Die mangelnde Kompetenzabgrenzung hatte zum Ergebnis, dass Marine und Luftwaffe an den Fronten generell nicht den jeweiligen Militärbefehlshabern unterstellt waren, sodass bereits eine gemeinsame Vorbereitung auf einen möglichen Angriff kaum möglich war.
Die Unklarheit der Befehlsstrukturen wurden von Hitler nicht nur geduldet, sondern gezielt initiiert. Da alle Aufgaben der Reichsführung bei ihm zusammenliefen, schaltete er durch direkte Eingriffe in die Befehlsebenen der Wehrmacht die kreative Mitarbeit der militärischen Führer mehr und mehr aus und degradierte sie zu reinen Befehlsempfängern. Hitlers Abneigung, weiterreichende Befehlsgewalt an andere zu delegieren, führte bei der gesamten Kriegsführung zu großen Problemen und zur zunehmenden Zersplitterung der Führungsautorität.
Die Einheitlichkeit der Befehlsführung sollte schließlich die Führerweisung Nr. 40 „Befehlsbefugnisse an den Küsten“ vom 23.3.1942 verbessern. Hauptansatzpunkt der Weisung war, dass Kriegsmarine und Luftwaffe durch eine gründliche Aufklärungsarbeit so früh wie möglich feindliche Angriffe erkennen und möglichst noch vor dem Küstengebiet aufhalten sollten. Dabei drückte sich die Anordnung sehr unklar aus, zu welchem Zeitpunkt eines alliierten Angriffs vom Meer her die Befehlsgewalt von der Marine auf das Heer übergehen sollte. Laut Vorschrift setzte die Verantwortlichkeit des Heeres ein, sobald der Gegner das Land betrat. Dabei wurde aber völlig außer Acht gelassen, dass bei einer Invasion lange Zeit sowohl gegnerische Schiffe als auch Landetruppen gleichzeitig bekämpft werden mussten. Die Verordnung klärte ebenso wenig die grundsätzlichen Kompetenzprobleme. Die Verantwortung für die Vorbereitung und Durchführung der Küstenverteidigung im Westen erhielt der Oberbefehlshaber West, General von Rundstedt, dem aber nur die Truppen des Heeres unterstellt wurden, nicht die Luft- und Seestreitkräfte. Das bedeutete, das die drei Wehrmachtsbereiche auch weiterhin sowohl bei der Vorbereitung als auch im Falle eines Angriffs keine einheitliche Führung besaßen und völlig unabhängig voneinander agieren konnten und es auch taten.
Der Bau des Atlantikwalls
Die unklare Kompetenzlage innerhalb der Wehrmacht führte auch beim Ausbau der Küstenbefestigungen zu Konflikten. Da Heer und Marine gleichzeitig unterschiedliche Verteidigungskonzepte in die Tat umsetzten, kam es immer wieder zur nutzlosen Verschwendung von Arbeitskraft und Material.
Bereits Ende 1941 hatte das Oberkommando der Wehrmacht befohlen, die eroberten Westgebiete durch einen Wall an der Atlantikküste uneinnehmbar zu machen. Die Verantwortung für den Bau wurde dem Oberbefehlshaber des Heeres übertragen. Für die Überwachung der Arbeiten war das OKW zuständig, das Ministerium für Bewaffnung und Munition übernahm die Planung und Bauausführung und die Arbeitskräfte wurden von der Organisation Todt sowie dem Reichsarbeitsdienst bereitgestellt. Die Zahl der Arbeiter bestand aus zum Teil freiwillig arbeitender, zum Teil zwangsverpflichteter einheimischer Bevölkerung und betrug im Mai 1943 etwa 260.000 Mann. Zum gleichen Zeitpunkt waren 26.000 deutsche Arbeitskräfte mit dem Ausbau der Befestigungsanlagen beschäftigt.
Die Verteidigung des Atlantikwalls übernahmen ältere und schlecht ausgerüstete Truppen, sogenannte bodenständige Divisionen, um das kämpfende Heer im Osten nicht zu schwächen. Sie sollten jeweils einen Abschnitt von 15-20 Kilometern verteidigen, durch die mangelhafte Versorgung mit Fahrzeugen bzw. mit Benzin waren die Truppen jedoch beinahe bewegungsunfähig.
Als im Jahr 1942 die Pläne der Alliierten, eine „Zweite Front“ zu eröffnen, immer konkretere und sichtbarere Formen annahmen, wurden die Bauarbeiten am Atlantikwall intensiviert. Hitler persönlich ordnete im September 1942 an, 15.000 Befestigungswerke zu bauen; nach ihrer Fertigstellung sollten auf jeden Kilometer Küste 15-20 Bunker entfallen. Da dieser Plan jedoch wegen Nachschubproblemen sowie aus Kosten- und Zeitgründen undurchführbar war, erhielt die Befestigung von besonders bedrohten Hafenstädten entlang der Kanalküste Priorität. Durch das großangelegte Täuschungsmanöver der Alliierten gingen die Deutschen davon aus, dass der bevorstehende Angriff in der Nähe von Calais stattfinden werde.
Beginn der Kriegswende
Bis Ende 1943 hatte sich die Situation Deutschlands in Europa drastisch verschlechtert. Italien war aus der gemeinsamen Kampffront gegen die Alliierten ausgeschieden, die Türkei näherte sich immer mehr der alliierten Seite an und von Japan durfte das Dritte Reich keine Hilfe auf dem europäischen Kriegsschauplatz erwarten. Zudem konnte die Loyalität von Ungarn, Rumänien und Bulgarien nur noch durch militärischen Druck gewährleistet werden.
Hitlers Ziel war es nun vor allem, die eroberten Gebiete im Westen zu verteidigen, um zu verhindern, dass die Alliierten von dort schnell ins Ruhrgebiet vordringen konnten, wo sich kriegswichtige Industriestandorte befanden. Daher ordnete er an, die Westfront durch zusätzliche Panzer-, Sturmgeschütz- und Panzerjägereinheiten zu verstärken. Gleichzeitig beauftragte Hitler den gesamten Stab der Heeresgruppe B unter der Führung des Feldmarschalls Erwin Rommel mit der Inspektion der Verteidigungsanlagen im Westen. Da sich Rommel während seiner Zeit als Kommandant des deutschen Afrikakorps als genialer Taktiker erwiesen hatte, schien er besonders geeignet, die deutschen Abwehrvorbereitungen voranzutreiben. Rommels Aufgabe war es, die Verteidigungsmaßnahmen zu besichtigen und Vorschläge zur Verbesserung zu machen, er hatte zunächst aber keine Befehlsbefugnisse. Da jedoch sowohl Rommel als auch von Rundstedt, der Oberbefehlshaber West, ihre eigenen recht unterschiedlichen Abwehrvorstellungen durchsetzen wollten, gerieten sie während der ausführlichen Inspektionsreisen immer wieder in Konflikt miteinander. Nachdem sich von Rundstedt schließlich kompromissbereit gezeigt hatte, wurde ihm die Heeresgruppe B unterstellt und Rommel erhielt die taktische Führung über die in den Niederlanden stationierten Truppen des Heeres sowie über die 15. und 7. Armee. Daraus ergab sich jedoch eine Doppelfunktion von Rundstedts, der nun gleichzeitig über- und untergeordnete Befehlsfunktionen innehatte, was wiederum zu einer dauernden Überlagerung und Doppelarbeit der beiden Stäbe von Rommel und von Rundstedt führte.
Anfang 1944 wurden die Abwehrvorbereitungen noch einmal drastisch intensiviert, weil eine alliierte Landung kurz bevor zu stehen schien, die noch bestehenden Lücken im Atlantikwall waren in absehbarer Zeit jedoch nicht zu schließen. Daher entwickelten Rommel und von Rundstedt unabhängig voneinander Abwehrkonzepte, die den Gegner bei einem Angriff aufhalten sollten. Rommels Abwehrplan sah die Einrichtung gepanzerter Reserven vor, die küstennah stationiert werden sollten, um kurzfristig hinter den am stärksten gefährdeten Abschnitten der 15. und 7. Armeen eingesetzt zu werden und den Gegner bereits bei seiner Landung an der Küste abzuwehren. Eine Panzertruppe konnte so wegen der Kürze des Anmarschweges sofort ins Kampfgeschehen eingreifen und musste sich nicht erst der alliierten Luftwaffe aussetzen. Nach Rommel konnte ein alliierter Großangriff nur an der Küste abgewehrt werden, weshalb er den Atlantikwall außerdem mit Vorstrandhindernissen wie großflächige Minenfelder ausrüsten wollte.
Sollten die vorhandenen Kräfte vor Ort jedoch nicht ausreichen, müssten weitere Panzerkräfte aus den anderen Küstenabschnitten herangeführt werden, da es für einen flächendeckenden Einsatz zu wenig Truppen- und Materialreserven gab. Dies würde Zeit kosten und die Panzer den Angriffen der Luftwaffe aussetzen.
Die Alternative zu Rommels Plan war, eine zentrale Panzerreserve nahe Paris zu stationieren, die an den Küsten Belgiens, Nord-, West- und Südfrankreichs relativ rasch eingreifen konnte, sich aber außer Reichweite der Schiffsartillerie befand. Diese Variante vertrat vor allem der General der im Januar neu geschaffenen Panzertruppe West, Leo Freiherr Geyr von Schweppenburg. Seiner Meinung nach sollten die wenigen vorhandenen Panzerkräfte geschlossen eingesetzt werden. Dies würde ihr Eintreffen am Einsatzort zwar um 24-48 Stunden verzögern, ermöglichte der Führung jedoch, den gegnerischen Schwerpunkt zu erkennen und klare Gegenmaßnahmen zu treffen. Um den alliierten Fliegerangriffen zu entgehen, sollten die Panzer sich nur nachts bewegen. Darin lag auch die Schwäche dieses Plans. Die im Inland stationierten Panzer wären beim Heranrücken der Luftwaffe schutzlos ausgeliefert, die zudem die Brücken zerstören würden.
Sowohl Rommel als auch Schweppenburg wollten ihre Konzepte durchsetzen mit der Folge, dass bis zum Beginn der Invasion der Oberbefehlshaber an beiden Abwehrkonzeptionen festhielt. Er versuchte sowohl die Küstenverteidigung zu stärken als auch eine operative Reserve zu behalten, was beide Konzepte schwächte. Eine Lösung konnte erst durch Hitlers Eingreifen gefunden werden. Er entschied zugunsten von Rommel, der seine Küstenlinie durch in Reserve stehende Infanteriedivisionen verstärken konnte und zusätzlich drei gepanzerte Verbände erhielt.
Wenige Wochen vor dem alliierten Angriff wurden die Befehlsverhältnisse im Westen erneut geändert. Das Oberkommando der Heeresgruppe B unter Generalfeldmarschall Rommel erhielt nun definitiv die Verteidigung der Küsten Hollands, Belgiens und Nordfrankreichs zugewiesen, von Rundstedt übernahm dagegen die Gesamtführung in den besetzten Westgebieten. Die Waffen-SS, die Luftflotte 3 und die Marinegruppe West standen jedoch auch weiterhin außerhalb der Befehlsgliederung des Oberbefehlshabers West.
Der Zustand der deutschen Abwehr vor dem längsten Tag
1944 wurde die Versorgung der am Atlantikwall stationierten Truppen zunehmend schwieriger, vorhandene Militärbestände gingen vor allem in den Osten. Die Verteidigungslage der Soldaten konnte jedoch durch Alarmübungen, Planspiele und Studien verbessert werden.
Gleichzeitig wurden Rommels Vorschläge in die Tat umgesetzt, um den Gegner noch im Wasser bzw. am Strand aufhalten zu können. Weite Küstengebiete wurden vermint, Drahthindernisse und Ansumpfungen ergänzten die ständig wachsende Anzahl der Bunker und die Aufstellung sogenannter „Rommelspargel“ sollte Luftlandungen im Hinterland verhindern.
Im Mai standen dem Oberbefehlshaber West schließlich 48 Infanterieverbände zur Verfügung, 10 Panzerverbände mit insgesamt 1370 einsatzbereiten Panzern und 1.873.000 Soldaten, über 15.000 Bunker und Geschützstände.
Entscheidende Schwächen gab es aber auch im Frühjahr 1944 noch. Von den 1000 Geschützen des Atlantikwalls konnten nur 39 Seeziele bekämpfen. Es gab weder eine schlagkräftige Marine noch starke Luftwaffenverbände, genauso wenig wie weitere Panzer- und Truppenreserven. Die vorhandenen Truppen bestanden überwiegend aus abgekämpften Soldaten und jungen Männern ohne eine ausreichende Ausbildung. Gleichzeitig hatten alliierte Bombardierungen seit Mai 1944 alle Transportwege in die Normandie abgeschnitten, sodass die Versorgung der Truppen und der Nachschub von Kriegsmaterial stark behindert war. Dem Atlantikwall fehlte zudem jede rückwärtige Sicherungslinie, die einen Durchbruch der Alliierten durch die ersten Linien aufgefangen hätte.
Außerdem glaubten die Deutschen durch die gelungenen Täuschungsmanöver der Alliierten noch am Tag der Invasion, der Angriff würde bei Calais erfolgen. Aus diesem Grund war dieser Küstenabschnitt besonders gesichert worden, was aufgrund der schlechten Materialversorgung zur Vernachlässigung der Befestigungen an der Normandieküste geführt hatte.
Am schwersten wog jedoch, dass die drei Wehrmachtbereiche bis zuletzt keine einheitliche Führung besaßen. Da sich Luftwaffe, Marine und Heer unabhängig voneinander auf einen möglichen Angriff der Alliierten vorbereitet hatten, fehlten ihnen am Tag der Invasion genaue Absprachen für ein gemeinsames einheitliches Vorgehen, um dem Gegner geschlossen entgegen treten zu können.
Die deutschen Schwächen sollten durch intensive Propaganda ausgeglichen werden. Sie präsentierte in der in- und ausländischen Presse einen unüberwindlichen Wall aus Bunkern, Hindernissen und Geschützen größten Kalibers, was die Alliierten nur kurze Zeit beunruhigte, da durch die Überlegenheit ihrer Aufklärung die wahren deutschen militärischen Verhältnisse schnell offenbar wurden.
Die „Operation Overlord“
An der Invasion beteiligten sich mehr als 1 Million westalliierte Soldaten, davon landeten allein am ersten Tag der Offensive 170.000 an den Stränden der Normandie. Die Truppen vor Ort führte der Brite Bernard Law Montgomery an, Oberbefehlshaber war der US-Amerikaner Dwight D. Eisenhower. Auch wenn die Beiden persönlich nicht gut miteinander auskamen, schätzten sie doch die militärischen Fähigkeiten des Partners. Durch den Aufbau einer klaren Befehlshierarchie gelang es den Alliierten, Kompetenzstreitigkeiten wie beim deutschen Militär zu verhindern und eine funktionierende Einheit zu bilden, was unerläßlich war für das Gelingen der „Operation Overlord“.
Der Beginn der Invasion war von General Eisenhower auf den 5. Juni 1944 festgesetzt worden. Stürme und Dauerregen zwangen ihn jedoch, den Angriff um einen Tag zu verschieben. Die schlechte Wetterlage wiegte die Deutschen in Sicherheit. Der Oberbefehlshaber der Kriegsmarine, Großadmiral Dönitz, fuhr in Urlaub, Rommel weilte in Berchtesgaden, um den Geburtstag seiner Frau zu feiern, und das OKW befasste sich mit dem Kriegsschauplatz in Italien. Obwohl deutsche Heeresmeteorologen das Auftreten eines Zwischenhochs und damit günstigen Wetters für den 6. Juni ebenso sicher wie ihre alliierten Kollegen vorausgesagt hatten, waren diese Aussichten bei den deutschen Verantwortlichen ignoriert worden. Das zu erwartende günstige Wetter ergänzte nun in idealer Weise die Kombination aus Sonnenaufgang, Mondstand und Gezeiten.
In völliger Funkstille machten sich 1.200 alliierte Schiffe in der Nacht zum 6. Juni auf den Weg an die französische Normandieküste. Ihnen voraus bereiteten ab Mitternacht ausgedehnte Luftlandungen und Bombardierungen die Ankunft der Truppenkontingente im Morgengrauen vor. Um 6:30 Uhr landeten die ersten alliierten Boote an der Normandieküste, die strategisch in 5 Zonen aufgeteilt worden war: Utah, Omaha, Gold, Juno und Sword. Obwohl die erste Welle von 3100 Landungsfahrzeugen an fast allen Abschnitten rasch Fuß fassen konnte, starben allein in Omaha Beach, dem am stärksten umkämpften Strandabschnitt, 4000 Alliierte. Bis zum frühen Nachmittag überwanden alliierte Pioniereinheiten die Vorstrand- und Strandhindernisse und bauten Brückenköpfe auf, die durch schweres Gerät, Panzer und Versorgungsgüter verstärkt wurden. Die im Landungsraum eingesetzten deutschen Batterien der Küstenartillerie konnten sich zwar zum Teil erstaunlich lange behaupten, waren aber für den ausgedehnten Landungsabschnitt in keiner Weise ausreichend. Die Kriegsmarine fügte mit ihren wenigen einsatzbereiten Zerstörern und Torpedobooten der starken Invasionsflotte nur geringen Schaden zu. Das Gleiche galt für die hoffnungslos unterlegene Luftwaffe, die meist schon weit vor ihrem Einsatzgebiet in Luftkämpfe verwickelt wurde. Schon nach kurzer Zeit waren die Alliierten den bodenständigen deutschen Divisionen an schwerem Gerät und Panzern überlegen.
Unter diesen Bedingungen konnte einer schnellen Ausdehnung der alliierten Brückenköpfe nur entgegengetreten werden, wenn die vorhandenen Panzerreserven unverzüglich zum Einsatz kamen. Jetzt rächte es sich, dass von Rundstedt und Hitler es abgelehnt hatten, die verfügbaren Panzerkräfte in Küstennähe zu stationieren, um den Feind in seinem schwächsten Moment am Strand zu schlagen, wie Rommel es vorgeschlagen hatte. Die in Nord- und Zentralfrankreich nahe Paris liegenden Panzerreserven mussten nun über weite Strecken an die Front geführt werden, wobei die ständigen alliierten Fliegerangriffe starke Schwächungen der Verbände bewirkten. Es kam noch hinzu, dass die Reserven nur zögernd vom OKW freigegeben wurden, da Hitler noch bis in den 7. Juni hinein die Meinung vertrat, dass eine zweite alliierte Landung an der Kanalküste bevorstehe. Damit war Rommels Abwehrkonzeption aufgrund des Fehlens der wichtigen Panzerkomponente gescheitert.
Auf deutscher Seite gab es bald keinen durchdachten Abwehrplan mehr. Der Prozess der Planung in der obersten Führung des Westens erschöpfte sich in der aussichtslosen Suche nach Kompensationsmöglichkeiten für die totale Luft- und Artillerieüberlegenheit der Alliierten. Rommel erlitt am 17. Juli bei einem Tieffliegerangriff einen Schädelbasisbruch und fiel als wichtigster Frontbefehlshaber aus. Kluge, der außer seiner Funktion als Oberbefehlshaber West nach der Absetzung von Rundstedts Anfang Juni auch Chef der Heeresgruppe B wurde, bemühte sich, Hitlers sinnlose Haltebefehle kritiklos in die Tat umzusetzen und konnte die alliierten Vorstöße nicht entscheidend aufhalten.
Bis zum 12. Juni 1944 war es den Alliierten gelungen, 326.000 Soldaten, 54.000 Fahrzeuge und 104.000 Tonnen Material an Land zu setzen sowie einen zusammenhängenden Landekopf von 100 km Länge und 30 km Tiefe zu schaffen. Am 25. Juli durchbrachen amerikanische Truppen westlich von St. Lo die deutsche Front und gingen zum offenen Bewegungskrieg über. Die Abwehr der alliierten Invasion in der Normandie war damit endgültig gescheitert.
Schlussbetrachtung
Letztendlich war es nicht nur die überwältigende Truppen- und Materialüberlegenheit der Westalliierten, welche die Invasion zum Erfolg führte. Durch weitreichende Kompetenzstreitigkeiten innerhalb des Oberkommandos der Wehrmacht und der Allmacht Hitlers wurde eine geordnete Verteidigungsvorbereitung sowie eine schnelle Reaktion auf den alliierten Großangriff verhindert. Besonders Hitlers anfängliche Weigerung, die Panzertruppen direkt nach dem Beginn der Invasion Richtung Normandie in Bewegung zu setzen, trug dazu bei, dass die Alliierten die ersten kritischen Meter auf den Strand schafften und Fuß fassen konnten auf dem europäischen Festland.
Autor: Stefan Mannes. Ergänzt durch Claudia Schneider
Filme und Dokumentationen
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