
Otto von Bismarck, 1886
Als er 1832 das Abiturzeugnis erhielt, war von einem zwar begabten, aber nur durchschnittlichen Schüler die Rede. Sein Fleiß war, wie es darin hieß, „zuweilen unterbrochen“ und dessen Schulbesuch die „unausgesetzter Regelmäßigkeit“ fehlte. So las sich das damals (siehe Rainer F. Schmidt „Bismarck, Realpolitik und Revolution“, Diederichs, Seite 15).
Werden nun schulische gar Leistungen überbewertet? Denn der so Bewertete war Otto von Bismarck.
Auch in seinem Studium der Staats- und Rechtswissenschaften (1832-1835) glänzte er eher als trinkfester, spielfreudiger Bummelstudent, der einen ausschweifenden Lebensstil führte.
Nichts ließ darauf schließen, dass aus dem 1,92 Meter Mann ein so wirkungsmächtiger Politiker werden sollte. Kaum jemand dürfte geahnt haben, dass gerade er sich mit so große Spuren in der deutschen und europäischen Geschichte verewigen würde. Zumal auch seine ersten Anstellungen im Staatsdienst nicht von langer Dauer waren. Schnell verlor er die Lust. Nichts schien von Kontinuität zu sein. Auf dem Rittergut in Schönhausen, das er nach dem Tod seines Vaters verwaltete, schien der Junker Bismarck allerdings so richtig aufzublühen. Es war heruntergewirtschaftet, er sanierte es und brachte es wieder auf Kurs. Danach das ganze Land – in seinem Sinne? Denn eine beeindruckende Karriere in der Politik sollte sich in den Folgejahren anschließen: So war er mit 32 Abgeordneter, mit 36 preußischer Gesandter und mit 47 war er preußischer Ministerpräsident.
Insgesamt sollte er 26 Jahre Ministerpräsident und 17 Jahre Kanzler sein.
Dabei wird Wilhelm I. der Satz zugeschrieben: „Es ist schwer, unter einem solchen Kanzler Kaiser zu sein“.
Einige Meilensteine, die für immer an ihm haften bleiben werden, sind das Sozialistengesetz, die Einführung einer Sozial-, Kranken- und Rentenversicherung und schließlich die Reichsgründung 1871.
Unumstritten war sein Wirken nicht. Das mag auch nicht verwundern, wenn man um seine Devise wusste; Recht vor Gesetz! Zu den Widersprüchen seiner Zeit und seiner Person gehört, er hat Kriege provoziert und geführt (Frankreich), er hat sich gegen Kriege ausgesprochen und sie verhindert (Russland). Im Innern kämpfte er mittels des Sozialistengesetzes gegen die erstarkende Sozialdemokratie, er machte sie jedoch (damals verständlich !) nur noch stärker. Ihre Bändigung mit einer umfangreichen Sozialgesetzgebung gelang nicht, bestätigt wurde nur das Prädikat, Zuckerbrot und Peitsche, das man bis heute Bismarck zuweist. Als Höhepunkt seines politischen Lebens dürfte das Ereignis des Jahres 1871 gelten, in dem der „Urpreuße zum Reichsgründer“ (Ernst Engelberg, Akademie-Verlag, 1987) wurde. Dabei verdankte es Bismarck dem Leuchtturmwärter, Pierre Lafleuer, dass er diesen Tag erleben durfte. Denn wenn er nicht gewesen wäre, dann wäre der erste Kanzler des Deutschen Reiches am 22. August 1862 im südfranzösischen Seebad Biarritz ertrunken. (Wochen später ertrank sein Retter… )
Nun lässt sich freilich spekulieren, welchen Verlauf die Geschichte, ohne den „Eisernen Kanzler“ genommen hätte. Französische Patrioten jedenfalls haben seine Rettung verflucht.: „Hätte er den Kerl ersaufen lassen, wäre Frankreich unendliches Leid erspart geblieben“.
Aber das Leben des Otto von Bismarck, war nicht nur die Politik. Damals, als er das Schönhausener Gut bewirtschaftete, da beschäftigte er sich schon mit Philosophie, Kunst, Religion und Literatur. Da überrascht es nicht, wenn sich auch in seinen Briefen immer wieder Bezüge auf die klassische und romantische deutsche, aber auch auf die englische und französische Literatur finden.
Eine besondere Nähe wurde ihm zu Schiller und Shakespeare nachgesagt. Nach seiner Entlassung aus dem Kanzleramt (1890) nahm der Fürst sich vor, Schillers Dramen noch einmal zu lesen.
Nebenbei bemerkt, man ist versucht zu fragen, was werden andere Kanzler(in) so lesen, wenn sie einmal entlassen sind b.z.w. waren.
Bekannt ist zudem, dass er aus Hamlet, Richard III., oder Macbeth frei zitieren konnte.
Zitieren wir daher abschließend (nicht ohne Grund) ihn – Otto von Bismarck:
Deutschland solle sich in keine überseeische Unternehmungen einlassen, wenn dadurch Konflikte mit anderen Großmächten entstünden. Man wäre nun „satt“, meinte der Lotse Bismarck, den Wilhelm II. von Bord schickte.
Autor: René Lindenau