Ein revolutionäres Schicksal
Am 12. Februar 1908 wird Olga Benario als Tochter eines jüdischen Rechtsanwalts in München geboren. Der Vater ist Mitglied der SPD. Schon als Schülerin distanziert sich Olga von der Geborgenheit ihres großbürgerlichen Elternhauses. Den der damaligen Zeit angepassten Bildungsweg einer „höheren Tochter“ mag das eigenwillige zielbewusste Mädchen nicht gehen.
Zum Unmut der Eltern schließt sich Olga früh kommunistischen Jugendgruppen an und nimmt schon als Fünfzehnjährige Führungspositionen ein. Olga Benario ist bereits in jungen Jahren eine starke Persönlichkeit. Die Polizei der Weimarer Republik stuft die engagierte Jungkommunistin als „kommunistische Agitatorin“ ein und behält sie so im Visier.
1926 verlässt Olga ihre Heimatstadt München und zieht nach Berlin, um dort für die Kommunistische Partei zu arbeiten. Als ihr Freund und Genosse Otto Braun wegen Hochverrats angeklagt und in das Untersuchungsgefängnis Moabit eingewiesen wird, organisiert seine Freundin unter der KPD-Führung eine bewaffnete Befreiungsaktion, die auch gelingt. Olga Benario und Otto Braun fliehen nach Moskau.
In Moskau besucht Olga zeitweilig die Lenin-Schule. Sie konzentriert sich außerdem auf ihre bevorstehende Aufgabe als Delegierte des V. Weltkongresses der Kommunistischen Jugend-Internationale. 1931 löst sie aus politischen und persönlichen Gründen die Verbindung mit Otto Braun. Sie arbeitet in der Sowjetunion, Frankreich und England zu Gunsten der Internationalen Arbeiterbewegung.
Die Begegnung mit dem ehemaligen Hauptmann der Brasilianischen Armee Luiz Carlos Prestes verändert Olgas Leben grundlegend. Sie folgt Luiz Carlos Prestes 1934 nach Rio de Janeiro, um mit ihm die antifaschistische Revolution vorzubereiten. Als jedoch 1935 der Putsch gegen das diktatorische Vargas-Regime scheitert, muss das inzwischen verheiratete Paar untertauchen. 1936 verhaften die brasilianischen Behörden die schwangere Olga Benario-Prestes und liefern sie nach Deutschland an die Gestapo aus. Am 27. November 1936 kommt im Berliner Gestapo-Gefängnis Barnimstraße die Tochter Anita Leocardia Prestes zur Welt.
1938 wird Olga von ihrer Tochter Anita getrennt. Olgas Schwiegermutter Leocardia Prestes nimmt das Kind in ihre Obhut. Nur der liebevollen innigen Beziehung Olgas zu ihrer Schwiegermutter ist es zu verdanken, dass Anita am Leben bleibt.
Olga Benario-Prestes gerät in das Konzentrationslager Lichtenburg, später in das Frauenkonzentrationslager Ravensbrück. Hier verbleibt sie drei Jahre. 1942 wird ihr die „Landes-Heil- und Pflegeanstalt“ Bernburg zum tödlichen Schicksal. Olga Benario-Prestes wird in den dortigen Gaskammern ermordet.
Von den auferlegten 46 Jahren Haft im Jahre 1936 bleibt Luiz Carlos Prestes zehn Jahre inhaftiert. Eine Amnestie ermöglicht ihm 1946 die Emigration. Er bleibt unbehelligt.
Autorin: Heide Kramer (Erstveröffentlichung auf haGalil.com / März 2006)