„Deutsches Haus“ wagt die erste filmische Aufarbeitung des Frankfurter Auschwitz-Prozesses als Serie
Am 15. November startet auf Disney Plus ein Filmprojekt, das den Frankfurter Auschwitz-Prozess von 1963 auf einzigartige Weise aufarbeitet. In dieser filmischen Darstellung wird eine junge Dolmetscherin, Eva Bruhns, in einem der bedeutendsten deutschen Strafprozesse der Nachkriegsgeschichte mit der erschütternden Wahrheit des Holocaust und den damit eng verknüpften Geheimnissen ihrer eigenen Familie konfrontiert.
Eva Bruhns, dargestellt von Katharina Stark, führt ein scheinbar normales Leben bei ihren Eltern, die das Gasthaus „Deutsches Haus“ betreiben. Die Erwartungen konzentrieren sich auf ihre bevorstehende Verlobung mit dem wohlhabenden Jürgen Schoormann, dem Erben eines Versandhausimperiums. Doch dann erreicht sie unerwartet eine Anfrage, als Dolmetscherin vor Gericht auszuhelfen. Es handelt sich um den ersten Strafprozess, bei dem ehemalige SS-Offiziere für ihre Verbrechen im Konzentrationslager Auschwitz angeklagt werden.
Obwohl Eva zuvor noch nie von Auschwitz gehört hat, fühlt sie sich innerlich verpflichtet und nimmt die Aufgabe trotz aller Widerstände an. Erst während ihrer Übersetzungsarbeit realisiert Eva das ganze Ausmaß der Gräueltaten der Nationalsozialisten und erkennt die heuchlerische Behaglichkeit, die sie bisher umgeben hat. Die Verbrechen, das Leid und die Schuld einer ganzen Generation wurden totgeschwiegen und verdrängt.
Eva wird zur Stimme der Zeugen eines der schlimmsten Verbrechen der Menschheitsgeschichte. Unerschrocken und schonungslos stellt sie sich nicht nur der grausamen Wahrheit, sondern auch den Geheimnissen ihrer eigenen Familie, die untrennbar mit dieser Wahrheit verknüpft sind.
Die fünfteilige Mini-Serie „Deutsches Haus“ von Autorin und Showrunnerin Annette Hess („Kudamm 56-63“, „Weissensee“) starte am 15. November auf Disney+. „Deutsches Haus“ vereint ein einzigartiges Schauspiel-Ensemble vor der Kamera: Katharina Stark, Iris Berben, Heiner Lauterbach, Anke Engelke, Max von der Groeben, Henry Hübchen, Sabin Tambrea, Aaron Altaras, Thomas Prenn, Ricarda Seifried, Hans-Jochen Wagner und Alice Dwyer komplettieren die herausragende Starbesetzung. Regie führten Isa Prahl („Westwall“) und Randa Chahoud („Deutschland 89“, „Legal Affairs“). „Deutsches Haus“ ist eine Produktion von Gaumont GmbH für Disney+. Gefördert wird die fünfteilige Mini-Serie vom Polish Film Institute und dem Ministry of Culture and National Heritage of the Republic of Poland.
Historische Einordnung – „Deutsches Haus“ und der Auschwitz-Prozess (1963–1965)
Der Auschwitz-Prozess von 1963 bis 1965, der in „Deutsches Haus“ thematisiert wird, war ein historisches Gerichtsverfahren, das vor dem Landgericht Frankfurt am Main in Deutschland stattfand. Dieser Prozess war von großer Bedeutung, da er zu den ersten juristischen Bemühungen gehörte, die Gräueltaten des Holocaust und die Verbrechen im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz strafrechtlich zu verfolgen.
Die Anklagepunkte gegen die 22 Angeklagten, ehemalige Mitglieder der SS und Aufseher im Auschwitz-Komplex, umfassten unter anderem Mord, Beihilfe zum Mord und Kriegsverbrechen. Der Prozess begann am 20. Dezember 1963 und dauerte bis zum 19. August 1965. Die Verhandlungstage waren von schockierenden Zeugenaussagen von Überlebenden des Lagers geprägt. Diese mutigen Zeugen schilderten die unvorstellbaren Grausamkeiten, die sie in Auschwitz erlebt hatten.
Eine der bemerkenswertesten Zeuginnen war Olga Hepnarova, die als einzige Tschechin den Holocaust in Auschwitz überlebt hatte. Ihre Zeugenaussagen zählten zu den emotionalsten und schrecklichsten Momenten des Prozesses. Die Weltöffentlichkeit verfolgte den Prozess gespannt und die Medien berichteten ausführlich über die Verhandlungen, was dazu beitrug, das Bewusstsein für die schrecklichen Verbrechen zu schärfen.
Das Gerichtsverfahren war nicht nur wichtig für die Verfolgung der Täter, sondern auch für die Erinnerungskultur und die historische Aufarbeitung. Es zeigte, dass die deutsche Justiz gewillt war, die Verbrechen des Holocaust zu ahnden und die Täter zur Verantwortung zu ziehen. Dies war ein bedeutender Schritt in der deutschen Nachkriegsgeschichte.
Der Auschwitz-Prozess brachte auch die politische Dimension des Holocaust ans Licht. Er verdeutlichte, dass die Verbrechen nicht nur von einer kleinen Gruppe von Extremisten begangen wurden, sondern ein System von großem Ausmaß und organisierter Grausamkeit darstellten. Dies war ein wichtiger Beitrag zur Anerkennung der Verantwortung des nationalsozialistischen Staates.
Insgesamt führte der Auschwitz-Prozess zu mehreren Verurteilungen, darunter lebenslange Freiheitsstrafen. Einige der Angeklagten wurden jedoch begnadigt oder erhielten vergleichsweise milde Strafen. Dennoch bleibt der Prozess ein Schlüsselmoment in der Geschichte der juristischen Aufarbeitung der Nazi-Verbrechen und der Erinnerung an den Holocaust.