„Wer einen Partisanenkrieg entfesselt, der öffnet die Tore zur Hölle“. Arthur Wellesley, Herzog von Wellington
Zu Zeiten des Dritten Reiches musste die Stadt Cottbus als Namensgeber für eine Aktion gegen weißrussische Partisanen herhalten. „Unternehmen Cottbus“ nannte sich das dann, was sich gar – mordsmäßiges – von Mai bis in den Juni 1943 hinein zutragen sollte. Die deutschen Okkupanten versuchten dabei ein Gebiet circa 140 Kilometer nördlich von Minsk von Partisanen zu säubern. Zum Ausgangspunkt dieser und anderer derartiger Unternehmen: Im Grunde nahmen die hier ins Visier geratenen Partisanen im Angesicht eines völkerrechtswidrigen Angriffskrieges durch die deutschen Eroberer, nur ihre Widerstandspflicht wahr. Sie verteidigten ihre Heimat gegen ungebetene Eindringlinge. Sie erfüllten also ihre Pflicht. Gibt es etwas Selbstverständlicheres? Dennoch erließ der SS-Reichsführer Heinrich Himmler am 31. Juli 1942 einen Sonderbefehl, wonach, aus „psychologischen Gründen“ das Wort „Partisan“ nicht mehr zu gebrauchen sei. So wurden Partisanen zu Banditen und zu kriminellen Verbrechern. Somit begannen faschistisches Herr und Luftwaffe, gemeinsam mit Einheiten von SS und Polizei mit ihrem „Unternehmen Cottbus“.
Bei der „Bandenbekämpfung“ zeichneten sich insbesondere SS – Einheiten durch ein radikalisiertes Vorgehen aus. Eine dieser SS-Truppen war das Sonderbataillon von Oskar Dirlewanger. Von ihnen berichtete ein Mittäter in der Sache „Unternehmen Cottbus“, SS-Brigadeführer Curt von Gottberg in seinem Einsatzbericht u.a.: „[…] Wenn bei 4500 Feindtoten nur 492 Gewehre erbeutet wurden, dann zeigt dieser Unterschied, dass sich auch unter diesen Feindtoten zahlreiche Bauern des Landes befinden. Besonders das Bataillon Dirlewanger ist dafür bekannt, dass es zahlreiche Menschenleben vernichtet. Unter den 5000 Bandenverdächtigen, die erschossen wurden, befinden sich zahlreiche Frauen und Kinder. […]“. Ferner wurden bei dieser Aktion zur „Bandenbekämpfung“ Zivilisten als Vorhut nach vorn geschickt und als „Minenräumer“ benutzt. Fast 5.000 männliche und 1.000 weibliche Arbeitskräfte wurden für den „Arbeitseinsatz“ im Reich erfasst.
Mit Dirlewanger haben die Nazis tatsächlich jemanden mit einer kriminellen Vergangenheit in den Krieg gegen die Partisanen geschickt. Sein Vorstrafenregister wies Einträge über Landfriedensbruch und über die Verführung einer Minderjährigen auf. Sein Doktortitel wurde ihm dadurch auch entzogen. Nun – offiziellen Zählungen zufolge, sollen im „Unternehmen Cottbus“ 6087 Menschen, auch mit seinem Zutun, umgekommen sein. Das reichte ihm offenbar nicht, denn der einstige Wirtschaftsprüfer Dirlewanger meldete allein 14 000 Tote für die blutige Bilanz von „Unternehmen Cottbus“ beigetragen zu haben. Letztendlich kam der SS-Offizier im Juni 1945 in französischer Kriegsgefangenschaft ums Leben. Ein ehemaliger jüdischer KZ Häftling soll ihn erkannt haben. Beeideten Aussagen zufolge, soll Dirlewanger durch Schlägereien durch die polnischen Wachmannschaften zu Tode gekommen sein, er starb am 7.06.1945. Noch im Vorjahr war seine Soldateska an der Niederschlagung des Aufstandes im Warschauer Ghetto beteiligt.
Zurück zum „Unternehmen Cottbus“ selbst: Danach waren auch hier ganze Landstriche entvölkert. Sogenannte „tote Zonen“ blieben zurück. Menschen wurden in Scheunen getrieben und lebendig verbrannt. 113 Ortschaften wurden zerstört, Tausende wurden zur Zwangsarbeit deportiert. Das war die unmenschliche Faktenlage nach dem Mordeinsatz beim „Unternehmen Cottbus“.
Hierzu noch ein Blick in das vielbeachtete Buch „Bloodlands Europa zwischen Hitler und Stalin“, (2. Auflage, 2011). Darin kann man folgende Szene nachlesen, die der Autor Timothy Snyder aufschrieb: „ An den Tagen darauf konnte man herrenlose Hunde und Schweine mit verbrannten menschlichen Gliedmaßen in der Schnauze herumlaufen sehen“.
Das war das „Unternehmen Cottbus – eines von vielen unaussprechlich grausamem Kriegsverbrechen, die im deutschen Namen geschehen sind.
Man kann angesichts solch brutaler Ereignisse nur hoffen, das Geschichte sich nicht wiederholt und das die Geschichte-Macher, also alle Menschen, sie endlich als erfahrenen Lehrmeister anerkennt. Würde man ein derartiges Lernverhalten im kollektiven Fach Geschichte an den Tag legen, es würde das Risiko, es wieder mit entsprechenden Sitzenbleibern zu tun zu bekommen, nicht zu vergessen, die eventuellen Rückfälle in unselige Nächte der Vergangenheit, zumindest erheblich minimieren.
Autor: René Lindenau