Lassen Sie uns erst einmal Äußerungen wichtiger Vertreter der deutschen Wehrmacht zur Kenntnis nehmen, bevor wir uns konkret mit den systematischen Verbrechen der deutschen Wehrmacht auseinander setzen:
EINDEUTIGE ÄUSSERUNGEN DER WEHRMACHT 1938 – 1941:
Generalfeldmarschall und Oberbefehlshaber des Heeres Walther von Brauchitsch in seinem Erlass des Jahres 1938 über die Erziehung des Offizierskorps:
„Wehrmacht und Nationalsozialismus sind desselben geistigen Stammes. Sie werden weiter Großes für die Nation leisten, wenn sie dem Vorbild und der Lehre des Führers folgen, der in seiner Person den echten Soldaten und Nationalsozialisten verkörpert.“
Generalquartiermeister Eduard Wagner Anfang Oktober 1941:
„Nichtarbeitende Kriegsgefangene in den Gefangenenlagern haben zu verhungern. Arbeitende Kriegsgefangene können im Einzelfalle auch aus Heeresbeständen ernährt werden.“
Befehl des Generaloberst von Manstein vom 20. November 1941:
„Dieser Kampf wird nicht in hergebrachter Form gegen die sowjetische Wehrmacht allein nach europäischen Kriegsregeln geführt. […] Das Judentum bildet den Mittelsmann zwischen dem Feind im Rücken und den noch kämpfenden Resten der Roten Armee und der Roten Führung […] Das jüdisch-bolschewistische System muss ein für alle Mal ausgerottet werden.“
Befehl des Generalfeldmarschalls Walther von Reichenau vom 10. Oktober 1941:
„Der Soldat ist im Ostraum nicht nur ein Kämpfer nach den Regeln der Kriegskunst, sondern auch ein Träger einer unerbittlichen, völkischen Idee und der Rächer für alle Bestialitäten, die deutschem und artverwandtem Volkstum zugefügt wurden. Deshalb muss der Soldat für die Notwendigkeit der harten aber gerechten Sühne am jüdischen Untermenschentum volles Verständnis haben. Sie hat den weiteren Zweck, Erhebungen im Rücken der Wehrmacht, die erfahrungsgemäß stets von Juden angezettelt wurden, im Keime zu ersticken. […] Immer noch werden heimtückische, grausame Partisanen und entartete Weiber zu Kriegsgefangenen gemacht […] und wie anständige Soldaten behandelt und in die Gefangenenlager abgeführt. […] Ein solches Verhalten der Truppe ist nur noch durch völlige Gedankenlosigkeit zu erklären.
Es ist dies im Übrigen nur eine kleine Auswahl von eindeutigen Befehlen hochrangiger Wehrmachtsvertreter, die belegen, dass große Teile der Wehrmacht eindeutig hinter der NS-Ideologie standen.
Wie sehr die oberste Führung der Nationalsozialisten und die oberste Führung der Wehrmacht auf einer Linie in Sachen Verbrechen gegen die Menschheit waren, zeigen unmissverständlich die folgenden drei Erlasse:
KRIEGSGERICHTBARKEITSERLASS VOM 13.05.1941:
1.Abschnitt des Erlasses
Behandlung von Straftaten feindlicher Zivilpersonen:
- Für Straftaten feindlicher Zivilpersonen sind Kriegsgerichte oder Standgerichte bis auf weiteres nicht zuständig.
- Freischärler sind im Kampf oder auf der Flucht „schonungslos zu erledigen“.
- Zivilpersonen, die Wehrmachtsangehörige angreifen, sind sofort „niederzukämpfen“.
- Tatverdächtige können auf Geheiß eines Offiziers erschossen werden.
- Gegen Ortschaften können nach Anordnung eines Bataillonskommandeurs „kollektive Gewaltmaßnahmen“ durchgeführt werden.
- Ausdrücklich verboten wird die Festsetzung und Verwahrung von Verdächtigen, um diese später einem Gericht zuzuführen.
- Erst wenn das besetzte Gebiet „ausreichend befriedet“ ist, können die Oberbefehlshaber die Wehrmachtsgerichtsbarkeit über Zivilpersonen einführen.
2.Abschnitt des Erlasses
Straftaten, die von Wehrmachtsangehörigen gegen Einwohner des besetzten Gebietes verübt werden
- Es besteht kein Verfolgungszwang gegen den Wehrmachtsangehörigen, selbst wenn es sich um ein militärisches Verbrechen handelt.
- Bei der Beurteilung solcher Taten sind Rachegedanken und Leiderfahrungen zu berücksichtigen, die dem deutschen Volk durch „bolschewistischen Einfluss“ zugefügt worden sind.
- Nur schwere Sexualstraftaten, Taten aus verbrecherischer Neigung, sinnlose Vernichtung von Unterkünften und Beutegut sind kriegsgerichtlich zu ahnden, da dieses zur „Aufrechterhaltung der Manneszucht“ diene.
- Bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit feindlicher Zivilpersonen ist „äußerste Vorsicht“ zu beachten.
Dieser völkerrechtswidrige Erlass stammt von Wilhelm Keitel, Chef des Oberkommandos der Wehrmacht. Gesunder Menschenverstand hätte ausgereicht, damit jeder Soldat erkennen konnte, dass dieser Erlass gegen das Völkerrecht verstößt.
KOMMISSARBEFEHL VOM 6. JUNI 1941:
In diesen Richtlinien, die von Alfred Jodl als Chef des Wehrmachtführungsstabes beim Oberkommando der Wehrmacht unterzeichnet wurden und die weitestgehend von Generalstabschef Franz Halder formuliert wurden, heißt es:
„In diesem Kampfe ist Schonung und völkerrechtliche Rücksichtnahme diesen Elementen gegenüber falsch. ….. Politische Kommissare als Organe der feindlichen Truppe sind kenntlich an besonderen Abzeichen – roter Stern mit golden eingewebtem Hammer und Sichel auf den Ärmeln. […] Sie sind aus den Kriegsgefangenen sofort, d. h. noch auf dem Gefechtsfelde, abzusondern. Dies ist notwendig, um ihnen jede Einflussmöglichkeit auf die gefangenen Soldaten abzunehmen. Diese Kommissare werden nicht als Soldaten anerkannt; der für die Kriegsgefangenen völkerrechtlich geltende Schutz findet auf sie keine Anwendung. Sie sind nach durchgeführter Absonderung zu erledigen.“
Es wird in diesem Erlass deutlich, dass jeder Leser dieser „Richtlinien für die Behandlung politischer Kommissare“ wissen musste, dass er bei Anwendung der Richtlinien gegen das Völkerrecht verstößt.
DER KUGEL ERLASS VOM 2. MÄRZ 1944:
Wie wenig sich die Wehrmacht um das internationale Kriegsrecht scherte, lässt sich auch aus dem auf den 4.3.1944 datierten Erlass „Maßnahmen gegen wiederergriffene flüchtige kriegsgefangene Offiziere und nichtarbeitende Unteroffiziere“ [später als Kugel Erlass bekannt] ersehen.
Das OKW hatte in diesem Erlass folgendes angeordnet:
Jeder wiederergriffene Offizier oder „nichtarbeitende Unteroffizier“ mit Ausnahme britischer und amerikanischer Kriegsgefangener sind dem „Chef der Sipo und dem SD“ mit dem Kennwort „Stufe III“ zu übergeben sei. Diese Überstellung darf „unter keinen Umständen offiziell bekannt werden“. An die Wehrmachtauskunftstelle sind diese Kriegsgefangenen als „geflohen und nicht wiederergriffen“ zu melden, bei Anfragen des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz ist dieselbe Auskunft zu gegeben.
Die Überstellten werden nach dem bisher üblichen Verfahren“ in das Konzentrationslager Mauthausen überführt. Beim Transport sind die Gefangenen zu fesseln, dies ist aber vor unbeteiligten Zuschauern zu verbergen. Dem Lagerkommandanten in Mauthausen ist mitzuteilen, dass „die Überstellung im Rahmen der Aktion ‚Kugel’ erfolgt. Im Rahmen der Aktion Kugel sind diese Gefangen zu erschießen.
Dieser Befehl verstieß gegen die „Genfer Konvention über die Behandlung von Kriegsgefangenen“ von 1929, der bei Flucht von Kriegsgefangenen lediglich disziplinarische Strafen vorsah.
Im Rahmen des Kugel Erlasses verloren im Übrigen im Konzentrationslager Mauthausen mehr als 5.000 Menschen ihr Leben.
KRIEGSVERBECHEN DER WEHRMACHT AN KONKRETEN BEISPIELEN:
Vergegenwärtigen wir uns nun, dass es sich bei den Taten der Wehrmacht nicht um einzelnen Aktionen weniger handelte, sondern dass die Wehrmacht systematisch Kriegsverbrechen verübte und sich auch am Holocaust beteiligte. Die nachfolgenden Beispiele mögen dies belegen:
ÜBERFALL AUF POLEN – DIE MASSAKER VON CIEPELOW UND PRUESYSL
Mehr als 3.000 polnische Soldaten wurden abseits der Kampfhandlungen von deutschen Soldaten zu Beginn des II. Weltkriegs im September 1939 ermordet. Allein zwischen dem 1.9.1939 und dem 25.10.1939 wurden mehr als 16.000 Zivilisten hingerichtet, wobei mehr als die Hälfte dieser Morde von der Wehrmacht begangen wurden.
Besonders verabscheuungswürdig sind dabei sicherlich:
- das Massaker von Ciepelow am 8. September 1939
- das Massaker von Pruesysl in der Zeit vom 15.-19. September 1939
Gerade das Beispiel des Polen Überfalls zu Beginn des II. Weltkrieges und die nachgewiesene Beteiligung der Wehrmacht an der Ermordung von Zivilisten belegt eindeutig, dass die Wehrmacht von Anfang an in die NS-Verbrechen eingebunden war. Es stellt sich an dieser Stelle natürlich die Frage, ob man nicht bereits 1939 die entsprechenden Lehren aus diesen Verbrechen der Wehrmacht hätte ziehen müssen und die Nazis mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln hätte bekämpfen müssen.
NIEDERLANDE – DER FALL PUTTEN
Nachdem niederländische Partisanen in der Nacht zum 1.10.1944 nahe der der holländischen Stadt Putten vier deutsche Offiziere in einem Auto beschossen hatten und dabei einer von diesen ums Leben kam, befahl der damalige General Friedrich Christiansen, dass am Folgetag, d.h. am 2.10.1944 661 Puttener Männer ab 16 Jahre bei einer großen Razzia gefangen genommen und zunächst in das Lager Amersfoort und anschließend in die KZ Neuengamme, KZ Bergen-Belsen, KZ Auschwitz-Birkenau und KZ Ladelund verschleppt wurden. Die Frauen, Kinder und alten Menschen der Gemeinde mussten das Dorf verlassen, ihre Häuser wurden niedergebrannt. Dabei wurden über 100 Gebäude und Wohnungen zerstört. In den sieben Monaten bis Kriegsende kamen die meisten der gefangenen und deportierten Männer in deutschen Konzentrationslagern um, alleine 111 im KZ Ladelund. Nur 49 der Deportierten überlebten. In keinster Weise war diese Vorgehensweise der Wehrmacht, die leider systematisch war, mit dem internationalen Kriegsrecht vereinbar.
DER KEITEL BEFEHL VOM 16.09.1941
Die Perversität der Wehrmachtsführung mag man an dem nachfolgenden Befehl erkennen:
Der Keitel-Befehl vom 16. September 1941 besagte, dass für jeden ermordeten Deutschen bis zu 100 Geiseln und für jeden Verwundeten 50 Geiseln zur Sühne erschossen werden sollten. Basierend darauf hatte der Wehrmachtbefehlshaber Südost am 19. März 1942 Weisung an seine Truppenkommandeure „betreffend Bekämpfung von Aufständischen“ erlassen. Die von Jodl unterzeichnete „Kampfanweisung für die Bandenbekämpfung im Osten“ vom 11. November 1942 fasste alle vorherigen Einzelverfügungen zusammen und forderte unerbittliche Härte auch gegen Frauen und Kinder ein.
Dieser Befehl wurde im Rahmen des Überfalls von Nazi-Deutschland auf die Sowjetunion von Beginn an vollumfänglich umgesetzt. Diese Morde, zusammen mit dem Verhungernlassen der Kriegsgefangenen führten auch dazu, dass mehrere Millionen von Kriegsgefangenen von der deutschen Wehrmacht in juristischem Sinne ermordet wurden. Es mag an dieser Stelle sehr überraschen, wie schnell man all dies nach Kriegsende vergas.
ITALIEN – DAS MASSAKER VON KEFALONIA:
Das Massaker von Kefalonia war ein Kriegsverbrechen der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg zu Lasten des ehemaligen Verbündeten Italien. Deutsche Truppen erschossen 5.200 Soldaten der italienischen Division „Acqui“, die sich am 21. und 22. September 1943 Teilen der deutschen 1. Gebirgs-Division auf der griechischen Insel Kefalonia ergeben hatten.
Erst im Jahr 2013, d.h. nach mehr als 70 Jahren, wurde ein deutscher Wehrmachtssoldat in Italien zu lebenslanger Haft wegen der Beteiligung an der Ermordung von 117 italienischen Offizieren in Abwesenheit verurteilt. Interessant ist dabei zweifelsfrei, wie unterschiedlich die Taten von deutscher und italienischer Justiz bewertet wurden. 2006 wurde das Massaker von Kefalonia von dem Landgericht München untersucht. Diese sahen in dem Massaker von Kefalonia -im Gegensatz zur italienischen Justiz- keinen Mord sondern nur mittlerweile verjährten Totschlag. In diesem Zusammenhang darf nicht vergessen werden, dass sich Italien am 8. September 1942 den Alliierten ergab und ab dem 9. September 1943 auf der Seite der Alliierten gegen Nazi-Deutschland kämpfte. Nachstehend nun die Begründung der Oberstaatsanwaltschaft München aus dem Jahr 2006, warum kein Mord vorlegen würde: „Aus Verbündeten wurden sie zu heftig kämpfenden Gegnern und damit im Sprachgebrauch des Militärs zu ‚Verrätern‘. Damit liegt der Fall nicht wesentlich anders, als wenn Teile der deutschen Truppe desertiert und sich dem Feind angeschlossen hätten. Eine daran anschließende Hinrichtung wäre wohl ebenfalls nicht als Tötung aus niedrigen Beweggründen im Sinne von § 211 StGB anzusehen.“
Es war dies im Übrigen nicht das einzige Verbrechen, dass die deutsche Wehrmacht an dem ehemaligen Verbündeten Italien verübte. Aber auch in vielen anderen Fällen war man nicht sehr an einer nachhaltigen Aufarbeitung dieser Kriegsverbrechen interessiert und noch heute gibt es viele böswillige Witze über die mangelnde Loyalität und Kampfbereitschaft der Italiener im II. Weltkrieg.
BETEILIGUNG DER WEHRMACHT AM HOLOCAUST:
DIE 707. INFANTERIE DIVISION:
Die 707. Infanterie Division wurde am 2.5.1941 aus Ersatzeinheiten des Wehrkreises VII aufgestellt. Die Division bestand bis zur sowjetischen Sommeroffensive 1944 fort und wurde am 3.8.1944 offiziell aufgelöst. Die Division wurde nach dem Beginn des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion im August 1941 von der im Reich befindlichen Bereitstellung in die hinteren Bereiche der Ostfront zur „Sicherung und Befriedung“ in Marsch gesetzt. Ihre Hauptaufgaben waren Sicherungen hinter der Front und die Partisanenbekämpfung.
Kommandeur der 707. Infanterie-Division in den Jahren 1941–1943 war Generalmajor Gustav Freiherr von Bechtolsheim. Er war bekannt als ausgewiesener Antisemit und regimetreuer Nationalsozialist im Sinne der NS-Propaganda. Unter diesem Befehlshaber kam es nachweislich unter den Juden und der weißrussischen Zivilbevölkerung zu Tötungen und Massenmorden, deren geschätzte Gesamtzahl in die Zehntausende geht.
In ihrem Besatzungsgebiet kam es zu einer „Arbeitsteilung“ mit der SS; die SS machte die größeren Städte „judenfrei“, die Einheiten der Division kümmerte sich um Juden, „Zigeuner“ und „sonstiges Gesindel“ auf dem flachen Land. Das der Division unterstellte Reserve-Polizei-Bataillon 11 (mit litauischer Schutzmannschaft) ermordete 5.900 Juden im Raum Sluzk-Kleck.
Allein für den Oktober 1941 meldete die Division in ihrem Monatsbericht, innerhalb von vier Wochen 10.940 „Gefangene“ gemacht und davon 10.431 erschossen zu haben. Ihre eigenen Verluste beliefen sich auf 2 Tote und 5 Verwundete.
Man mag allein aus diesen Zahlen hochrechnen, wie viele Menschen hier getötet wurden. Es geht hier um einen nachweislichen Massenmord der Wehrmacht im Rahmen des Holocausts.
Interessant ist, was aus Generalmajor Gustav Freiherr von Bechtolsheim nach Kriegsende wurde. Hierzu wird aus Hannes Heer: Gustav Freiherr von Mauchenheim, genannt Bechtolsheim – ein Wehrmachtsgeneral als Organisator des Holocaust. In: Klaus-Michael Mallmann, Gerhard Paul (Hrsg.): Karrieren der Gewalt. Nationalsozialistische Täterbiographien. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2004, S. 33 wie folgt zitiert:
„Nach Kriegsende wurde 1961 aufgrund der Aussage eines ehemaligen Polizeikommandeurs, der Bechtolsheim beschuldigte Judenmorde befohlen zu haben, gegen Bechtolsheim ermittelt. Bechtolsheim stritt die Anschuldigungen mit dem Argument ab, seine Division hätte weder an Judenmorden teilgenommen noch diese an Polizeieinheiten delegiert. Der Untersuchungsrichter sowie die Staatsanwaltschaft meinten, dass nach allgemeiner Erfahrung die Wehrmacht nicht an Judenaktionen beteiligt gewesen wäre und so wurde das Ermittlungsverfahren gegen Bechtolsheim im März 1962 eingestellt.“
Eigentlich kann man so etwas nicht glauben.
STRAFVERFOLGUNG DER WEHRMACHTSBRECHEN NACH ENDE DES II. WELTKRIEGES:
Zu Beginn der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit durch die Alliierten im Nürnberger Prozess widmeten sich diese auch der Verbrechen der Wehrmacht. Die deutschen Justizorgane, die man ob der Vielzahl der Verbrechen der Wehrmacht besser an der Aufarbeitung und Strafverfolgung mit berücksichtigt hätte, wurden jedoch von den Alliierten außen vor gelassen.
Die Alliierten bestimmten im Kontrollratsgesetz Nr. 4 des Jahres 1945, dass deutsche Justizorgane nur solche Straftaten von Wehrmachtangehörigen verfolgen dürften, die gegen deutsche Soldaten oder Zivilisten begangen worden waren. Auch das Kontrollratsgesetz Nr. 10 von 1945 beschränkte die deutsche Justiz auch in ihrer Zuständigkeit bei der Verfolgung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Gleichwohl konnten die Alliierten aber deutsche Gerichte ermächtigen, wenn die Straftaten an Deutschen oder Staatenlosen verübt worden waren. Erst durch das Kontrollratsgesetz Nr. 13 aus dem Jahr 1950 war die deutsche Gerichtsbarkeit bei Kriegsverbrechen im Allgemeinen wieder hergestellt. In der Zwischenzeit hatte sich aber aufgrund einer viel zu geringen Aufarbeitung der Verbrechen der Wehrmacht durch die alliierte Gerichtsbarkeit in der Öffentlichkeit -auch aufgrund des medialen Umgangs- ein Bild des anständigen deutschen Soldaten sowie das Bild der sauberen Wehrmacht etabliert. Für den Biedermeier galt und gilt eben: „Es kann nicht sein, was nicht sein darf.“
TEILWEISER SICHTWECHSEL DURCH DIE WEHRMACHTSAUSSTELLUNGEN:
Erst durch die beiden Wehrmachtsausstellungen des Hamburger Instituts für Sozialforschung, die von 1995 – 1999 sowie von 2001 bis 2004 zu sehen waren änderte sich ein wenig das Bild der Öffentlichkeit über die angeblich so saubere Wehrmacht.
Es war im Übrigen mehr als traurig, dass das Bundesverteidigungsministerium den Angehörigen der Bundeswehr den Besuch in der ersten Ausstellung 1995-1999 nur als Privatperson erlaubte. Auch Bayerns damaliger Kulturminister Hans Zehetmayer empfahl die Ausstellung nicht zu besuchen und Florian Sturmfall schrieb unter dem Titel „Wie Deutsche diffamiert werden“ in einem am 22.02.1997 gedruckten Artikel im Bayernkurier: „Die Ausstellung verallgemeinert tatsächliche Verbrechen durch Einheiten und Soldaten der Wehrmacht zum Pauschalvorwurf gegen alle ehemaligen Soldaten. […] Es geht also den Veranstaltern darum, Millionen von Deutschen die Ehre abzusprechen.“
EINE SONSTIGE UNGLAUBLICHKEIT IN SACHEN WEHRMACHT:
Wie die Einstellung vieler Wehrmachtsoffiziere in den Nachkriegsjahren wirklich war, lässt sich aus einem Bericht der Wochenzeitung DIE ZEIT vom 11.05.2014 ersehen, wobei sich DIE ZEIT auf nunmehr zugängliche BND Akten bezieht:
Hiernach planten 2.000 Wehrmachtsoffiziere nach einem BND-Bericht, ab 1949 eine 40.000 Mann starke Truppe aufzubauen. Dabei habe die Aktion erst einmal hinter dem Rücken der Bundesregierung stattgefunden, wobei der Hauptorganisator der späterer Bundeswehr-Heeresinspekteur Albert Schnez gewesen sein soll.
Es wären laut den Berichten von DER SPIEGEL und DIE ZEIT Spenden bei Unternehmen eingeworben worden, man habe mit Speditionen besprochen, welche Transportmittel diese zur Verfügung stellen könnten und es war auch bereits klar, dass die Waffen im Ernstfall aus den Beständen der Bereitschaftspolizei kommen sollten. Wie die SÜDDEUTSCHE ZEITING im Jahr 2014 berichte, habe diese Geheimorganisation sogar einen eigenen Abwehrapparat betrieben und linksorientierte Politiker wie den späteren SPD Fraktionsvorsitzenden Fritz Erler bespitzelt. Laut des vorstehenden Artikels in der ZEIT (www.zeit.de/politik/deutschland/2014-05/bnd-akten-geheimarme) sind viele Angehörige dieser Geheimtruppe dann 1955 zur gegründeten Bundeswehr gewechselt, darunter:
- Hand Peiler, ab 1957 NATO Oberbefehlshaber
- Albert Schnez, späterer Heeresinspekteur der Bundeswehr
- Adolf Heusinger, erster Generalinspekteur der Bundeswehr
Soviel zur Rechtschaffenheit der ehemaligen Wehrmachtsoffiziere.
Autor: Stefan Loubichi, Wirtschaftswissenschaftler des Jahrganges 1966, der sich seit vielen Jahren auf wissenschaftlicher Basis mit dem Thema beschäftigt und durch sein Engagement verhindern möchte, dass durch Vergessen jemals wieder vergleichbare Gräueltaten wie die der Nazis im III. Reich entstehen könnten – Zukunft braucht Erinnerung.
Literatur
Felix Römer: Der Kommissarbefehl. Wehrmacht und NS-Verbrechen an der Ostfront 1941/42. Ferdinand Schöningh, Paderborn u. a. 2008, ISBN 978-3-506-76595-6
Christian Streit: Die Behandlung der sowjetischen Kriegsgefangenen, in: Gerd Überschär, Wolfram Wette: Unternehmen Barbarossa, 1991, ISBN 3-596-24437-4
Christian Streit: Keine Kameraden. Die Wehrmacht und die sowjetischen Kriegsgefangenen 1941–1945, 1991, ISBN 3-8012-5016-4.
Christian Kretschmer: ‚Gelungene Flucht – Stufe III‘ – Hintergründe, Entstehung und Opfer der ‚Aktion Kugel‘. In: Christoph Dieckmann, Babette Quinkert (Hrsg.): Kriegführung und Hunger 1939–1945. Zum Verhältnis von militärischen, wirtschaftlichen und politischen Interessen. (Beiträge zur Geschichte des Nationalsozialismus 30) Göttingen 2015, ISBN 978-3-8353-1492-4.
Hans-Erich Volkmann: Zur Verantwortlichkeit der Wehrmacht In: Die Wehrmacht. Mythos und Realität, Hrsg. Rolf-Dieter Müller, Hans-Erich Volkmann, München 1999, ISBN 3-486-56383-1
Madelon de Keizer: Razzia in Putten. Verbrechen der Wehrmacht in einem niederländischen Dorf. Aus dem Niederländischen übersetzt und bearbeitet von Stefan Häring. Dittrich Verlag, Köln 2001, ISBN 3-920862-35-X
Gerhard Schreiber: Die italienischen Militärinternierten im deutschen Machtbereich 1943–1945. (Militärgeschichtliches Forschungsamt Freiburg i. B.), Oldenbourg-Verlag, München Wien 1990, ISBN 3-486-55391-7
Peter Lieb: Täter aus Überzeugung. Das Tagebuch eines Regimentskommandeurs: Ein neuer Zugang zu einer berüchtigten Wehrmachtsdivision. Oberst Carl von Andrian und die Judenmorde der 707. Infranteriedivision 1941/42. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 50 (2002), Heft 4, S. 523-557, hier S. 523 f.; Christian Gerlach: Kalkulierte Morde. Die deutsche Wirtschafts- und Vernichtungspolitik in Weißrussland 1941 bis 1944, Hamburger Edition, Hamburg 1999, ISBN 3-930908-54-9
Hannes Heer: „Killing Fields. Die Wehrmacht und der Holocaust.“ In: Ders., Klaus Naumann (Hrsg.): Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944. Hamburger Edition, Hamburg 1995, ISBN 3-930908-04-2.
Marlen von Xylander: Die deutsche Besatzungsherrschaft auf Kreta 1941–1945. Einzelschriften zur Militärgeschichte, Bd. 32, Freiburg 1989, ISBN 3-7930-0192-X
Walther Hubatsch (Hrsg.): Hitlers Weisungen für die Kriegführung 1939–1945. Dokumente des Oberkommandos der Wehrmacht. 2. Auflage. Bernard & Graefe Verlag, Koblenz 1983, ISBN 3-7637-5247-1.
Hamburger Institut für Sozialforschung (Hrsg.): Verbrechen der Wehrmacht. Dimensionen des Vernichtungskrieges 1941–1944. 2., erweiterte Auflage 2002. Hamburger Edition, ISBN 3-930908-74-3.
Rolf-Dieter Müller, Hans-Erich Volkmann (Hrsg. im Auftrag des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes): Die Wehrmacht. Mythos und Realität. Oldenbourg, München 1999, ISBN 3-486-56383-1.
Walter Manoschek: Die Wehrmacht im Rassenkrieg. Der Vernichtungskrieg hinter der Front. Picus Verlag, Wien 1996, ISBN 3-85452-295-9.
Karl Glaubauf, Stefanie Lahousen: Generalmajor Erwin Lahousen, Edler von Vivremont. Ein Linzer Abwehroffizier im militärischen Widerstand.LIT Verlag, Berlin, Hamburg, Münster, 2005, ISBN 9783825872595
Hamburger Institut für Sozialforschung (Hrsg.): Verbrechen der Wehrmacht. Dimensionen des Vernichtungskrieges 1941–1944. Ausstellungskatalog, Gesamtredaktion: Ulrike Jureit, Redaktion: Christoph Bitterberg, Jutta Mühlenberg, Birgit Otte. Hamburger Edition, Hamburg 2002 ISBN 3-930908-74-3
WEBLINKS:
- http://www.ns-archiv.de/krieg/untermenschen/reichenau-befehl.php
- http://www.1000dokumente.de/index.html?c=dokument_de&dokument=0093_kgs&l=de
- http://www.icrc.org/ihl.nsf/FULL/305?OpenDocument
- http://de.mauthausen-memorial.at/?aufl=1&cbereich=5&cthema=193&carticle=49&fromlist=
- http://www.sueddeutsche.de/politik/massaker-an-offizieren-ex-wehrmachtssoldat-wegen-kriegsverbrechen-verurteilt-1.1798168
- http://library.fes.de/pdf-files/historiker/03431.pdf
- http://www.verbrechen-der-wehrmacht.de/
- http://www.zeit.de/politik/deutschland/2014-05/bnd-akten-geheimarme