Die „Stille Hilfe für Kriegsgefangene und Internierte“ wurde 1951 von Helene Elisabeth Prinzessin von Isenburg gegründet. Es handelt sich um eine Organisation, die vor allem in der Unterstützung von NS-Mördern engagierte, leider erst jedoch sehr spät der Öffentlichkeit und nur rudimentär bekannt wurde. Das Erschreckende an der Hilfsorganisation war jedoch neben ihrer nicht nachzuvollziehenden Intention auch der Umstand, welche Personen sich in oder für diese Organisation engagierten. Zumindest bis 2011 war die Organisation immer noch sehr aktiv. Wie aktiv diese Organisation bis in unsere Gegenwart war/ist, zeigte sich unter anderem im Fall Anton Malloth.
DER FALL ANTON MALLOTH – DIE STILLE HILFE WIRD DER ÖFFENTLICHKEIT BEKANNT
Anton Malloth (geboren 1912) war von 1940 bis 1945 Aufseher im GeStaPo – Gefängnis Theresienstadt. Im September 1948 wurde er von einem tschechoslowakischen Gericht in Litoměřice zu Tode verurteilt, nachdem durch Zeugenaussagen bewiesen wurde, dass er nahezu 100 Menschen zu Tode geprügelt hat. Von 1948 bis 1988 lebte er in Meran / Italien, wobei ihm interessanter Weise vom deutschen Konsulat in Mailand trotz mehrere Auslieferungsgesuche deutscher und österreichischer Behörden der deutsche Pass verlängert wurde. 1988 besorgte ihm dann Gudrun Burwitz, eine Tochter Heinrich Himmlers im Auftrag der oben genannten Organisation „Stille Hilfe“ ein Zimmer in einem Pullacher Seniorenheim gehobenen Niveaus. Erst am 15. Dezember 2000 wurde Malloth [dann im Alter von 88 Jahren und 52 Jahre nach dem Urteil des tschechoslowakischen Gerichtes in Litoměřice] von der Staatsanwaltschaft München angeklagt und am 30. Mai 2001 vom Landgericht München I wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt.
Allein schon an diesem Fall kann ersehen werden, um welche Art von Organisation es sich bei der „Stillen Hilfe“ handelt. Kehren wir aber nun zu den Anfängen der Stillen Hilfe zurück:
DIE GRÜNDERIN UND DER „ERFOLG“ DES JAHRES 1951 :
Die Organisation wurde 1951 von Helene Elisabeth Prinzessin von Isenberg (6.4.1900 – 24.1.1974) gegründet. Vergegenwärtigen wir uns erst einmal, um welche Person es sich hier handelt:
Prinzessin von Isenburg wuchs in einer stark katholisch sozialisierten Familie auf. Am 30.04. 1930 heiratete sie Wilhelm Prinz von Isenburg und Büdingen (1903–1956), welcher 1937 Professor für Sippen- und Familienforschung wurde und die Rassenideologie des Nationalsozialismus vertrat (Interessanter Weise wurde er 1946 seines Amtes enthoben, aber im Folgejahr wieder in sein Amt wieder eingesetzt). Prinzessin von Isenburg selbst wurde von der NSDAP als „politisch zuverlässig“ eingestuft.
Bekannt wurde sie als „Mutter der Landsberger“. Was hatte es aber mit dem Begriff „Landsberger“ auf sich? 1947 richtete die US-Militärverwaltung in Landsberg das Kriegsverbrechergefängnis Landsberg ein. Die Stadt Landsberg wurde unter anderem deshalb ausgewählt, weil 1923 Adolf Hitler dort knapp 9 Monate Festungshaft verbüßte und auch die Nazi-Größen Rudolf Heß, Julius Streicher sowie Gregor Strasser dort inhaftiert waren. Fast alle in den Nürnberger Nachfolgeprozessen angeklagten und verurteilten Beschuldigten saßen im Kriegsverbrechergefängnis Landsberg ein, wobei dort bis 1951 288 Todesurteile vollstreckt wurden.
Mit Schriftsatz vom 4. November 1950 wandte sich Prinzessin von Isenburg wie folgt an Papst Pius XII: „Ich kenne jeden, um den es geht. Niemand kann mehr von Schuld und Verbrechen reden, der in ihre Seelen geschaut hat… Es bittet Dich, heiliger Vater, ganz im Vertrauen, die Mutter der Landsberger.“ Am 10. November 1950 versprach der ohnehin sehr umstrittene Papst Pius XII. Prinzessin von Isenburg, „dass von Rom aus alles getan wird, um den Landsbergern das Leben zu retten.“
Prinzessin von Isenburg war dann wohl Mitinitiatorin der Aktion „Weihnachten in Landsberg“ des Jahres 1950, mit der versucht wurde, Druck auf den amerikanischen Hohen Kommissar John McCloy mittels Protestbriefen auszuüben.
Fakt ist, dass John McCloy am 31.01.1951 seine endgültige Entscheidung über die Gnadengesuche von 89 deutschen Kriegsverbrechern bekannt gab, die in Landsberg verweilten. Fünf der insgesamt fünfzehn Todesurteile wurden bestätigt, von denen die meisten gegen Mitglieder der Einsatzgruppen wegen Tötung tausender Juden in Osteuropa verhängt worden waren. Auch fünf weiteren Wehrmachtsoffizieren, die der Erschießung von Geiseln und Kriegsgefangenen in der damaligen Sowjetunion und auf dem Balkan angeklagt worden waren, wurden nicht begnadigt. In weiteren 79 Fällen änderte John McCloy seine Meinung. Aufgrund der Anrechnung von Untersuchungshaft und guter Führung führten die Urteilsminderungen zur sofortigen Entlassung von über 30 Gefangenen, darunter auch die sofortige Freilassung des Industriellen Alfred Krupp, dem sogar das enorme Industrievermögen zurückgegeben wurde.
In gewisser Form muss jedoch als Entlastung für Prinzessin von Isenburg geltend gemacht werden, dass es auch viele andere gab, welche sich zu dieser Zeit für die Landsberger einsetzten:
PROMINENTE KIRCHLICHE UNTERSÜTZER FÜR DIE „LANDSBERGER“
Prominente Unterstützer der katholischen Kirche:
Kardinal Jochen Frings [1887 – 1978]
von 1942 bis 1969 Erzbischof von Köln sowie von 1945 bis 1965 Vorsitzender der Bischofskonferenz
Kardinal Frings, welcher ein Freund von Bundeskanzler Adenauer war und darüber hinaus auch Vorsitzender der einflussreichen Fuldaer Bischofkonferenz war, setzte sich vehement für eine Umwandlung der Todesstrafen in Haftstrafen ein, weil viele Taten der Angeklagten „nicht aus einer kriminellen Disposition heraus geschehen seien“. Gegenüber General Handy machte Kardinal Frings für eine Überprüfung der Urteile „die durch die Kriegsverhältnisse, unter welchen die Taten stattgefunden hat, bedingte Schwierigkeit der Urteilsfindung“ geltend.
Weihbischof Johannes Neuhäusler [1888 – 1973]
ab 1947 Weihbischof im Erzbistum München und Freising
Der Münchner Weihbischof Johannes Neuhäusler erklärte in diversen Briefen an amerikanische Kongressabgeordnete, dass sich das Gericht Berufszeugen bedient habe, die gegen die Angeklagten (von Landsberg) ausgesagt hätten, um dafür als Gegenleistung von den Amerikanern gut behandelt zu werden. Auch verwies Neuhäusler darauf, dass man bei der Erlangung von Geständnissen Zwang angewandt habe und dass es nicht rechtsstaatlich sei, dass den Kriegsverbrechern nicht die Möglichkeit von Rechtsinstanzen durch Berufungsgerichte ermöglicht wurde. Am 20.01.1951 teilte Neuhäusler im Übrigen McCloy folgendes mit: „Da die Bundesrepublik Deutschland dazu aufgerufen ist, sich zusammen mit den anderen westlichen Mächten zu einem starken Verteidigungsblock gegen den Bolschewismus im Osten zu formieren, sollten die Vereinigten Staaten Gnade gegenüber den Landesberger Häftlingen walten lassen und alle verbliebenen Todesurteile in Haftstrafen umzuwandeln.“ Es stellt sich die Frage, ob solche Worte wirklich von einem Geistlichen kommen.
Prominente Unterstützer der evangelischen Kirche:
Landesbischof Hans Meiser [1881 – 1956]
von 1933 (durchgängig) bis 1955 erster Landesbischof der evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern,
negativ bekannt geworden durch folgenden 1926 (!) erschienen Schriftsatz, aus dem wie folgt zitiert wird: „Die kulturellen und wissenschaftlichen Leistungen, die wir den Juden zu verdanken haben, sollen voll anerkannt werden … Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass der jüdische Geist für uns etwas Wesensfremdes hat und dass sein Umsichgreifen zum allergrößten Schaden für unser Volk wäre. Es ist oft betont worden, dass der jüdische Verstand etwas Zerfressendes, Ätzendes, Auflösendes an sich hat. Er ist kritisch zersetzend, nicht kontemplativ, konstruierend, produktiv. Das ist von jüdischer Seite selbst anerkannt, wenn der Jude Abraham Geiger im Hinblick auf Börne und Heine schreibt: ‚Es ist jüdischer Geist, der in ihnen lebendig ist, der sprudelnde, zersetzende, witzige, weniger positiv aufbauende, aber Ferment hineinbringende in den stockphiliströsen, zähen, trockenen, deutschen Geist‘.“
Landesbischof Theophil Wurm [1868 – 1953]
von 1926 bis 1948 Landesbischof der evangelischen Kirche in Württemberg, von 1945 – 1949 (erster) Ratsvorsitzender der EKD,
negativ bekannt geworden dadurch, dass er im März 1938 die Gemeinden in Württemberg anwies, mit einem einstündigen Glockenläuten den Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich als „göttliche Fügung zu begrüßen“ sowie negativ bekannt als Mitglied im Gründungsvorstand der oben genannten Stillen Hilfe.
In einer durch Wurm und Meiser geprägten Denkschrift der EKD von 1949 wurde sich gegen „das Handicap der Verteidigung gegenüber der Anklagebehörde, die Beeinflussung von Zeugen, die Anwendung eines neuen Rechts, das nicht allgemein verbindlich ist, die willkürliche Auswahl der Angeklagten, die Aburteilung von Soldaten durch ein Gericht, das in Wahrheit kein Militärgericht ist“ gewandt und man erbat die Nachprüfung der Urteile durch eine Berufungsinstanz. Die Denkschrift schloss mit den Worten, „dass höchster Ausdruck der Gerechtigkeit nicht Urteil und Vollstreckung der Strafe sein muss.“ Als Diener Christi bat man (, d.h. die EKD) darum, in geeigneten Fällen Gnade walten zu lassen.
Sehr bedenklich stimmen auch die Äußerungen des ersten EKD Ratsvorsitzenden Wurm nach McCloys Urteilsumwandlungen für die Landesberger: „Die Nachrichten über die Kriegsführung in Korea lassen vielfach die Frage auftauchen, ob nicht die ersten Urteile gegen die Generale auf unzulänglicher Kenntnis der heutigen Partisanenkriegsführung beruht haben und ob deshalb nicht eine stärkere Reduktion der Strafen hätte eintreten sollen.“
(WEITERE) VORSTANDSMITGLIEDER DER ERSTEN HILFE ZU GRÜNDUNGSZEITEN:
Schauen wir uns nun einmal an, mit welchen Personen Prinzessin von Isenberg und der erste EKD Ratsvorsitzende Wurm im Vorstand der ersten Hilfe saßen:
Heinrich Malz
SS-Obersturmbannführer und persönlicher Referent im RSHA von Ernst Kaltenbrunner
Malz trat 1930 der NSDAP und auch der SS bei. Im Mai 1940 übernahm er die Leitung des Referats III A 2 (Rechtsleben) des Reichssicherheitshauptamtes. Am 30. Januar 1941 wurde er zum SS-Sturmbannführer befördert und avancierte 1944 als SS-Obersturmbannführer schließlich zum persönlichen Referenten des RSHA-Chefs Kaltenbrunner. Bei Ernst Kaltenbrunner handelt es sich um den Chef der Sicherheitspolizei, des Sicherheitsdienstes SD und des GeStaPo-Amtes sowie für die Einsatzgruppen verantwortlich, die im Rücken der Ostfront bis Kriegsende rund 1.000.000 Menschen ermordeten. Zwar wurde Malz nach Kriegsende interniert, jedoch 1948 wieder entlassen. Der persönliche Referent einer der Hauptangeklagten im Nürnberger Prozess soll nichts von den Taten seines Vorgesetzten gewusst haben. Wie wahrscheinlich dies ist, mag der Leser selbst beurteilen.
Wilhelm Spengler
SS-Standartenführer und Abteilungsleiter im Reichssicherheitshauptamt (RSHA)
Noch vor der Machtergreifung der Nazis publizierte der promovierte Germanist Spengler in der Zeitschrift „Volk im Werden“, herausgegeben von Ernst Krieck, dem führenden Interpret der nationalsozialistischen Pädagogik. Spengler war jedoch nicht nur als Germanist am Schreibtisch tätig, sondern gemäß Heydrichs Losung von der „kämpfenden Verwaltung“ im März 1942 auch bei der Partisanenbekämpfung im Nordabschnitt der Ostfront eingesetzt worden. Im Mai 1942 war er drei Wochen bei der „Einsatzgruppe D“ auf der Krim. Von 1945 bis 1947 war Spengler in Internierungshaft, danach lebte er in München.
Wenn es den vorstehend genannten Vertretern der Kirche sowie der sich auf ihre christlichen Wurzeln berufenden Prinzessin von Isenberg nur um ihren caritativen Auftrag ging, so stellt sich die Frage, warum NS-Funktionäre wie Malz und Spengler in den Gründungsvorstand berufen wurden. Eine hinreichende Erklärung kann hier nicht ersehen werden.
WEN DIE STILLE HILFE SONST NOCH UNTERSTÜTZTE:
Vergegenwärtigen wir uns an dieser Stelle aber auch, welche Personen die Stille Hilfe sonst noch unterstützte und man wird an den nachstehenden vier Beispielen kaum glauben können, für wen sich eingesetzt wurde:
Hildegard Lächert (1920 – 1995)
Lächert war Aufseherin in den Konzentrationslagern Ravensbrück, Majdanek und Auschwitz und wurde wegen ihrer Brutalität auch „Blutige Brigitte“ genannt. Im Krakauer Auschwitz Prozess wurde sie am 22. Dezember 1947 zwar zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt, gleichwohl aber 1956 vorzeitig entlassen. Erst viel später erkannte man oder wollte man erkennen, wofür Hildegard Lächert wirklich verantwortlich war. In dem am 26. November 1975 vor dem Landgericht Düsseldorf begonnenen Majdankek-Prozess wurde sie wegen Mordbeihilfe in 1.196 Fällen (!!!) angeklagt und am 30. Juni 1981 wegen gemeinschaftlicher Beihilfe zum Mord an mindestens hundert Menschen zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Ihre Strafe mussten sie jedoch nicht absitzen, da die Haft in Polen angerechnet wurde.
Klaus Barbie (1913 – 1991)
SS Hauptsturmführer, der vor allem in Frankreich, rudimentär aber auch in den Niederlanden unsägliche Verbrechen begann. Barbie folterte Geistliche in Frankreich mit Elektroschocks, hängte sie an den Füßen auf und vergriff sich sogar an Kindern, indem er diese hungern ließ und diese auch noch prügelte. Ebenso mussten sich Frauen zuerst völlig entkleiden, wurden hiernach bis zur Bewusstlosigkeit geprügelt, vergewaltigt sowie missbraucht. Viele Mitglieder der Résistance wurden von Barbie gefoltert und ermordet. Als Folterinstrumente benutzte er unter anderem Schneidbrenner, glühenden Schürhaken, kochendes Wasser sowie diverse Peitschen, Werkzeugen und Knüppel. Von 1945 bis 1955 genoss Barbie den Schutz britischer sowie US-amerikanischer Geheimdienste. 1951 emigrierte er auf der sogenannten Rattenlinie unter dem Namen Klaus Altmann nach Bolivien und betätigte sich dort als Geschäftsmann. In Bolivien agierte er später als Berater und Ausbilder der Sicherheitskräfte unter dem Diktator Hugo Banzer Suarez. Im November 1952 wurde Kriegsverbrecher Barbie in Lyon wegen Gräueltaten gegen die Zivilbevölkerung und die Widerstandsbewegung im Jura in Abwesenheit der Prozess gemacht, und er wurde ein zweites Mal in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Nach einem weiteren Prozess in Abwesenheit im November 1954 wurde Barbie wegen des Massakers von Saint-Genis-Laval und zahlreicher Erschießungen im Gefängnis Montluc in Lyon erneut zum Tode verurteilt. Genau so wenig wie man verstehen kann, dass man sich für einen Menschen wie Klaus Barbie einsetzen kann, kann man nicht verstehen, dass Barbie 1966 für den Bundesnachrichtendienst als Informant unter dem Decknamen Adler angeworben wurde und mindestens ein Jahr für den BND tätig war. Im Alter von 70 Jahren wurde er am 4. Februar 1983 von Bolivien nach Frankreich ausgeliefert und dort vor Gericht gestellt. Am 4. Juli 1987 wurde Barbie dann der Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig gesprochen und zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Barbie verstarb am 1991 im Alter von 77 Jahren in Haft.
Erich Priebke (1913-2013):
Priebke war SS-Hauptsturmführer und negativ bekannt durch seine führende Rolle bei den Geißelerschießungen in den Ardeatinischen Höhlen. Als Reaktion auf ein Attentat der italienischen Resistenza am 23.03.1944, bei der 33 deutsche Soldaten ums Leben kamen, beschloss die deutsche Armeeführung in Rom, für jeden getöteten Deutschen 10 italienische Geiseln zu erschießen. Daraufhin überstellte die italienische Kommandantur 335 italienische Zivilisten, die von deutschen Erschießungskommandos unter maßgeblicher Leitung Priebkes erschossen wurden, wobei Priebke ebenfalls persönlich Zivilisten erschoss. Nach Kriegsende verblieb Priebke 20 Monate in englischer Kriegsgefangenschaft in Italien, bis ihm die Flucht gelang. Auf Ersuchen des österreichischen Bischofs Alois Hudal versteckten ihn die Franziskaner hiernach in ihrem Kloster in Bozen.
Die katholische Kirche beschaffte Priebke einen Reisepass des Internationalen Roten Kreuzes und mit Hilfe der katholischen Kirche konnte auvh Priebke im Rahmen der „Rattenlinie“ von Genua nach Italien entkommen. Über die Rattenlinie und den Bischof Hudal (der von den Päpsten Pius XII. und Paul VI. mit weitreichenden Kompetenzen ausgestattet wurde), sind 180 (!!!) bekannte NS-Verbrecher nach Argentinien gelangt, unter anderem:
- Klaus Barbie
- Gerhard Bohne
- Adolf Eichmann
- Berthold Heilig
- Josef Mengele
- Ante Pavelić
- Erich Priebke
- Walter Rauff
- Eduard Roschmann
- Josef Schwammberger
- Franz Stangl
- Friedrich Schwend
- Gustav Wagner
- Friedrich Warzok
- Johann von Leers
Welche Rolle die Stille Hilfe im Rahmen der „Rattenlinie“ wirklich hatte, kann bis heute nicht abschließend geklärt werden, da bei den NS Verbrechern oftmals das Gelübde des Schweigens sehr groß war.
Martin Sommer (1915-1988)
Sommer, war als Mitglied der SS (Hauptscharführer) Aufseher in den Konzentrationslagern von Sachsenburg sowie Buchenwald und ging als „Henker von Buchenwald“ in die Geschichte ein.
Sein hauptsächlicher Verantwortungsbereich in Buchenwald war dabei das Arrestgebäude, in der er Insassen besonders qualvoll tötete und/oder folterte. Dabei ließ er die KZ-Insassen verhungern, erhängte sie in ihrer Zelle, vergiftete das Essen oder injizierte den Häftlingen Phenol, Evipan oder Luft in die Venen. Andere grauenvolle Morde begann er dadurch, dass er einmal einem Insassen den Kopf mit einer Schraubzwinge zerquetschte oder im Winter einen Häftling außen an das Arrestgebäude kettete, mit kaltem Wasser übergoss und dann zusah, wie dieser erfror. Für alle diese Taten gibt es hinreichend glaubwürdige Zeugenaussagen.
1955 kam es zur Anklage gegen Sommer, welche jedoch wegen Verhandlungsfähigkeit abgebrochen wurde, so dass er freigelassen wurde. 1958 kam er zu einer erneuten Anklage vor dem Bayreuther Landgericht. Er wurde zwar zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilt, erhielt aber bereits 1971 Haftverschonung und lebte hiernach 17 weitere Jahre praktisch auf freiem Fuß in den Rammelsberger Anstalten.
GUDRUN BURWITZ – LETZTER STILLER STAR DER STILLEN HILFE
Wie engagiert die „Stille Hilfe“ auch noch bis heute agiert, lässt sich am Beispiel von Gudrun Burwitz, des einzigen, 1929 geborenen Kindes vom Reichsführer-SS und Reichsinnenminister Heinrich Himmler ersehen. Wie der Kölner Express in seiner Ausgabe vom 19.06.2011 zum Beispiel berichtete, engagierte sich die rüstige 81 jährige im Jahr 2011 für den 90 jährigen, ehemaligen SS Obersturmführer Søren Kam, der für die Tötung eines Zeitungsjournalisten von der dänischen Justiz zur Verantwortung gezogen werden soll. Zuvor hatte sie dafür gekämpft, dass der niederländische SS-Scherge Klaas Carel Faber wegen der Morde an Juden während des Zweiten Weltkrieges nicht ausgeliefert wird. Und dies ist nur eine Auflistung für die Aktivitäten in den Jahren 2010 und 2011.
Was von Frau Burwitz und ihren Aktivitäten für die „Stille Hilfe“ wirklich zu halten ist, kann man daran erkennen, wie sich ein Verfassungsschützer im Kölner Express im Jahr 2011 über sie äußerte: „Sie ist über 80, aber bei klarem Verstand. Ihr gefällt es, wenn man sie als eine »Mrs Doubtfire«, als eine Art stacheliges, aber liebenswürdiges Kindermädchen sieht – das ist sie aber ganz und gar nicht.“
ABSCHLIESSENDES FAZIT ZUR STILLEN HILFE:
Es ist mehr als erschreckend, wie viele so genannte „Gut-Menschen“ NS-Mördern geholfen haben, dass diese entkommen konnten und sich für ihre Morde nicht verantworten mussten bzw. sich erst in sehr hohem Alter verantworten mussten. Genau so unglaublich ist es aber auch, dass die „Stille Hilfe“ zumindest bis 2011 (!!) existieren und wirken konnte bzw. für ihr Wirken so viele Erfolge erzielen konnte.
Autor: Stefan Loubichi, Wirtschaftswissenschaftler des Jahrganges 1966, der sich seit vielen Jahren auf wissenschaftlicher Basis mit dem Thema beschäftigt und durch sein Engagement verhindern möchte, dass durch Vergessen jemals wieder vergleichbare Gräueltaten wie die der Nazis im III. Reich entstehen könnten – Zukunft braucht Erinnerung.
Literatur
Oliver Schröm, Andrea Röpke: Stille Hilfe für braune Kameraden. Das geheime Netzwerk der Alt- und Neonazis. Christoph Links Verlag, Berlin 2002, ISBN 3-86153-231-X
Ernst Klee: Persilscheine und falsche Pässe. Wie die Kirchen den Nazis halfen (Fischer-Taschenbuch; 10956). 5. Aufl. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt/M. 1991, ISBN 3-596-10956-6.
Thomas A. Schwarz: Die Begnadigung Deutscher Kriegsverbrecher: John J. McCloy und die Häftlinge von Landsberg, Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, Jahrgang 38 (1990), Heft 3, Seite 375 ff.
Denkschrift der Evangelischen Kirche in Deutschland zur Frage der Kriegsverbrecher vor amerikanischen Militärgerichten, 1949, in: EZA Berlin, Bestand 2/261]
Peter Hammerschmidt: Deckname Adler – Klaus Barbie und die westlichen Geheimdienste. S. Fischer, Frankfurt am Main 2014, ISBN 978-3-10-029610-8
Joachim Staron: Fosse Ardeatine und Marzabotto. Deutsche Kriegsverbrechen und Resistenza. Geschichte und nationale Mythenbildung in Deutschland und Italien (1944–1999). Schöningh, Paderborn u. a. 2002, ISBN 3-506-77522-7
Gerald Steinacher: Nazis auf der Flucht. Wie Kriegsverbrecher über Italien nach Übersee entkamen Studienverlag, Innsbruck 2008, ISBN 978-3-7065-4026-1
Andrej Angrick & Klaus-Michael Mallmann Hgg.: Die Gestapo nach 1945. Karrieren, Konflikte, Konstruktionen. Veröffentlichungen der Forschungsstelle Ludwigsburg, 14. WBG, 2009 ISBN 978-3-534-20673-5
Buchenwald. Ein Konzentrationslager. Bericht der ehemaligen KZ-Häftlinge Emil Carlebach, Paul Grünewald, Helmut Röder, Willy Schmidt, Walter Vielhauer. Hrsg. im Auftrag der Lagergemeinschaft Buchenwald-Dora der Bundesrepublik Deutschland. Röderberg im Pahl-Rugenstein-Verlag, Köln; 2. Auflage, 1991; ISBN 978-3876827865
Weblinks
- http://www.hagalil.com/archiv/2001/04/malloth.htm
- http://www.wienerzeitung.at/nachrichten/archiv/208563_Rechenschaft-statt-Rache.html
- http://www.express.de/politik-wirtschaft/mit-81-jahren-himmlers-tochter-sammelt-fuer-die-ss,2184,8575990.html
- http://www.lisa.gerda-henkel-stiftung.de/content.php?nav_id=1073
- http://www.justice.gov/criminal/hrsp/archives/1983/08-02-83barbie-rpt.pdf
- http://www.tagesspiegel.de/politik/gudrun-burwitz-und-die-stille-hilfe-die-schillernde-nazi-prinzessin/233116.html