Am 26. Oktober 1917 hat ein junger württembergische Oberleutnant den kriegerischen Wettlauf mit bayerischen Einheiten um die Eroberung des Monte Matajur in den Julischen Alpen gewonnen. Der Lohn für diese Bluttat war der preußisch-deutsche Tapferkeitsorden „Pour le mérite“, der ihm am 10. Dezember angehängt wurde. Die Rede ist von Erwin Rommel. Einen Weltkrieg später machte dieser Mann erneut von sich reden. Die Zwischenkriegszeit überstand er zunächst ohne große Karrieresprünge in der durch die Versailler Beschlüsse auf ca. 115.000 Mann zurückgestutzten Reichswehr. Erst mit dem Aufstieg eines Adolf Hitler und in dessen braunen Dunstkreis, sollte seine militärische Karriere einen eindrucksvollen Aufwärtstrend erleben. Am Ende war er Generalfeldmarschall und tot. Aber zunächst fand Rommel u.a. als Bataillonskommandeur, als Lehrer an der Kriegsschule in Potsdam und als Kommandeur der Kriegsschule Wiener Neustadt Beschäftigung. Zu Beginn des 2. Weltkrieges durfte er als Kommandant des Führerhauptquartiers ganz nahe bei seinem Führer sein. Mit dem Frankreich-Feldzug bekam der Autor des Buches „Infanterie greift an“ (1937) das Kommando über eine Panzerdivision, die vom Gegner mit dem Beinamen „Gespensterdivision“ bedacht wurde. Bei seinem nachfolgenden „Auslandseinsatz“ in Afrika, ab Februar 1941, firmierte er bei Freund und Feind als „Wüstenfuchs“. Zuletzt verschlug es Rommel von der Wüste Afrikas an die Küste der Normandie, wo er den Befreiungsschlag der Alliierten abwehren sollte, was ihm auch nicht mehr gelingen sollte. Soviel zum historischen Vorspiel. Kommen wir nunmehr zum Hauptakt – einem vom SWR produzierten Film mit dem schlichten Titel: „Rommel“. Mit ihm war man angetreten, die letzten sieben Lebensmonate des einstigen „Lieblingsgenerals“ Hitlers filmisch zu rekonstruieren. Doch selbst wenn man die zeitliche Beschränkung akzeptiert, so sind inhaltliche Beschränkungen, wie fehlende deutliche Hinweise auf seine Verstrickung in dieses verbrecherischen Regime und seine Verantwortung dafür, dem er mit seinen militärischen Fähigkeiten lange treu diente, nicht zu akzeptieren. Hier hätte sich die Nutzung des Stilmittels der Rückblende angeboten. Auch dieser Verzicht, hat zur Folge, das dass was hier nun auf öffentlich-rechtliches Zelluloid gebracht wurde, mit einigen Unschärfen behaftet ist. Werden wir konkret: Mag der Feldmarschall auch nicht in den Umfang in Verbrechen der Wehrmacht verwickelt gewesen sein, wie seine Kollegen Keitel, Göring oder ein von Reichenau, so war er in seiner Position und dem Maß seiner Kriegsbeteiligung, doch ein funktionierender Mitarbeiter in einem menschenverachtenden und völkermörderischen Unternehmen. Was auch daran deutlich wird: In Palästina, wohin sich rund 60.000 deutsche Juden vor der Verfolgung durch die Nazis geflüchtet hatten, sie registrierten mit Sorge, Rommels geplanten Vorstoß an den Suezkanal in Ägypten. Was wäre wenn? Denn in Tobruk, gerieten ca. 1000 libysche Juden in die Fänge des „sauberen“ Wehrmachtgenerals und mussten Zwangsarbeit leisten. Über 300 von ihnen verloren schließlich im KZ Bergen-Belsen ihr Leben. Hier muss man sich folgende grundsätzliche Frage stellen: Lassen sich militärisches und politisches Handeln voneinander isoliert betrachten und voneinander getrennt bewerten? Die Antwort ist: Nein! Rommel und Konsorten haben diesen Trennungsstrich gemacht, obwohl ihnen klar sein musste: Jeder Krieg ist zugleich ein zutiefst politischer Akt. Doch diese – Rommels – wollten als „unpolitische Soldaten“ durchgehen. Dass damit kein Durchkommen war, das musste Rommel in einer Lagebesprechung selbst erfahren. Der Zuschauer erlebt, wie Hitler ihn, den befehlshabenden „Kanalarbeiter“ an der Normandie auffordert, den Raum zu verlassen, als dieser versuchte, auch über politische Aspekte der Lage zu referieren.
Lange, zu lange war der Hauptprotagonist dieses Films ein treuer Diener seines Herren und seines Regimes. Er hat sich vor den Goebbelsche Propagandakarren spannen lassen und ihn kräftig mit gezogen. Auch hier liegt eine Schuld des gefeierten Kriegshelden, denn so dürfte er für weiteren Nachschub an Kanonenfutter für die Blutmühlen dieses Krieges gesorgt haben. Aber die Filmemacher wussten auch hier, entsprechende Tatbestände vor dem Zuschauer zu tarnen. Noch am 19. März 1944 legte er mit sämtlichen Feldmarschällen einen Treueschwur auf Hitler ab. Dieser war einzig, eine Beschwörung, „innerster Verbundenheit und nie wankender Treue zum Führer und zum Nationalsozialismus“ (Maurice Philip Remy, „Mythos Rommel“, List, 2002).
Der „Rommel“ der am 1. November 2012 über die ARD zur Ausstrahlung kam, war also leider nicht frei von langlebigen Verblendungen und ärgerlichen Zerrbildern. Dazu dies: Die Darstellung Rommels als ein aktiver Unterstützer und eine in die Pläne der Hitler-Attentäter des 20. Juli 1944 eingebundene Person, geht nach übereinstimmender Meinung von Historikern an den historischen Fakten vorbei. In Verhören wurde er allerdings durch einen der aktivsten Putschisten, dem Luftwaffenoffizier Cäsar von Hofacker stark belastet, der ihm (Rommel) dabei eine Rolle zuschrieb, die er tatsächlich nie ausfüllen wollte – so Jan von Flocken in „Kriegertaten“, Kai Homilius Verlag, 2008. Doch auf irgendwelche Feinheiten nahm sein langjähriger Gönner Hitler nie Rücksicht. Und so ließ er Rommel fallen. Bleibt noch der Schlussakt: Vor die Wahl gestellt, Volksgerichtshof oder Freitod, schluckte er Zyankali. Das waren Szenen, die in der Tat, als tragisch und bedrückend empfunden werden konnten – der Abschied von Frau und Sohn und schlussendlich die Originalaufnahmen vom Staatsbegräbnis. Dennoch: Mit Blick auf den schon 1951 gedrehten Film „Rommel – Der Wüstenfuchs“ kam Berthold Seewald ( „Die Welt“vom 21.Dezember 2008) zu folgenden Urteil: „…Nur diente er einem verbrecherischen Regime. In diesem Spannungsverhältnis verschwinden Heiligenscheine“. Und dann kommen die Schatten ans Licht.
Autor: René Lindenau