Das Holocaust Denkmal Berlin, dessen offizieller Name „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ ist, befindet sich im historischen Kern Berlins zwischen Potsdamer Platz und Brandenburger Tor. Auf der nahezu rechteckigen Fläche von 19.000 m2 befinden sich 2711 parallel zueinander aufgestellte Betonquader – wobei deren Anzahl keine bestimmte Bedeutung hat. Die sogenannten Stelen unterscheiden sich geringfügig in ihrer Höhe und ihrem Neigungswinkel, wodurch die Fläche aus größerer Entfernung wellenförmig erscheint. Das Areal wird von einer Bepflanzung aus Nadelbäumen umrandet. Unter dem Gelände befindet sich ein „Ort der Information“ mit Ausstellungs- und Vortragsräumen sowie einem Buchladen. Das Denkmal ist den rund sechs Millionen europäischen Juden gewidmet, die von den Nationalsozialisten unter Adolf Hitler während des Zweiten Weltkriegs ermordet wurden.
Die Anfänge
Die Publizistin Lea Rosh hatte erstmals 1988 während einer Podiumsdiskussion vorgeschlagen, eine solche Stätte auf dem einstigen Gestapo-Gelände in Berlin-Kreuzberg zu errichten. Im Januar des folgenden Jahres rief sie zusammen mit dem Historiker Eberhard Jäckel mittels einer Bürgerinitiative offiziell zum Bau auf. Durch regen Zulauf von Unterstützern – unter anderem dem früheren Bundeskanzler Willy Brandt – entwickelte sich daraus schnell ein Förderkreis. Dieser favorisierte ab dem Fall der Berliner Mauer am 9. November entgegen des ursprünglichen Plans den Bau des Denkmals östlich der ehemaligen Grenzlinie auf dem Areal der früheren Ministergärten. Auf diesem historisch relevanten Gelände hatte einst Joseph Goebbels eine Stadtvilla besessen. Zudem liegt es im einstigen „Todesstreifen“ der DDR.
Architekturwettbewerb für das Holocaust Denkmal Berlin
Wie das Denkmal aussehen sollte, entschied sich zwischen 1994 und 1999 in mehreren Phasen. Der erste Entwurf entstand im Rahmen eines Wettbewerbs im Mai 1994. Von den über 500 Einsendungen entschieden sich die Veranstalter – neben dem Förderkreis das Land Berlin sowie die Bundesrepublik Deutschland – für die Idee eines deutschen Künstlerkollektivs um Christine Jackob-Marks: Das Gelände sollte aus einer schiefen Betonebene bestehen, auf der alle bekannten Namen der jüdischen Opfer des Holocausts eingraviert sind. Der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl lehnte diesen Entwurf jedoch im Juni 1995 ab. Das Denkmal sollte keine inhaltliche Aufbereitung des Holocaust bieten, sondern den Besuchern einen emotionalen Zugang ermöglichen. Im Juli 1997 kam es zu einem erneuten Wettbewerb, den die US-Amerikaner Peter Eisenman und Richard Serra gewannen. Deren erster Entwurf bestand lediglich aus einem Stelenfeld. Von verschiedenen Politikern angeregte Überarbeitungen führten während der folgenden Monate zu jenem Entwurf, nach welchem die Gedenkstätte letztendlich erbaut wurde. Den Beschluss dazu traf der Deutsche Bundestag im Juni 1999. Die Umsetzung vertraute er einer eigens dafür gegründeten Stiftung an, welche die Stätte bis heute betreut.
Am 27. Januar 2000 begann der Bau des Denkmals zunächst symbolisch mit einer Feier auf dem Gelände. Der tatsächliche Baubeginn zögerte sich aufgrund der zuvor nötigen Organisationsarbeit bis April 2003 hinaus. Zu einer weiteren Verzögerung kam es nachfolgend aufgrund eines Eklats um die dabei mitwirkende Degussa AG: Deren Tochterfirma hatte einst das Nervengift Zyklon B hergestellt, welches in den Gaskammern der Konzentrationslager eingesetzt worden war. Letztendlich durfte die Firma unter der Begründung weiterarbeiten, dass sie ihre Vergangenheit vorbildlich aufgearbeitet habe. Der fertiggestellte Komplex wurde am 10. Mai 2005 feierlich eröffnet. Mehrere Fernsehsender übertrugen die gut besuchte Veranstaltung.
Kontroversen
Bis heute ist das Denkmal Gegenstand zahlreicher Kontroversen: Nicht nur über dessen Funktion stritt man sich bereits während der Konzeptionsphase. Auch wurde daran kritisiert, dass es allein den jüdischen Opfern des Holocaust gewidmet ist. Zudem beklagten die Vertreter etablierter Gedenkstätten, dass das Denkmal sowohl finanzielle Unterstützung als auch gesellschaftliche Aufmerksamkeit bekommen würde, welche stattdessen lieber auf die von ihnen betreuten Orte dezentral verteilt werden sollte. Dass viele Besucher das Gelände für profane Aktivitäten wie Picknicks oder als Kulisse für Selfies nutzen, war zwar stets erlaubt, wird von außenstehenden Vertretern der Erinnerungskultur jedoch oft als unangebracht empfunden.
Von größerer Relevanz für die aktuelle deutsche Politik ist die anhaltende Kontroverse über die grundsätzliche Existenz des Denkmals im Zentrum Berlins. Bereits während der Planungsphase hatten sich verschiedene Personen des öffentlichen Lebens darüber empört, dass gerade in der Landeshauptstadt so monumental an das dunkle Kapitel deutscher Geschichte erinnert wird. Zuletzt bezeichnete der thüringische AfD-Politiker Björn Höcke das Holocaust Denkmal Berlin 2017 in einer Rede als „Denkmal der Schande“. Er forderte in diesem Zusammenhang einen Wandel des politischen Umgangs mit der deutschen Erinnerungskultur. Das Künstlerkollektiv „Zentrum für politische Schönheit“ errichtete als Protestaktion daraufhin am 22. November 2017 ein an das Holocaust Denkmal Berlin erinnerndes Stelenfeld in Sichtweite von Höckes Wohnhaus in Bornhagen. Die Spannungen zwischen beiden Parteien und deren Unterstützern eskalierten nachfolgend zu gegenseitigen strafrechtlichen Schritten.
Das vielleicht wichtigste Mahnmal
Von seinen zahlreichen Besuchern und der internationalen Öffentlichkeit wird das Holocaust Denkmal Berlin allgemein positiv wahrgenommen. Gelobt wird unter anderem die Wirkung seiner einst stark umstrittene Form im Zusammenspiel mit dem innerstädtischen Standort. In ihrer Abstraktheit würde die Gedenkstätte zwar keine inhaltliche Annäherung an die Schrecken des Holocaust fördern, jedoch wie erhofft ein emotionales Erlebnis bieten. Auszeichnungen erhielt sie bisher in den Bereichen Kultur, Tourismus und Architektur. Lea Rosh erhielt als Initiatorin des Denkmals 2006 das Bundesverdienstkreuz.