
Bund Deutscher Mädel (BDM). Aufmarsch der Deutschen Jungmädel für die Erhaltung des deutschen Volkstums im „Grenzland“, Transparent „Grenzlandnot ist Volksnot“, Worms, 1933. Bundesarchiv, Bild 133-237 / CC-BY-SA 3.0, Bundesarchiv Bild 133-237, Worms, Aufmarsch der Deutschen Jungmädel, CC BY-SA 3.0 DE
Der BDM (Bund deutscher Mädel) war eine Teilorganisation der Hitlerjugend (HJ). Im BDM sollten alle Mädchen und jungen Frauen zwischen 10 und 21 Jahren erfaßt werden. Vorrangiges Ziel war die Erziehung für den Nationalsozialismus und die Vorbereitung auf die künftigen Aufgaben der Frauen in der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft. Außerdem wurden die BDM-Mädchen für verschiedene Arbeitsdienste bis hin zum Kriegshilfsdienst eingesetzt.
Geschichte des BDM
Bereits seit 1923 gab es innerhalb der NSDAP „Mädchenschaften“ und „Mädchengruppen.“ Häufig wurden sie auch als „HJ-Schwesternschaften“ bezeichnet: Viele Mädchen waren über ihre Brüder in der aktiven Hitlerjugend zum Nationalsozialismus gekommen. Diese Gruppen hatten zunächst nur wenige Mitglieder, eine zentrale Lenkung gab es nicht. Auch als auf dem Parteitag der NSDAP 1926 die Hitlerjugend als Jugendorganisation der Partei offiziell gegründet wurde, spielten diese Mädchenbünde zunächst keine Rolle. Diese schloßen sich erst 1930 zum „Bund Deutscher Mädel“ zusammen. 1931 erfolgte dann die Eingliederung in die Hitlerjugend. Die Mitgliederzahl im BDM blieb aber im Vergleich zu der der männlichen Hitlerjugend anfangs gering. Der ausgeprägte Männlichkeits- und Heldenkult innerhalb der HJ machte die Organisation für viele Mädchen uninteressant. Ende 1932 – also unmittelbar vor der Machtergreifung – hatte der Bund deutscher Mädel gerade 25.000 Mitglieder. Auch nach 1933 blieb die Mitgliederzahl lange hinter der männlichen HJ zurück.
Mit dem „Gesetz über die Hitlerjugend“ vom 1. Dezember 1936 wurden alle Jugendlichen zwangsweise in der NS-Jugendorganisation erfaßt. Das Gesetz bestimmte, daß die „gesamte deutsche Jugend“ in der Hitlerjugend „körperlich, geistig und sittlich im Geiste des Nationalsozialismus zum Dienst am Volk und zur Volksgemeinschaft zu erziehen“ sei. Damit wurde die Mitgliedschaft im BDM für alle Mädchen verpflichtend.
Organisation und Aufbau des BDM
Als Bestandteil der Gesamt-HJ wurde der BDM strukturell und organisatorisch entsprechend der männlichen HJ aufgebaut. Jeder Organisationseinheit der männlichen Jugend entsprach eine der weiblichen Jugend. Gegliedert war der BDM in 34 regionale „Obergaue“. Diese waren – wiederum regional – in „Untergaue“, „Mädelringe“, „Mädelgruppen“, „Mädelschare“ und „Mädelschaften“ gegliedert. Diese „Mädelschaften“ waren die kleinsten Organisationseinheiten und umfaßten jeweils zwischen 10 und 15 Mädchen. Auch eine Differenzierung nach dem Alter gab es: Die Mädchen bis zum Alter von 14 Jahren waren im „Jungmädelbund“ (JMB) zusammengeschlossen, die Mädchen im Alter bis 18 Jahren im eigentlichen „Bund deutscher Mädel“ (BDM). Für die älteren Mädchen zwischen 18 und 21 Jahren gab es das „BDM-Werk Glaube und Schönheit.“ Dieses wurde erst im Jahr 1938 gegründet und sollte vor allem die Lücke zwischen BDM und NSF (Nationalsozialistische Frauenschaft) schließen, in die erst die volljährigen, das heißt mindestens 21jährigen Frauen aufgenommen wurden.
Nur für diese Altersgruppe der bis 21jährigen war die Mitgliedschaft formal freiwillig. Tatsächlich wurden aber meist die kompletten BDM-Jahrgänge in „Glaube und Schönheit“ übernommen. Ein Austritt war mit einem persönlichen Risiko verbunden, konnte er doch als Kritik am Regime gewertet werden. Auch im BDM galt das strikte Führerprinzip: Die jeweiligen Mädchenführerinnen hatten Befehlsgewalt über die ihnen zugewiesenen Mädchen. Die Führerinnen wurden nicht gewählt, sondern von der höheren Hierachieebene eingesetzt. Insgesamt gab es im Bund deutscher Mädel 8 Hierarchiestufen. An oberster Stelle stand die BDM-Reichsreferentin, ihr folgten die Gebietsmädelführerinnen, die Hauptmädelführerinnen, die Mädelringführerin und drei weitere Stufen von Unterführerinnen. Am unteren Ende stand das einfache „Mädel“ ohne eigene Befehlskompetenz. Diese straffe Führungshierarchie hatte die gleiche Funktion wie in der männlichen Hitlerjugend: Bereits die Jugendlichen sollten sich an die bedingungslose Unterordnung unter einen Befehl gewöhnen. Reichsreferentin und damit oberste Führerin des BDM war bis zu ihrer Heirat 1937 Trude Mohr. Ihr folgte von 1937 bis 1945 Jutta Rüdiger, eine promovierte Psychologin. Innerhalb der gesamten Hitlerjugend blieb der Bund deutscher Mädel der männlichen Jugend klar untergeordnet. Reichsjugendführer war immer ein Mann und dieser war Führer der gesamten HJ, der männlichen wie des BDM. Allerdings waren Mädchen auf allen Gliederungsebenen in der HJ personell vertreten.
Aktivitäten des BDM
Vorrangiges Ziel des BDM war die Erziehung der gesamten weiblichen Jugend zur nationalsozialistischen Ideologie. Alle Mädchen sollten zu gehorsamen Mitgliedern der nationalsozialistischen Gesellschaft erzogen werden. Körperlich gesund und dem NS-Rasseideal entsprechend, sollten sie die ihnen zugewiesenen Aufgaben kritiklos erfüllen und ihrerseits die kommende Generation wieder im NS-Sinne erziehen. In den Worten der BDM-Reichsreferentin Trude Mohr: „Im Bund deutscher Mädel wird eine klare und sichere Aufbauarbeit mit dem Endziel geleistet, unserem Land eine Mädelgeneration zu geben, die zu wirklichen Trägerinnen nationalsozialistischer Weltanschauung geformt worden ist, die fähig ist, den nationalsozialistischen Gedanken auch in spätere Geschlechter weiterzutragen.“ Körperliche Ertüchtigung und ideologische Schulungen standen im Mittelpunkt seiner Arbeit. Mit einem Bündel von attraktiven Freizeitangeboten sollte zunächst grundsätzliche Sympathie für das Regime und seinen Führer bewirkt werden. Im weiteren sollten die Mädchen dann zu überzeugten Nationalsozialistinnen gemacht werden. Sportliche Wettkämpfe und Übungen standen praktisch wöchentlich auf dem Programm. Die häufig mehrtägigen Ausfahrten und Lager hatten ebenfalls den Zweck der körperlichen Ertüchtigung. Darüber hinaus sollte vor allem das Gemeinschaftsgefühl im Sinne einer nationalsozialistischen Volksgemeinschaft gestärkt werden. Ähnlich wie die Lager der männlichen Jugend gehorchten auch die BDM-Lager mit Fahnenappellen, gemeinsamen Liedern und Aufmärschen militärischen Ritualen. Besondere Bedeutung für die ideologische Schulung hatten die wöchentlichen Heimabende. Neben praktischen Unterweisungen – etwa „Nadelarbeit“ und „Werkarbeit“ wurde hier vor allem NS-Weltanschauung gelehrt. Rassenideologie und Führerglaube war ebenso fester Bestandteil des Programms wie aktive Kriegspropaganda nach 1939. Von der Reichsjugendführung wurden eigens zu Schulungszwecken die monatlichen Zeitschriften „Die Jungmädelschaft“ und „Die Mädelschaft“ herausgegeben, die detaillierte Anweisungen für die Gestaltung der Heimabende enthielten. Seit 1939 standen eigene BDM-Schulen zur Verfügung, darunter zwei „Reichsführerinnenschulen“, die für die ideologische Ausrichtung vor allem der Führerinnen sorgen sollten. Allerdings gelang es der Großorganisation BDM bei weitem nicht, alle Führerrinnen mit entsprechenden Schulungen zu erreichen. Vielerorts wurde daher vor allem improvisiert.
Innerhalb des BDM gab es in Form sogenannter „Leistungsabzeichen“ regelmäßige Prüfungen, in denen praktische wie ideologische Konformität nachgewiesen werden mußte. Prüfbereiche dieser Leistungsabzeichen waren unter anderem „Sport“, „Weltanschauung“, „Gesundheitsdienst.“ Der BDM wurde ungeachtet des strikten Prinzips von Befehl und Gehorsam von vielen Mädchen als Befreiung aus familiären und bürgerlichen Zwängen gesehen. Insbesondere die Fahrten und Lager boten scheinbar die Möglichkeit, aus den Zwängen der bürgerlichen Rollenverteilung auszubrechen. Die aktive Propaganda des BDM für eine Berufsausbildung der Frau tat ein übriges, um die weibliche Hitlerjugend in den Augen vieler Mädchen als emanzipatorisch und fortschrittlich erscheinen zu lassen. Vor allem in der Frühzeit, als Bund deutscher Mädel und männliche HJ in ihren Aktivitäten – Fahrten, Wandern und Sport – sich ähnelten, konnten die Mädchen sogar den Eindruck einer weitgehenden Gleichberechtigung erhalten, die ihnen in der traditionellen bürgerlichen Rollenverteilung verwehrt war. Nur wenige Aktivitäten wie Flieger-HJ oder Motor-HJ – waren den Mädchen verschlossen. Allerdings wandelten sich mit Etablierung des Regimes die ideologische und erzieherische Ausrichtung des Bund deutscher Mädel. Vor 1933 und auch in der ersten Zeit nach der Machtergreifung stand das Ideal des starken und kämpferischen Mädel im Vordergrund, das den Jungen durchaus ebenbürtig war. Nach Einführung der Zwangserfassung wurde in den Mittelpunkt die Vorbereitung auf klassische Frauentätigkeiten gestellt: Erziehungs-, Pflege- und Schwesterntätigkeiten, Hauswirtschaft. Über allem stand die Vorbereitung auf die Rolle als Mutter (siehe auch Thema Mutterkreuz). Sportliche Tätigkeiten und Wettkämpfe wurden deutlich zurückgenommen.
Der BDM im Kriegseinsatz
Nach Ausbruch des Krieges 1939 bekam der Bund deutscher Mädel neue Aufgaben. Insbesondere im Zuge des von Goebbels ausgerufenen Konzeptes des „totalen Krieges“ wurde die gesamte deutsche Bevölkerung – auch die Jugend – zu Kämpfern an der „Heimatfront“ erklärt. Die BDM-Mädchen mußten verstärkt Arbeiten von Erwachsenen übernehmen, um Männer für die Front und Frauen für die Rüstungsindustrie freizusetzen. Der BDM wurde mit der HJ zu einer Kriegshilfsorganisation: Mädchen übernahmen Hilfe für berufstätige Mütter bei Einkauf und Kinderbetreuung, erledigten Aufgaben bei der Soldatenbetreuung, übernahmen Pflege- und Hilfsdienste in Lazaretten. BDM-Mädchen wurden auch bei Post, Straßenbahn und Flüchtlingstransporten eingesetzt. In der Landwirtschaft wurden sie als Erntehelfer und Haushaltshilfen tätig. Obwohl es sich bei diesen Aufgaben nicht um unmittelbaren Kriegsdienst handelte, leistete der er durch diese Maßnahmen einen aktiven Beitrag zur Aufrechterhaltung der NS-Kriegsmaschine. Mit Fortschreiten des Krieges und dem zunehmenden Mangel an Frontsoldaten und Rüstungsarbeitern wurde der Bund deutscher Mädel immer stärker in die Kriegswirtschaft eingebunden. So wurden Schanzeinsätze, Aufräumdienste organisiert, Arbeiten in Rüstungsbetrieben übernommen. Während der wöchentlichen Heimabende wurde Briefe an Soldaten geschrieben und Geschenke für die Front verschickt. Damit sollte der Kampfwillen der Truppen gestärkt werden. Auch im Luftschutz, im militärischen Nachrichtenwesen und Telefondienst wurden BDM-Mädchen verstärkt beauftragt. Lediglich ein Waffeneinsatz des BDM ist – im Unterschied zur männlichen Hitlerjugend – nicht nachweisbar.
Fazit
Obwohl von Anfang an fest in das Staatskonzept der NS-Diktatur integriert, erschien der Bund deutscher Mädel vielen aktiven Mädchen weniger politisch instrumentalisiert als etwa die männliche Hitlerjugend oder gar als NS-Organisationen wie SA oder Winterhilfswerk. Für viele BDM-Mädchen führte das nach 1945 zu einer gespalteten Erinnerung. Einerseits mußte man erkennen, daß das NS-Regime eine verbrecherische Diktatur war und auch der BDM dieser diente. Andererseits war die persönliche Erfahrung oft stark von einem positiven Gemeinschaftserlebnis geprägt. Das gilt bis zur Führungsspitze. Jutta Rüdiger, bis 1945 Reichsreferentin des BDM, leugnet in ihrer Autobiographie nicht die Verbrechen des Hitlerstaates, aber spricht dennoch von der Dankbarkeit ehemaliger BDM-Mädchen, denen diese Organisation „eine solch glückliche Jugendzeit geschenkt“ hatte. Der Bund deutscher Mädel ist damit ein Beispiel für eine generelle Strategie des Nationalsozialismus: Jeder Mensch sollte für den NS-Staat arbeiten. Aber er sollte das Gefühl haben, für das Ganze – Krieg, Verbrechen und Diktatur – keine Verantwortung übernehmen zu müssen.
Autor: Dr. Bernd Kleinhans
Literatur:
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