„Treasure“ (deutsch „Schatz“) ist eine deutsch-französische Tragikomödie der Drehbuchautorin und Regisseurin Julia von Heinz. Er entstand 2024 und basiert auf einem Roman der australisch-amerikanischen Schriftstellerin Lily Brett. Dessen Titel „Too Many Men“ verweist schon verweist schon auf das Sujet, das Beziehungen behandelt, auch wenn sie in den historischen, tragischen Kontext des Holocaust eingebettet sind. In den Hauptrollen spielen Lena Dunham, die auch Koproduzentin war, Zbigniew Zamachowski und Stephen Fry. Julia von Heinz führte Regie und schrieb zusammen John Quester (ihrem Ehemann) das Drehbuch.
Der Film spielt in den frühen 1990er Jahren. Die New Yorker Musikjournalistin Ruth (Lena Dunham) reist mit ihrem ebenfalls in New York lebenden Vater Edek (Stephen Fry) nach Polen. Die Berliner Mauer ist gerade gefallen und mit ihr der „Eisernen Vorhang“, der im Kalten Krieg die westliche und die kommunistische Welt getrennt hatte. Edek ist Pole und hat den Holocaust in Auschwitz als Einziger seiner Familie knapp überlebt. Die beiden entscheiden sich für eine Rundreise, was für Edek zunächst keine leichte Entscheidung ist. Sie besuchen Warschau, Krakau, Łódź und schließlich das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau, das wie vielleicht kein zweites KZ für den wahnsinnigen Vernichtungswillen der Nationalsozialisten steht. Ruth will die Vergangenheit des väterlichen Strangs ihrer Familie erkunden, um ihre eigenen Wurzeln besser zu verstehen. Edek hatte sich nach dem Krieg entschlossen, nie wieder Polen zu besuchen, um mit der furchtbaren Vergangenheit für immer abzuschließen. Dennoch begleitet er seine Tochter, um auf sie aufpassen zu können. Bis zu dieser Einführung in das Thema wirkt die Geschichte dramatisch mit einem sehr tragischen Background, doch die beiden sind moderne Amerikaner und dem Leben durchaus sehr zugewandt.
Vor allem Edek erweist sich als charmanter Bonvivant, der auf dieser Reise ein amüsantes, unterhaltsames Programm verfolgt. Daher kommt die Story zunächst sehr leichtfüßig daher, bis die beiden am ehemaligen Haus von Zedeks Familie angelangt sind. Sie sprechen mit der polnischen Familie, die inzwischen im Haus wohnt. Für Zedek wird es ernst, er ändert seine Haltung. Dadurch schaffen es Vater und Tochter erstmals wirklich einander näherzukommen. Diesen Bruch im Auftreten von Zedek verstehen Menschen, die schwere Traumata zu bewältigen hatten: Eine der möglichen Bewältigungsstrategien ist die Flucht ins Amüsement, in viel Jovialität und Humor und manchmal auch in den Sarkasmus und Zynismus. Bei der physischen Konfrontation mit seiner Vergangenheit lässt Zedek diese Maske fallen. Dennoch behält der Film seinen heiteren Grundton bei und beweist mit dieser Reise zweier Amerikaner durch ein postsozialistisches Land, dass es möglich ist, einer schmerzhaften Vergangenheit behutsam und nicht zwangsläufig schmerzhaft zu begegnen.
Julia von Heinz (*1976 in Westberlin) stellt mit „Treasure“ bereits ihren neunten Spielfilm vor. Er ist ihre erste Produktion mit internationaler Beteiligung. Die Regisseurin blickt auf einige bemerkenswerte Erfolge zurück: Ihr Filmdebüt „Was am Ende zählt“ wurde ebenfalls erstmals auf der Berlinale gezeigt und gewann 2007 den Deutschen Filmpreis als bester Kinder- und Jugendfilm. 2021 erhielt sie nochmals den Deutschen Filmpreis für „Und morgen die ganze Welt“, der zuvor auf den 77. Filmfestspielen von Venedig gelaufen war.
„Treasure“ wiederum gehört zu der Trilogie „Aftermath“, in der Julia von Heinz die Auswirkungen des Holocausts weltweit und in Deutschland darstellt. Die Künstlerin war lange Zeit sehr aktiv in der antifaschistischen Szene, wofür das Schlüsselerlebnis ihr 15. Geburtstag war: Ihre Party wurde von Neonazis überfallen. Sie begann später Rechtswissenschaften zu studieren, wechselte dann aber in eine Ausbildung als Mediengestalterin beim Westdeutschen Rundfunk und studierte schließlich in Berlin Audiovisuelle Medien, was zu einem Abschluss als diplomierte Kamerafrau führte. „Treasure“ wurde ab Februar 2023 in Deutschland und Polen gedreht, der Hauptdrehort war Halle (Saale). Die Kamera führte Daniela Knapp, die schon mehrfach mit der Regisseurin zusammengearbeitet hatte. Der Film erhielt umfangreiche Fördergelder aus Deutschland und Frankreich. Auf der Berlinale 2024 gehört „Treasure“ zur Special Gala.