Der Titel des Films ist etwas irreführend. Zwar steht die namensgebende Schlacht im Juni 1942 im Mittelpunkt des Films, der Filminhalt erstreckt sich auf weite Teile der ersten Hälfte des Pazifikkrieges (1941-1945). Diesen langen Zeitabschnitt in einem 120 Minuten Film abzudecken, ist schwierig. Darunter leidet vor allem die Charakterzeichnung der Figuren. Der Film porträtiert hauptsächlich eine Gruppe junger Piloten. Wichtige Nebenfigur ist US-Admiral Chester Nimitz, der mit dem Vertrauen in die amerikanischen Nachrichtendienste das Schwergewicht der Pazifikflotte auf die Midway-Inseln ausrichtet. Im Nachgang des nachrichtendienstlichen Versagens der US-Geheimdienste im Vorfeld des Angriffs auf Pearl Harbor, war dies ein mutiger Schritt. Die Actionszenen spielen typisch für die Filme von Roland Emmerich eine wichtige Rolle. Auch wenn die Actionsequenzen nicht ganz an die produktionstechnische Qualität aus früheren Filmen heranreichen. Auf einer ästhetischen Ebene haben viele der Flugsequenzen die Optik des digitalen Spiels übernommen. Dies gilt vor allem für die Kameraperspektiven direkt hinter den Flugzeugen.
Der Prolog des Films beginnt mit einem Rückblick in die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg. Die japanische Motivation für die Konfrontation mit den USA wird geschildert. Der Vordenker des japanischen Angriffsplans, Admiral Yamamoto, warnt bei einem diplomatischen Bankett die amerikanische Delegation davor Japan durch Sanktionen von wichtigen Rohstoffen abzuschneiden. Auf der Ebene der Suche nach den Kriegsmotiven ist der Film zumindest oberflächlich bemüht den japanischen Gegner nicht als stereotypen Bösen darzustellen.
Die erste große Gefechtsszene zeigt den Angriff auf Pearl Harbor am 7. Dezember 1941. Dies beweist die Wichtigkeit von Pearl Harbor für die amerikanische Erinnerungskultur. Bietet der Angriff auf Pearl Harbor ein starkes Narrativ aus amerikanischer Perspektive für den Eintritt in den Zweiten Weltkrieg. Der Film stellt den Pazifikkrieg als eine amerikanische Geschichte des Aufstiegs als siegreiche Nation dar. Militärisch war die USA den japanischen Streitkräften anfänglich unterlegen. Tatsächlich konnte die USA erst im Verlauf des Zweiten Weltkriegs zur Weltmacht aufsteigen. Die Handlung des Films hat somit auch Ähnlichkeiten zum narrativen Konzept der Heldenreise.
Die folgende Handlung thematisiert die amerikanischen Bemühungen diesen Nachteil auszugleichen. Durch fortschrittliche Funktechnik gelingt es den USA die japanischen Flottenbewegungen zu durchschauen. Mit überlegener Taktik können erste Gegenschläge gegen die japanische Flotte durchgeführt werden. Mit dem „Doolittle-Raid“ im April 1942 wird ein zentrales Ereignis des Pazifikkrieges filmisch dargestellt. Der Angriff einer kleinen amerikanischen Bomberflotte auf Tokio richtete wenig Schaden an, hatte aber weitreichende psychologische Auswirkungen für den weiteren Kriegsverlauf. Der eigenen Verletzlichkeit bewusst, suchte die japanische Flotte eine Entscheidungsschlacht. Die Bedrohung durch auf amerikanischen Trägerschiffen gestarteten Bombern sollte endgültig ausgeschaltet werden.
Am 4. Juni 1942 treffen beide Flotten nahe Midway aufeinander. Keine der beiden Seiten kann zunächst einen Vorteil erzielen. Durch den Mut die japanischen Trägerschiffe aus der Luft anzugreifen, gelingt den USA die Wende in der Schlacht. Begünstigt wird dies durch japanische Konfusion. Zunächst Teilen die japanischen Streitkräfte ihre Flotte auf und senken ihre Kampfkraft. Die japanische Flotte verschwendet Zeit durch einen mehrfachen Wechsel der Bewaffnung der Flugzeuge.
Das filmische Bild der Schlacht um Midway wird als amerikanischer Heldenmut dargestellt. Die Aufopferung des eigenen Lebens ist unfreiwillig so überhöht, dass es an die verzweifelten Kamikaze-Angriffe japanischer Flugzeuge gegen Kriegsende erinnert. Im Film ist das Motiv nicht Verzweiflung, sondern die Verteidigung der Freiheit. Für den Kampf gegen die Gegner der Freiheit setzen die amerikanischen Piloten im Film bereitwillig ihre eigene Gesundheit aufs Spiel. Die dargestellte Gewalt ist stark technisiert. Vernichtet werden in der Regel militärische Geräte der gegnerischen Seite. Das inszenierte Sterben von Menschen ist selten zu sehen.
Amerikanischer technischer Fortschritt und überlegene Taktik stoppen den japanischen Vormarsch und wenden das Kriegsglück für die USA. Die Schlacht um Midway war bereits Thema einiger Filme. Bereits 1976 erschien mit „Schlacht um Midway“ eine der bekannteren Produktionen. „Midway – für die Freiheit“ von 2019 erzählt keine neue Geschichte. Auch der Ausgang der Schlacht ist bekannt. Der Schwerpunkt liegt darauf den Weg zu zeigen, wie die USA das militärische Kräfteverhältnis zu ihren Gunsten wendeten.
Das Ende des Films bezieht sich deutlich auf die amerikanische Erinnerungskultur. Die japanischen Streitkräfte erleiden mit vier verlorenen Trägerschiffen eine vernichtende Niederlage (die USA verlieren ein Trägerschiff). Das Bild vom „guten Krieg“ wird mit viel Pathos dargestellt. Trotz aller Widrigkeiten gewinnt am Ende das Gute. Eigene Verluste können damit gerechtfertigt werden, dass dieses Opfer für die gute Sache notwendig war. Auf der positiven Seite bemüht sich der Film um eine neutrale Gegnerdarstellung. Auch wenn natürlich nur Fragmente einer ausgewogenen Darstellung zum Vorschein kommen. Dies ist auch der Art als Unterhaltungsfilm geschuldet. Eine detaillierte Auseinandersetzung mit der Historie des Pazifikkrieges kann von dieser Art der Unterhaltung nicht geleistet werden. Auf einer oberflächlichen Ebene werden alle wichtigen Meilensteine zur Schlacht von Midway dargestellt. Unterhaltung vermischt sich mit historischen Themen. Dieses Anliegen kann zumindest ein geschichtlich eher wenig vorgebildetes Publikum an diese Thematik heranführen.
Autor: Angelo Wiesel