Berlinkrise und Mauerbau. Berlin markierte in den Ost-West-Beziehungen zwischen den Supermächten und den beiden deutschen Staaten seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges einen markanten Kristallisationspunkt. Die Stadt schöpfte ihre Bedeutung jedoch weniger aus sich selbst heraus, sondern aus der Rolle, die sie für den Ost-West-Konflikt spielte. Kraft und Gegenkraft, ausgehend von der BRD, der DDR und deren Verbündeten USA und Sowjetunion stießen hier besonders augenscheinlich zusammen. Vom Beginn der offenen Konfrontation der USA und der Sowjetunion nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges bis zur Wiedervereinigung Deutschlands und dem Wegfallen des Berlinproblems lassen sich an diesem Ort die Dominanz-, Eindämmungs-, Befreiungs-, Konsolidierungs-, Konfrontations- und Entspannungsperioden in der Politik der beiden deutschen Staaten und des Ost-West-Konfliktes betrachten. An Phasen der geschichtlichen Entwicklung seit Kriegsende sollen dabei die oben genannten Kategorien untersucht und eingeordnet werden.
Das Phänomen der Mauer, die zweifelhaftes Wahrzeichen und Mahnmal für das geteilte Deutschland wurde, soll dabei als Exkurs analytisch behandelt werden. Die politische Funktion der Mauer, auch im Bezug auf die Problematik der doppelten deutschen Geschichte, die negativen und sofern vorhanden, auch die positiven Folgen dieses deutschen Bauwerkes, sollen dabei einer näheren Betrachtung unterzogen werden.
Phasen der Entwicklung der Berlinproblematik
Die Entstehung von West- und Ost-Berlin
Am 12. September 1944 einigten sich die Alliierten im „Londoner Protokoll über die Besatzungszonen in Deutschland und die Verwaltung von Groß-Berlin“ über die Teilung Berlins in einen englischen, amerikanischen und sowjetischen Sektor und die Einrichtung einer interalliierten Regierungsbehörde, der „Kommandantur“. Diese Kommandantur sollte dem Alliierten Kontrollrat unterstehen, der als Regierungsbehörde der Siegermächte die oberste Gewalt in Deutschland ausüben sollte.[1] Diese Londoner Vereinbarung wurden von den Alliierten Regierungschefs auf der Konferenz von Jalta im Februar 1945 nochmals ausdrücklich gebilligt.[2] Am 1. Juli 1945 räumten die USA die von ihnen in Sachsen und Thüringen eroberten Gebiete und zogen gemäß den Vereinbarungen in Berlin ein. Zuvor waren Bemühungen der Westmächte, die Sowjetunion zu veranlassen, die Bildung des französischen Sektors mit Gebietsabtritten zu unterstützen, gescheitert.
Als die Westmächte schließlich am 11. Juli 1945 in den Westsektoren der Stadt die Befehlsgewalt im Rahmen der Alliierten Kommandantur in Berlin übernahmen[3], erwartete sie eine mißliebige Überraschung. In Berlin hatte schon einen Tag nach der Kapitulation der deutschen Truppen, die von Moskau unterstützte „Initiativgruppe“ unter der Leitung Walter Ulbrichts mit dem Aufbau von Verwaltung, Parteien und Gewerkschaften begonnen. Der bereits wieder funktionsfähige Verwaltungsapparat in Berlin war in seinen Schlüsselstellungen fast durchgehend von Kommunisten besetzt.[4] Es gelang jedoch in kurzer Zeit die entsprechenden Stellen neu zu besetzen und die Verwaltung in den Westalliierten Besatzungszonen entsprechend umzuformen. Während die Sowjetunion den von ihr gebildeten Magistrat der Stadt unterstützte, verfolgten die Westmächte mit der Stärkung ihrer Bezirksverwaltungen eine genau entgegen gerichtete Politik. Die im November 1945 in den Westsektoren eingerichteten Verwaltungsgerichte ermöglichten die Überprüfung von Magistratsverordnungen anhand demokratischer Rechtsgrundsätze. Während in den Westsektoren die Zurückdrängung des sowjetischen Einflusses fortschritt, konnte die KPD ihren Einfluß im Ostsektor rasch ausbauen. Ihren mangelnden Rückhalt in der Bevölkerung sollte die Vereinigung mit der SPD zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands beseitigen. Der sofortige Zusammenschluß der beiden Parteien, der am 21./22. April 1946 erfolgte, wurde in den Westsektoren jedoch bei einer Urabstimmung von der Mehrheit der SPD Mitglieder verhindert.
Das Scheitern der Tagung des Außenministerrates im März und April 1947 über Fragen der Einheit Deutschlands, der Ruhrgebietskontrolle und der Reparationen sowie der tiefe ökonomische Einbruch in diesem Jahr verstärkten im westlichen Lager die Krisenerscheinungen. Am 5. Juni 1947 verkündeten die USA den Marshall-Plan zum Wiederaufbau der europäischen Staaten. Nach der Ablehnung amerikanischer Unterstützung durch die osteuropäischen Staaten, schien es, als ob sich die deutsche Frage durch die wirtschaftliche Übermacht der Westgebiete lösen lassen könnte. Auf Beschluß des Berliner Magistrats wurde am 15. Januar 1947 der britische und amerikanische Sektor Berlins wirtschaftlich der Bizone angeschlossen. Firmen in den Westsektoren nahmen bevorzugt Geschäftsbeziehungen zum Westen auf und schränkten ihre Beziehungen zum Ostsektor der Stadt immer mehr ein. Im Gegenzug versuchte die Sowjetunion den Westmächten ihre Anwesenheit in Berlin zu verleiden. Behinderung der Versorgung der Westsektoren, Beschlagnahmungen von westlichen Zeitungen, Behinderung des Verkehrs und Verhaftungen von amerikanischem Militärpersonal waren an der Tagesordnung. Als schließlich im Juni 1947 Ernst Reuter (SPD) seinen Parteigenossen Ostrowski wegen dessen angeblicher Konzessionspolitik gegenüber der UdSSR als Oberbürgermeister ablöste, reagierte die Sowjetunion mit offener Ablehnung und einer politischen Überprüfung aller Bezirksbürgermeister im Ostsektor.
Das weitere Schicksal Berlins entschied sich jedoch auf übergeordneter Ebene. Nach dem Scheitern der Londoner Außenministertagung im November und Dezember 1947 erfolgte auf westlicher Seite in der Frankfurter Konferenz vom 7./8. Januar 1948 der Beschluß zur Erweiterung der deutschen Bizonenverwaltung, der Einrichtung einer Länderkammer, eines obersten Gerichtshofes und einer Emissionsbank. Die sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) reagierte am 12.2.1948 darauf mit der Gründung einer deutschen Wirtschaftskommission für die Verwaltung der sowjetischen Besatzungszone. Mit dem Beitritt der französischen Gebiete zur Trizone am 20.2.1948 war die wirtschaftliche Teilung Deutschlands faktisch besiegelt. Die politischen Konsequenzen aus der fortschreitenden ideologischen und gesellschaftlichen Entzweiung Deutschlands wurden auf beiden Seiten etwa einen Monat später gezogen. Während am 17./18. März 1948 sich im Osten ein „Deutscher Volksrat“ mit der Ausarbeitung einer Verfassung für eine Deutsche Demokratische Republik befaßte, begannen im Westen einen Tag später die Verhandlungen über einen Zusammenschluß der drei Westzonen zu einem einheitlichen Staatswesen. Während im Westen die Frage nach dem Sitz der Regierung des zu schaffenden Staates noch lange ein Streitpunkt blieb, war im Osten die politische Entscheidung der Hauptstadtfrage schon gefallen. Der Verfassungsentwurf des „Deutschen Volksrates“, der die DDR-Verfassung ausarbeitete sah Berlin, die ehemalige Hauptstadt des Deutschen Reiches, weiter eindeutig als Hauptstadt ganz Deutschlands vor.[5]
In Berlin verschärften sich ab April 1948 die Zustände. Zuvor hatte am 20. März Marschall Sokolowski den Alliierten Kontrollrat verlassen und damit die gemeinsame Viermächte-Verwaltung Deutschlands zum Erliegen gebracht.[6] Die sowjetische Militäradministration erließ in der Folgezeit eine Reihe von Reise-, Zugangs- und Transportbeschränkungen für Waren und Personen der Westzonen. Am 16. Juni 1948 verließ der sowjetische Vertreter die Berliner Kommandantur, um deutlich zu machen, daß Berlin ein Teil der sowjetischen Besatzungszone sei. Auf die Ankündigung einer Währungsreform für die westlichen Besatzungszonen am 18.6.1948 erklärte der sowjetische Militärgouverneur Sokolowski, daß ganz Berlin wirtschaftlich ein Teil der Sowjetzone sei und die Einführung einer neuen Währung nicht geduldet werde.[7] Als Druckmittel wurde ab dem 19.6.1948 der Passagierzugverkehr, sowie die Autobahnverbindungen für Zivilgüter und -personen von der Sowjetunion unterbunden. Doch keine der beiden Seiten war bereit zum Nachgeben. Als Miniatur des praktisch geteilten Deutschlands kursierten ab dem 24.6.1948 in Berlin zwei Währungen. Zum einen die DM-Ost, die von der Sowjetunion überraschend am 22./23.6 eingeführt wurde, zum anderen die DM-West, die als Konzession an die Sowjetunion zur ihrer Verwendung in Berlin ein zusätzliches „B“ als Aufdruck erhielt.[8]
Nachdem deutlich geworden war, daß die Westmächte sich nicht hindern ließen, ihre Besatzungszonen zur Bundesrepublik Deutschland zusammenzufassen, konnte die Sowjetunion deren Sektoren in Berlin als Faustpfand benutzen. Am 24.6.1948 erfolgte die vollständige Blockade aller terrestrischen Verkehrswege von und nach Berlin.[9] Marschall Sokolowski erklärte, daß die Alliierte Kommandantur praktisch aufgehört habe als ein Organ für die Verwaltung der Stadt zu existieren. Der Berliner Magistrat hatte in dieser Situation keinerlei Handlungsspielraum mehr. Befehle und Gegenbefehle der Besatzungsmächte hoben sich auf, ein Befolgen von Anordnungen der einen Seite hatte Repressalien der anderen zur Folge. Doch der Widerstandswille der Westberliner Bürger zeigte sich bald in spontanen Demonstrationen.
Der amerikanische Stadtkommandant verkündete dadurch bestärkt am 24.6.1948, daß die Vereinigten Staaten nur durch einen Krieg aus Berlin vertrieben werden könnten. Präsident Truman befahl am folgenden Tag die Verlegung von B-29 Atombombern nach Deutschland und die Aufnahme einer Luftbrücke zur Versorgung Berlins. Fortan erfolgte die Versorgung der 2 Millionen Westberliner mit Versorgungsgütern durch die einzige offene Verkehrsverbindung. Von den Westberlinern nahmen nur etwa 100.000 das östliche Angebot an, sich im Ostsektor Karten zu besorgen, um dort Lebensmittel und Kohle zu kaufen.[10] Während die Sowjetunion die Ausdehnung ihrer Verantwortlichkeit auf alle Sektoren unter Berufung auf die Zerstörung der Einheit Deutschlands durch die Westmächte forderte, versteiften diese sich auf die Beibehaltung der westlichen Verantwortlichkeit im Rahmen der Viermächteverwaltung ganz Berlins. In der Sowjetunion mußte man sich bald das Scheitern der Blockade eingestehen. Sie hatte bei den Westmächten nur zu einer weiteren Solidarisierung mit der Stadt und ihren Bewohnern geführt. Durch die Schutzgarantien für Berlin hatte sich das Verhältnis der Bevölkerung in West-Berlin und den Westzonen zu den Westalliierten grundlegend gewandelt. Besonders die USA wurden jetzt als Schutzmacht gegenüber dem expansiven Vorgehen der Sowjetunion empfunden. Am 4. Mai 1949 fand sich die Sowjetunion im New Yorker Viermächte-Abkommen bereit, die Blockade zu beenden.[11]
Westliche Konzessionsangebote bezüglich der Währungsfrage in West-Berlin in den folgenden drei Monaten blieben ohne Erfolg, da die Sowjetunion die Berlin-Frage mittlerweile von der Entstehung eines Westdeutschen Staates abhängig machte. Dennoch wählte die mittlerweile in den Westteil umgesiedelte Stadtverordnetenversammlung unter Abwesenheit der SED-Fraktion fünf beratende Vertreter für den Parlamentarischen Rat, der gemäß den „Frankfurter Dokumenten“ das Grundgesetz erarbeiten sollte.
Ende November 1948 war die Teilung Berlins in ein Berlin-West und ein Berlin-Ost nahezu vollendet, nachdem auch der Magistrat gespalten oder aus dem Ostsektor vertrieben worden war und die Integration der Trizone in die westeuropäische Gemeinschaft immer offensichtlicher wurde. Am 2. Dezember 1948 erhielt ein im Ostteil neu gebildeter Magistrat die alleinige Anerkennung des sowjetischen Stadtkommandanten, während die Westmächte ausschließlich den alten, jetzt im Westteil regierenden Magistrat als legitim anerkannten. Die Spaltung Deutschlands in zwei Teilgebiete hatte auch zur Aufteilung Berlins in zwei Stadthälften geführt.
Während die Westmächte versuchten, das Viermächtestatut in ganz Berlin zu bewahren, versuchte die Sowjetunion als Reaktion auf die Einigung der westdeutschen Zonen, ihre ehemaligen Alliierten aus der Stadt zu verdrängen. Mit diesem Gegensatz wurde den meisten Gesamtberliner Institutionen die Existenzgrundlage entzogen und die gesellschaftliche Spaltung der Stadt vorbereitet.
Die Integration der Berlinteile in West und Ost (1949-1953)
Die Situation in Berlin in den Jahren 1949 bis 1952 war von der Integration des Westteils in die Bundesrepublik und die des Ostteiles in die Deutsche Demokratische Republik geprägt. Gleichzeitig erfolgte die Einbindung der beiden deutschen Staaten in die west- bzw. osteuropäische Staatengemeinschaft.
Die Blockade Berlins hatte den Entschluß der Westmächte beschleunigt, in den Westzonen einen neuen, freiheitlichen Staat entstehen zu lassen. Im Gegensatz zur Situation in der Ostzone wurde aufgrund des Status von Berlin, die Stadt als möglicher Sitz einer westdeutschen Regierung ausgeschlossen. Für die Westdeutschen Verfassungsväter stellte sich jedoch die Frage, wie es möglich sei, die als Insel in der SBZ liegende Stadt in die neue westdeutsche Republik zu integrieren. Schon am 9.2.1949 hatte der Parlamentarische Rat beschlossen, Berlin als zwölftes Bundesland in den Geltungsbereich des Grundgesetzes einzubeziehen, mußte sich jedoch nach einem Einspruch der Westmächte mit einer beratenden Funktion der Berliner Abgeordneten zufriedengeben.[12] Ziel dieser Bemühungen war die wirtschaftliche und gesellschaftliche Integration der Westsektoren in die BRD. Wirtschaftliche Vergünstigungen, die ab März 1949 in Kraft traten, sollten der Berliner Wirtschaft helfen, die Wettbewerbsnachteile auszugleichen, welche ihr durch die periphere Lage ihres Standortes erwachsen waren. Nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland am 21.9.1949 und dem Entstehen der DDR nur wenig später stellte sich für die westdeutsche Republik die Frage, inwieweit es möglich war, sich gegen den Anspruch der DDR abzugrenzen, Berlin als Hauptstadt Deutschlands zu bezeichnen. Mit diesem vordergründig die Einheit Deutschlands betonenden Element wurde jedoch indirekt der Führungsanspruch der SED für ganz Deutschland deutlich.
In der BRD setzte sich unter mehreren Anwärtern für den Regierungssitz Bonn schließlich gegen seine westdeutschen Mitbewerber durch. Die Vermeidung der Hauptstadtfrage im Grundgesetz sowie die Verwendung des Begriffs „Regierungssitz“ statt „Hauptstadt“ für die rheinische Stadt sollten ebenso wie die Verabschiedung des Grundgesetzes statt einer Verfassung, den provisorischen Charakter des neuen Staates betonen.
Obwohl die Berliner Verfassung Berlin als ein Land der BRD bezeichnet, konnte aufgrund alliierten Protestes die rechtliche Eingliederung der Stadt in die BRD nur über einen Umweg geschehen.[13] Der Nichtigkeitserklärung der Westmächte betreffend alle Teile, in denen Bundesrecht in Berlin automatisch gelten sollte, begegnete das Berliner Abgeordnetenhaus darin mit einer formalen Umgehung des Problems. Am 12.6.1952 wurde das Gesetz in Berlin übernommen, so daß man jetzt „freiwillig“ das Bundesrecht anerkannte. Mit diesem Gesetz, das auch der Stadt den Anspruch auf Bundeshilfe garantierte, erhielt Berlin zwar nicht formell, jedoch in juristischer und wirtschaftlicher Hinsicht den Status eines Bundeslandes. Der Generalvertrag zwischen der BRD und den Westmächten vom 26. Mai 1952, in dem das Besatzungsstatut in wesentlichen Teilen aufgehoben wurde, bildete den nächsten Schritt zur formellen Integration der Stadt in Westdeutschland. Das Abkommen übertrug der BRD die Verantwortung, für die Lebensfähigkeit der Stadt aufzukommen und legitimierte Bundesbehörden, West-Berlin nach außen hin zu vertreten. Als Reaktion auf dieses Abkommen ordnete der DDR-Ministerrat am selben Tag die Errichtung eines Kontroll- und Sperrgürtels zwischen West-Berlin und der DDR, die Schließung der aus den Westsektoren in die DDR-Bezirke führenden Straßenübergänge und die Unterbrechung der Telefonverbindungen zwischen den beiden Teilen der Stadt an.
Mit dem Scheitern der Berlinblockade war auch auf sowjetischer Seite offensichtlich geworden, daß es nicht gelingen würde, das Entstehen eines westdeutschen Separatstaates zu verhindern.[14] Auch der sowjetische Anspruch, die Westsektoren Berlins gehörten zur Besatzungszone der UdSSR konnte zumindestens in der praktischen Politik nicht mehr aufrechterhalten werden. Das Gesetz zur Einziehung von Vermögenswerten der Kriegsverbrecher und aktiven Mitglieder der nationalsozialistischen Partei leitete im Februar 1949 die Integration von Ost-Berlin in die sowjetische Zone ein. Darüber hinaus folgte auf Anweisung des Magistrates die Enteignung von Banken, Versicherungsunternehmen, Grundstücksgesellschaften und Grundeigentümern.
Die Delegierten zum dritten Volkskongreß wurden Mitte Mai 1949 sowohl in der sowjetischen Besatzungszone als auch in Berlin (Ost) gewählt. Nach der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik am 19.7.1949, übergab die Sowjetunion die Verwaltungsfunktionen an die deutschen Organe.[15] Auch in der Frage der Zugehörigkeit des Ostteiles zur DDR bestand eine Situation analog zu der im Westen. Die DDR-Führung versuchte die Sowjetunion davon zu überzeugen, daß die rechtlichen Besonderheiten Berlins Zug um Zug abgebaut werden sollten und daß insbesondere Ost-Berlin immer mehr ein integraler Bestandteil der DDR werden sollte. Da die DDR nur an die positiven deutschen Traditionen anknüpfte und sich selbst als den Inbegriff des Bruchs mit der „schlechten“ deutschen Geschichte sah, ergaben sich für die Führung keinerlei moralische oder politische Skrupel, die ehemalige Hauptstadt des Deutschen Reiches zur sozialistischen Hauptstadt Deutschlands zu machen. Obwohl die DDR-Verfassung aus dem Jahre 1949 nicht Ost-, sondern Gesamtberlin als Hauptstadt Deutschlands nannte,[16] galt sie aufgrund des Viermächtestatus nicht im Ostteil der Stadt.[17] Damit Gesetze, die von der Volkskammer erlassen worden waren, in Berlin (Ost) Gültigkeit erlangten, bedurfte es eines speziellen Übernahmeaktes durch den Magistrat. Ebenso wie ihre westdeutschen Kollegen hatten auch die Abgeordneten, die von Berlin aus in die Volkskammer geschickt wurden, kein Stimmrecht, sondern nur beratende Funktion. Dennoch wurde im November 1953 angeordnet, daß die bis dahin ausgestellten deutschen Personalausweise ersetzt wurden und für die Bevölkerung des Ostteiles der Stadt die Personalausweise der DDR zur Ausgabe kamen.[18] Im Gegenzug zu den Bemühungen, den Sonderstatus von Ost-Berlin abzubauen, erfolgten Maßnahmen, um den Status der Stadt im Bewußtsein der DDR-Bürger zu manifestieren. Im Zuge der noch nicht geklärten Identitätsfrage im sozialistischen Teil Deutschlands wurde Berlin nicht nur als Verwaltungszentrum, sondern auch als kultureller Mittelpunkt ausgebaut, um auch in dieser Beziehung geistiges Zentrum des Landes zu werden. Das verzweifelte Bemühen um Abgrenzung konnte auch in den geänderten Straßenschildern erkannt werden, die als zusätzliche Angabe die Aufschrift: „Berlin. Hauptstadt der DDR“ trugen.
Berlin als Schauplatz politischer und gesellschaftlicher Konfrontation (1949-1957)
Mit der Gründung der BRD und der DDR war die Teilung Deutschlands auch staatlich zementiert worden. Im Verlauf der Außenministerkonferenz in Paris vom 23.5 – 20.6.1949 über die deutsche Frage zeigte sich das westliche Bewußtsein, die Kraftprobe um Berlin gewonnen zu haben, aber auch die geringe Verständigungsbereitschaft der beiden Seiten. Dem sowjetischen Vorschlag zur Bildung eines gesamtdeutschen Staatsrates und einer gesamtberliner Wahl, begegneten die Westmächte mit dem Angebot, das Grundgesetz auf die sowjetische Besatzungszone zu übertragen.[19]
Seit der Luftbrücke stand die Westberliner Bevölkerung unverrückbar auf westlicher Seite. Insbesondere die Dankbarkeit gegenüber den Amerikanern, die in den Augen der Berliner die Existenz der Stadt gesichert hatten, prägte die Mentalität der Bürger auf lange Zeit. Nur unter dem Schutz der Westmächte schien eine antikommunistische, demokratisch-pluralistische Gesellschaftsordnung bestehen zu können. Dies bestätigten auch die Vorgänge in Osteuropa, wo sowjetische Marionettenregierungen schon überwiegend die Macht übernommen hatten und am Aufbau von autoritären sozialistischen Systemen arbeiteten. Diese Erfahrung und das damit geschaffene Weltbild beeinflußten in den folgenden Jahren auch die Westdeutsche Gesellschaft wesentlich. Westdeutsche Ängste vor sowjetischen Expansionsbestrebungen fanden bei Betrachtung des Brennpunktes Berlin Bestätigung und Berechtigung, gleichzeitig wurde die Stadt aber auch ein Symbol des erfolgreichen Widerstandes gegen den Kommunismus.
Im östlichen Teil Deutschlands entwickelte sich ein genau gegenläufiges Weltbild. In einem konsequent antifaschistischen Selbstverständnis sah man sich als Staat der Opfer des Nationalsozialismus oder zumindest als der Staat, in dem der wahre und gute Deutsche, der aus dem Faschismus gelernt hatte, sich am friedlichen Aufbau Deutschlands beteiligte. Diesem Weltbild der DDR stellte sich das Feindbild der in ihren Augen imperialistischen USA und der BRD entgegen, in der profit- und kriegslüsterne Kapitalisten das Volk unterdrückten. Für die DDR galt es vor allem, Einkreisungsversuchen und Unterwanderungen durch diese Kräfte zu widerstehen. Setzt man dieses Bewußtsein voraus, so schien es offensichtlich zu sein, daß alleine der Westen die Teilung Berlins verschuldet hatte und im Falle einer Wiedervereinigung der Stadt oder des ganzen Landes nur die Übernahme der Gesellschaftsform der DDR in Frage käme. Die Bildung dieses Weltbildes wurde mit dem Integrationsprozeß von Ost-Berlin in die DDR deutlich unterstützt. Berlin sollte, durch massive Aufbauleistungen begünstigt, seinen alten Symbolwert als Hauptstadt ganz Deutschlands wiedergewinnen und diesen dem Westen vor Augen halten. Das Fernziel dieser Berlin-Politik der DDR war die Schaffung von Voraussetzungen, um eines Tages West-Berlin in die DDR einzugliedern. In der Bevölkerung der DDR fand dieses Weltbild jedoch nicht überall Anklang.
Im Gegensatz dazu manifestierte sich im Bewußtsein der Bevölkerung der BRD der Symbolgehalt von West-Berlin als „Leuchtfeuer der Freiheit“. Hier kam Adenauers Politik der Stärke gegenüber der DDR zur praktischen Anwendung. Die unmittelbare Frontstellung gegenüber dem sozialistischen System der DDR eröffnete die Möglichkeit von Berlin aus, den Bürgern des anderen Deutschlands den Unrechtscharakter ihres eigenen Systems vor Augen zu führen. Radiosender, Zeitungen, sowie spezielle Filmvorführungen für Bewohner Ost-Berlins wurden zu diesem Zweck instrumentalisiert. Letztendliches Ziel dieser Maßnahmen war, die Übernahme einer wirtschaftlich von der BRD erdrückten, von der politischen Unzufriedenheit der eigenen Bürger zerrütteten DDR. Damit wäre es auch erstmals gelungen nicht nur die kommunistischen Expansionsbestrebungen aufzuhalten, sondern eine wichtige Schlüsselstellung in Europa für den Westen zurückzugewinnen. Adenauers konsequent antikommunistische Haltung, die von der Mehrheit der Bevölkerung der BRD und Berlins mitgetragen wurde, ließ im Bezug auf das Ziel seiner Berlinpolitik somit wenig Handlungsspielraum.
Ausgestattet mit diesen weitgehend gefestigten Negativ- und Feindbildern folgte der Kampf der beiden Gesellschaften um die Konsolidierung des eigenen Machtbereiches und die Eroberung desjenigen des Gegners. Welch wichtige Bedeutung Berlin für den gegenseitigen Unterminierungskampf hatte, wurde an der Äußerung des regierenden Bürgermeisters deutlich, der 1951 Berlin (West) als „Pfahl im Fleische“ der DDR und als „Türklinke“ bezeichnete mit der das Tor nach Osten aufgestoßen werden könne.[20] Die Verankerung der BRD im Westen, die mit Beitritt zur EVG am 11.7.1951 geschah, sollte für eine derartige Politik die nötige Absicherung schaffen.
Während in der BRD am 22.1.1951 die KPD verboten wurde, erreichten die Aktivitäten der DDR bezüglich einer deutschen Einigung ein Maximum. Die Forderungen nach der Einheit Deutschlands, die man jetzt als Kampfmittel gegen den Westen einsetzte, wurden in vielfältigen Deutschland-Treffen, Kundgebungen, Arbeitskreisen und Unterschriftenaktionen laut. Am 30.11.1950 richtete sich der DDR Ministerpräsident Otto Grotewohl mit einem Brief an Bundeskanzler Adenauer, in dem er die Aufnahme von Verhandlungen über einen gesamtdeutschen Konstituierenden Rat vorschlug. Adenauer lehnte die Vorschläge zwei Wochen später ab, da die geforderte paritätische Besetzung des Rates mit Vertretern beider Staaten, der SED einen ungerechtfertigten Vorteil verschafft hätte.[21] In einer Antwort an Grothewol machte er den Gegenvorschlag von freien Wahlen zu einem Gesamtdeutschen Parlament, die unter internationaler Kontrolle stattfinden sollten. Das zentrale Element der freien Wahlen als Voraussetzung für eine deutsche Wiedervereinigung sorgte für die Ablehnung des Vorschlages durch die nicht demokratisch legitimierte Führung der DDR und sollte der entscheidende Punkt für das Scheitern aller ähnlichen Verhandlungen in der Zukunft werden.
Die Sowjetunion schlug schließlich am 10.3.1952 den Westmächten einen Entwurf über die Grundlagen eines Friedensvertrages mit Deutschland vor. In diesem Entwurf wurde die Wiederherstellung eines einzigen Staates in Deutschland, der Abzug aller Besatzungstruppen nach einem Jahr, keine Beschränkungen der deutschen Wirtschaft, die Festlegung der deutschen Grenzen entsprechend dem Potsdamer Abkommen, die Neutralisierung Deutschlands, den Besitz nationaler Verteidigungskräfte, das Verbot antidemokratischer Organisationen und die Aufnahme Deutschlands in die UNO vorgeschlagen. Das Angebot wurde jedoch von den Westmächten und der Bundesregierung kategorisch als Propagandatrick abgelehnt.[22]
In Berlin waren Sowjetunion und DDR nach der Niederlage in der Blockade zu einer Politik der Nadelstiche übergegangen. Mit Behinderungen und Schikanen versuchte sie den Ausbau der Stadt zu einem „Schaufenster des Westens“ zu verhindern. Straßenbenutzungsgebühren für Zivilreisende von und nach Berlin, sowie Schikanen bei der Einreise in den Westteil der Stadt verdeutlichten den Menschen die Situation. Der beginnende Aufbau einer festen Grenze zeigte sich in einem bis zu fünfundzwanzig Meter breiten abgeholztem Grenzstreifen zwischen BRD und DDR, aber auch zwischen der DDR und West-Berlin. Nur die Grenze zwischen den Teilen Berlins blieb zunächst unkontrolliert, obwohl die Anzahl der Verbindungsstraßen stetig abnahm.
Der Unterschied des Lebensstandards zwischen Ost und West hatte in der DDR einen erheblichen ideologischen Einfluß auf große Teile der Bevölkerung. Es war der Führung nicht gelungen, das DDR-eigene Weltbild so stark in der Bevölkerung zu verankern, daß widrige Lebensumstände ohne weiteres hingenommen wurden. Als am 28.5.1953 die wichtigsten Arbeitsnormen um mindestens 10% angehoben wurden, kam es zu Unruhen. Am 16.6.1953 protestierten Bauarbeiter in der Berliner Stalinallee durch Arbeitsniederlegung gegen die Normerhöhungen. Nachdem die Regierung nicht gewillt war, mit den Demonstranten zu sprechen, wurde für den nächsten Tag der Generalstreik ausgerufen. 350.000 Arbeiter traten am 17. Juni in Streik und auch in anderen Städten der DDR kam es zu Protestkundgebungen. Als sich zeigte, daß die DDR Behörden die Kontrolle über die Geschehnisse zu verlieren begannen, verhängte die Sowjetunion gegen Mittag den Ausnahmezustand und schlug die Demonstrationen nieder. Die Grenze zwischen Berlin (Ost) und Berlin (West) wurde für drei Wochen hermetisch abgeriegelt.
Die Ereignisse des 17. Juni 1953 hatten gezeigt, daß die Westmächte nicht bereit waren, auf Seiten der Aufständischen militärisch in der DDR einzugreifen, obwohl deutlich wurde, daß die SED-Führung der DDR bereit war, ihren unberechtigten Machtanspruch mit allen Mitteln zu verteidigen. Mit einer deutlichen Anhebung des Lebensstandards versuchte man in der DDR daraufhin, den offensichtlich verlorenen Rückhalt in der Bevölkerung wiederzuerlangen. Allerdings intensivierte sie ihre Überlegungen, gegen West-Berlin vorzugehen, da die von dort agierenden „imperialistischen Geheimdienste“, „Agentenzentralen“ und Rundfunksender maßgeblich an den Unruhen beteiligt gewesen seien.[23]
Nachdem die Westmächte im Herbst 1954 die Pariser Verträge ausgearbeitet hatten, schien eine deutsche Einigung nicht mehr in Reichweite.[24] Nach dem Beitritt der BRD zur Nato und der Wiederbewaffnung Westdeutschlands ging die Sowjetunion 1955 zur Propagierung der Zweistaatentheorie über und bot der BRD die Normalisierung der Beziehungen an.
Auf bundesdeutscher Seite griff eine Ernüchterung über das Bekenntnis der Westmächte zur deutschen Einheit um sich und man beschloß, selbst die Initiative zu ergreifen, um die eigene Stellung in West-Berlin zu stärken. Ab dem 17. Juni 1953 fand eine stärkere politische und wirtschaftliche Hinwendung zu Berlin statt. Es galt gerade die von der DDR bestrittene formelle Zugehörigkeit des Westteiles der Stadt zur BRD herauszustellen. Aus diesem Grunde erfolgte schon am 17.7.1954 in Berlin (West) demonstrativ die Wahl des Bundespräsidenten, der seine Präsenz auf Schloß Bellevue deutlich verstärkte. Bundestags- und Ausschußsitzungen, die nun immer öfter in Berlin tagten, wurden meist von Provokationen von Seiten der DDR beantwortet. Am 6.2.1957 erklärte der Bundestag Berlin zur Hauptstadt Deutschlands, und das Bundesverfassungsgericht entschied am 21.5.1957, West-Berlin sei ein Land der Bundesrepublik und dementsprechend gelte dort auch das Grundgesetz.[25] Nur wenig später erfolgte die Reaktion des Ostens. Im Vertrag vom 20.9.1955 wurde Berlin (Ost) formell der Jurisdiktion der DDR unterstellt.[26] Damit hatten beide Teile der Stadt wieder einen Teil ihrer Sonderstellung verloren und waren in die Fronten der beiden deutschen Staaten eingebunden worden.
Berlinkrise und Mauerbau (1957-1961)
Der DDR-Führung war es trotz umfangreicher Propagierung der Einheit Deutschlands, der Ausnutzung von Ost-Berlin als Symbol für die Einheit Deutschlands und der Unterstützung oppositioneller Kräfte in der BRD nicht gelungen, den westdeutschen Staat zu destabilisieren. Im Westen glaubte die überwiegende Mehrheit, die Einheit Deutschlands könne in absehbarer Zeit nur durch die Einverleibung der DDR realisiert werden. Die Westberliner sahen sich mehr denn je als „Vorposten der Freiheit“ und „Schaufenster des Westens“. In der DDR gab man die Bemühungen, die Bundesrepublik über eine Konföderation für den Sozialismus zu gewinnen, mehr und mehr auf. Als 1956 Unruhen in Polen und Ungarn die Instabilität des sozialistischen Lagers deutlich machten, wandte man sich einer Absicherung der inneren Stabilität zu. Um die hohen Flüchtlingszahlen einzudämmen, verabschiedete die Volkskammer am 11.12.1957 ein Gesetz, in dem die Republikflucht unter Strafe gestellt wurde. Der Reiseverkehr zwischen den deutschen Staaten wurde weiter erschwert, Bundesbürger brauchten fortan eine Aufenthaltserlaubnis, um in die DDR reisen zu können.
Das sowjetische Ultimatum vom November 1958
Schon am 11.8.1958 hatte die Sowjetunion in einem Schreiben an die USA gegen die Einbeziehung von West-Berlin in völkerrechtliche Verträge der BRD protestiert. Dies verstoße sowohl gegen den rechtlichen Status von Berlin (West), als auch gegen die Tatsache, daß Ost-Berlin die Hauptstadt der DDR sei.[27] Nachdem alle Versuche, ohne Absperrmaßnahmen die Flüchtlingsströme einzudämmen, gescheitert waren, konkretisierten sich auf sowjetischer Seite die Überlegungen, Berlin (West) als destabilisierenden Faktor zu neutralisieren. Chruschtschow machte deshalb in seiner Note vom 27.11.1958 den Vorschlag, Berlin (West) zu einer „Freien Stadt“ zu erklären, entmilitarisiert und von der BRD unbeeinflußt.[28] Mit diesem Schritt sollte der relativ offene Fluchtweg aus der DDR verschlossen werden.[29] Um die Dringlichkeit einer Lösung der Berlinfrage zu betonen, drohte Chruschtschow, einen separaten Friedensvertrag mit der DDR zu schließen, wenn sich die Westmächte nicht binnen sechs Monaten zu ernsthaften Verhandlungen bereit erklärten. In diesem Falle fiele die Kontrolle über die Zufahrtswege von und nach Berlin unter die Zuständigkeit der DDR.
Die östliche Perzeption der Funktionen West-Berlins
Obwohl in den sowjetischen Noten vom November 1958 das Flüchtlingsproblem und seine wirtschaftlichen Folgen für die DDR nicht ausdrücklich genannt wurden, so machten jedoch Formulierungen wie „Wühlarbeit“ deutlich, wie das Problem auf östlicher Seite gesehen wurde. Dem Westen wurde vorgeworfen, durch Ausnutzung des Viermächte-Status der Stadt, „die Schädigung der Sowjetunion, der Deutschen Demokratischen Republik und der anderen sozialistischen Länder“[30] zu betreiben. Besonders in der Sicherheitsfrage sah man sich durch diesen westlichen Vorposten bedroht, insbesondere, da man im Osten den Westteil der Stadt als ein „Sprungbrett für die gegen die sozialistischen Länder, gegen die DDR und die UdSSR gerichtete forcierte Spionage-, Diversions- und sonstige Wühlarbeit“[31] sah. Daß die Themen „Wühlarbeit“ und Massenflucht aus der DDR in einer Kausalbeziehung gesehen wurden, zeigt die immer wieder vorgetragene These, die Abwanderung sei ein Ergebnis der „Abwerbung“ durch westliche Stellen und nicht eine Folge der inneren Verhältnisse der DDR. Dementsprechend unterstützte die DDR-Führung die sowjetischen Vorschläge energisch. Ministerpräsident Otto Grotewohl erklärte, daß es das Beste sei, „wenn die Westsektoren Berlins mit seinem demokratischem Teil vereinigt würden, damit die DDR ihre Souveränität auch auf diesem Teil ihres Territoriums ausüben könnte“[32]. Letztendlich stellte West-Berlin mit seiner politisch exponierten Lage für die SED-Führung einen bedeutenden Störfaktor in den Bemühungen dar, die DDR zu einer geschlossenen sozialistischen Gesellschaft zu machen.
Die westliche Perzeption der Funktionen West-Berlins
Obwohl der Flüchtlingsstrom im Wesentlichen die Folge des ökonomischen und politischen Gefälles zwischen den beiden deutschen Staaten war, so wurden die bestehenden Tendenzen noch von der westdeutschen Politik verschärft, in Berlin eine Position der Stärke zu errichten. Die Anerkennung der DDR stand entsprechend der Hallsteindoktrin[33] außer Frage und die Forderung, Berlin zur Hauptstadt eines wiedervereinigten Deutschlands zu machen, wurde seit der zweiten Hälfte der Fünfziger immer lautstärker. Die innerstädtische Verkehrsfreiheit galt als Essenz des Viermächte-Status ebenso wie die Nichtzugehörigkeit Ost-Berlins zur DDR. Die Teilung war zwar ein Faktum, eine entsprechende Politik aber noch längst kein positives und dem politischen Gegner bekanntgegebenes Programm.[34] Folgerichtig wurde der Westteil der Stadt als „Schaufenster“, „Leuchtturm“ und „Pfahl im Fleische der DDR“ benutzt, um das ostdeutsche Regime zu destabilisieren und auf diesem Wege die Wiedervereinigung zu erreichen.
In einer weiteren Note vom Januar 1959 schlug die Sowjetunion vor, innerhalb der nächsten zwei Monate eine Friedenskonferenz einzuberufen, in der ein Friedensvertrag mit den beiden deutschen Staaten ausgearbeitet und unterzeichnet werden sollte.[35] Obwohl die Westmächte die sowjetischen Noten in einer gemeinsamen Erklärung zurückwiesen, zeigten sie sich doch zu weiteren Verhandlungen bereit. Auf der Außenministerkonferenz in Genf, die mit Unterbrechungen vom Mai bis August tagte, nahmen außer den vier Mächten erstmals auch Vertreter beider deutscher Staaten teil. Obwohl beide Seiten von ihren Maximalforderungen bezüglich Deutschland und Berlin abrückten, scheiterten die Verhandlungen an der Aufrechterhaltung der vom Westen eingenommenen Rechtsposition für West-Berlin und deren sowjetischer Ablehnung.
In der Mitte des Jahres 1960 spitzten sich die wirtschaftlichen und politischen Probleme in der DDR zu. Formell knüpfte das Wirtschafts- und Gesellschaftssystem zwar an die sozialistischen, solidarischen Ideen der Arbeiterbewegung an, doch die politische Diktatur, Rechtsunsicherheit und fehlende Freiheiten verzerrten diese Ideen.[36] Bürokratische Ineffizienz, aber auch Reparationen und Mißwirtschaft behinderten das Wirtschaftswachstum beträchtlich. Die Fixierung der DDR-Bürger auf die Bundesrepublik mit ihrer freiheitlich parlamentarischen Demokratie und ihrem „Wirtschaftswunder“ sorgte für eine rasch ansteigende Zahl der Flüchtlinge. Den Handwerkern, die im Frühjahr den staatlichen Kollektivierungsbemühungen entgehen wollten, folgten im Sommer überwiegend die Vertreter der Intelligenz.[37]
Das Politbüro der SED reagierte auf die Zuspitzung der Lage mit der Ausweitung der parteilichen Machtbefugnisse. Nach Beschlüssen des Politbüros und des Staatsrates im Juli 1960 wurde bindend bestimmt, daß die Staatsorgane die Beschlüsse der SED auszuführen hätten. Dies bedeutete, daß die SED nunmehr ihr Machtmonopol total durchsetzte und sich alle Autorität staatlicher Macht völlig unterordnete. Ulbricht ging es dabei nicht um die zeitweilige Maßnahme eines Krisenmanagements, sondern darum, die Krise zu nutzen, um den Machtanspruch des Politbüros langfristig in solch absoluter Art im politischen System der DDR zu verankern wie es in den fünfziger Jahren wegen des Widerstandes der Blockparteien nicht möglich gewesen war. Folgerichtig vervielfachte sich der Parteiapparat der SED in kurzer Zeit, um seiner Weisungsbefugnis gegenüber den staatlichen Organen nachkommen zu können.[38] Daß die politische Motivation Ulbrichts in der zweiten Berlinkrise allein auf Machterhalt ausgelegt war, zeigte sich auch in der Abschaffung des Präsidentenamtes der DDR zugunsten eines Staatsrates, dessen Vorsitzender er im September 1960 wurde. Da Ulbricht außerdem Erster Sekretär der ZK der SED war und sich im Februar 1960 zum Vorsitzenden des Verteidigungsrates hatte wählen lassen, war ihm die Okkupation entscheidender Machtpositionen gelungen. Es erfolgte eine bis dahin nicht gekannte Unterordnung, Konzentration und Gleichschaltung aller politischen Führungsinstanzen und -kräfte des Landes unter dem Ersten Sekretär des ZK der SED. Diese Position galt es in der Krise, mit allen Mitteln zu verteidigen.
Der U2-Zwischenfall[39] im Mai 1960 führte zu einer dramatischen Verschlechterung der amerikanisch-sowjetischen Beziehungen und brachte die Gefahr eines globalen Krieges in greifbare Nähe. Vor dem Hintergrund dieser weltpolitischen Konstellation wurde auch die Lösung der Berlin-Frage für die DDR immer dringlicher. Von 1955 bis 1960 waren schon 1.340.878 Bewohner der DDR in den Westen geflüchtet, wovon alleine 667.667 das Notaufnahmeverfahren in West-Berlin beantragt hatten.[40] Die DDR-Führung förderte durch ihre harte Politik die Fluchtbewegung. Gegen angebliche „Menschenhändler“ wurden immer schwerere Strafen ausgesprochen. Die Regierung wandte sich nervös gegen die angeblichen „verbrecherischen Abwerbungsaktionen“ des Westens, waren doch 50 Prozent der Flüchtlinge unter 25 Jahren.[41] Bis zum Ende des Jahres wurde Berlin zum Schauplatz eines deutsch-deutschen „Kleinkrieges“. Die DDR versuchte mit Drohungen gegen Bundestagssitzungen in West-Berlin, der Sperrung des Zugangs nach Ost-Berlin für fünf Tage anläßlich der Tagung der Landsmannschaften in Berlin und der Einführung des Passierscheinzwanges für Bundesdeutsche beim Besuch des Ostsektors herauszubekommen, wie weit sie die Empfindlichkeit der Westmächte gegen Restriktionen innerhalb Berlins herausfordern konnte.[42] In der Bundesrepublik reagierte man mit Empörung und rang sich nach einiger Zeit zu einem schwerwiegenden Entschluß durch. Am 30. September 1960 kündigte die Bundesregierung das Interzonen-Handelsabkommen mit der DDR und stellte damit über zehn Prozent der Gesamtimporte der DDR in Frage.[43] Obwohl die Kündigung gegen Jahresende zurückgenommen werden mußte, da sie indirekt die Versorgung Berlins gefährdete, war die wirtschaftliche und politische Wirkung immens. Die Sanktionen hatten die DDR schwer getroffen und ihr die eigene Abhängigkeit von der BRD vor Augen geführt. Die „Widerrufsklausel“, welche dem Vertrag bei seiner Wiederinkraftsetzung eingefügt wurde, führte dem sozialistischen Staat seine Abhängigkeit klar vor Augen.[44]
Der neugewählte amerikanische Präsident Kennedy sah sich einer sich anbahnenden Auseinandersetzung gegenüber, die mit allen Mitteln psychologischer, diplomatischer und wirtschaftlicher Kriegführung geführt wurde. Im Laufe der Vorbereitungen zum amerikanisch-sowjetischen Gipfeltreffen in Wien, das am 3. und 4.6.1961 stattfinden sollte, wiederholte Chruschtschow seine Drohungen gegen den Status von West-Berlin, um die Vereinigten Staaten in der Frage der Eindämmung der Flüchtlingsströme zum Handeln zu bewegen. Das Treffen endete jedoch ergebnislos und mit der sowjetischen Drohung eines separaten Friedensvertrages mit der DDR, der in den Augen Chruschtschows ein Erlöschen der westlichen Besatzungsrechte in Berlin zur Folge gehabt hätte. Kennedy machte im Gegenzug deutlich, daß die USA die Verweigerung westlicher Rechte in Berlin als kriegerischen Akt ansehen würden und keinesfalls bereit seien, auf drei essentielle Punkte zu verzichten: Das Recht auf Anwesenheit in Berlin, die Zugangsrechte zur Stadt und die Lebensfähigkeit von Berlin (West) wurden unter der Bezeichnung „three essentials“ zur obersten Maxime der amerikanischen Politik in Berlin. In den folgenden Monaten erfolgte auf beiden Seiten ein Wechselspiel von militärischen Maßnahmen, Absichtserklärungen und verbalen Drohungen, um die Gegenseite von der Unhaltbarkeit ihrer Verhandlungspositionen zu überzeugen.
Auf Seiten der DDR-Führung ergriff Walter Ulbricht am 15.6.1961 auf einer Pressekonferenz die Initiative. Im Hinblick auf die nach West-Berlin strömenden Flüchtlinge forderte er die Schließung des Flüchtlingslagers in Marienfelde, den Verzicht der Stadt auf Gewährung politischen Asyls sowie die Schließung diverser Rundfunkanstalten und des Flughafens Tempelhof. Auf die Frage:
„Bedeutet die Bildung einer freien Stadt Ihrer Meinung nach, daß die Staatsgrenze am Brandenburger Tor errichtet wird? Und sind Sie entschlossen, dieser Tatsache mit allen Konsequenzen Rechnung zu tragen?“, antwortete er dabei mit seinen berühmt gewordenen Worten: „Ich verstehe Ihre Frage so, daß es in Westdeutschland Menschen gibt, die wünschen, daß wir die Bauarbeiter der Hauptstadt der DDR dazu mobilisieren, eine Mauer aufzurichten. Mir ist nicht bekannt, daß eine solche Absicht besteht. […] Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten“.[45]
Obwohl genau dieses Zitat nach dem Bau der Mauer der BRD die Möglichkeit gab, der DDR nach Belieben den Spiegel der „Verlogenheit“ vorzuhalten, läßt sich jedoch bis heute nicht schlüssig beweisen, daß Ulbricht bewußt die Unwahrheit sagte. Aufgrund der wirtschaftlichen Probleme und der hohen Flüchtlingszahlen mußte Ulbricht in kurzer Zeit eine Lösung finden. Doch ist nicht auszuschließen, daß er zu diesem Zeitpunkt noch an einen Verhandlungserfolg der Sowjetunion mit ihren Friedensvertragsplänen glaubte.[46] Selbst wenn für ihn erweiterte Grenzkontrollen unumgehbar schienen, konnte er den Entschluß einer vollständigen Abriegelung der Grenzen nicht im Alleingang fällen.
Vom 3.-5.8.1961 trafen sich die Ersten Sekretäre der Zentralkomitees der kommunistischen und Arbeiterparteien der Mitgliedsländer des Warschauer Paktes in Moskau. Auf der Konferenz, auf der speziell die Deutsche Frage und das Berlin-Problem behandelt wurden, erhielt Ulbricht die politische Zustimmung der UdSSR für seine Absperrpläne Ost-Berlins. In der Nacht vom 12. auf den 13.8.1961 errichteten Volkspolizei und NVA entlang der quer durch Berlin verlaufenden Sektorengrenze Stacheldrahtverhaue und Steinwälle, die in der folgenden Zeit zu einer durchgehenden Mauer ausgebaut wurden. Gleichzeitig wurden Polizei- und Armee-Einheiten in Ost-Berlin eingesetzt, um Demonstrationen zu verhindern. Die Sowjetunion hatte der Regierung der DDR die Verfügung über den Ostsektor Berlins in allen wesentlichen Teilen übergeben und es gestattet, daß Truppen der DDR in Ost-Berlin einrückten und daß DDR-Behörden einseitig die innerstädtischen Verkehrsverbindungen blockierten.[47] Fortan war Berlin als Fluchttor für DDR-Bürger versperrt, die DDR abgeriegelt.
Die Situation nach dem Mauerbau
Die Errichtung der Absperrmaßnahmen kam für Bundesregierung, Berliner Senat und Westalliierte überraschend. Obwohl Bundeskanzler Adenauer am Abend des 13. August im Fernsehen zu Ruhe und Besonnenheit aufrief, blieb die Situation unübersichtlich. Die Westalliierten zeigten demonstrative Gelassenheit und fanden sich nicht bereit, mehr als eine Beobachtung der Aktivitäten an der Grenze einzuleiten. Diese viel kritisierte Zurückhaltung der Westmächte, aber auch der Bundesregierung nach der Abriegelung der Grenze, resultierte daraus, daß man mit noch sehr viel weitergehenden Maßnahmen rechnete. Gefürchtet wurde nicht nur ein Aufstand in der Ostzone mit unkalkulierbaren Auswirkungen, sondern auch ein unmittelbares Vorgehen der DDR gegen die Verbindungswege nach West-Berlin. Bis dahin hatte die DDR nur zu Mitteln gegriffen, welche die Rechte der Westmächte in Berlin nicht verletzten. Auf westalliierter Seite ging man davon aus, daß ein zu brüskes Vorgehen gegen die Absperrmaßnahmen der Sowjetunion nur einen willkommenen Anlaß für Blockademaßnahmen oder für die Einnahme Berlins gegeben hätte.[48] Noch 1948 war die atomare Unverwundbarkeit der USA eine entscheidende Trumpfkarte gewesen, doch die Aufrüstung beider Seiten mit Interkontinentalraketen hatte ein atomares Patt der Supermächte ergeben.
Die Stimmung der Bürger in Berlin brach indessen vollends zusammen. Empörung, Enttäuschung über die Untätigkeit des Westens und die Furcht vor einer ungewissen Zukunft führten zu großen Protestkundgebungen. Schließlich sandte der Regierende Bürgermeister von Berlin, Willy Brandt, einen Brief an Präsident Kennedy, dessen Inhalt und Diktion deutliche Schritte unausweichlich machten.[49] Aber erst als diese auch für den auf Hochtouren laufenden Bundestagswahlkampf bedeutsame negative Entwicklung schon offenbar war, ergriff man in Bonn und Washington psychologische Gegenmaßnahmen. Der Deutsche Bundestag wurde zu einer Sondersitzung einberufen, um eine Erklärung des Bundeskanzlers entgegenzunehmen, in der er die DDR scharf verurteilte.[50] Präsident Kennedy ordnete eine demonstrative Verstärkung der amerikanischen Truppen in Berlin an und sandte Vizepräsident Lyndon B. Johnson und General Lucius D. Clay zu einem Blitzbesuch nach Bonn und Berlin. Johnson, Clay und die Soldaten wurden von der Berliner Bevölkerung stürmisch begrüßt. Die Depression wich einer neuen Zuversicht in die Entschlossenheit des Westens, in Berlin zu bleiben und direkter Aggression zu begegnen.
Die Reaktionen in der DDR waren wider Erwarten außerordentlich vielfältig. Manche DDR-Bürger hofften auf das Versprechen der SED-Propaganda, daß es sich um vorläufige Maßnahmen bis zum Abschluß des Friedensvertrages handele, andere fühlten sich erleichtert, weil nun die DDR nicht weiter ausbluten konnte. Sie gingen davon aus, daß bei hohen Wachstumsraten die BRD in einigen Jahren doch noch in der Arbeitsproduktivität überholt werden könnte.[51]
Doch die Errichtung der Mauer bedeutete noch nicht das Ende der zweiten Berlinkrise, da Chruschtschow weiterhin versuchte, seine Ziele durchzusetzen. Ab 23.8.1961 spitzte sich die Auseinandersetzung zwischen Ost und West weiter zu. Die Sowjetunion bestritt in einer Note an die Westmächte das Recht der Alliierten auf freie Benutzung der Luftkorridore nach West-Berlin. Auf beiden Seiten erfolgte die Verstärkung der Streitkräfte in Europa. Doch erst nachdem der sowjetische Versuch der Stationierung von Mittelstreckenraketen in Kuba gescheitert war, lenkte Chruschtschow ein und erklärte, daß die Sowjetunion nicht weiter auf dem 31.12.1961 als Termin für die Unterzeichnung des Friedensvertrages bestünde. Das Ende der Kuba-Krise am 28. Oktober bedeutete daher zugleich das Ende der Berlin-Krise.[52] Die konzeptionelle Peripetie bestand darin, daß die Existenz West-Berlins einerseits und die Existenz der Mauer andererseits stillschweigend als vorerst unveränderbare Bestandteile des Status quo anerkannt wurden. In der Phase nach der Kuba-Krise ging es nun darum, den Berlin-Konflikt auch vertraglich „einzukapseln“ und die beiden deutschen Staaten mit ihren spezifischen Sonderkonflikten in den internationalen Prozeß einzubeziehen.
Die Bedeutung des Mauerbaus für die DDR
Mit der Errichtung des „Antifaschistischen Schutzwalles“[53] war in den Augen der DDR der „Krisenbrandherd Berlin“ unter zuverlässige Kontrolle gebracht worden. In offiziellen Darstellungen wurde dabei immer die volle Unterstützung der Bevölkerung für die Errichtung der Absperrmaßnahmen betont:
„Die Mehrheit der Werktätigen der DDR begrüßte und unterstützte die Sicherungsmaßnahmen. Zahlreiche Berliner besuchten in den darauffolgenden Tagen die im Einsatz befindlichen Angehörigen der Bewaffneten Organe. Delegationen aus Betrieben und viele einzelne Bürger brachten Geschenke und Blumen, um auf diese Weise ihren Dank auszudrücken. […] Durch die Sicherung der Staatsgrenze war es nun nicht mehr möglich, die Werktätigen um die Früchte ihrer eigenen Arbeit zu bringen und die DDR ungestraft auszuplündern.“[54]
Die Bundesrepublik war auf sich selbst zurückgeworfen worden und die DDR konnte sich konsolidieren, denn erst die Mauer gab Ulbricht die volle Gewalt über die Bürger seines Staates.[55] Damit bestand für die DDR-Führung die gleiche Ausgangsposition wie für andere kommunistische Regierungen: Die Menschen, die nicht mehr einfach abwandern konnten, weil ihnen jede Form demokratischen Mitwirkens in der DDR verwehrt wurde, mußten sich mit dem Regime arrangieren. Es gab nun keine Alternative mehr zur Anpassung an den sozialistischen Staat und seine Gesellschaft. Das Bewußtsein, auf unabsehbare Zeit eingesperrt zu sein, machte viele Menschen in der DDR „mauerkrank“. Abgrenzungskampagnen konnten weder verwandtschaftliche Beziehungen zertrennen noch das Gefühl für nationale Zusammengehörigkeit beseitigen. Wirkte der Mauerbau 1961 noch auf eine Konsolidierung der DDR und den Machterhalt der SED hin, so wirkte sich die Mauer letztendlich traumatisch für die DDR aus.
Nach dem Ende dieser zweiten Berlin-Krise hatte sich auf östlicher Seite auch der Eindruck durchgesetzt, daß die Westbindung der Stadt zumindest kurzfristig nicht lösbar war. Das Nahziel der Berlin-Politik der DDR wurde fortan, den Hauptstadtanspruch des Ostteils der Stadt durchzusetzen und gleichzeitig die Bindungen West-Berlins an die Bundesrepublik Deutschland in Frage zu stellen. Aus diesem Grunde folgten ab 1963 immer deutlichere Proteste gegen die Präsenz des Bundes in Berlin.
Die Bedeutung des Mauerbaus für die BRD und West-Berlin
Der Mauerbau war für die westdeutsche Politik ein tiefer Einschnitt. Konrad Adenauers deutschlandpolitische Konzeption hatte den größten Schlag erhalten. Die „Politik der Stärke“, die Vorstellung, das System der DDR sei durch Druck von außen zu verändern, schien gescheitert. Aufgrund seines harten politischen Kurses gegenüber den realistischeren Ansätzen Kennedys, geriet der Bundeskanzler immer mehr ins Kreuzfeuer der Politik. Der junge amerikanische Präsident hatte erkannt, daß dem Westen keine kurzfristige Möglichkeit blieb, den Bau der Mauer rückgängig zu machen und plädierte für die Erhaltung des „status quo“ auf der Grundlage seiner nach wie vor bestehenden „three essentials“ um einen „modus vivendi“ zu finden. Dies beinhaltete aber auch die Annahme der Mauer als Faktum, um politischen Spielraum für die Zukunft zu gewinnen. Das Scheitern Adenauers Politik der Härte gegenüber der DDR spiegelte sich auch bei den Wahlen am 17. September 1961 wider, als die CDU ihre absolute Mehrheit verlor, und Adenauer Chruschtschow der Wahlkampfhilfe für Willy Brand bezichtigte.[56]
Doch die Existenz der Mauer gab auch Ansatzpunkte zu einer Neuorientierung der Ost-Politik. Egon Bahr, der Leiter des Presse- und Informationsamtes des Berliner Senats, entwickelte am 15. Juli 1964 anläßlich eines Referats vor der Evangelischen Akademie in Tutzing die Formel: „Wandel durch Annäherung“. Dahinter verbarg sich die Vorstellung, daß das kommunistische Regime in der DDR aus Angst und Selbsterhaltungstrieb die Mauer errichtet hatte und die Auflockerung der Grenzen durch eine deutsch-deutsche Entspannung möglich werde.[57] Trotz vieler Bedenken, auch in der SPD, fand Bahr Unterstützung bei Willy Brand, der im Februar 1964 Parteivorsitzender der SPD geworden war.
Trotz der Abkehr des offenen Konfrontationskurses gegenüber dem anderen deutschen Staat, wurden Berlin und die Mauer jedoch zum zentralen Integrationselement für die Gesellschaft der BRD. Die Mauer machte das gemeinsame „Feindbild“ aller Westdeutschen möglich, bot eine einfache, leicht zu verstehende politische Positionsbestimmung für jeden an. Westlich der Mauer existierte die BRD mit ihrer freiheitlich demokratischen Grundordnung, östlich davon, getrennt von einem unmenschlichen Bauwerk, errichtet von einem undemokratischen System, lag die DDR und hielt ihre eigenen Bürger gefangen. Diese hier recht simplifizierte Darstellung wurde bis zum Ende der DDR mehrfach abgewandelt und relativiert, behielt jedoch aufgrund ihrer zutreffenden Kernaussage immer Aktualität.
5. Erste Entspannungstendenzen nach Ende der 2. Berlinkrise (1962-1964)
Mit dem Ende der 2. Berlinkrise und dem Bau der Mauer hatte sich der Ost-West-Konflikt auf weltpolitischer Ebene deutlich entspannt. USA und Sowjetunion respektierten ihre jeweiligen europäischen Situationen und suchten nach Möglichkeiten den Zustand vertraglich zu fixieren. Für die beiderseitigen Positionen in Berlin bedeutete dies, daß eine Übereinkunft gefunden werden mußte, die es West-Berlin erlaubte, abgesichert durch enge Beziehungen zur Bundesrepublik Deutschland und den Westmächten, seine Brennpunktfunktion aufzugeben. Für Ost-Berlin bedeutete solch eine Übereinkunft die faktische Bestätigung der Zugehörigkeit zur DDR und die Anerkennung seiner Hauptstadtfunktion.
Die politische Führung von West-Berlin leitete nach dem Bau der Mauer einen langsamen Umdenkungsprozeß ein, welcher der Bevölkerung behutsam klar machen sollte, daß sich die westlichen Garantien nur auf den Westteil der Stadt bezogen und die Hoffnungen und Illusionen der letzten Jahre weitgehend verloren waren. Berlin sollte eine „Brückenfunktion“ zwischen Ost und West erhalten und die Kommunikation zwischen den Völkern Ost- und Westeuropas ermöglichen. Dennoch galt es den meisten West-Berlinern nach wie vor als unverzeihliche Naivität oder Unverfrorenheit, Gesprächsbereitschaft mit dem Osten zu zeigen. Der regierende Bürgermeister von West-Berlin, Willy Brandt begann mit seiner „Politik der kleinen Schritte“, die mit einer Kontaktaufnahme zu östlichen Behörden, vor allem den Berliner Bürgern praktische Erleichterung bringen sollte. Der Besuch Präsident Kennedys im Juni 1963 stützte Brandts Politik und beendete die Vertrauenskrise zu den Westmächten.[58] Er schaffte es nicht nur mit seiner „Ich bin ein Berliner“-Rede, das trotzige „dennoch“-Gefühl der Bevölkerung wiederzubeleben, sondern verknüpfte auch die Existenz der Mauer mit der Einheit Deutschlands.
„Die Mauer ist die abscheulichste und stärkste Demonstration für das Versagen des kommunistischen Systems. Die ganze Welt sieht dieses Eingeständnis des Versagens. […] Was von Berlin gilt, gilt von Deutschland: Ein echter Friede in Europa kann nicht gewährleistet werden, solange jedem vierten Deutschen das Grundrecht einer freien Wahl vorenthalten wird. In sechzehn Jahren des Friedens und der erprobten Verläßlichkeit hat diese Generation der Deutschen sich das Recht verdient, frei zu sein, einschließlich des Rechtes, die Familien und die Nationen in dauerhaftem Frieden wieder vereint zu sehen im guten Willen gegen jedermann.“[59]
In diesen Worten spiegelte sich die Grundüberzeugung nicht nur des amerikanischen Präsidenten, sondern auch der Westdeutschen Regierung wieder, daß allein die Mauer das Scheitern des sozialistischen Oststaates verhindere. Ihre Existenz machte die undemokratische Struktur eines Systems offensichtlich, dessen Führung als letztes Mittel sein eigenes Volk internierte, um abgeschlossen von störenden Einflüssen eine sozialistisch autoritäre Herrschaft zu errichten. Obwohl es zu diesem Zeitpunkt noch nicht unbedingt absehbar war, ob die Mauer als notwendige Bedingung für die Existenz der DDR auch in der Zukunft ihre Berechtigung haben würde, so erhielten hier doch Mauer- und Einigungsfrage ihre enge Verknüpfung, die sie bis zur Lösung beider Probleme auch behalten sollten.
In der westdeutschen und westberliner Politik erleichterte die Mauer die eigene moralische Standortbestimmung. Solange die Mauer bestand, konnte jedem demokratie- und freiheitsliebenden Bürger der Welt klar werden, auf welcher Seite Freiheit und auf welcher Unterdrückung herrschte. Entsprechend diesem Punkt an dem die moralische Überlegenheit des Westens so deutlich zu Tage trat, wurden bis zum Fall der Mauer unzählige ausländische Gäste, Politiker und Staatsoberhäupter an die Mauer in Berlin geführt.
Doch eine alleinige Konzentration auf Konfrontation aus moralischer Überlegenheit machte humanitäre Verbesserungen in der unerträglichen Situation Berlins fast unmöglich. Erst nach den Senatswahlen von 1963, in der erstmals SPD und FDP eine mehrheitsfähige Koalition erreichten, konnte der neue Senat vom harten politischen Kurs gegenüber der DDR abweichen. Trotz der Umstrittenheit dieses politischen Kurswechsels zeigten sich bald erste Resultate. Nach mühsamen Verhandlungen mit der Regierung in Ost-Berlin konnte im Dezember des gleichen Jahres mit der DDR ein Passierscheinabkommen ausgehandelt werden, das es den West-Berlinern erstmalig nach Schließung der Grenze erlaubte, den Ostteil der Stadt wieder zu besuchen; ein Paradebeispiel für die Möglichkeit, durch das Ausklammern gegensätzlicher Grundsatzpositionen humanitäre Angelegenheiten zu verwirklichen.[60]
Der DDR-Führung im Osten war es mittlerweile gelungen, die Abneigung der Bevölkerung von Ost-Berlin gegenüber der DDR-Provinz abzubauen und auf die Entwicklung eines Hauptstadtbewußtseins zu wenden. Mit erheblichen finanziellen und propagandistischen Mitteln wurde der Wiederaufbau des alten preußischen Berlins vorangetrieben. In den fünfziger Jahren hatten die Westmächte eine „Zuordnung“ Ost-Berlins zur DDR stillschweigend in dem Maße hingenommen, in dem sie selbst die „Zuordnung“ West-Berlins zur Bundesrepublik für geboten hielten. Sie erhoben Einwände immer nur dann, wenn die östliche Seite weiter ging als die westliche, z.B. als im Januar 1962 die allgemeine Wehrpflicht auch in Ost-Berlin eingeführt wurde. Seit Beginn der sechziger Jahre war die DDR bemüht, bei allen politischen Sprachregelungen die Hauptstadtrolle Ost-Berlins hervorzuheben.
Obwohl die DDR-Führung bis zum Oktober 1962 noch gehofft hatte, daß der Bau der Mauer destabilisierend auf das Bewußtsein der Westberliner wirken würde, erklärte Ulbricht beide Staaten sollten ihre Lehren aus dem Kubakonflikt ziehen. Nach einer Auseinandersetzung mit den sowjetischen Parteiführern hatte Ulbricht zuvor von seinen Maximalforderungen bezüglich Berlin abrücken müssen. Das auf dem 6. Parteitag der SED verabschiedete Programm vom 18.1.1963 drohte nicht mehr mit einem Friedensvertrag und auch das Konzept der Freien Stadt Berlin war endgültig fallengelassen worden.
Nach dem Bau der Mauer war es der SED zunächst gelungen, die Stärkung der Ökonomie in den Vordergrund zu rücken. Es gelang ihr tatsächlich mit einer groß propagierten Produktionskampagne eine wirtschaftliche Aufbruchsstimmung in der DDR erzeugen. Mit dem Weichen der unmittelbaren Existenzangst lockerte die Staatsführung ihr Regime. Für Universitäten und Künstler erschloß sich ein bisher nicht gekannter Freiraum für ihr Schaffen. An diesem Punkt stellte sich die Frage, ob in Auseinandersetzung mit den Sonderinteressen der bürokratischen Apparate der SED und der Blockparteien sowie des Staates es möglich sein würde, die Wirtschaftsreform in Einheit mit einer Reform des politischen Systems durchzuführen. Nur solch eine moderne DDR hätte die Chance gehabt, in absehbarer Zeit die Mauer überflüssig zu machen.[61]
6. Berlin als Ort deutsch-deutscher Koexistenz (1964 -1972)
Bis 1966 waren weitere wichtige Schritte in Richtung auf eine Konfliktbeseitigung in Mitteleuropa getan worden. CDU und CSU hatten sich bereiterklärt, auf die sowjetisch-amerikanische Politik der Konfliktbeseitigung einzuschwenken, um die unter den Regierungen Adenauer und Erhard entstandene Isolierung der BRD in Ost und West aufzubrechen.[62] Unter der Großen Koalition begannen erste Gespräche mit der Regierung der DDR, die jedoch vorerst ohne Erfolg blieben.
Verhandlungen der Bundesregierung mit der Sowjetunion über einen Gewaltverzicht im Jahre 1967 scheiterten insbesondere daran, daß man auf östlicher Seite Berlin als dritten Staat auf deutschem Boden ansah, und sich genötigt fühlte, in Berlin der demonstrativen Bundespräsenz entgegenzutreten. So verbot die DDR-Regierung am 10.3.1968 Mitgliedern der NPD die Benutzung der Transitstrecken und ordnete am 13.4.1968 an, daß Ministern und leitenden Beamten der Bundesregierung die Benutzung der Transitstrecken nicht mehr gestattet werden kann.[63] Schließlich erfolgte am 5.3.1969 der Visazwang für alle transitreisenden Bundes- und Berlin-Bürger. Diese Reaktion auf die steigende Bundespräsenz in West-Berlin kann um so eher verstanden werden, als daß in der seit April geltenden DDR-Verfassung, in Artikel 1, Berlin ausdrücklich als Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik und nicht mehr ganz Deutschlands bezeichnet wurde.[64]
Die im Oktober 1969 gebildete sozialliberale Koalition in Bonn nutzte im Zuge der weltpolitischen Entspannung die Möglichkeit, auch die Beziehungen zum Osten weiter auszubauen. Willy Brandts Ostpolitik, die letztendlich von Bahrs „Mauererfahrung“ beeinflußt war, konnte nun endlich zur Anwendung kommen. So wurden schon am 12. August 1970 das Gewaltverzichtsabkommen der BRD mit der Sowjetunion, der Moskauer Vertrag und am 7. Dezember 1970 der Warschauer Vertrag abgeschlossen. Parallel zu diesen Verhandlungen hatten sich im März bzw. im Mai 1970 Bundeskanzler Brandt und Ministerpräsident Stoph in Erfurt bzw. in Kassel zu Gesprächen getroffen. Da die Bundesregierung jedoch entscheidenden Wert darauf legte, daß Verhandlungen zwischen der DDR und der BRD über den Berlin-Verkehr auf der Grundlage der bestehenden Verantwortung der Vier Mächte für die Sicherung des Berlin-Zugangs erfolgen müssen, formulierte sie im Zusammenwirken mit den Westmächten ein Junktim zwischen dem Inkrafttreten des Moskauer Vertrages und einer befriedigenden Berlin-Regelung, die für die westliche Seite unverzichtbarer Ausgangspunkt für Ost-West-Verträge und Entspannung war.[65] Zwar akzeptierte die Sowjetunion kein formelles Junktim, fand sich aber zu Vier-Mächte-Verhandlungen über Berlin bereit.
In der DDR vollzog sich dagegen 1971 die Wende von Walter Ulbricht zu Erich Honecker, nachdem sich herausgestellt hatte, daß der Versuch, die BRD wirtschaftlich zu überholen, gescheitert war und der Kommandosozialismus nicht die Aufgaben der technologischen Umwälzung zu meistern vermochte. Der neue Mann begrub jegliches Reformkonzept. An die Stelle von Ökonomie traten bei ihm Politik und Ideologie. Andererseits wurde in vielen Fragen ein früher nicht gekannter Pragmatismus praktiziert. Honecker erkannte den Vorsprung des Westens an. Neue Überholversuche wurden nicht mehr erwogen. Top-Funktionäre der Partei und höhere Offiziere in den Militär- und Sicherheitsapparaten bedienten sich in Sonderläden für Ost-Mark mit Waren, die für die Bevölkerung nicht ohne weiteres zugänglich waren.[66] So entstanden verschiedene Kategorien Privilegierter, und sozialpsychologische Spannungen waren unvermeidlich. Es stellte sich die Frage, wie lange noch große Teile der Bevölkerung an die „Überlegenheit des Sozialismus“ würden glauben können. Die Politik Honeckers, mit den Mitteln der Sozialpolitik sein konservatives System zu stabilisieren, führte zu einer eklatanten Vernachlässigung der Akkumulation in der DDR-Wirtschaft und damit zum langfristigen Abbau der wirtschaftlichen Grundlagen der DDR. Angesichts dieser Situation war die DDR-Führung einerseits bereit, mittels „humanitärer“ Zugeständnisse vor allem in Berlin wirtschaftliche Zuwendungen aus der BRD zu erreichen, andererseits versuchte das marode Regime dabei unter allen Umständen das Gesicht der Souveränität und der politischen Gleichberechtigung zu wahren. Beide Punkte ließen sich in deutsch-deutschen Abkommen verwirklichen, die dem Vier-Mächte-Abkommen folgten.
Die Unterzeichnung des Vier-Mächte-Abkommens am 3. September 1971 im Berliner Kontrollratsgebäude markierte eine Etappe in den Annäherungen zwischen Ost und West, deren Bedeutung weit über die geteilte Stadt hinausreichte. Das Abkommen war Kernbestandteil der Entspannungspolitik zwischen West und Ost in Europa Ende der sechziger, Anfang der siebziger Jahre. Die Politische Koppelung einer befriedigenden Berlin-Regelung durch die Bundesregierung und ihre westlichen Verbündeten mit einer Ratifizierung der Ostverträge und der Teilnahme an einer KSZE in Form eines Junktims zeigte den hohen Stellenwert dieses Problemfeldes für die Ost-West-Beziehungen.[67]
Es folgte am 17. Dezember das für Berlin besonders wichtige Transitabkommen, das den Transitverkehr zwischen der BRD und Berlin (West) erstmals auf eine völkerrechtliche Basis stellte. Die Vereinbarung vom 20. Dezember 1971 zwischen der DDR-Regierung und dem Senat von Berlin, worin Reise- und Besuchsregelungen, sowie Vereinbarungen über einen Gebietsaustausch festgelegt wurden, brachte eine weitere Entspannung der politischen Lage.[68] Am 21.12.1972 folgte schließlich als vorläufiger Abschluß der Normalisierung des Verhältnisses der Grundlagenvertrag zwischen den beiden deutschen Republiken, in dem vor allem ein Gewaltverzicht und die gegenseitige Anerkennung als eigenständige Staaten ausgesprochen wurde. Man einigte sich ebenfalls über den Austausch von „ständigen Vertretungen“ in Berlin (Ost) und Bonn. Der Begriff „ständige Vertretung“ wurde auf Wunsch der Bundesregierung gewählt, welche die DDR mit der Entsendung eines Botschafters formell als Staat anerkannt hätte. Rechtstechnisch blieb das Berlin-Abkommen jedoch ein Kuriosum, ohne einheitliche Namen, ohne vereinbarten Geltungsbereich, voll umständlich verklausulierter Ortsbezeichnungen und fast nur aus einseitigen Erklärungen bestehend.
Obwohl die DDR-Führung erst nach einer völkerrechtlichen Anerkennung der DDR durch die BRD in Verhandlungen mit der Bundesregierung treten wollte, hatte sie sich der politischen Gesamtkonstellation beugen müssen. Die Sowjetunion war zu sehr an einem Gewaltverzichtsabkommen mit der BRD und an der Festschreibung des Status quo in Europa interessiert und hatte die DDR gedrängt, ihre Vorbedingungen fallenzulassen.[69] Spätestens mit diesem Abkommen wurde deutlich, daß keine der vier Mächte auf ihre Rechte in Berlin verzichten und der DDR die Eingliederung des Westteiles in ihr Staatsgebiet ermöglichen würde.[70] Selbst wenn aufgrund der weiterhin unterschiedlichen Rechtspositionen der Streit über die „richtige“ Auslegung der Verträge nicht ausbleiben konnte, war nach dem Abschluß und Ratifizierung der Verträge der Berlin-Konflikt „eingekapselt“ und als solcher für die Erhaltung eines entspannten Zustandes in Europa nicht mehr bedrohlich.
7. Bewährung der Koexistenz
Auf die zwischen den Großmächten getroffene Vereinbarung zur Konfliktbeseitigung kam ab 1973 in einer sich rasch wandelnden politischen, militärischen und wirtschaftlichen Lage die Bewährungsprobe zu. Vor allem Berlin wurde wieder zum Brennpunkt von Argwohn beider Seiten, der jeweils andere könnte nicht mehr gewillt sein, den Anfang der siebziger Jahre getroffenen Interessenausgleich einzuhalten. Im Juli 1973 erhielt das deutsch-deutsche Verhältnis einen schweren Stoß, als das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil die BRD nicht als „Rechtsnachfolger“ des Deutschen Reiches, sondern als Staat identisch mit dem Deutschen Reich und im Bezug auf seine Ausdehnung teilidentisch mit ihm bezeichnete.[71] Damit waren der de-facto-Anerkennung der DDR im Grundlagenvertrag enge Grenzen gesetzt. Nach diesem Urteil ging die DDR neuen Vereinbarungen mit der BRD zunächst aus dem Weg und wandte sich massiv gegen die Bindungen von West-Berlin an die BRD. Obwohl im Vier-Mächte-Abkommen festgelegt war, daß die Bindungen und Verbindungen zwischen Berlin (West) und der BRD nicht nur fortbestehen, sondern auch „entwickelt“ werden könnten, forderte die SED bald den Abbau der in West-Berlin bestehenden Bundeseinrichtungen. Nach Ansicht der DDR-Führung bezog sich der englisch-russische Originaltext des Abkommens nur auf „Verbindungen“ mit der Stadt und nicht auf „Bindungen“.[72]
Die maximalistische Interpretation der „Bindungen“ Berlins wurde bald in praktische Politik umgesetzt und von der BRD und dem Berliner Senat folgendermaßen begriffen:
„Die Bindungen Berlins an den Bund, vor allem die Einordnung unserer Stadt in das Rechts-, Wirtschafts- und Finanzsystem der BRD sowie die Einbeziehung in die Mitgliedschaft der BRD in den Europäischen Gemeinschaften bleiben Grundlagen für den weiteren Ausbau Berlins. Die Bindungen zu erhalten und im Rahmen des Viermächte-Abkommens zu entwickeln bleibt die zentrale Aufgabe. Dazu gehört auch, daß die Interessen Berlins im Ausland und gegenüber der DDR voll durch die Bundesregierung wahrgenommen werden. Berlin muß auch in Zukunft in alle internationalen Verträge der Bundesrepublik Deutschland einbezogen werden. Einrichtungen des Bundes gehören dann nach Berlin, wenn es sachlich berechtigt ist. Berlin wird als Sitz internationaler Einrichtungen weiter ausgebaut werden.“[73]
Der Abbau von erkennbaren Statusregelungen für den Ostsektor in Bezug auf die DDR lief derweil fast parallel zur verfassungsrechtlichen Bindung der DDR an die Sowjetunion und erreichte mit der Verfassung von 1974 ihren Höhepunkt. Dort wurde in dem neuen 2. Absatz des Artikels 6 festgelegt, daß die DDR für immer und unwiderruflich mit der UdSSR verbunden sei.[74] Während für die BRD die Westbindung verfassungsrechtlich und politisch immer wieder zur Disposition stand, war die Ostbindung für die DDR rechtlich viel stärker abgesichert. Insofern bedurfte die Sowjetunion viel weniger der zusätzlichen Absicherung ihres Einflusses von Berlin aus.[75] Die DDR-Führung verstärkte weiterhin ihre Bemühungen, die letzten Reste eines besonderen Berlin-Status für Ost-Berlin zu beseitigen, um den Hautpstadtanspruch auch aus Legitimationsgründen gegenüber der eigenen Bevölkerung zu betonen und die Vier-Mächte-Verantwortung auf den Westteil der Stadt zu begrenzen. Die DDR nutzte dabei alle Möglichkeiten, den hauptstädtischen Charakter Ost-Berlins nicht nur auf offiziellen Dokumenten, Hinweisschildern etc. herauszustellen. Sie versuchte darüber hinaus, gerade Besuche ausländischer Staatsoberhäupter und Regierungschefs immer wieder zur Aufwertung Ost-Berlins als Hauptstadt zu nutzen. Nach der Volkskammerwahl vom Oktober 1976 erhielten die Abgeordneten von Berlin keinen gesonderten Ausweis mehr. Ab dem 1.1.1977 unterlagen auch Ausländer für Tagesfahrten nach Ost-Berlin einer Visumspflicht. Schließlich nannte sich der „Magistrat von Groß-Berlin“ ab Frühjahr 1977 „Magistrat von Berlin, Hauptstadt der DDR“.[76] Doch trotz all dieser Maßnahmen wurde die DDR bis zuletzt schmerzlich daran erinnert, daß sie über ihre eigene Hauptstadt nicht volle Souveränität besaß und der Sonderstatus der Stadt weiterbestand.
Nachdem der Dritte Zivilsenat des Bundesgerichtshofes am 29.9.1977 die Benutzung der Transitwege durch kommerzielle Fluchthelfer zur Ausschleusung von Flüchtigen als Rechtens ansah, verschärfte die DDR bis Ende Januar 1978 die Kontrollen drastisch. Zur gleichen Zeit wurde auch Bundestagsabgeordneten der CDU der Zutritt nach Ost-Berlin mit der Begründung verweigert, die Partei würde in West-Berlin Aktivitäten unternehmen, welche dem vierseitigen Abkommen widersprächen.[77] Dennoch wurde das Bemühen um Überwindung der unterschiedlichen Standpunkte in der Berlin-Problematik im Laufe des Jahres 1978 an den Kompromißangeboten beider Seiten deutlich.
Deutsch-deutsche Entspannung in den 80’ern
Besonders in den 80’er Jahren entwickelte sich eine deutsch-deutsche Vertragspolitik, welche nicht nur die Situation der Bürger Berlins verbesserte, sondern auch den Westdeutschen zugute kam, die nach Berlin reisen wollten. Die Initiative ging dabei klar von der Bundesregierung aus und fand zum Teil nur widerstrebend die Zustimmung der DDR, die lieber unmittelbar mit dem Berliner Senat verhandelt hätte. So wurden z.B. am 30. April 1980 zwischen der BRD und der DDR mehrere Abkommen zum innerdeutschen Verkehr sowie Fragen des Umweltschutzes unterzeichnet.[78] Auch neue Postvereinbarungen, die zur Verbesserung der Fernmeldeverbindungen zwischen West- und Ost-Berlin führten, wurden am 15. November 1983 vereinbart. Es folgten noch eine Reihe weiterer Verträge, die Verkehrsverbindungen förderten. Im Laufe des Honecker-Besuches in der BRD vom 7. bis 11. September 1987 wurden drei Verträge zum Umweltschutz, Strahlenschutz und Zusammenarbeit auf den Gebieten der Wissenschaft und Technik unterzeichnet, in denen Berlin voll einbezogen wurde.
Dennoch kann die Situation der Stadt deutlich in den Worten von zwei Staatsmännern begriffen werden, welche das Kernproblem der Berlinfrage und der deutschen Teilung hervorhoben. Zum einen war dies der amerikanische Präsident Reagan, der anläßlich seines Berlin-Besuchs 1987 vor dem Brandenburger Tor, Präsident Gorbatschow aufforderte, die Mauer niederzureißen. Zum anderen charakterisierte Richard von Weizsäcker den Zustand der Stadt und der beiden deutschen Staaten anläßlich des 750-jährigen Jubiläums der Stadt treffend mit den Worten: „Die deutsche Frage ist eben offen, solange das Brandenburger Tor zubleibt“.[79]
Der Fall der Mauer und das Ende der Berlinfrage
1989 hatte sich die politische Krise in der DDR drastisch verschärft. Als die ungarischen Behörden am 10./11. September ohne Absprache mit der DDR-Regierung allen Fluchtwilligen, die sich in ihrem Land aufhielten, die Ausreise gewährte, kam es zu einem lawinenartigen Exodus wie einst vor dem Bau der Berliner Mauer 1961. Dieses Loch in der Mauer um die DDR, durch das bis Ende September 25.000 Übersiedler in die BRD gelangten, leitete den Zusammenbruch des DDR-Regimes ein.[80] Analog zur Situation in der Zweiten Berlinkrise, ließen die Flüchtlingsströme ein Ausbluten der DDR in kurzer Zeit vermuten. Die zeitgleich in der DDR stattfindenden Bürgerdemonstrationen gegen das Regime setzten die SED-Führung so weit unter Druck, daß nur noch mit der Schließung der Grenzen zu den „sozialistischen Bruderstaaten“ und rigorosen polizeilichen Maßnahmen der Machterhalt hätte gewährleistet werden können. Doch solch ein Schritt hätte blutige Aktionen nach dem Vorbild des 17. Juni erfordert und die DDR weltweit, auch im sozialistischen Lager isoliert.
Am 9. November 1989 gab das Politbüromitglied Günter Schabowski in einer Pressekonferenz die neue Reisefreiheit für DDR-Bürger bekannt und bestätigte damit das Nachgeben der SED-Führung. Diese Aussage leitete das Ende der Mauer ein. Noch in der selben Nacht sollte die Mauer in Berlin, wo sie 28 Jahre lang ihr unmenschliches Gesicht am offensten gezeigt hatte, ihren Schrecken verlieren. Obwohl für die Reisefreiheit der DDR-Bürger noch keine formellen Regelungen getroffen waren, mußten sich die Grenzposten dem Ansturm tausender Ost-Berliner beugen, die in den Westteil der Stadt strömten und dort begeistert empfangen wurden. Am Brandenburger Tor, bei dem Präsident Reagan im Juni 1987 Gorbatschow aufgefordert hatte, das Tor zu öffnen, erklommen Ost- und Westberliner die Mauer und feierten das Ende der Trennung.
Der faktische Fall der Mauer ermöglichte in den folgenden Wochen Millionen von DDR-Bürgern den Besuch der BRD und West-Berlins, wobei die unmittelbare Anschauung der Lebensverhältnisse die Menschen tief prägte. Die Vorstellungen, die DDR reformieren zu können, wichen bald dem Wunsch nach einer alsbaldigen Vereinigung.[81]
Nach dem Ende der Mauer sollte auch bald Berlin seine exponierte Stellung zwischen den beiden deutschen Staaten verlieren. Den ersten freien Wahlen in der DDR im März 1990 folgte die Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion mit der BRD im Juli desselben Jahres.[82] Am 23. August 1990 stimmte die Volkskammer der DDR für einen Beitritt der DDR zur Bundesrepublik nach Artikel 23 GG und nur wenige Tage später, am 31. August 1990 wurde der Einigungsvertrag unterzeichnet. Auf internationaler Ebene hatte der sowjetische Präsident Gorbatschow im Februar 1990 grundsätzlich der deutschen Vereinigung zugestimmt, wenige Tage später wurde auf der „Open-Skies-Konferenz“ in Ottawa die „Zwei-plus-Vier“ Formel geboren: Die beiden deutschen Staaten verhandelten in der Folge mit den vier ehemaligen Alliierten des Zweiten Weltkrieges über die äußeren Aspekte der deutschen Einheit in einer Serie von Konferenzen, die Anfang Mai in Bonn begann und im September mit der Unterzeichnung des „Vertrages über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland“ endete.[83] Die Regelung der inneren und äußeren Aspekte der deutschen Einheit wurde mit dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik am 3. Oktober 1990 abgeschlossen.
Für Berlin bedeutete dies den Wegfall des Viermächtestatus und aller damit verbundenen Rechte der Alliierten.[84] Der im Jahre 1994 vollendete Abzug aller alliierter Streitkräfte aus der Stadt ermöglichte die vollständige politische Normalisierung der Stadt, deren Probleme sich jetzt vor allem auf wirtschaftliche und soziale Auswirkungen der Vereinigung verlagerten. Berlin hatte seine Funktion als politischer Brennpunkt der Ost-West-Beziehungen im positiven wie auch im negativen Sinne verloren.
An der Frage, ob Berlin, Hauptstadt des Deutschen Reiches und Hauptstadt der DDR, jetzt Hauptstadt eines vereinigten Deutschlands werden solle, entzündeten sich jedoch bald innenpolitische Kontroversen. Befürworter betonten Berlin als einziges mögliches gesamtdeutsches Symbol, während Gegner vor Traditionen des Kaisertums und des Nationalsozialismus warnten, sowie die gigantischen Kosten eines Umzuges von Bonn nach Berlin darstellten. Die Entscheidung der Bundestagsabgeordneten könnte dabei als Sehnsucht nach einem nationalen Symbol betrachtet werden, daß Deutschland in den letzten 50 Jahren seiner Geschichte verwehrt worden war. Berlin steht in seiner neueren Geschichte für Kampf, Selbstbehauptung, Trennung durch Mauer, Wille zur Freiheit und zur Einheit. Damit repräsentiert die Stadt sowohl bestehende als auch neue Ideale, die an der Gründung positiver Traditionen des Wiedervereinigten Deutschland mitwirken können. Damit besteht aber keinesfalls ein Mandat, zentralistisch zu wirken, was unweigerlich zu Reibungen mit dem föderalen System führen würde. Ebenso würde ein Mandat, ein homogenisiertes deutsches Kulturbild zu schaffen, wie dies in Frankreich mit Paris der Fall ist, an den föderalen Traditionen und Strukturen scheitern.
Schlußbetrachtung
Abschließend kann gesagt werden, daß es während der ganzen Zeit der Teilung Berlins nie eine totale Isolation zwischen den beiden Stadthälften gab. Nach dem Kappen der Telefonleitungen zwischen den Teilen im Jahre 1952 blieben einige wenige Leitungen bestehen, über die dringende Mitteilungen ausgetauscht werden konnten. Postfahrzeuge überbrachten Briefe, Päckchen und Pakete, Leichenwagen transportierten Tote. Ärzte versorgten ihre Patienten und Straftäter, die sich ihrer Strafe wegen Diebstahl, Raub oder Sittlichkeitsverbrechen entziehen wollten, wurden ausgeliefert. Städtebauliche Planungen von Ost- und West-Berlin wurden zwar nur selten aufeinander abgestimmt, aber beiderseitiges Interesse an den Planungen der jeweils anderen Seite war vorhanden. Der Warenaustausch zwischen den beiden Stadtteilen wurde nie ganz unterbrochen und funktionierte unter dem Dach des sogenannten „Interzonenhandels“. Trotz Mauer gab es zu keinem Zeitpunkt die totale Kommunikationsblockade, wie sie z.B. an der Grenze zwischen Nord- und Südkorea herrschte.
Die deutsche Frage stand tatsächlich solange offen, wie die Mauer und damit die Teilung Berlins bestand. Berlin war mit seiner freiheitlichen Existenz des Westteiles und mit der davon ausgehenden Ausstrahlung faktisch „Pfahl im Fleisch“ der kommunistischen Herrschaft in der DDR. Die Stadt war aber ebenso die „offene Wunde“ der BRD, die immer wieder das Drama der deutschen Teilung vor Augen führte.[85] Berlin und die Mauer stellten vor dem Hintergrund des Ost-West-Konfliktes ein zentrales Integrationselement für die Gesellschaft der Bundesrepublik dar. Der Verlust dieses gemeinsamen Mittelpunktes nach dem Fall der Mauer und der Wiedervereinigung Deutschlands sind bis heute in der gesellschaftlichen und weltpolitischen Standortsuche der Deutschen sichtbar.
Literatur
Arenth, Joachim: Der Westen tut nichts! Transatlantische Kooperation während der zweiten Berlinkrise (1958 – 1962) im Spiegel neuer amerikanischer Quellen, Frankfurt 1993.
Bender, Peter: Neue Ostpolitik. Vom Mauerbau bis zum Moskauer Vertrag, München 1986.
Gläsker, Wolfgang: Die Konföderationspläne der SED von 1957-1967, ihr politischer Hintergrund und ihre Funktion im Rahmen der kommunistischen Deutschlandpolitik (Diss.), Nürnberg 1976.
Heidelmeyer, Wolfgang / Günther Hinrichs: Die Berlin-Frage. Politische Dokumentation 1944-1965, Frankfurt 1965.
Herausgeberkollektiv des Militärgeschichtlichen Insituts der Deutschen Demokratischen Republik: Die Militär- und Sicherheitspolitik der SED 1945-1988. Dokumente und Materialien, Berlin 1989.
Hildebrandt, Reinhard: Kampf um Weltmacht. Berlin als Brennpunkt des Ost-West-Konfliktes, Opladen 1987.
Kleßmann, Christoph: Zwei Staaten, eine Nation. Deutsche Geschichte 1955-1970, Bonn 1988.
Von Münch, Ingo (Hrsg.): Dokumente der Wiedervereinigung Deutschlands, Stuttgart 1991.
Petschull, Jürgen: Die Mauer. Vom Anfang und vom Ende eines deutschen Bauwerks, Hamburg 1990.
Roth, Margit: Westliches Konzessionsverhalten in der Ost-West-Auseinandersetzung. Berlin-Frage, Deutschland-Frage, Europäische Sicherheit, Frankfurt/Main 1993.
Weber, Herrmann: Die DDR 1945-1990, München 1993.
Wetzlaugk, Udo: Berlin und die deutsche Frage, Köln 1985.
Zimmer, Matthias: Deutschlandpolitik von Adenauer bis Kohl, in: Karl-Rudolf Korte / Matthias Zimmer: Der Weg zur deutschen Einheit, Neuss 1994.
Anmerkungen
[1] Text des Protokolls in: Forschungsinstitut der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V.: Dokumente zur Berlinfrage 1944-1966, München 1967: 4-6
[2] Vgl. Bericht über die Krim-Konferenz, in: Dokumente zur Berlinfrage 1944-1966: 6-7
[3] Vgl. Kommuniqué der Konferenz von Vertretern der Alliierten Oberkommandos vom 10. Juli 1945 über die Schaffung einer Interalliierten Militärkommandantur für Berlin, in: Dokumente zur Berlinfrage 1944-1966: 14-15
[4] Zitiert nach Reinhard Hildebrandt: Kampf um Weltmacht. Berlin als Brennpunkt des Ost-West-Konflikts, Opladen 1987: 44
[5] Vgl. Michael Kloepfer u.a.: Kontinuität und Diskontinuität in der deutschen Verfassungsgeschichte. Von der Reichsgründung zur Wiedervereinigung. Seminar zum 80. Geburtstag von Karl August Bettermann. Schriften zum Öffentlichen Recht, Band 664 , Berlin 1994: 60
6 Es wurde dabei den Westalliierten massive Behinderung der Arbeit des Kontrollrates vorgeworfen. Vgl. Erklärung des sowjetischen Vertreters im Alliierten Kontrollrat, Marschall Sokolowski, am 20. März 1948, in: Dokumente zur Berlinfrage 1944-1966: 63
[7] Hildebrandt: 59.
[8] Vgl. dazu Hildebrandt: 59 und Befehl der Kommandanten der Westsektoren von Groß-Berlin vom 23. Juni 1948, in: Dokumente zur Berlinfrage 1944-1966: 71
[9] Offiziell wurde dies mit technischen Schwierigkeiten begründet und von Beteuerungen begleitet, man werde alles tun, um die Störungen schnellstmöglich zu beheben. vgl. auch ADN-Meldung vom 24. Juni 1948, in: Dokumente zur Berlinfrage 1944-1966: 72
[10] Vgl. Gerd Langguth: Die Berlin-Politik der DDR. Deutschland Report der Konrad-Adenauer-Stiftung, Knoth 1987: 14
[11] Text des Abkommens in: Dokumente zur Berlinfrage 1944-1966: 108-109
[12] Vgl. Hildebrandt: 70.
[13] Vgl. Joachim Arenth: Der Westen tut nichts! Transatlantische Kooperation während der zweiten Berlinkrise (1958 – 1962) im Spiegel neuer amerikanischer Quellen, Frankfurt 1993: 206
[14] Vgl. Reinhard Mutz: Die zerbrochene Hauptstadt. Berlin als politisches Symbol des Ost-West-Konfliktes, in: Hannelore Horn (Hrsg.): Berlin als Faktor nationaler und internationaler Poltik, Berlin 1988: 51
[15] Vgl. dazu die Erklärung des Vorsitzenden der sowjetischen Kontrollkommission, Tschuikow, vom 11. November 1949, in: Wolfgang Heidelmeyer / Günther Hinrichs: Die Berlin-Frage. Politische Dokumentation 1944-1965, Frankfurt 1965: 84-85
[16] Vgl. Verfassung der DDR vom 7. Oktober 1949, Artikel 2, in: Dokumente zur Berlinfrage 1944-1966: 139
[17] Vgl. Rexin, Manfred: Ost-Berlin als DDR-Hauptstadt, in Deutschland Archiv, j. 22, 89, n. 10: 647
[18] Vgl. Verordnung des Magistrats von Groß-Berlin (Ost) vom 11. November 1953 über die Ausgabe von Personalausweisen der DDR in Groß-Berlin (Ost), in: Dokumente zur Berlinfrage 1944-1966: 205
[19] Vgl. Kommuniqué vom 20. Juni 1949 über die sechste Tagung des Rates der Außenminister in Paris, in: Dokumente zur Berlinfrage 1944-1966: 120-122
[20] Vgl. Hildebrandt: 79.
[21] Vgl. Hildebrandt: 80
[22] Siehe zum Thema der kontrovers Diskutierten Stalinnote vom 10.3.1952 auch Hildebrandt: 81
[23] Vgl. die Rede des Mitglieds des Politbüros des ZK der SED und Stellvertreters des Vorsitzenden des Ministerrates der DDR, W. Stoph, vor der Volkskammer der DDR am 26. September 1955, in: Herausgeberkollektiv des Militärgeschichtlichen Instituts der Deutschen Demokratischen Republik: Die Militär- und Sicherheitspolitik der SED 1945-1988. Dokumente und Materialien, Berlin 1989: 161
[24] Vgl. auch Dokumente zur Berlinfrage 1944-1966: 216-225
[25] Vgl. Hildebrandt: 86.
[26] Vgl. dazu auch das Schreiben des Außenministers der DDR, Dr. Lothar Bolz, an den Außenminister der Sowjetunion, W. A. Sorin, vom 20. September 1955 über die Kontrolle der DDR und der Verbindungswege nach Berlin, in: Dokumente zur Berlinfrage 1944-1966: 241-241
[27] Vgl. Hildebrandt: 89.
[28] Text der Note in: Dokumente zur Berlinfrage 1944-1966: 301-319
[29] Vgl. Wolfgang Gläsker: Die Konföderationspläne der SED von 1957-1967, ihr politischer Hintergrund und ihre Funktion im Rahmen der kommunistischen Deutschlandpolitik (Diss.), Nürnberg 1976: 144
[30] Text der Note vom 27. November 1958 in: Dokumente zur Berlinfrage 1944-1966: 328-335
[31] Vgl. Ausführungen Walter Ulbrichts auf dem V. Parteitag derr SED am 10. Juli 1958 über die Rolle Berlins als Hauptstadt der DDR, in: Dokumente zur Berlinfrage 1944-1966: 289
[32] zitiert bei Langguth: 18.
[33] Vgl. zur Hallsteindokrtin: Helmut Müller: Schlaglichter der deutschen Geschichte, Bonn 1994: 354
[34] Vgl. Wetzlaugk: 150
[35] Text des Schreibens an die amerikanische Regierung in: Dokumente zur Berlinfrage 1944-1966: 372-375
[36] Vgl. Herrmann Weber: Die DDR 1945-1990, München 1993: 57
[37] Vgl. Christoph Kleßmann: Zwei Staaten, eine Nation. Deutsche Geschichte 1955-1970, Bonn 1988: 321
[38] Vgl. Prokop: 129
[39] Am 1.5.1960 wurde über der sowjetischen Stadt Swerdlowsk ein amerikanischen Aufklärungsflugzeug abgeschossen. Trotz massiven Protestes weigerte sich Präsident Eisenhower sich zu entschuldigen und die Einstellung aller Aufklärungsflüge zuzusichern.
[40] Zitiert bei Hildebrandt: 95.
[41] Vgl.: Hermann Weber: Kleine Geschichte der DDR, Köln 1988: 103
[42] Vgl. Zielgler, Gottfried: Die Haltung von SED und DDR zur Einheit Deutschlands 1949-1987, Köln 1988: 92.
[43] vgl. Prokop: 134.
[44] Vgl. Prokop: 134.
[45] Auszüge der Pressekonferenz in: Dokumente zur Berlinfrage 1944-1966: 417-423
[46] Vgl. Prokop: 148
[47] Vgl. Margit Roth: Westliches Konzessionsverhalten in der Ost-West-Auseinandersetzung. Berlin-Frage, Deutschland-Frage, Europäische Sicherheit, Frankfurt/Main 1993: 122
[48] Vgl.: Hans-Peter Schwarz (Hrsg.): Berlinkrise und Mauerbau. Rhöndorfer Gespräche, Bd. 6, Bonn 1985: 23
[49] Text des Schreibens in: Die Berlin-Frage: 138-139
[50] Erklärung von Bundeskanzler Adenauer vor dem deutschen Bundestag vom 18. August 1961 in: Die Berlin-Frage: 139-140
[51] Vgl. Prokop: 158
[52] Vgl. Wetzlaugk: 175
[53] Der Begriff sollte suggerieren, daß in West-Berlin der Faschismus herrsche.
[54] Zitat aus dem Lehrbuch „Geschichte“ für Klasse 10, Berlin/DDR 1979, in: Jürgen Petschull: Die Mauer. Vom Anfang und vom Ende eines deutschen Bauwerks, Hamburg 1990: 257
[55] Vgl. Peter Bender: Neue Ostpolitik. Vom Mauerbau bis zum Moskauer Vertrag, München 1986: 77
[56] Zitiert bei Prokop: 165
[57] Vgl. Prokop: 174
[58] Vgl. Udo Wetzlaugk, Die Alliierten in Berlin, Berlin 1988: 76
[59] Auszug aus der Rede Präsident Kennedys in Berlin vor dem Rathaus Schöneberg am 25. Juni 1963, in: Dokumente zur Berlinfrage 1944-1966: 549-551
[60] Im Protokoll über eine zeitweilige Regelung für den Verwandtenbesuch von West-Berlinern in Ost-Berlin, wurden unter der Betonung, daß zwischen beiden Seiten keine Einigung über gemeinsame Orts-, Behörden- und Amtsbezeichnungen erzielt werden konnte, dennoch rudimentäre Formalismen festgelegt, die es den Westberlinern erlaubten ihre Passierscheine zu erhalten. Vgl. dazu Dokumente zur Berlinfrage 1944-1966: 572-577
[61] Vgl. Prokop: 185
[62] Vgl. Hildebrandt: 122.
[63] Vgl. dazu die Anordnungen des Ministers des Inneren der DDR vom 13. März und 13. April 1968, in: Forschungsinstitut der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V.: Dokumente zur Berlinfrage 1967-1986, München 1987: 112-115
[64] Vgl. Karl Sorgenicht u.a. (Hrsg.): Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik, Ost-Berlin 1969: 231.
[65] Vgl. Langguth: 23.
[66] Vgl. Prokop: 193
[67] Vgl. Uwe Prell / Lothar Wilker: Berlin in der Kooperationsphase des Ost-West-Konflikts, in: Vierteljahres-schrift für Sicherheit und Frieden, j. 6, 88, n. 4: 228
[68] Text des Abkommens in: Dokumente zur Berlinfrage 1967-1986: 221-233
[69] Vgl. Langguth: 24.
[70] Vgl. Schulz, Eberhard: Berlin-Politik: Über das Provisorium hinausgedacht. Ein Ansatz zu einer Antwort auf die Deutsche Frage in Selbstbestimmung, in: Deutschland Archiv, j. 22, 89, n. 10: 1094-1106
[71] Vgl. Hildebrandt: 138
[72] Erich Honecker in: Neues Deutschland, 1. November 1973
[73] Zitiert bei: Hildebrandt: 133
[74] Vgl. Verfassung der DDR vom 6. April 1968 in der Fassung des Gesetzes zur Ergänzung und Änderung der Verfassung der DDR vom 7. Oktober 1974, Artikel 6, in: Ingo von Münch (Hrsg.): Dokumente der Wiedervereinigung Deutschlands, Stuttgart 1991: 2
[75] Vgl. Dieter Schroeder: Berlin unter Besatzungsrecht, in: Hannelore Horn (Hrsg.): Berlin als Faktor nationaler und internationaler Politik, Berlin 1988: 133
[76] Zitiert bei Hildebrandt: 142
[77] Vgl. „Die Zeit“ vom 27.1.1978. Im offiziellen Sprachgebrauch der DDR wurde das Vier-Mächte-Abkommen als Vierseitiges Abkommen bezeichnet.
[78] Die Abkommen im Einzelnen sind in: Dokumente zur Berlinfrage 1967-1986: 525-527 und 587-588
[79] Zitiert nach: Die Zeit, 20. Februar 1987.
[80] Vgl. Weber: 103
[81] Vgl. Weber: 106.
[82] Vgl. Gesetz zu dem Vertrag vom 18. Mai 1990 über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der BRD und der DDR vom 25. Juni 1990, Auszug, in: Dokumente der Wiedervereinigung Deutschlands: 281-282
[83] Vgl. Matthias Zimmer: Deutschlandpolitik von Adenauer bis Kohl, in: Karl-Rudolf Korte/Matthias Zimmer: Der Weg zur deutschen Einheit, Neuss 1994: 37
[84] Vgl. dazu die Erklärung zur Aussetzung der Wirksamkeit der Vier-Mächte-Rechte und -Verantwortlichkeiten der Alliierten, in: Dokumente der Wiedervereinigung Deutschlands: 393-394
[85] Vgl. Alexander Schwan: Berlin und das Problem der deutschen Identität, in: Hannelore Horn (Hrsg.): Berlin als Faktor nationaler und internationaler Politik, Berlin 1988: 155