Koop, Volker: Martin Bormann. Hitlers Vollstrecker, Köln – Weimar – Wien 2012.
Von der Ferne betrachtet war sein Lebensweg unspektakulär. Sekretär. Zu seinen Aufgaben zählten unter anderem Dienstaufsicht über alles Hauspersonal, Vermittlung eingegangener Vorschläge und Übermitteln dazu gefällter Entscheidungen, Meinungsverschiedenheiten schlichten, Teilnahme an den Besprechungen des Vorgesetzten und sich kümmern um dessen persönliche Angelegenheiten. Bormann hinterließ weder Tagebücher noch Redemanuskripte. Seine Hinterlassenschaft sind ungezählte Anordnungen, Verlautbarungen und Rundschreiben.
Aber es ist Martin Bormann (1900 bis 1945), Stabsleiter des „Führer“- Stellvertreters Rudolf Heß und nach dessen Schottlandflug im Mai 1941 Leiter der Parteikanzlei der NSDAP und offiziell zum „Sekretär des Führers“ berufen.
Bormann, kurz vor Ende des Ersten Weltkrieges noch rekrutiert, wurde aus der Armee ohne Fronteinsatz entlassen. Mittellos, ohne berufliche Ausbildung verdingte er sich anschließend als Landwirtschaftseleve in Mecklenburg, wo Martin Bormann 1923 das erste Mal wegen eines Wirtschaftsdeliktes mit dem Gesetz in Konflikt kam und ein Jahr später wegen seiner Beteiligung an einem Fememord zu einer einjährige Freiheitsstrafe verurteilt wurde.
Da er kein „alter Kämpfer“ und frühzeitiger Parteigenosse war, profilierte sich Bormann sich 1933 mit seiner Initiative der „Adolf-Hitler-Spende der deutschen Wirtschaft“ in der Partei-Riege. Früheren Weggefährten wie Philipp Bouhler oder Alfred Rosenberg begegnete er mit unverhohlener Feindschaft und ließ sie unentwegt seinen Einfluss auf Adolf Hitler spüren. „Möglicherweise weil sie ihn in früheren Zeiten in untergeordneter Stellung kennengelernt hatten. Er genoss es die Repräsentanten des Regimes zu demütigen, vor allem, wenn sie ihm intellektuell überlegen waren.“ Für ihn galt der absolute Vorrang der NSDAP vor jeglicher staatlicher Einrichtung.
Bormann war ein skrupelloser Machtmensch und borniert. Selbst mit seinem Bruder Albert, seit 1934 Leiter der Privatkanzlei Adolf Hitler, sprach er nicht einmal dienstlich ein Wort wenn sie im selben Raum waren. Auf privater Ebene spricht der überlieferte Briefwechsel mit Ehefrau Gerda (geborene Buch, Tochter des Obersten Parteirichters der NSDAP) über einen noch immer verliebten Ehegatten und treusorgenden Familienvater eine andere Sprache.
Biograph Volker Koop bediente sich als wichtigster Grundlage für diese Publikation der überlieferten Dokumente aus den Dienststellen von Joseph Goebbels, Heinrich Himmler oder Alfred Rosenberg. So kommt bei der Fülle von Zitaten eine Persönlichkeitsskizze zum Vorschein, welche die allseitigen Verflechtungen in der NS-Polykratie und das allseitige Intrigieren offenlegen.
Autor: Uwe Ullrich
Koop, Volker: Martin Bormann. Hitlers Vollstrecker; 373 Seiten, zahlreiche schwarz- weiß Abbildungen, Euro; Köln Weimar Wien 2012; 29,90 Euro