SS Arzt im Konzentrationslager Auschwitz

Josef Mengele
Dr. phil. Dr. med. Josef Mengele, geboren 1911 in Günzburg (Bayern), stammte aus einer ortsansässigen Industriellenfamilie und trat als Zwanzigjähriger dem Stahlhelm bei, einer militanten nationalistischen Organisation, in der sich Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg gesammelt hatten. 1934 wechselte er zur SA, als der Stahlhelm aufgelöst und seine Mitglieder automatisch in die SA übernommen wurden. Kurz darauf verließ Mengele die SA, wohl auch deshalb, weil er mit dem proletarischen Element der Massenorganisation nichts anfangen konnte und nach der Röhm-Affäre eine SA-Mitgliedschaft nicht mehr ausreichend karrierefördernd erschien.
1937 bewarb er sich um die Mitgliedschaft in der NSDAP sowie später in der SS. Schon auf der Universität war er konservativ-nationalistisch eingestellt. Er studierte in München, Bonn, Frankfurt und Wien. 1935 beendete er am Anthropologischen Institut der philosophischen Fakultät der Universität München seine Dissertation mit dem Titel: „Rassenmorphologische Untersuchung des vorderen Unterkieferabschnitts bei vier rassischen Gruppen“. 1938 folgte seine medizinische Doktorarbeit über „Sippenuntersuchungen bei Lippen-Kiefer-Gaumenspalte“, die wie eine Vorläuferin seiner späteren Arbeiten in Auschwitz klingt, und in der Mengele schon auf die Bedeutung der Zwillingsforschung hinwies. Als Mitglied des von den Nationalsozialisten gegründeten Instituts für Erbbiologie und Rassenhygiene meldete sich Mengele bei Beginn des Zweiten Weltkrieges freiwillig zur Waffen-SS und war als Sanitätsoffizier in der Sowjetunion eingesetzt, wo er hohe Auszeichnungen erhielt, bevor er wegen einer Verwundung für frontdienstuntauglich erklärt wurde. 1943 ging er, wiederum freiwillig, nach Auschwitz, um dort, durch Gelder der späteren Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützt, medizinische und anthropologische Untersuchungen durchzuführen. Mengeles „Forschungsschwerpunkt“ bestand in einer fanatisch geführten Zwillingsforschung, durch die er wahrscheinlich eine vollständige und verlässliche Bestimmung der Vererbung beim Menschen und das Ausmaß des Schadens durch ungünstige Erbeinflüsse nachweisen wollte. Jedes Zwillingspaar konnte unter den gleichen Lebensbedingungen beobachtet und bei bester Gesundheit in den Tod geschickt werden – eine ideale Voraussetzung für vergleichende Post-mortem-Untersuchungen. Andere „Forschungsgebiete“ Mengeles waren die Untersuchung Kleinwüchsiger als exemplarischer Ausdruck des „Abnormen“ und ein durch völlige körperliche und seelische Erschöpfung entstehendes brandiges Absterben der Wangen (Noma), das er aus einer Anlage der Rasse zu begründen suchte.
Mengele hielt sich nach seiner Flucht aus Auschwitz und einem Aufenthalt in einem amerikanischen Kriegsgefangenenlager für einige Wochen in den Wäldern um Günzburg versteckt. Anschließend hielt er sich von 1945 bis 1949 auf einem Bauernhof in Oberbayern versteckt, wo er inkognito als Knecht arbeitete. Anschließend floh er auf der Route Brenner-Genua nach Buenos Aires. Bis zum Ende der 1970er Jahre konnte sich Mengele allen Auslieferungsbegehren der BRD (10 Mio DM Belohnung!!) entziehen und starb 1979 in Brasilien bei einem Badeunfall.
Autor: Redaktion Zukunft braucht Erinnerung
Literatur
Benz, Wolfgang / Hermann Graml /Hermann Weiß: Enzyklopädie des Nationalsozialismus, München 1997.
Benz, Wigbert / Bernd Bredemeyer / Klaus Fieberg: Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg. Beiträge, Materialien Dokumente. CD-Rom, Braunschweig 2004.
Cefrey, Holly: Doctor Josef Mengele – The Angel of Death, New York 2001
Gutman, Israel / Eberhard Jäckel / Peter Longerich (Hrsg.): Enzyklopädie des Holocaust. Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden. München 1998
Kammer, Hilde / Elisabet Bartsch / Manon Eppenstein-Baukhage / Manon Eppenstein- Baukhage: Lexikon Nationalsozialismus, Berlin 1999
Keller, Sven: Günzburg und der Fall Josef Mengele, München 2003
Klee, Ernst: Das Personenlexikon zum Dritten Reich Wer war was vor und nach 1945. Frankfurt/Main 2003
Klee, Ernst: Auschwitz, die NS-Medizin und ihre Opfer. Frankfurt/Main 2001
Mitscherlich, Alexander / Fred Mielke: Medizin ohne Menschlichkeit. Dokumente des Nürnberger Ärzteprozesses, Frankfurt/Main 1997
Posner, Gerald L. / John Ware: Mengele. Die Jagd nach dem Todesengel, Berlin 1998
Völklein, Ulrich: Josef Mengele. Der Arzt von Auschwitz, Göttingen 2003