Die Wochenschau war – lange vor der Etablierung des Fernsehens – der Versuch, einem Massenpublikum Überblick über aktuelle politische und kulturelle Ereignisse zu geben. Mit einer Kompilation von kurzen Filmen aus den verschiedensten Bereichen des politischen und gesellschaftlichen Lebens ließ sie – scheinbar – die Zuschauer selbst an diesem Geschehen teilnehmen. Sie hatte sich lange vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten als fester Bestandteil im Kinoprogramm etabliert. Die Wochenschau wurde in der Regel vor dem Hauptprogramm gezeigt und war beim Kinopublikum sehr beliebt. Aufgrund ihrer Aktualität und der durch die Bilder vermittelten Authentizität wurde sie nach 1933 rasch zu einem wirksamen Instrument der nationalsozialistischen Propaganda. Besonders in der Phase der Kriegsvorbereitung und während des Krieges selbst war die Wochenschau mehr noch als Rundfunk und Presse das wichtigste Instrument psychologischer Massenbeeinflussung.
Die Wochenschau vor dem Dritten Reich
Vorläufer der Wochenschau waren kurze Dokumentar- und Sachfilme, die schon bald nach Erfindung der „laufenden Bilder“ öffentlich vorgeführt wurden – zunächst unabhängig von anderen Programmen oder Spielfilmen. Der erste dieser „Dokumentarfilme“ wurde von Oskar Meßter 1897 gedreht und hatte gerade 20 Meter Länge. Der Titel „Am Brandenburger Tor zu Berlin“ war schon fast das ganze Programm. Mehr als das belebte Zentrum der Reichshauptstadt war nicht zu sehen. Meßter, preußischer Nationalist und Militarist, gilt als Begründer der Wochenschau. Im Vorfeld des ersten Weltkrieges und im Krieg selbst gab es ein erhöhtes Informationsbedürfnis der Bevölkerung – nicht zuletzt nach aktuellen Frontberichten. Mehrere Privatleute und Gesellschaften widmeten sich diesem finanziell lukrativen Unternehmen. Die „Deutsche Expreß-Filmgesellschaft“ versuchte sich gar mit einer Art Tagesschau: „Der Tag im Film – Erste deutsche tägliche kinematographische Berichterstattung“. Bereits diese frühen Produkte hatten im Gewand der objektiven Bilder von der Front deutlich propagandistische Funktion: Sie verherrlichten Militär und Kaiserreich. Eine neue Qualität erreichte die Wochenschau mit der Erfindung des Tonfilms. Jetzt erst konnte die sie fortan prägende Verbindung von Bildern und erläuterndem Text und sogar unterstreichendem Musikeinsatz realisiert werden. Die erste „tönende Wochenschau“ brachte die Ufa am 10. September 1930 in die Kinos.
Organisation und Kontrolle der Wochenschau im Dritten Reich
Zu Beginn des Dritten Reiches gab es insgesamt vier verschieden Wochenschauen, die jeweils von verschiedenen Gesellschaften produziert wurden:
- Die Deulig-Tonwoche (direkte Nachfolge der Meßter-Woche), zur Ufa gehörig
- Die Bavaria- Wochenschau (später Tobis)
- Die „Fox tönende Wochenschau“, produziert von der deutschen Tochter des amerikanischen Filmkonzern Fox
- Die Ufa-Tonwoche
Die geschäftliche Aufteilung zwischen den Wochenschauen war überwiegend regional, so daß die Zuschauer je nach Wohnort meist unterschiedliche Wochenschauen zu sehen bekamen. Die einzelnen Wochenschauen produzierten zunächst unabhängig voneinander und erstellten auch jeweils eigenes Filmmaterial. Sie unterlagen aber ab 1933 der zentralen Zensur des Reichspropagandaministeriums. Neben Berichten über Auftritte von NS-Führern, Reden und Parteiveranstaltungen enthielten die Wochenschauen in der ersten Phase des Dritten Reiches noch viele, nicht zentral gesteuerte Berichte über Kurioses und Bemerkenswertes aus aller Welt. 1935 wurde das „Deutsche Film-Nachrichtenbüro“ geschaffen – an der Spitze Hans Weidemann. Damit beschränkte man sich nicht mehr nur auf negative Nachzensur produzierter Wochenschauen, sondern bestimmte durch Themenvorgabe und direkte redaktionelle Einflußnahme den Kurs der Wochenschau. Mit der Ernennung des fanatischen Nationalsozialisten Fritz Hippler im Jahr 1939 zum Chef der Wochenschau war diese endgültig zum Propagandainstrument des Regimes geworden: Hippler war enger Vertrauter von Propagandaminister Goebbels und später verantwortlich für den antisemitischen Hetzstreifen „Der ewige Jude“. 1940 wurden schließlich die verschiedenen Wochenschauen zu einer einzigen verschmolzen: „Die Deutsche Wochenschau“, die jetzt einheitlich im ganzen Reich zu sehen war. Vielfach ließ sich Propagandaminister Goebbels die Wochenschau vor der endgültigen Fertigstellung vorführen und gab Anweisungen zur Themen- und Filmauswahl, sogar zu Schnitttechnik und unterlegter Musik. Viele Texte, besonders der Kriegswochenschauen stammen bis in die letzte Formulierung hinein von Goebbels selbst. Sogar auf die Auswahl der Sprecher nahm der Propagandaminister Einfluß. Er verlangte eine ausgesprochene „Herrenmenschenstimme“. Auch Hitler ließ sich viele Wochenschauen persönlich vorführen und griff häufig in die Gestaltung ein: „Es darf keine Woche vergehen, in der nicht Aufnahmen der Marine, des Heeres erscheinen“, ordnete er 1938 in der Phase der psychologischen Mobilmachung für den Krieg an. Weil die Propaganda durch die Wochenschau von vornherein auf Massenwirksamkeit zielte, achteten die Machthaber auf eine effektive Verbreitung. Anfangs gab es von allen vier Wochenschauen zusammen gerade 400 Kopien – angesichts der rund 5000 Kinos im ganzen Reich viel zu wenig. Die Folge war, daß außerhalb der Großstädte die Wochenschauen oftmals mit 8 oder gar 10 Wochen Verspätung erschienen. Nach Schätzungen sahen in den Anfangsjahren des Dritten Reiches teilweise noch nicht einmal 10% der Bevölkerung die wöchentliche Propagandaschau. Das kinolose Land außerhalb der Städte erreichte die Wochenschau ohnehin zunächst kaum. Bis zum Krieg wurde die Produktion von Kopien daher bis auf knapp 2500 (1943) gesteigert. Damit war praktisch in jeder Stadt gesichert, daß die „Volksgenossen“ die wöchentlich aktuelle Propagandaschau zu sehen bekam. In etlichen Städten wurden eigens Sondervorführungen der Wochenschau und Wochenschaukinos eingerichtet, die zu verbilligten Preisen nur die Wochenschau und allenfalls einen Kurzfilm zeigten. Auf dem Land sorgten mobile Filmvorführtrupps der Partei für ausreichende Verbreitung. Nicht ohne Erfolg: Die Wochenschau von Hitlers 50. Geburtstag 1939 sahen rund 40 Millionen Deutsche und damit der überwiegende Teil der erwachsenen Bevölkerung. Wie wichtig den NS-Propagandisten die Wochenschau war, zeigte auch die seit 1938 geltende Verpflichtung für alle Kinos, im Vorprogramm eine Wochenschau zu zeigen. Als zeitweise das Interesse nachließ und viele Kinobesucher erst zum Hauptfilm im Kino erschienen, ordnete Goebbels reichsweit an, die kurze Pause zwischen Wochenschau und Hauptfilm zu streichen und die Kinokassen bereits vor Beginn der Wochenschau zu schließen. Selbst wer die Wochenschau nicht sehen wollte, nahm sie nun in Kauf, wenn er den Hauptfilm nicht verpassen wollte. Zu speziellen Ereignissen, die die NS-Führung als propagandistisch besonders bedeutsam hielt, z.B. Reichsparteitage oder Olympische Spiele gab es von den Wochenschauredaktionen „Eildienste“ – Berichte, die in großen Kopienzahlen verbreitet, meist schon wenige Tage nach dem eigentlichen Ereignis reichsweit in den Kinos zu sehen waren. Presse und Rundfunk rührten dafür schon im Vorfeld die Werbetrommel.
Die Wochenschau als Propagandainstrument
Die propagandistische Wirksamkeit der NS-Wochenschau auf die Zuschauer fußt im Kern auf zwei sich gegenseitig verstärkenden Faktoren: Auf der vermeintlichen Aktualität und Authentizität der Bilder, die den Zuschauer glauben läßt, über die Bilder direkt die Wirklichkeit zu sehen und am Geschehen teilzuhaben. Immerhin war das Medium selbst neu und ein auch nur ansatzweise kritisches Bewußtsein von der Wirkung der Bilder war in der Bevölkerung kaum vorhanden. Daß Zeitungsberichte geschönt sein konnten und Parteireden manipulieren, konnte man sich durchaus vorstellen. Aber Bilder erschienen vielen Zeitgenossen als bloßes Abfilmen der Wirklichkeit und damit als die Darstellung der Wirklichkeit. Zum anderen informieren Bilder – ob falsch oder richtig – nicht nur, sondern lösen weit stärker als das geschriebene oder gesprochene Wort emotionale Wirkungen aus, können Zuversicht und Depressionen erzeugen, Verehrung oder Haß. Auf diese beiden Faktoren haben die NS-Propagandisten ihre Wochenschauen zugeschnitten. Während die vermeintliche Objektivität der Bilder den Wahrheitsgehalt zu verbürgen schien, konnte durch geschickte Kameraführung, Begleittexte und Musik die gewünschte emotionale Grundstimmung erzeugt werden. Den Zeitgenossen war so die propagandistische Tendenz der Wochenschau gar nicht bewußt, was ihre Wirksamkeit steigerte. Für die – scheinbare – Authentizität sorgte vor allem in den Kriegszeiten eine Berichterstattung durch hervorragende Kameraleute, die nicht selten sogar unter Einsatz ihres Lebens – tatsächlich an vorderster Front filmten. Durch Kameraaufnahmen von Flugzeugen im Angriffsflug, von Panzern im Angriff, von U-Booten aus und sogar von Filmapparaten, die auf Maschinengewehren montiert wurden, hatte der Zuschauer das Gefühl, selbst in das Kampfgeschehen eingebunden zu sein. Wo die Wirklichkeit nicht spektakulär genug war, inszenierte die NS-Propaganda, wie etwa im Frankreichfeldzug, kleinere Panzerschlachten weit hinter der Front nach. Durch eine manipulative Selektion der Bilder wurde ein Kriegsgeschehen suggeriert, das eine deutsche Wehrmacht zeigt, deren permanentes Vorstürmen eher einem Abenteuer als einem menschenverachtenden Krieg glich. Deutsche Panzer etwa wurden meist im Vormarsch gezeigt, oft von unten gefilmt, um ihre Stärke zu betonen. Tote deutsche Soldaten durften grundsätzlich nicht gezeigt werden. Aber auch die Opfer des deutschen Vormarsches wurden nur spärlich gezeigt. Goebbels und Hitler wußten ganz genau, daß ungeachtet der Propaganda, die den Feind zum Untermenschen erklärte, solche Bilder in der Bevölkerung einen ungewollten Mitleidseffekt hätten auslösen können. Um so lieber wurde zerstörtes feindliches Gerät, liegengebliebene Panzer, ausgebrannte Flugzeuge gezeigt – oft in kontrastierenden Schnitten dazu Bilder von vorwärtsstürmenden deutschen Heeren gezeigt. Wo die Bilder selbst nicht genügend Dramatik zeigten, wurde mit entsprechender Musikuntermalung nachgeholfen. Ein anderes propagandistisch wirksames Stilmittel war die Arbeit mit Landkarten, die durch großzügige Pfeilanimationen in Wechselwirkung mit Filmbildern einen unaufhaltsamen und beinahe mühelosen Vormarsch des deutschen Heeres suggerieren sollte. Besonders effektiv wirkten auch die von Goebbels für die Wochenschauen verordneten „Auflockerungen“: Weil auch die bestens inszenierten Kampfszenen in Permanenz vorgeführt zur Ermüdung führen mußten, wurden diese gegen Szenen aus der Heimat oder vorzugsweise aus dem Soldatenleben hinter der Front gesetzt. Soldaten bei Lesen, Kartenspielen, bei der Körperpflege stellten in diesem Kontrastierungsverfahren nicht nur die anschließenden Kampfszenen um so wirksamer dar, sondern sollten vor allem der Heimat – also den Frauen, Eltern und Kindern suggerieren, daß der Krieg tatsächlich gar nicht so schlimm und vor allem nicht in jedem Moment lebensbedrohlich sei. Problematisch wurde dieses Wochenschaukonzept mit der Stagnation des Vormarsches ab 1942, vor allem seit der Niederlage nach Stalingrad und dem beginnenden Rückzug der Deutschen. Die massiven Luftangriffe auf deutsche Städte mit der Zerstörung ganzer Innenstadtbereiche, Obdachlosigkeit von immer mehr Menschen und nicht zuletzt zahllosen Opfern, kam die Wochenschau in Bedrängnis. Erfolge und Vormarsch eines unbesiegbaren Reiches konnte nun kaum noch propagiert werden. Die Wochenschau hätte angesichts der allenthalben beobachteten Realität ihre Glaubwürdigkeit und damit ihre propagandistische Funktion verloren. Andererseits scheute man sich, das volle Ausmaß der Zerstörung der Städte im Bild zu zeigen – Goebbels fürchtete eine starke Demoralisierung der Bevölkerung. So wurden nur punktuell Zerstörungen gezeigt – etwa vom Kölner Dom nach einem alliierten Luftangriff.
Hier zeigte sich ein deutlicher Konflikt auch zwischen Goebbels und Hitler. Während sein „Führer“ unflexibel am Erfolg festhielt und daher immer noch Erfolgsmeldungen erwartete, plädierte Goebbels – ohne sich wirklich durchsetzen zu können – für eine realistischere Darstellung der Lage. Die Wochenschau konnte spätestens ab 1943 nur den Durchhaltewillen der Bevölkerung propagieren und vage auf einen nicht mehr genau definierten Endsieg verweisen. Statt Vormarsch wurde jetzt das „Toben der großen Abwehrschlacht“ inszeniert, wie eine Wochenschau titelte. Die Goebbelsche Propaganda erwies sich wieder als skrupellos und zynisch: Während noch Monate vorher das Deutsche Heer als unaufhaltsam und rücksichtslos vorstürmend präsentiert wurde, stellte die Wochenschau Deutschland jetzt als grundlos angegriffenes und sich nur verteidigendes Land dar. 1943 konstatierte Goebbels: „Während wir bisher durch unsere Siege wirkten, müssen wir jetzt versuchen, durch unsere Niederlagen zu wirken.“ Die Wochenschau verlor allerdings gegen Ende des Krieges in der Bevölkerung deutlich an Glaubwürdigkeit – zu sehr klafften Realität und Wochenschaubilder auseinander.
Autor: Dr. Bernd Kleinhans
Internet
Wochenschau-Archiv: www.wochenschau-archiv.de
Literatur
Becker, Wolfgang: Film und Herrschaft. Organisationsprinzipien und Organisationsstrukturen der nationalsozialistischen Filmpropaganda, Berlin 1973.
Benz, Wolfgang / Hermann Graml /Hermann Weiß: Enzyklopädie des Nationalsozialismus, München 1997.
Kammer, Hilde / Elisabet Bartsch / Manon Eppenstein-Baukhage / Manon Eppenstein- Baukhage: Lexikon Nationalsozialismus, Berlin 1999.
Bucher, Peter: Goebbels und die deutsche Wochenschau, Militärgeschichtliche Mitteilungen 40 (1986), S. 53-69.
Hoffmann, Hilmar: „Und die Fahne führt uns in die Ewigkeit“. Propaganda im NS-Film, Frankfurt a.M. 1988.
Kleinhans, Bernd: Ein Volk, ein Reich ein Kino. Lichtspiel in der braunen Provinz, Köln 2003.
Kleinhans, Bernd: „Der schärfste Ersatz für die Wirklichkeit“. Die Geschichte der Kinowochenschau, St. Ingbert: Röhrig Universitätsverlag 2013.
Moeller, Felix: Der Filmminister. Goebbels und der Film im Dritten Reich, Berlin 1998.
Welch, David: Goebbels, Götterdämmerung and the Deutsche Wochenschau, in: Short, K.M. (Hg.): Newsreel witness, London 1986, S. 80-93.