
Björn Höcke (AfD) 2019. Quelle: Sandro Halank, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0 – via Wikipedia
Björn Höcke ist Politiker und eines der Gründungsmitglieder der Thüringer AfD (2013). Während seiner politischen Laufbahn wurden die von ihm geäußerten Positionen regelmäßig mit dem Duktus einiger ehemaliger NSDAP-Mitglieder verglichen.
Lebenslauf
Höcke wurde am 01.04.1972 in Lünen geboren, ist verheiratet und Vater von vier Kindern. Er ist studierter Sport – und Geschichtswissenschaftler für Gymnasiallehramt und unterrichte bis 2014 an der Rhenanus-Schule in Bad Soden-Allendorf (1). In diesem Jahr wurde er aufgrund seiner politischen Tätigkeit für die „Alternative für Deutschland“ von seinem Lehrerberuf beurlaubt.
Im Thüringer Parteiableger war Höcke von Beginn an Sprecher und zunächst für die Bundestagswahl 2013 in der Landesliste an Position Zwei gesetzt. Mit 4,7% verpasste man knapp einen Einzug in den Bundestag. Bereits im folgenden Jahr konnte er als Spitzenkandidat der AfD bei den Thüringer Landtagswahlen mit 10,6% Landtagsmandate gewinnen. In den nächsten Jahren sorgte Höcke sowohl landesweit als auch innerparteilich mit Kontroversen für Aufruhr und musste sich mehrfach Parteiausschlussverfahren stellen. Daraufhin verzichtete Höcke auf eine Kandidatur für die Bundestagswahl 2017 und kündigte seine Teilnahme für die nächste Thüringer Landtagswahl 2019 an (2). Dort erlangte er als Spitzenkandidat kürzlich 23,4% und wurde somit Teil der zweitstärksten Kraft des Bundeslandes.
Politische Positionierung
Auf seiner Website (bjoern-hoecke.de) bezeichnet sich der 46-jährige als Familien – und Bildungspolitiker. Ein eigenes Zitat soll dort seine politische Position zusammenfassen: „Die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit in Deutschland und Europa sind gefährdet. Die demographische Katastrophe bedroht Deutschland und Europa existentiell. Unsere neue Partei steht für eine grundsätzliche Neuausrichtung der Politik in allen relevanten Bereichen. Der gesunde Menschenverstand muß über die Ideologie triumphieren!“
Tatsächlich verwendet Höcke diese Inhalte größtenteils für sein politisches Programm, allerdings mit einer wesentlich drastischeren Wortwahl und Symbolik. 2015 gründete er mit weiteren Parteivertretern wie André Poggenburg den „Flügel“, eine Gruppe, die auch in der Partei selbst als rechter Rand betrachtet wird. Diese Wahrnehmung entstand nicht zuletzt aufgrund Höckes relativierenden Aussagen zum Rechtsextremismus innerhalb der NPD sowie der Kritik an der Holocaust-Erinnerungskultur. Aussagen, die jeweils zu den abgelehnten Parteiausschussverfahren führten (3). Mit der Zeit, auch wegen gewonnener politischer Machtkämpfe innerhalb der AfD mit u.a. der ehemaligen Abgeordneten Frauke Petry, gewann der „Flügel“ jedoch an Zustimmung und Relevanz. Mit zuletzt starken Wahlergebnissen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen und Mitstreiter Alexander Gauland an der Parteispitze, verschiebt sich Höckes politische Idee zusehends in die Mitte der Partei. Höcke selbst kann also grundsätzlich als Politiker am rechten Rand eingeordnet werden, der große Verantwortung für die Öffnung seiner Partei in diese Richtung trägt.
Rezeption
Inhaltlich lässt sich diese Position zum einen an stark nationalistisch geprägten Aussagen festmachen. Zum anderen wurde mehrfach festgestellt, dass Höcke sich bei den sprachlichen und symbolischen Mitteln einiger NS-Politiker bedient.
Beispielsweise tritt Höcke in seinem selbsternannten Spezialgebiet, der Familienpolitik, für ein klassisches Familienbild mit konservativer Rollenverteilung von Mann und Frau ein. Im Zuge dessen verbreitete er nachweislich Halb – und Unwahrheiten über die Einbindung von Homosexualität in das deutsche Bildungsprogramm. Diese sei zwar „zu tolerieren, nicht aber zu akzeptieren“ (4). Dies war eine direkte Kritik an der Stiftung Magnus Hirschfeld, die seine Aussagen direkt in Tradition zur Diffamierung von Homosexualitätsforschern in der NS-Zeit sieht.
Auch Höckes Wortwahl in Bezug auf nationalistisches Gedankengut wurde mehrfach als Anlehnung an die Sprache der Nazizeit und gleichermaßen an die Neue Rechte und Gruppen wie Pegida identifiziert. So sind Wörter wie „Volksverrat“ regelmäßig im Vokabular Höckes zu finden, anstelle eines „Tausendjährigen Dritten Reichs“, von dem Adolf Hitler gesprochen hatte, redet Björn Höcke über ein Deutschland, das noch tausend Jahre Bestand haben solle. Hier sieht z.B. der Historiker Maik Tändler klare Verbindungen zur NS-Sprache, die bewusst eingesetzt werden (5). Des Weiteren sieht Tändler im Vergleich der Menschenvertreibung im Holocaust und der aktuellen Flüchtlingskrise eine implizierte Gleichheit der Gefahr für Europa, Höcke stelle Deutschland als Opfer dieser Entwicklung dar.
Auf einer Rede in Erfurt, 2015, war Höcke wegen nationalistischer Aussagen in die Kritik geraten. Zitat: „Vergessen wir nie: Der Syrer, der zu uns kommt, der hat noch sein Syrien. Der Afghane, der zu uns kommt, der hat noch sein Afghanistan, und der Senegalese, der zu uns kommt, der hat noch seinen Senegal. Wenn wir unser Deutschland verloren haben, dann haben wir keine Heimat mehr“. Der Sozialwissenschaftler Felix Knappertsbusch sieht hier eine konstruierte Kategorisierung von Ausländern als Gefahr für eine vermeintlich einheitliche deutsche Kultur. Höcke lege eine entsprechende Abwehrreaktion der Bevölkerung nahe (6).
Inhalte wie diese sorgten 2018 auch für die Beobachtung Höckes und seiner Partei durch den Verfassungsschutz (7).
Zuletzt fiel Höcke durch ein abgebrochenes Interview mit dem ZDF auf. Sein PR-Berater hatte dem Journalisten „emotionalisierende Fragen“ vorgeworfen, das Interview sei zu wiederholen, damit Höcke sich auf die Fragen entsprechend vorbereiten könne. Als der Reporter dies ablehnte, drohte Höcke damit, in Zukunft keine weiteren Interviews mit dem ZDF mehr zu führen. Die Redaktion des Senders verurteilte Höckes Verhalten daraufhin und nannte es ein Zeichen für seine „autoritären Tendenzen“ (8).
Auf Grundlage der genannten und einigen weiteren Vorfällen entschied kürzlich das Verwaltungsgericht Meiningen, Björn Höcke dürfe offiziell als Faschist bezeichnet werden. Der Gerichtsstreit war nach einer abgelehnten Demonstration „gegen den Faschisten Björn Höcke“ entstanden (9).
Links und Verweise zu Björn Höcke
1) vgl.: https://www.bjoern-hoecke.de/person
6) vgl.: https://de.wikipedia.org/wiki/Bj%C3%B6rn_H%C3%B6cke#Politische_Laufbahn