Lange Zeit war der Antisemitismus in der Weimarer Republik gegenüber den Ereignissen der nationalsozialistischen Herrschaft von der Forschung vernachlässigt worden. Mit der Aufwertung der Kulturgeschichte ist das Interesse an den kulturellen und sozialen Prozessen, die die fragmentierte Gesellschaft der Weimarer Republik prägten, erwacht.[1] In diesem Zusammenhang stellte sich die Frage nach der antisemitischen Prägung oder Färbung einzelner Milieus, Berufsgruppen, Unternehmen und Branchen. Antisemitismus wird hier nicht vorrangig als politische Programmatik betrachtet, sondern als Alltagsphänomen, als soziale Norm im Geschäfts- oder Vereinsleben, selbst im Tourismus. Die Untersuchung des akademischen Milieus ist dabei von besonderem Interesse, weil es Multiplikatoren hervorbrachte, die Staat und Gesellschaft in leitenden Positionen beeinflussen konnten. Auch hier war bislang eine Fokussierung auf die NS-Zeit[2], in geringerem Umfang auf die Zeit des Wilhelminismus, gegeben.[3] Dies bestätigte sich auch bei der Ringvorlesung der Humboldt-Universität im Wintersemester 2003/2004 „Die Berliner Universität unterm Hakenkreuz“, wo die Vorgeschichte bis zum Jahr 1933 nur am Rande behandelt wurde.[4]
Die Berliner Universität in den politischen Auseinandersetzungen der Jahre 1918-1925
In der unmittelbaren Nachkriegszeit herrschte an der Berliner Universität Tristesse. Über das Klima von Verelendung und politischer Radikalisierung an der Universität berichteten die Zeitungen im Jahre 1920: „Zahllos prunken arische oder völkische Manifeste am Schwarzen Brett“, schrieb das Berliner Tageblatt, Elend, Armut und körperlicher Verfall seien den Studenten anzusehen.[5] Der Vorwärts betrachtete die Universität als „Hort der Reaktion.“ In den Vorlesungen „herrscht jener brutale Radauton vor, wie wir ihn aus den Kriegervereinen zur Genüge kennen.“ Die sozialistischen Studenten würden in jeder Weise schikaniert und terrorisiert.[6] Über das Studentenleben berichtete die republikanische Presse: „Die Universität war nur noch Tummelplatz deutschnationaler Professoren und ihrer Zöglinge […]. In den Morgenstunden Bummel Unter den Linden in ‚patriotischen’ Landesfarben, dann gings ins Kolleg, wo ein Mann mit dem Weltruf eines Einstein niedergeschrieen wurde, weil er jüdischer Herkunft ist. Abends wiederholten sich diese Szenen im Theater.“[7] Ausdruck der allgemeinen Verrohung unter den Studenten war die Sprengung eines Kollegs, das Albert Einstein im Februar 1920 an der Berliner Universität halten wollte.[8] Hochschulen wie die Berliner Universität waren für viele Linke und Republikaner ein rotes Tuch, seit der Kapp-Lüttwitz-Putsch und der Mord an Walter Rathenau das aggressive Potenzial der Korporationen offenbart hatten.
Während des Putsches ließ Rektor Eduard Meyer studentischen Aktivisten und Militärs im Universitätsgebäude freien Lauf. Zunächst kam er am 13. März 1920 der Bitte des studentischen Vertreters Biertimpel nach, „die Schließung der Universität bis auf Weiteres zu verfügen, da sich die Studentenschaft in weitestem Umfange der Nothilfe und dem Zeitfreiwilligendienst zur Verfügung stellen wollte.“[9] Biertimpel, „kraftstrotzend und stimmstark, bewährt im Niederbrüllen pazifistischer Professoren“[10], hatte indes erklärt, er stünde auf dem Boden der neuen Regierung. Dann ließ der Rektor die Besetzung des Gebäudes durch Truppen zu, während Studenten und Militärs Werbetische für die Teno, eine Streikbrecherorganisation, und für Zeitfreiwilligeneinheiten im Vestibül aufbauten. Zum Hissen der schwarz-weiß-roten Fahne auf dem Gebäude gab Meyer telefonisch seine Zustimmung.
Zwar hatten republikanische Gruppen der Berliner Hochschulen bald darauf erklärt, jetzt und künftig mit der Waffe in der Hand die Republik zu verteidigen.[11] Doch sie konnten das Bild der Studenten in der republikanischen Öffentlichkeit nicht prägen, nicht einmal die Abwahl der rechten AStA-Mitglieder, die mit dem Putsch sympathisiert hatten, war möglich.[12] Viel schwerer wog beispielsweise die Tatsache, dass ein Helfer der Rathenaumörder an der Berliner Universität studiert und agitiert hatte: Der Student Willi Günther hatte für eine „Vereinigung von kriegsfreiwilligen, deutschempfindenden Studierenden der fünf Berliner Hochschulen“ Geldgeber gesucht. Aufgaben dieser Vereinigung seien die „Organisation von Fünf-Minuten-Rednern“ nach dem Vorbild der Linken, von „Sprengtrupps für gegnerische Versammlungen“ und Spitzeldienste gegen Links. Nur so könnten die Studenten künftige Putschversuche besser unterstützen.[13]
Antisemitismus und akademische Gerichtsbarkeit
Der akademische Antisemitismus reifte seit der Gründung der Friedrich-Wilhelms-Universität heran. Schon in den Anfängen der Universität läßt sich anhand der causa Joseph Brogi von 1812 – der jüdische Medizinstudent wurde härter bestraft als die Kommilitonen, die ihn provoziert und angegriffen hatten – zeigen, dass die Universität eine Art Nebenpolitik gegen das Preußische Emanzipationsedikt des gleichen Jahres betrieb.[14] Am Ende des 19. Jahrhunderts hatte sich der Antisemitismus in der Universität etabliert. Inspiriert vom Historiker von Treitschke und vom Hofprediger Stöcker gründeten sich die Vereine Deutscher Studenten, die bald die Studentenvertretungen und Lesehallen eroberten und einen ideologischen Druck auf die Burschen- und Turnerschaften ausübten, antisemitische Programmpunkte aufzunehmen. Durch diese Generation, die in den 1880er und 1890er Jahren studierte und um 1900 in den Lehrberuf eintrat, wurde auch der Lehrkörper antisemitisch imprägniert. Nach 1919 verschärfte sich die soziale Situation vieler Studierender. Kriegsheimkehrer, Vertriebene und der Zustrom von Studentinnen sorgte für eine überfüllte Universität. Wirtschaftskrise und staatliche Einstellungsstopps, die sich aus der angespannten Haushaltslage ergaben, schmälerten die Arbeitsmöglichkeiten der zahlreichen Absolventen, die nun einem scharfen Wettbewerb ausgesetzt waren. Akademische Massenarbeitslosigkeit war die Folge. Zudem hatte die Inflation die Vermögen zahlreicher Privatdozenten ruiniert, damit war dem Privatdozententum die materielle Grundlage entzogen. Unter Jungakademikern wuchs die Enttäuschung und Verunsicherung, sie hatten vom Staat ihre Existenzsicherung erwartet und lasteten das Ausbleiben der Republik an. In diesem Klima weckten der Fleiß und die geistige Flexibilität vieler jüdischer Studierender Neid.
Die Studentenverbindungen nahmen de facto keine Juden auf und betrachteten sie grundsätzlich als nicht satisfaktionsfähig. Jüdische Studenten gründeten eigene schlagende Verbindungen mit entsprechendem Ehrenkodex, um ihre Gleichwertigkeit zu demonstrieren. So gab der Dachverband des Kartell Convents jüdischer Verbindungen die Parole heraus, auf jede antisemitische Beleidigung sei mit einer Duellforderung zu reagieren.[15]
Jährlich fanden zu bestimmten Tagen patriotische Feiern an der Universität statt, so jeweils am 3. August im Gedenken an den Kriegsbeginn und an die gefallenen Studenten, Feiern zu Ehren des Gründers der Universität, Friedrich Wilhelm des III. und zum Reichsgründungstag.[16] Der Aufmarsch der Korporationen bei der Reichsgründungsfeier am 15. Januar 1922 führte zu einem Eklat. Die Abordnung der A. D. B. Neo-Germania hielt in beleidigender Absicht Abstand zum vorangehenden jüdischen K. C. Silesia, worauf es zur Auseinandersetzung beider Erstchargierter kam, der Vertreter der Silesia gab seinem Kontrahenten eine Ohrfeige und wurde daraufhin von der Hochschule relegiert, ein Wiederaufnahmegesuch abgelehnt, die Silesia für ein Jahr verboten.[17]
Weitere Urteile des Akademischen Senats über Auseinandersetzungen unter Studenten zeigen, dass der Antisemitismus im akademischen Milieu als Selbstverständlichkeit galt, siehe etwa das Urteil des Senats vom 5. Januar 1921 gegen cand. med. Gerhard Pflessner und cand. med. Gebhard Schmieder. Die beiden Angeklagten hatten am 23. November 1920 in der 1. medizinischen Fakultät der Charité den Kommilitonen Fritz Weiss gezwungen, ihnen sein Sowjetstern-Abzeichen auszuhändigen. Als Weiss anschließend eine abfällige Bemerkung über das Hakenkreuz machte, das von beiden getragen wurde, zerschlug ihm Pflessner die Brille. Es fielen Sätze wie „Ich gebe Juden keine Satisfaktion“, „Juden sind für mich soviel wie Neger, Menschen 2. Klasse.“ Die Angeklagten erhielten Verweise, der Schläger zudem die Androhung der Entfernung von der Universität – das mit Unterschrift zu quittierende „consilium abeundi.“ Der Senat befand: „Strafmildernd kommt bei den Angeklagten in Betracht, daß sie durch Weiss’ Äußerung über das Hakenkreuz in starke Erregung versetzt worden waren.“[18] In einem anderen Fall wurde cand. med. Georg Dienemann mit Verweis und consilium abeundi bestraft, weil er auf eine antisemitische Provokation reagiert hatte. In der Stadtbahn hatte cand. theol. Wilhelm Balk eine laute Bemerkung gemacht: „Unsere Reichshauptstadt wird immer teuer, schlechter und jüdischer.“ Dienemann stellte Balk auf dem Bahnhof Friedrichstraße zur Rede und forderte „studentische Genugtuung“, die ihm Balk „als Juden“ verweigerte. Dienemann schlug daraufhin Balk ins Gesicht. Der Senat verurteilte das „überaus rohe und eines Akademikers unwürdige Verhalten“ Dienemanns. Weil Balks Äußerung keine persönliche Beleidigung gewesen sei, habe Dienemann kein Recht gehabt, eine Entschuldigung oder gar studentische Genugtuung einzufordern.[19] Dienemann sei sozusagen selbst schuld, wenn er sich durch Balks Äußerung beleidigt gefühlt habe. Dienemanns Mutter protestierte im Preußischen Kultusministerium gegen die „Beschimpfung der jüdischen Gemeinschaft“, dass nach derartigen Provokationen „Juden erst die Satisfaktion verweigert wird und sie dann für Tätlichkeiten gegen solche Antisemiten mit den schwersten akademischen Strafen belegt werden.“[20]
Die Ermordung Rathenaus schlug auch an der Berliner Universität hohe Wellen. Der Studentische Pazifistenbund schickte ein Telegramm an den Reichskanzler und veröffentlichte den Text an seinem Schwarzen Brett. Durch die Wendung „fluchwürdiges deutschnationales Verbrechen“ fühlten sich viele rechte Studenten provoziert. Deren „große Erregung“ veranlassten Rektor und Universitätsrichter zur disziplinarischen Verfolgung der „schuldigen“ Pazifisten.[21] Eine studentische Trauerfeier für Rathenau wurde verboten, weil auf dem ankündigenden Plakat auch eine Diskussion über den Schutz des republikanischen Staates aufgeführt war. Als sich der Student Hans Preuss in dieser Angelegenheit an die Presse wandte, wurde er für seine „Denunziation“ mit Verweis und consilium abeundi bestraft.
1925-1933: Radikalisierung und politische Formierung der Studenten
In der zweiten Hälfte der 1920er Jahre formierte sich die völkische Rechte an der Berliner Universität. In den Jahren bis 1926 gab es ein Nebeneinander von antisemitischen und nationalistischen Gruppen, Korporationen und Einzelpersonen, die z. T. widersprüchlich und ungeschickt agierten, wie der Fall des cand. med. Ludwig König zeigte, der 1920 den Wunsch hatte, bei der Wahl zum Vorstand der Vorklinikerschaft neben der „sozialistischen Judenliste“ eine „rein christliche Liste“ aufzustellen. Er erfand Unterstützer seines Wahlvorschlages, schrieb sogar eigenhändig einige Namen mehrfach auf die Unterstützerliste und musste wegen seines Betruges die Universität verlassen.[22] 1924 meldete die Polizei die Gründung einer Ortsgruppe der Deutschvölkischen Studentenbewegung an der Berliner Universität durch den aus Bayern ausgewiesenen Nationalsozialisten Kleo Pleyer.[23] Ein Jahr später hatte die Gruppe 50 Mitglieder.[24] Ab 1926 sammelte der Nationalsozialistische deutsche Studentenbund (NSDStB) das völkische Potenzial und präsentierte sich gegenüber den traditionellen, monarchistischen Korporationen als modernere, „revolutionäre“ und radikalere Bewegung. Wichtige Projekte waren der Kampf um die Studentenvertretungen, um eine politisch möglichst autonome Körperschaft, der Studentenschaft, die dem Einfluss der Republik entzogen war, der Gefallenenkult von Langemarck und die Hetze gegen jüdische Kommilitonen. Die Quotierung und Vertreibung jüdischer Studenten stellte ein wichtiges integratives Aktionsfeld völkischer Studenten dar. Auch in anderen Staaten, z. B. Polen oder Österreich, gab es ähnliche Bestrebungen. Der physische Übergriff und verbale Beleidigungen sollten planmäßig eine Atmosphäre des Terrors und der Verunsicherung erzeugen.
Auch auf der linken Seite gab es einen Radikalisierungsprozess, wenngleich die kommunistischen Gruppen viel kleiner blieben. Eingeklemmt zwischen der rechten Mehrheit und der lautstarken kommunistischen Minderheit führten die demokratischen Studenten ihren Kampf für die Republik und waren dabei auf die Unterstützung durch die Behörden angewiesen. Die Universitätsgremien, Rektor und Senat erklärten sich für politisch neutral, gingen aber de facto gegen republikanische und linke Aktivitäten schärfer vor. Gemeinsam mit der rechten studentischen Mehrheit hielten sie an der Vorstellung von der Universität als einer autonomen, quasi exterritorialen Körperschaft fest – Staat und Gesellschaft sollten von ihr ferngehalten werden. Somit wurde die Berliner Universität zu einer „demokratiefreien Zone“ bzw. einer Institution, in der die Demokratie nur eingeschränkt wirken konnte.
Politische Kräfteverhältnisse in der Studentenvertretung
Die Wahl zum Allgemeinen Studenten-Ausschuß am 22./23. Juni 1926 gab Aufschluss über die politischen Strömungen an der Universität. Bei einer Wahlbeteiligung von 70% errangen die Gruppen des Berliner Waffenringes (Korporationen) 23 und der Deutschen Finkenschaft (nicht korporierte, nationale Studenten) 25 von 100 Sitzen. Die Deutsche Studentenschaft (demokratisch) bekam 12, die Deutsche Gruppe (katholisch) 14, die Sozialisten 11 Sitze. Die Vereinigte jüdische Gruppe errang drei, die Jungstudentische Fraktion fünf und die kommunistische Liste der Hochschule der Werktätigen fünf Sitze. Der NSDStB hatte 2 Sitze. Damit besaß die Rechte eine relative Mehrheit, das republikanische Spektrum hatte ein Drittel der Sitze inne. Der Preußische Kultusminister Becker hatte die Deutsche Studentenschaft im November 1927 aufgelöst. Die Deutsche Studentenschaft, ursprünglich ein Dachverband der Studentenschaften der einzelnen Universitäten, war durch die systematische Unterwanderung von völkischen Gruppen zum Sammelbecken republikfeindlicher und antisemitischer Kräfte geworden. Die in den völkischen Hochschulringen organisierten Korporationen stellten bei Wahlen stets Sammelkandidaten und geschlossene Listen auf. Die Uneinigkeit der Linken und ihre geringe Wahlbeteiligung verhalfen der zahlenmäßigen Minderheit der Korporierten zur politischen Mehrheit in den Studentenkammern.[25] Um die Bildung großdeutscher und völkischer Hochschulverbände zu unterbinden, wollte Becker die seit 1920 verbriefte Koalitionsfreiheit der Studentenschaften abschaffen, was diese nicht hinnahmen. Nach dem Verbot der Bezeichnung Studentenschaft wurden Schriftstücke beschlagnahmt und ihre Räume in der Friedrich-Wilhelms-Universität gesperrt. Damit besaß die Studentenschaft, die weiterhin von Rektor und Senat anerkannt wurde, kein Hausrecht mehr.[26]
Unter dem Eindruck der Anti-Versailles-Krawalle vom 28. Juni 1929, die von demokratischen Studenten als planmäßiges Vorspiel zu den AStA-Wahlen empfunden wurden[27], organisierte die Rechte die Wahlen als Kampf für politische und hochschulpolitische Autonomie gegenüber der republikanischen Regierung. Die Wahllokale wurden in Gaststätten, u. a. in den als NS-Vereinslokal bekannten Akademischen Bierhallen, eingerichtet. Die Rechte mobilisierte ihre Klientel, 7000 von 12.500 Studenten wählten. Der NSDStB wurde mit 1377 Stimmen zweitstärkste Gruppe hinter den waffentragenden Korporationen (2742) und vor der Dt. Finkenschaft (1101). [28]
Der 28. Juni, der Jahrestag der Unterzeichnung des Versailler Vertrages, wurde zum Aktionstag der sich radikalisierenden Studenten. 1928 hatte im Lustgarten eine Kundgebung mit einigen Tausend Teilnehmern stattgefunden. Auf Wunsch der Reichsregierung verbot Preußen alle Kundgebungen am 28. Juni 1929. Auf dem Hegelplatz protestierten nationalistische Studenten gegen das Verbot, unter dem Ruf „Auf zu Becker, wenn’s auch Blut kosten soll“[29] machten sich mehrere Hundert auf den Weg zum Amtssitz des Kultusministers. Zum Schutz der Bannmeile und des Demonstrationsverbotes griff die Polizei ein, es gab elf Festnahmen.[30] Die Demonstrationsteilnehmer sprachen von „Exzessen“ der Polizei und behaupteten, sie seien ungehindert und in völliger Ordnung vor das Ministerium gelangt: „Man rief ‚Deutschland erwache’ und verlangte den Minister, er zeigte sich nicht. Nach 10 Minuten erschien ein Polizeiaufgebot, das sofort auf Beteiligte und Unbeteiligte in maßloser Weise einzuhauen begann. Der Erfolg war trotzdem gering, die meisten Studenten ließen sich nicht abhalten, vor das Reichspräsidentenpalais zu ziehen, um Hochrufe auf Hindenburg auszubringen […] Als der Zug vor der Universität angelangt war, forderte ein Student die Kommilitonen auf, nun ruhig an die Arbeit zu gehen, worauf ihm der Rektor freundlich die Hand drückte. Darauf erscholl das Vivat academia, vivant professores, um die Solidarität mit dem Lehrkörper gegenüber staatlicher Willkür zu bekräftigen.“[31] Der Ministerpräsident Otto Braun rechtfertigte das Vorgehen der Behörden: „Wenn der Polizei überhaupt ein Vorwurf zu machen ist, ist es der, daß sie eher zu rücksichtsvoll vorgegangen ist.“[32]
Versailles und Langemarck. Der akademische Gefallenenkult
Zentrale Motive des studentischen Nationalismus waren, verstärkt seit 1929, der Langemarckmythos und der Kampf gegen den Versailler Vertrag. Jährlich fanden nun an den Jahrestagen der beiden Ereignisse am 10. November und 28. Juni studentische Feiern und Demonstrationen statt. Bei den offiziellen Trauerfeiern zu Ehren der Gefallenen im Plenarsaal des Reichstags waren am jeweiligen Volkstrauertag bis zu 150 Korporationen präsent.[33] Die Korporationen weigerten sich, am Volkstrauertag 1929 gemeinsam mit republikanischen Studentengruppen im Reichstag aufzutreten. Daraufhin lud der veranstaltende Volksbund deutscher Kriegsgräberfürsorge die demokratischen Studenten wieder aus.[34]
Nur geringes Engagement zeigte sich bei der Vorbereitung des 10. Verfassungstages am 11. August 1929. So wurde die Studentenschaft ausdrücklich zur Teilnahme an der Stadionfeier am 10. Verfassungstag aufgefordert, doch nur sieben demokratische und sozialistische Gruppen sowie jüdische Korporationen der Friedrich-Wilhelms-Universität waren bereit, teilzunehmen bzw. zu chargieren.[35]
Der berühmte Langemarck-Heeresbericht des 11. November 1914 hatte von siegreichen Angriffen „junger deutscher Regimenter“ berichtet, die das Deutschlandlied singend, vorgestürmt seien. Tatsächlich hatte es sich um eine Reihe verlustreicher Infanterieangriffe auf alliierte Stellungen bei Ypern gehandelt, der tausende unzureichend ausgebildete Kriegsfreiwillige – darunter auch Schüler und Studenten – zum Opfer fielen. Im Laufe der Kriegs- und Nachkriegszeit wurde aus diesen Ereignissen, die sich zwischen dem 20. Oktober und 11. November 1914 bei Dixmuiden abgespielt hatten, der Langemarck-Mythos einer opferbereiten patriotischen Jugend destilliert.[36] Eigenständige Initiative im Bündnis mit Militärs entwickelten Studenten im Langemarckkult. So führte die „Ypern-Gedenkfeier am Tage von Langemarck“ am 10. November 1929 10.000 Teilnehmer in den Berliner Sportpalast. Das „Treuegelöbnis des Führers der Studentenschaft, cand. phil. Hoppe, wies in die Zukunft und mahnte die zahlreich anwesende akademische Jugend, sich den Opfergeist der jungen Kämpfer von Ypern zu bewahren, die damals hinübergingen zur Großen Armee, ohne Rücksicht auf Partei und Konfession, nur im Dienst des Vaterlandes“, schrieb das Militärwochenblatt.[37] Im Jahr darauf hatten die sechs Rektoren der Berliner Universitäten das Ehrenprotektorat die Langemarckfeiern der Deutschen Studentenschaft in der Garnisonskirche Potsdam übernommen. Zum Ausbau einer Gedenkstätte auf dem belgischen Friedhof sammelte die Deutsche Studentenschaft Spenden.[38]
Neben verklärenden Feiern gab es auch eine nüchternere Sicht auf den verlorenen Krieg. Eine wissenschaftliche Kriegsforschung sollte die Niederlage analysieren und den akademischen Nachwuchs auf kommende Kriege vorbereiten. Es entstanden Organisationen wie die Deutsche Gesellschaft für Wehrpolitik (1929) oder das Reichskuratorium für Jugendertüchtigung (1932). Auch wurden Wehrgeschichtliche Lehrstühle eingerichtet, wenngleich die Veranstaltungen, die durch ehemalige Offiziere bestritten wurden, durch ihren drögen Ton wenig attraktiv erschienen. Nach 1933 etablierte sich eine „Wehrlehre“ an den Universitäten.[39]
Das Gefallenendenkmal der Friedrich-Wilhelms-Universität[40]
Die meisten Kriegerdenkmäler der Universitäten und Burschenschaften hatten einen betont revanchistischen Charakter. Das Denkmal der Bonner Universität zeigte einen Jüngling, der breitbeinig stehend, mit beiden Armen ein Schwert zum Himmel streckte. Der Sockel trug die Aufschrift „Flamme empor.“ An der Ehrentafel der Universität Gießen prangte die Inschrift: „Litteris et armis ad utrumque parati“. Das Ehrenmal der Deutschen Studentenschaft in Würzburg, geschaffen von German Bestelmeyer, bestand aus einem Granitblock, in den Hände eingraviert waren, die sich vor einer aufgehenden Sonne nach einem Schwert ausstreckten. Hermann Hosaeus’ Ehrenmal für die Gefallenen der Technischen Hochschule Charlottenburg stellt einen voranschreitenden Handgranatenwerfer dar.
Die Denkmalspläne der Friedrich-Wilhelms-Universität gehen schon auf die Kriegszeit zurück. Nach dem Krieg griff Rektor Reinhold Seeberg, von dem die Inschrift „Invictis victi victuri“ stammt, die Idee wieder auf. Die Kunstkommission der Universität forderte je vier Bildhauer und Architekten in einem beschränkten Wettbewerb zu Entwürfen auf, die eine architektonisch-figürliche Umsetzung des Mottos darstellen sollten.[41] Eingeladen worden waren: Die Bildhauer Georg Kolbe, Eberhard Encke, Hugo Lederer und August Gaul, die Architekten German Bestelmeyer, Hans Poelzig, Peter Behrens und Hermann Muthesius.[42] Der Bildhauer Lederer und der Architekt Bestelmeyer erhielten den Zuschlag auf Drängen des Stadtbaurates Ludwig Hoffmann, der als Sachverständiger der Kommission beistand. Das Gefallenendenkmal konnte aber erst Jahre später enthüllt werden, Inflation, politische Erwägungen und wechselnde bauliche Pläne für das Gartengelände waren die Gründe dafür. Planung und Aufbau zogen sich nun einige Jahre hin. Lederer hatte eine monumentale, kniende Figur mit Schild und Schwert auf massivem Sockel geschaffen: „Auf dem verhältnismäßig niederen, aber breit entwickelten Sockel steht die etwa 2,20m hohe Figur. Sie stellt eine Kriegergestalt dar mit gesenkten Schutz- und Trutzwaffen. Ihre Haltung will bei aller Trauer über das erfolglose, gewaltige Ringen doch furchtloses Vertrauen und die Zukunft des Vaterlandes ausdrücken.“[43]
Die studentische Rechte lobte das Motto des Denkmals und sinnierte: „Sind wir victuri? Indem wir diese Frage stellen, müssen wir uns darüber klar sein, dass wir den Krieg nicht militärisch, sondern politisch, nicht körperlich, sondern geistig verloren haben und dass es darum mit der körperlichen Ertüchtigung, die jetzt als Ersatz für den verschwundenen Militärdienst dringend notwendig ist, nicht getan ist. Vor allem heißt es für uns Akademiker, die geistigen Voraussetzungen des Sieges zu schaffen.“[44]
Für viele Völkische hatte sich nach dem Ende der „putschistischen“ Phase zwischen Kapp-Lüttwitz-Putsch und Feldherrenhallen-Marsch der „Marsch durch die Institutionen“ angeboten. Man müsse nun die Realität des Parlamentarismus anerkennen, und sich statt auf ein politisches Lager „auf sechs bis sieben Parteien“ verteilen, um Einfluß auszuüben: „Wir müssen der Sauerteig der Parlamente und Parteien werden. Wir dürfen die Führerschaft über Deutsche nicht Nichtdeutschen [d. h. Juden, Anm. des V.] überlassen.“[45] Pro forma arrangierte man sich, tatsächlich aber verfestigte sich das antisemitische, republikfeindliche Potential in den akademischen Berufen.
Die Weihe des Denkmals in Anwesenheit der Staatsspitze hatte zu scharfen Protesten der Republikaner geführt: „Kneiptolle Professoren veranstalten mit unreifen Studenten eine nationalistische Demonstration, die sich gegen den Geist der Versöhnung, die Politik von Locarno richtet. Die Reichsregierung läßt sich ins Schlepptau nehmen. Statt zu protestieren, macht sie mit.“[46] Die Ortsgruppe Sozialdemokratischer Studenten blieb der Feier fern. Die deutschnationale Presse begrüßte diese Entscheidung: „Der Trennungsstrich zwischen unserer gesunden Jugend und der pazifistisch-verseuchten kann gar nicht scharf genug gezogen werden.“[47] Das Militärwochenblatt urteilte über pazifistische Studenten: „Sie behaupten, Fußball und militärische Ausbildung nicht leiden zu können, sind aber körperlich gar nicht in der Lage, daran teilzunehmen. Solche ‚Männer’ sind minderwertig, und sie fühlen es ganz genau.“ Leider seien viele Leute dieser Art an deutschen Hochschulen. „Sie sind eine Art Krebsgeschwür am Körper der Gesellschaft. Es ist ein Jammer, daß so verschrobene Leute die Vorzüge der höchsten Bildungsanstalten, die von der Gesellschaft unterhalten werden, genießen dürfen. Dabei wollen sie die dieselbe Gesellschaft zerstören, indem sie sie ohne Schutz lassen.“[48]
Kommunistische Studenten organisierten eine Gegendemonstration im Kastanienwäldchen zwischen Universität und Neuer Wache, an der laut Rote Fahne Hunderte, laut Polizeibericht 50 Personen teilnahmen.[49] Die Rote Fahne schrieb vom „Propagandarummel für neue imperialistische Kriege“, vom „mittelalterlichen Mummenschanz der Studenten“ und vom Versagen der Sozialdemokraten.[50]
Die rechten Blätter brachten ausführliche und stimmungsvolle Berichte der Feier.[51] Um den störungsfreien Ablauf zu garantieren, hatte „ein starkes Polizeiaufgebot den Platz vor der Universität abgeriegelt und ließ nur geladene Gäste mit doppelter Kontrolle hinein.“[52] Auch wurde von Studenten eine Nachtwache organisiert, „die das Denkmal ihrer Brüder vor Angriffen von Bubenhänden bewahren wollen.“[53]
Die Zeitung Der Schild des Reichsbundes jüdischer Frontsoldaten äußerte sich widersprüchlich. Einerseits wurde der Auftritt der Nationalsozialisten bemerkt, andererseits der integrative Charakter der Veranstaltung beschworen: „Es wurde gegenüber dem harmonischen Verlauf der Feier allgemein als Provokation empfunden, daß zum Schluß NS-Studenten mit einer Hakenkreuzfahne an Hindenburg vorbeizogen.“ Doch angesichts der Proteste linker Studenten wurde betont: „Dem gegenüber wollen wir feststellen, daß sich die Studentenschaft aller Richtungen an dieser Feier beteiligt hat und auch die jüdischen Studenten im Rahmen ihrer Organisationen und Verbindungen daran teilnahm. Die politische Kluft, die nun leider einmal in der Studentenschaft besteht“ habe angesichts des Denkmals aufgehört.[54]
Der NSDStB resümierte in seiner Bilanz des Jahres 1926: „Anläßlich des Wahlerfolgs an der Berliner Universität und der Teilnahme einer uniformierten Fahnenabordnung der dortigen Hochschulgruppe an der Einweihung des Universitäts-Gefallenendenkmals beschäftigte sich zum ersten Mal die gesamte Berliner Presse in Wort und Bild mit uns.“[55] Dies lag auch ein einem delikaten Pressefoto, das die Abordnung von drei NS-Studenten mit Hakenkreuzbanner direkt vor Hindenburg und Kultusminister Becker zeigte.
Das Gespenst des Kommunismus. Linksradikalismus und „antifaschistische Studentenwehren“ an der Berliner Universität
Wie in anderen Bereichen der Gesellschaft täuschte auch an der Berliner Universität die lautstarke Propaganda über die tatsächliche Stärke der Kommunisten, zumal diese Propaganda durch die allgemein verbreitete Bolschewismusfurcht ungeheuer viel Resonanz bekam. Die politische Abteilung IA der Polizei beobachtete die Linken Gruppen intensiv. Sie stellte bei der Kommunistischen Studentenfraktion (Kostufra) „nach vertraulicher Mitteilung“ 1926 eine Liste von 12 Mitgliedernamen zusammen,[56] gab die Stärke der undogmatischen Roten Studentengruppe (RSG) mit 11 an, die anderen linksradikalen Gruppen hätten noch weniger Mitglieder.[57] Insgesamt konnten die kommunistischen Gruppen wohl kaum mehr als 70 Studenten an der Berliner Universität als aktive Unterstützer mobilisieren. Wegen ihrer zahlenmäßigen Schwäche fanden viele Veranstaltungen der Kostufra und RSG außerhalb der Universität statt, teilweise auch im Schutz des kommunistischen Milieus im Rahmen größerer Versammlungen, so z. B. am 15. Februar 1931 bei der „Kabarett-Matineé gegen die Kulturreaktion“, wo das Piscator-Kollektiv, Erich Weinert, Egon Erwin Kisch, Ludwig Renn und Bert Brecht auftraten.[58] Ein achtseitiges Flugblatt „Student im Klassenkampf“ der Hochschulgruppe der KPD aus dem Jahr 1930 gibt Einblick in die Themen kommunistischer Agitation. Die soziale Lage Studierender, aber auch politische Missstände an der Universität wurden dargestellt, so etwa die „skandalösen Zustände“ am Zahnärztlichen Institut, wo noch der alte deutsche Unteroffizierston herrsche und „eine technische Arbeit mit Strammstehen abgegeben werden muß.“ Zwei russische, „weißgardistische“ Dozenten, „verbohrte Hasser Sowjetrusslands“, trieben am Institut für Auslandsrecht ihr Unwesen. Zum Abschied des Preußischen Kultusministers Becker hieß es, von seinem Nachfolger Adolf Grimme sei nur das Schlimmste zu erwarten. Auf die vorgeblich sozialrevolutionäre Haltung der Nationalsozialisten, die Reichsgründungsfeier der TH zu boykottieren, wurde ebenfalls eingegangen.[59] Das wichtigste Thema kommunistischer Agitation war die soziale Lage der Studenten. Hier wurden, analog zum berüchtigten Berliner BVG-Streik, auch informelle Koalitionen mit dem politischen Feind geschlossen. So ging aus einer Protestversammlung gegen höhere Studiengebühren am 10. September 1929, auf der auch die Studentengruppe der NSDAP zahlreich vertreten war, – so der Polizeibericht – ein gewählter Kampfausschuss hervor, bestehend aus einem Nazi, einem Kommunisten, einem Parteilosen und einem Mitglied der RSG. Der Ausschuss sollte dem Kultusminister eine entsprechende Resolution überbringen.[60] Die linken Studenten hielten ihre Versammlung häufig außerhalb der Universität ab, um Zusammenstöße zu vermeiden. Politische Auftritte der Linken, die den Raum der Universität dennoch nicht aufgeben wollten, führten seit 1928/1929 regelmäßig zu Auseinandersetzungen mit den rechtsextremen Studenten, die stets ein weit größeres Potenzial mobilisieren konnten. So berichten die Burschenschaftlichen Blätter im Sommer 1931 von einer linken Veranstaltung in der Friedrich-Wilhelms-Universität: „Am Freitag, den 26. Juni großer Spartakiade-Stehkonvent [anläßlich eines in Berlin stattfindenden kommunistischen Sportfestes, Anm. d. V.]. Ansprache des allen Berliner Studenten sattsam bekannten jüdischen Führers der kommunistischen Studentengruppe. Besonders auffallend die große Anzahl von ‚Damen’, meist Jüdinnen, die sich besonders hervortun. Um 11 Uhr mit Genehmigung des Rektors Gegenkundgebung, veranstaltet von den Nationalsozialisten. Es kommt zu ersten Zusammenstößen.“[61]
Der Aufruf zur Bildung „antifaschistischer Studentenwehren“ in der Zeitschrift Der Rote Student vom November 1931 fand wenig Resonanz, interessierte aber die Polizei um so mehr. Eine Rundfrage der Nachrichtensammelstelle im Reichsinnenministerium unter den Preußischen Universitäten zeigte, dass linksradikale und antifaschistische Gruppen überall klein und randständig geblieben waren.[62]
Terror der Nationalsozialisten
Als der Rektor für die Universitätsfeier am 3. August 1928 Polizeipräsenz vor den Türen erbat, tat er das „mit Rücksicht auf die Störungen, die bei den schweren Spaltungen und Wirrnissen in der Studentenschaft immerhin als möglich anzusehen sind.“[63] Bald wurde aus der Möglichkeit eine Gewissheit. Ende der 1920er Jahre gewannen die Nazis unter den Studenten der Friedrich-Wilhelms-Universität rasch Anhänger. Ihre Stimmenzahl bei den studentischen Wahlen an der Berliner Universität war von 118 (1927) auf 749 (1928) und 1377 (1929) gestiegen.[64] Die Berliner Ortsgruppe des NSDStB umfasste 230 Mitglieder an Universität und TH.[65] Der traditionelle Monarchismus verblasste und der Rassenantisemitismus der Nazis erschien vielen Völkischen radikaler und moderner.[66] Vorstellungen alter Burschenherrlichkeit ließen den Studenten „noch immer einen Typ als Ideal erscheinen, der in der heutigen Zeit vollkommen wertlos, wenn nicht sogar schädlich ist. Nicht ‚bierehrliche’ Stichfestigkeit, sondern politische Schlagkraft ist jetzt nötig“ forderte Hitler 1927 in den NS-Hochschulbriefen.[67] Zudem behinderte kein Uniformverbot an den Berliner Universitäten die politische Markierung des Raumes. Seit Januar 1930 galten die Akademischen Bierhallen in der Dorotheenstraße 80 als Stützpunkt der NS-Studenten. In der Georgenstraße 44 befand sich die Geschäftsstelle des NSDStB.[68] Provokationen der Nazistudenten und kommunistische Gegenaktionen führten ab 1929 immer wieder zu Tumulten und Schlägereien auf dem Universitätsgelände und im Hauptgebäude.
Ausschreitungen gab es im November 1929 im Anschluss an eine Kundgebung der Deutschen Studentenschaft auf dem Hegelplatz, woraufhin sich die Veranstalter von den „Berliner Ruhestörern“ distanzieren mussten.[69] „Nach Beendigung der Kundgebung erhob sich plötzlich vor dem rückwärtigen Haupteingang ein Singen und Brüllen, Rufe wurden laut wie ‚Deutschland erwache’, ‚Rache’, ‚Juda verrecke’.“ Die Polizei schritt „nunmehr gegen die schwere, z. T. mit Stöcken durchgeführte blutige Schlägerei im Universitätsgebäude“ ein. Auf den Protest des Rektors gegen den Polizeieinsatz, der sich auf die akademischen Sonderrechte berief und den die reaktionäre Presse bereitwillig aufnahm, antwortete der Polizeipräsident: „Weder können die bei den Tumulten begangenen Körperverletzungen und Massenschlägereien als ein ‚eigentliches akademisches Vergehen’ noch als bloße ‚Injuriensachen der Studenten unter sich’ (§ 9 der Verordnung über die Einrichtung einer akademischen Gerichtsverfassung vom 28. 12. 1810) betrachtet werden.“[70] Die Kommunistische Studentengruppe reagierte mit der Gründung einer „antifaschistischen Studentenstaffel“. In den Sophiensälen forderte Karl. A. Wittvogel, „dem frechen Terror der faschistischen Studenten den roten Terror des Proletariats entgegenzusetzen. Keiner der im Saal anwesenden Nazis wagte auch nur einen Ton zu sagen“, berichtete die Rote Fahne, die den „Judenpogrom in der Universität“ verurteilte und statt der „jovialen“, nachsichtigen Polizei die proletarische Selbstjustiz empfahl: „Es ist an der Zeit, daß ein paar handfeste Metallarbeiter und Rotfront-Kämpfer diese sogenannte Stätte der Wissenschaft ausräuchern.“[71]
Mitte November 1930 kam es zu dreitägigen Unruhen, die durch eine Flugblattaktion des republikanischen Deutschen Studentenbundes ausgelöst wurden. Bei der reichsweiten Aktion sollten 150.000 Flugblätter verteilt werden: Ein „Studentischer Aufruf zur Vernunft“ richtete sich gegen die „verantwortungslose Demagogie und Katastrophenpolitik“ der extremen Parteien mit ihren „Karikaturen eines Mussolini“.[72] Chaos und Brutalisierung sprechen aus dem Bericht des Augenzeugen stud. jur. Heinz Alstede über die Ereignisse vom 12. November im Vestibül der Universität: „Die sozialistischen Studenten und Studentinnen standen an ihrem Brett. Sie waren eingeschlossen von einem großen Kreis nationalsozialistischer Studenten. Man hörte Worte wie ‚bis 12 werden wir noch warten, die Juden müssen rausgeschmissen werden’, etc. Punkt 12 hieß es ‚Juden raus’ und es setzte ein allgemeiner Ansturm auf die ungefähr 20-25 Sozialisten ein. Da sie in der Minderheit waren, gaben sie dem Druck nach, verließen die Halle und begaben sich in den Hof. Ein jüdischer Student und zwei jüdische Studentinnen konnten nicht mehr mit raus und wurden von den anderen Studenten umringt, verspottet und mit Schimpfworten bedacht. […] Durch Rufe wie ‚Der Rektor ist von der Polizei geschlagen worden’ wurde die Erregung in der Halle noch gesteigert. Dann ertönte auf einmal der Ruf ‚SA Sammeln’ und ungefähr 100 Studenten stürzten sich auf die wenigen sozialistischen Studenten, die sich kräftig zur Wehr setzten. Mitten in diesem Getümmel fielen plötzlich zwei Schüsse. Woher sie kamen, bzw. wer sie abgefeuert hat, kann ich nicht angeben. Bei dieser Schlägerei hat sich besonders hervorgetan ein Student, der einen in Zeitungspapier gewickelten Gegenstand in der Hand hatte. Als er auf den mir bekannten Studenten Beyer einschlug, bemerkte ich, dass sich dieser Gegenstand verlängerte. Es handelte sich dabei um einen sogenannten Totschläger. Durch die Schüsse aufmerksam gemacht, drang die Polizei bis in die Halle vor.“[73] Besonderes Aufsehen bei den Auseinandersetzungen des Folgetages erweckte der Überfall mehrerer Studenten auf eine jüdische Kommilitonin, die, schon am Boden liegend, mit Fußtritten verletzt wurde.[74]
Die Polizei resümierte Anfang des Jahres 1931, „daß Rektor und Senat leicht dem mit Radau begleiteten Druck der Studenten weichen“[75] und urteilte über die Stehkonvente: „Dies sind zweifellos Versammlungen unter freiem Himmel und fallen unter das Demonstrationsverbot. Solange diese Stehkonvente in bisher üblicher, ruhiger Form verlaufen sind, bestehen gegen eine stillschweigende Duldung keine Bedenken.“[76] Die Nazis hielten ihre Stehkonvente jedoch mit lauten Gesängen und Heil-Rufen ab, wobei sie teilweise parallel Flugblätter an den Eingängen verteilten, so am 20. Januar 1931 und am 23. Februar 1931. Um dieses akademische Ritual zu retten, beteuerte Rektor Deißmann gegenüber den Korporationen, „wie wichtig gerade bei der Eigenart Berlins diese kurzen Anspracheminuten für das korporative und soziale Leben der Studentenschaft sind.“[77]
Das Beharren der Universitätsvertreter auf einem rechtlichen Sonderstatus, auf einer „Exterritorialität“, die die republikanisch geführte Polizei zu respektieren habe, nutzte in der aufgeheizten politischen Atmosphäre den radikalen Gruppen, korrespondierte mit den Bestrebungen der Nazis, die Hochschule zu erobern. Um diesen Freiraum zu retten, hatte Deißmann schon im November 1930 die Bildung eines studentischen Ordnungsdienstes und weitere Maßnahmen vorgeschlagen: „Veredelung der Stehkonvente, Unterlassung aller kränkenden Zurufe, Nichtbehelligung von Flugblattverteilern auf der Straße.“ Die demokratischen Gruppen forderten einen Anteil von einem Drittel des Ordnungsdienstes, die Rechten wollten ihnen aber nur, paritätisch zum Stimmenanteil, ein Siebtel der Ordnungskräfte überlassen. Eine Einigung scheiterte.[78]
Infolge der Krawalle und Überfälle nach der AStA-Wahl im Herbst 1931 waren vier Studenten von der Universität relegiert worden, darunter zwei der angegriffenen Republikaner. Nach einem Augenzeugenbericht des Studenten Walter Loeb in der Central-Verein-Zeitung hatten sich die NS-Studenten am 22. Januar 1932 konspirativ auf einen Überfall in der 11-Uhr-Pause im Vestibül der Universität vorbereitet: „Mit einem Schlage wurden uns jüdischen Verbindungsstudenten die Mützen vom Kopfe gerissen. Zahllose Fäuste schlugen auf uns ein. Obwohl wir uns erbittert wehrten, war es natürlich ein Ding der Unmöglichkeit, sich gegen zehnfache Übermacht zu halten. Dazu waren wir auf diesen entsetzlichen Angriff nicht vorbereitet, da ihm nicht wie sonst ein Wortwechsel vorangegangen war. Aber es blieb nicht bei den Fäusten. Unsere Gegner schlugen mit Reitpeitschen, Schlüsseln und Koppelschlössern auf uns ein […]. Am widerlichsten war das Benehmen der nationalsozialistischen Studentinnen, die ihre Genossen durch anfeuernde Zurufe gemeinsten Inhalts zu weiteren Roheitsakten anspornten und die Hetzlieder mitsangen. Da wir der Übermacht nicht standhalten konnten artete das Ganze bald in eine allgemeine Schlägerei und einen wüsten Tumult aus. Fensterscheiben klirrten und unser Anschlagbrett wurde zertrümmert. Couleurstudenten nahmen ihre Mützen ab, um sich auf die Seite der Nationalsozialisten schlagen zu können, die sich jetzt mit Sozialisten und Kommunisten herumbalgten.“ Der Rektor versuchte vergeblich sich durchzusetzen, die Universität musste geräumt und geschlossen werden.[79] Die Polizei nahm durch Kriminalbeamte sieben Studenten fest, darunter jedoch nur einen Nationalsozialisten und zwei der angegriffenen Republikaner. Das Schnellschöffengericht Moabit unter Vorsitz des Universitätsrichters Marcard wollte Strenge walten lassen und verhängte Haftstrafen zwischen vier Wochen und 8 Monaten.[80]
Einen weiteren Überfall, der von Nazis und Korporationsstudenten am Tage der Urteilsverkündung geplant war, vereitelte die Polizei. Das Gericht hatte relative harte Strafen verhängt, um die Ehre der Universität wiederherzustellen. In diesem Frühjahr glaubten Vertreter des Studentenverbandes, dass die Nazis ihren Zenit bereits überschritten hätten.[81] Die Schwäche der republikanischen Justiz zeigte sich bei den nächsten Krawallen. Dem verurteilten Nazi Kalter gelang in zweiter Instanz der Freispruch, er durfte im Sommersemester weiterstudieren und war an weiteren Ausschreitungen am 30. Juni 1932 beteiligt. Wieder hatten die Nazis in der 11-Uhr-Pause im Vestibül Übergriffe auf jüdische Studenten geplant, um sie einzeln aus der Universität herauszuwerfen. Doch diesmal gelang die Gegenwehr, wie ein Augenzeuge berichtete: „Aber alle freiheitlichen Studenten, vom Zentrum und den Jungdeutschen bis zu den Sozialdemokraten und Kommunisten, standen geschlossen zur Abwehr der nationalsozialistischen Herausforderung zusammen.“[82] Es entstand eine Patt-Situation, der Rektor und einige Professoren erreichten den geschlossenen Abzug beider Gruppen.
Nach der Machtübertragung an die NSDAP hatte der Deutsche Studentenverband für den 10. Februar 1933 zu einer Gedenkfeier für den in Breslau ermordeten Studenten Walter Steinfeld aufgerufen. Diese Kundgebung am Hegelplatz wurde mit der Begründung verboten, dass die Universität überwiegend von nationalsozialistischen Studenten besucht werde und daher Ausschreitungen zu erwarten wären.[83] Die trotzdem um 11.00 Uhr erscheinenden sozialdemokratischen Studenten wurden von Nationalsozialisten angegriffen.[84] Es war der letzte Versuch von Republikanern, in der Universität öffentlich aufzutreten.
Die nun folgenden Erlasse des Kultusministeriums legitimierten die völkischen Provokationen und Straftaten im Nachhinein. So wurden im April 1933 alle akademischen Strafen, die gegen Studierende wegen politischer Handlungen verhängt worden waren, kassiert, sofern diese Handlungen „aus nationalen Beweggründen“ begangen worden waren.[85] Bald darauf wurden alle jüdischen Studentenverbindungen für aufgelöst erklärt. Schon zuvor, am 25. April 1933, hatte das „Gesetz gegen die Überfüllung der deutschen Hochschulen“ de facto eine Zulassungssperre und eine Quotierung für jüdische Studienbewerber und Kommilitonen eingeführt.[86] Kommunistische Gruppen wurden verboten und ihre Anhänger nachträglich bestraft: „Alle Studierenden in Preußischen Hochschulen, die sich in den vergangenen Jahren nachweislich im kommunistischen Sinne betätigt haben (auch ohne Mitglied der KPD zu sein), sind mit sofortiger Wirkung vom Universitätsstudium auszuschließen […]. Zur Feststellung der betreffenden Studierenden ist die Mitarbeit der örtlichen Studentenschaften heranzuziehen.“[87] Denunziationen war damit Tür und Tor geöffnet. Studentische Hilfspolizisten und Ordnungsdienste fahndeten nun nach linken Aktivisten und jüdischen Studierenden, die ihnen aus den Auseinandersetzungen vor 1933 häufig noch gut bekannt waren.
Fazit
Am Ende des 19. Jahrhunderts hatte sich der Antisemitismus in der Universität etabliert. Durch die Generation, die in den 1880er und 1890er Jahren studierte und um 1900 in den Lehrberuf eintrat, wurde auch der Lehrkörper antisemitisch imprägniert. Nach 1919 verschärfte sich die soziale Situation vieler Studierender. Wirtschaftskrise und staatliche Einstellungsstopps führten zu akademischer Massenarbeitslosigkeit.
Ab 1926 sammelte der NSDStB das völkische Potenzial und präsentierte sich gegenüber den traditionellen, monarchistischen Korporationen als modernere Bewegung. Wichtige Projekte waren der Kampf um Studentenvertretungen, die dem Einfluss der Republik entzogen waren, der Gefallenenkult von Langemarck und die Hetze gegen jüdische Kommilitonen. Die Quotierung und Vertreibung jüdischer Studenten stellte ein integratives Aktionsfeld völkischer Studenten dar. Der physische Übergriff und verbale Beleidigungen sollten planmäßig eine Atmosphäre des Terrors und der Verunsicherung erzeugen.
Die Universitätsgremien, Rektor und Senat erklärten sich für politisch neutral, gingen aber de facto gegen republikanische und linke Aktivitäten schärfer vor. Gemeinsam mit der rechten studentischen Mehrheit hielten sie an der Vorstellung der Universität als einer autonomen, quasi exterritorialen Körperschaft fest – Staat und Gesellschaft sollten von ihr ferngehalten werden. Das Beharren der Universitätsvertreter auf einem rechtlichen Sonderstatus, auf einer „Exterritorialität“, die die republikanisch geführte Polizei zu respektieren habe, nutzte in der aufgeheizten politischen Atmosphäre den radikalen Gruppen, korrespondierte mit den Bestrebungen der Nazis, die Hochschule zu erobern.
Somit wurde die Berliner Universität für jüdische Studenten schon seit Ende der 1920er Jahre zu einer Zone, in der ihre Bürgerrechte nur eingeschränkt galten. Gegen die Gewalttätigkeiten und Ausgrenzungsbestrebungen der völkischen Meinungsführer mussten sie ihre Präsenz an der Universität jeden Tag aufs Neue behaupten.
Autor: Christian Saehrendt
Anmerkungen
[1] Bsp.: Wolfgang Benz, Arnold Paucker, Peter Pulzer (Hg.), Jüdisches Leben in der Weimarer Republik, London 1998; Michael Brenner, Jüdische Kultur in der Weimarer Republik, München 2000. Zum gewalttätigen Antisemitismus siehe Dirk Walter, Antisemitische Kriminalität und Gewalt. Judenfeindschaft in der Weimarer Republik, Bonn 1999.
[2] Bsp.: Karen Schönwalder, Akademischer Antisemitismus. Die deutschen Historiker in der NS-Zeit, in: Jahrbuch für Antisemitismusforschung 2/1993, S. 200 – 229; Helma Brunck, Die deutschen Burschenschaften in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus, München 1999.
[3] Bsp.: Miriam Rürup, Jüdische Studentenverbindungen im Kaiserreich. Organisationen zur Abwehr des Antisemitismus auf ‚studentische Art’, in: Jahrbuch für Antisemitismusforschung 10/2001, S. 113 – 137; Norbert Kampe, The Friedrich-Wilhelms-Universität: A case study on the students’ „Jewish question“, in: Leo Baeck Institute Yearbook 32/1987, S. 43-101.
[4] Arbeitsgruppe „Die Berliner Universität und die NS-Zeit. Verantwortung, Erinnerung, Gedenken. Vors. Prof. Rüdiger vom Bruch. Eine Publikation ist in Vorbereitung.
[5] Berliner Tageblatt 20.2.1920 (abends).
[6] Ergebnis der Wahlen vom 17/19.2.1920: Waffenring 1001 (16 Sitze), Dt. Gruppe 900 (15), Finkenschaft 1722 (28), Kathol. Stud. 212 (3), Jüd. Stud. 493 (8), Dt. Hochschulbund (10), Liste soz. Studenten 492 (8), Wahlbeteiligung ca. 40 %, in: Vorwärts 20.2.1920.
[7] Vorwärts 24.3.1920 (abends).
[8] Einstein wollte im Sinne einer demokratischen Bildungskultur auch Gasthörer zulassen, zahlreiche Studenten lehnten dies ab und ließen den Vortrag platzen. Berliner Tageblatt 13.2.1920.
[9] Der Rektor Eduard Meyer an Geh.-Rat Wende, Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Unterricht 25. 3. 1920, in: Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz 1. HA, Rep. 76, Va, Sekt. 2, Tit. I, Nr. 22.
[10] So charakterisierte ihn der Vorwärts am 11.3.1920. Biertimpel geriet bald darauf in Verdacht, aus der Unterstützungskasse für notleidende Studenten 15.000 Mark entwendet zu haben. Vorwärts 1.12.1920. Das Verfahren wurde aber 1922 mangels Beweisen eingestellt. Feststellung des Rektors, 13.2.1922. GStA PK 1. HA, Rep. 76, Va, Sekt. 2, Tit. XII, Nr. 3, Bd. 14, Bl. 282.
[11] Aufruf Zentrumsgruppe, Demokratischer Studentenbund, Sozialistischer Studentenbund, Jüdische Gruppe, Kriegsteilnehmerfraktion, Sozialistische Fraktion, Freideutsche Gruppe, republikanischer Studentenbund, nach: Sozialdemokr. Partei-Korresp. 10.4.1920, Nr. 5, S. 47, vgl. a. Vorwärts 26.3.1920 (abends).
[12] Im Studentenparlament wurde am 30.3.1920 ein Antrag der demokratischen Gruppen, die Asta-Vertreter Biertimpel, Kersten, Molzahn und Schulz auszuschließen, durch die rechte Mehrheit abgelehnt. Erklärung des Asta vom 30.3.1920, in: GStA PK I. HA, Rep. 76, Va, Sekt. 2, Tit. I, Nr. 22. Vgl. Vorwärts 25.3.1920.
[13] Sozialdemokr. Partei-Korresp. 1.5.1920, Nr. 6, S. 73 und 15.8.1922, Nr. 8, S. 88.
[14] Thomas Henne und Carsten Kretschmann, Friedrich Carl von Savignys Antijudaismus und die Nebenpolitik der Berliner Universität gegen das preußische Emanzipationsedikt von 1812, in: Jahrbuch für Universitätsgeschichte, Berlin 2002, S. 217- 225.
[15] Miriam Rürup, Jüdische Studentenverbindungen im Kaiserreich. Organisationen zur Abwehr des Antisemitismus auf ‚studentische Art’, in: Jahrbuch für Antisemitismusforschung 10/2001, S. 115.
[16] Die Einladungen der Universität an Reichskunstwart Redslob hatten nur einmal eine demokratische Feier zum Gegenstand, eine Verfassungsfeier am 6.7.1930, in: Bundesarchiv Lichterfelde R 32 282, Bl. 75.
[17] Der Ausschuß des Kartell-Convents jüdischer Studenten an Carl Heinrich Becker, Juni 1922. GStA PK I. HA, Rep. 76, Va, Sekt. 2, Tit. XII, Nr. 3 Bd. 14, Bl. 243 und 281.
[18] Urteil des Akademischen Senats vom 5.1.1921. GStA PK I. HA, Rep. 76, Va, Sekt. 2, Tit. XII, Nr. 3 Bd. 14, Bl. 140ff.
[19] Urteil des Akademischen Senats vom 8.12.1921. GStA PK I. HA, Rep. 76, Va, Sekt. 2, Tit. XII, Nr. 3 Bd. 14, Bl. 169.
[20] Brief Fr. Dienemann an den Preußischen Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung 14.4.1921. GStA PK I. HA Rep. 76, Va, Sekt. 2, Tit. XII, Nr. 3, Bd. 14, Bl. 163.
[21] Verweis für den Studenten Cohn. Brief des Rektors an den Preußischen Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung 10.7.1922. GStA PK I. HA Rep. 76, Va, Sekt. 2, Tit. XII, Nr. 3, Bd. 14, Bl. 224.
[22] Der Rektor an den Preußischen Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung 20.7.1920. GStA PK I. HA Rep. 76, Va, Sekt. 2, Tit. XII, Nr. 3, Bd. 14, Bl. 92.
[23] Der Reichskommissar zur Überwachung der Öffentlichen Ordnung an den Preußischen Minister des Inneren 15.3.1924. GStA PK 1. HA, Rep. 76, Va, Sekt. 1, Tit. XII, Nr. 42, Bd. 1, Bl. 14.
[24] An Universität und TH, Leiter stud. ing. Walter, Organ: Dt. Hochschulzeitung. Preuß. Ministerium des Inneren an den Preuß. Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung 11.2.1925. GStA PK 1. HA, Rep. 76, Va, Sekt. 1, Tit. XII, Nr. 42, Bd. 1, Bl. 45.
[25] Studentenschaft, ein durch die Staatsministerialverordnung vom 18. 9. 1920 geschaffener Zwangsverband, der je ein Parlament wählt. Parallel entstehen, unterstützt vom deutschnationalen Lager, die völkischen Hochschulringe, die 1922 den Vorstand des Dachverbandes der Deutschen Studentenschaft entmachten und vom Ministerium anerkannt werden. S. Leo Karlsen, Deutsche Studentenschaft, in: Die Weltbühne, 1926 Bd. II, Nr. 28, S. 52ff.
[26] Als republikanisches Gegenstück zur Studentenschaft fungierte ab 1927 der Deutsche Studentenverband, der sich zum Ziel setzte, „die Vorherrschaft der völkischen Führer in den deutschen Hochschulen“ zu brechen. Vorstand des deutschen Studentenverbandes (Hg.), Student und Hochschule. Nachrichtenblatt für das deutsche Hochschulwesen, Berlin, 1. Jg., Nr. 1, Juli 1929, S. 1.
[27] Vorstand des deutschen Studentenverbandes (Hg.), Student und Hochschule, Nr. 2, 20.7.1929, S. 24.
[28] GStA PK I. HA, Rep. 76, Va, Sekt. 2, Tit. XII, Nr. 16, Bl. 340.
[29] Zitiert nach Sozialdemokratische Parteikorrespondenz 8/1929, S. 409.
[30] 11 Festnahmen und Anklagen u. a. wegen Bannkreisverletzung. Der Generalstaatsanwalt bei dem Landgericht I an den Justizminister, 14. 9. 1929. GStA PK I.HA, Rep. 76, Va, Sekt. 2, Tit. XII, Nr. 3, Bd. 14, Bl. 350.
[31] Oswald von Nostitz, Die Berliner Vorgänge, In Burschenschaftliche Blätter, Heft 12, Juli 1929, S. 7f.
[32] Otto Braun im Preußischen Landtag, 9. 7. 1929, abgedruckt in: Student und Hochschule. Nachrichtenblatt für das deutsche Hochschulwesen, Berlin, Nr. 2, 20.7.1929, S. 25.
[33] Kriegsgräberfürsorge. Mitteilungen des Volksbundes deutscher Kriegsgräberfürsorge e. V., Berlin April 1926, S. 50. Vgl. auch Volksbund deutscher Kriegsgräberfürsorge (Hg.), Deutscher Volkstrauertag 1928, Berlin 1928, S. 40.
[34] Student und Hochschule, Nr. 4, Oktober 1929, S. 60.
[35] Der Rektor an das Sonderbüro f. d. Verfassungsfeier im Reichsministerium des Inneren, 27.11.29. Er ordert ca. 450 Karten (bei 12.500 Studenten). GStA PK I. HA, Rep. 76, Va, Sekt. 2, Tit. XII, Nr. 3, Bl. 320.
[36] Weniger als 18% der eingesetzten Männer waren Schüler und Studenten. Die Behauptung, beim Angriff sei das Deutschlandlied gesungen worden, konnte nicht belegt werden. Siehe dazu Karl Unruh, Langemarck. Legende und Wirklichkeit, Koblenz 1986.
[37] Militärwochenblatt 18.11.1929, S. 750.
[38] Der Student. Akademische Rundschau, Göttingen, Heft 4, März 1929, S. 9.
[39] Christoph Jahr, „Die geistige Verbindung von Wehrmacht, Wissenschaft und Politik“. Wehrlehre und Heimatforschung an der Friedrich-Wilhelms-Universität 1933-45, in: Jahrbuch für Universitätsgeschichte, Berlin 2001, S. 161-176.
[40] Neue Literatur dazu: Kathrin Curtius-Hoffmann, Das Kriegerdenkmal der Berliner Universität 1919-26. Siegexegese der Niederlage. In: Jahrbuch für Universitätsgeschichte Berlin 5/2002, S. 87-116.
[41] Mitglieder waren Adolph Goldschmidt, Ordinarius Kunstgeschichte, Prof. Ferdinand Noak, Klassische Archäologie, Prof. Max Dessoir, Philosophie und Ästhetik und Honorarprof. Ludwig Justi, Leiter der Nationalgalerie. Siehe Aktennotizen vom 9.12.1919 und 13.1.1920, in: GStA PK I. HA, Rep. 76, Va, Sekt. 2, Tit. X, Nr. 27, Bd. 6.
[42] Vossische Zeitung 15.10.1920
[43] GStA PK I. HA, Rep. 76, Va, Sekt. 2, Tit. X, Nr. 27, Bd. 6 (ohne Datum, Blatt 46).
[44] Julius E. Kayser-Petersen, Sind wir victuri? In: Akademische Blätter, 41. Jg., Berlin, November 1926, S. 73.
[45] Hermann Voß, Der Burschenschaftler im Staat, in: Burschenschaftliche Blätter, Heft 14, August 1927, S. 239.
[46] Vorwärts 13.7.1926.
[47] Neue Preußische Kreuzzeitung 10.7.1926.
[48] Unter dem Titel „Sportfeindlichkeit und Wehrfeindlichkeit“ wird eine Untersuchung des amerikanischen Wissenschaftlers Rockne unter pazifistischen Studenten kolportiert, Militärwochenblatt Nr. 16, 1930, S. 622f.
[49] Einweihung mit 2.000 Teilnehmern und 120 Korporationen, Aufnahmestelle 1, 10.7.1926, 14.05 Uhr, in: LA Berlin A Pr. Br. Rep. 30, Tit. 90, Nr. 7496, Akten des Polizeipräsidiums zu Berlin.
[50] Bei der Kundgebung sprach Fritz Weiss, Rote Fahne 11.7.1926.
[51] Berliner Lokal Anzeiger 10.7.1926.
[52] Neue Preußische Kreuz Zeitung 10.7.1926.
[53] Berliner Lokal Anzeiger 10.7.1926.
[54] Der Schild. Zeitschrift des RjF, Berlin 5. Jg., Nr. 30 26.7.1926, S. 234.
[55] NS-Hochschulbriefe. Kampfblatt des NSDStB, Folge 2, Jan./Febr. 1927.
[56] Der Preuß. Minister des Inneren an den Preuß. Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung 20.4.1926. Die Berliner Mitglieder Paul Wegner, Martin Fenske und Hilde Weiss hätten wegen fortgesetzter Verstöße gegen das Universitätshausrecht vor der Relegation gestanden und deshalb die Universität verlassen. Hildes Bruder Friedrich sei noch in Berlin aktiv. GStA PK I. HA, Rep. 76, Va, Sekt. 1, Tit. XII, Nr. 42, Bd. 1, Bl. 61f.
[57] Der Pol.-Präs. 14.7.1931. Bericht über die Entwicklung kommunistischer Studentengruppen, an das Preuß. Ministerium des Inneren. GStA PK I. HA, Rep. 76, Va, Sekt. 1, Tit. XII, Nr. 42, Bd. 1, Bl. 261.
[58] Veranstaltungen der RSG: 26.1.1930: Lenin-Luxemburg-Liebknecht-Feier im Theater am Nollendorfplatz; 21.2.1930: Ernst Schneller in den Sophiesälen. Der Pol.-Präs. IA Tgb.-Nr. 3889 IA 3.29 an den Preuß. Minister des Inneren, 29.3.1930. GStA PK I. HA, Rep. 76, Va, Sekt. 1, Tit. XII, Nr. 42, Bd. 1, Bl. 110f. Veranstaltungen der Kostufra: 9.12.1930: Willy Münzenberg über „Nationale Befreiung durch die proletarische Revolution“ in den Musikersälen; 18.1.1931: LLL-Gedächtnisfeier mit Münzenberg, Weinert und der Agitproptruppe „Roter Wedding“ im Waller-Theater. Der Pol.-Präs. an den Preuß. Minister des Inneren, 8.4.1931. GStA PK I. HA, Rep. 76, Va, Sekt. 1, Tit. XII, Nr. 42, Bd. 1, Bl. 228ff.
[59] Student im Klassenkampf. Flugblatt der Hochschulgruppe der KPD, Berlin Februar 1930. GStA PK I. HA, Rep. 76, Va, Sekt. 1, Tit. XII, Nr. 42, Bd. 1, Bl. 88-96.
[60] Der Pol.-Präs. an den Preuß. Minister des Inneren, 29.3.1930. GStA PK I. HA, Rep. 76, Va, Sekt. 1, Tit. XII, Nr. 42, Bd. 1, Bl. 110f
[61] Burschenschaftliche Blätter, Heft 1 Juli 1931, S. 264.
[62] Die Nachrichtensammelstelle des RMI an die Nachrichtenstellen der Länder (Kopie an Grimme) 27. 11. 1931. GStA PK I. HA, Rep. 76, Va, Sekt. 1, Tit. XII, Nr. 42, Bd. 1, Bl. 276ff.
[63] Der Rektor an den Pol.- Präs., 1.8.1928. Er fordert Doppelposten vor dem Gebäude. LA Berlin A Pr. Br. Rep. 30, Tit. 90, Nr. 7507, Akten des Polizeipräsidiums zu Berlin.
[64] Zahlen an der TH: 52 (1927), 328 (1928), 760 (1929) Aufstellung des Preuß. Ministerium des Inneren 6.8.1930. GStA PK I. HA, Rep. 76, Va, Sekt. 1, Tit. XII, Nr. 42, Bd. 1, Bl. 136.
[65] Jeweils die Hälfte an Universität und TH. Versammlungslokal Passage Bierhallen. Der Pol.-Präs. 10.9.1930 an das Preuß. Ministerium des Inneren. GStA PK I. HA, Rep. 76, Va, Sekt. 1, Tit. XII, Nr. 42, Bd. 1, Bl. 169.
[66] Siehe zur Entwicklung des deutschnationalen, völkischen Milieus unter dem Einfluß der aufkommenden NS-Bewegung: Marc Zirlewagen, Der Kyffhäuserverband der Vereine Deutscher Studenten in der Weimarer Republik, Köln 1999 und Dietrich Heither, Michael Gehler, Alexandra Kurth, Gerhard Schäfer, Blut und Paukboden. Eine Geschichte der Burschenschaften, Frankfurt 1997.
[67] Adolf Hitler, Studentenschaft und Politik, in: NS-Hochschulbriefe. Kampfblatt des NSDStB, Folge 2, Jan./Febr. 1927.
[68] Pol-Inspektion Linden 9.1.1930, Verzeichnis der Verkehrslokale der KPD und NSDAP, in: Landesarchiv Berlin A Pr. Br. Rep. 30, Tit. 90, Nr. 7491, Akten des Polizeipräsidiums zu Berlin.
[69] Burschenschaftliche Blätter, Heft 19, Dezember 1929, S. 10.
[70] Der Pol.-Präs. Entwurf und Schreiben an den Innenminister, Nov. 1929. LA Berlin A Pr. Br. Rep. 30, Tit. 90, Nr. 7506, Akten des Polizeipräsidiums zu Berlin.
[71] Rote Fahne 14.11.1929.
[72] Berliner Tageblatt Ankündigung der Aktion 9.11. (abends) und Abdruck des Flugblatts am 11.11.1930 (abends)
[73] Als Eidesstattliche Erklärung autorisierter Bericht Alstedes über die Krawalle vom 12.11.1930. GStA PK I. HA Rep. 76, Va, Sekt. 2, Tit. XII, Nr. 3, Bd. 14, Bl. 521ff.
[74] Vorwärts 13.11.1930, und siehe Karikatur im Vorwärts vom 14.11.1930.
[75] Der Pol.-Präs. 19.1.1931. LA Berlin A Pr. Br. Rep. 30, Tit. 90, Nr. 7513, Akten des Polizeipräsidiums zu Berlin.
[76] 1. Rev., 28.1.1931 und Der Pol.-Präs. an den Rektor, 26.2.1931. LA Berlin A Pr. Br. Rep. 30, Tit. 90, Nr. 7513, Akten des Polizeipräsidiums zu Berlin.
[77] Der Rektor an die Studentischen Gruppen, 14.4.1931. LA Berlin A Pr. Br. Rep. 30, Tit. 90, Nr. 7513, Akten des Polizeipräsidiums zu Berlin.
[78] Burschenschaftliche Blätter, Heft 3 Dezember 1930, S. 63.
[79] Central-Verein-Zeitung, Nr. 5, Berlin 29.1.1932, S. 37.
[80] Central-Verein-Zeitung, Nr. 7, Berlin 12.2.1932, S. 57.
[81] Student und Hochschule, Nr. 2, Februar 1932, S. 28 und 31.
[82] Central-Verein-Zeitung, Nr. 28, Berlin 8.7.1932, S. 286.
[83] Abschrift des Verbots im Meldebuch I/33 10.2.1933. Pol.-Präs., in: LA Berlin A Pr. Br. Rep. 30 Tit. 90 Schupo Nr. 7563. In der ersten Februarhälfte fanden die letzten sozialdemokratischen Kundgebungen statt, so am 7.2. im Lustgarten mit ca. 100.000 Teilnehmern. Die letzte Reichsbanner/SPD-Kundgebung in einem Saal in Mahlsdorf wurde am 14.2. von 100 SA-Männern in Zivil gesprengt, so dass sie nicht durchgeführt werden konnte
[84] Deutsche Allgemeine Zeitung 10.2.1933 (abends).
[85] Erlaß des Preuß. Ministers für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung UI Nr. 21056 A1 vom 19.4.1933. GStA PK 1. HA Rep. 76, Va, Sekt. 1, Tit. XII, Nr. 42, Bd. 1, Bl. 346 vgl. Bl. 371.
[86] Erlaß des Preuß. Ministers für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung UI Nr. 21808 vom 27.6.1933. GStA PK 1. HA Rep. 76, Va, Sekt. 1, Tit. XII, Nr. 42, Bd. 1, Bl. 363. Vgl. Konrad H. Jarausch, Die Vertreibung der jüdischen Studenten und Professoren von der Berliner Universität unter dem NS-Regime, in: Jahrbuch für Universitätsgeschichte, Berlin 1998, S. 112-133.
[87] Erlaß des Preuß. Ministers für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung UI Nr. 21808 vom 27.6.1933. GStA PK 1. HA Rep. 76, Va, Sekt. 1, Tit. XII, Nr. 42, Bd. 1, Bl. 367.