Hitlers Architekt und von 1942 bis 1945 deutscher Rüstungsminister
Albert Speer wurde als Sohn eines wohlhabenden Architekten in Mannheim geboren. 1925 begann Speer, Architektur in Berlin zu studieren, 1927 wurde er Universitätsassistent. 1930 hörte er zum ersten Mal Hitler sprechen und war von der Überzeugungskraft des nationalsozialistischen „Führers“ überwältigt. Im Januar 1931 trat er in die NSDAP ein. 1932, mittlerweile arbeitslos, übernahm Speer den Auftrag zum Umbau des Berliner Gauhauses der Partei. Kurz nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde Speer mit seinen ersten großen Aufträgen belohnt: Er durfte Joseph Goebbels‘ Ministerwohnung neu gestalten und die Berliner Feiern zum 1. Mai inszenieren. Seine Arbeit an diesen beiden Projekten erregte Hitlers Aufmerksamkeit; bei der Arbeit für Goebbels bewies Speer organisatorische Fähigkeiten, und beim Festzug zum 1. Mai stellte er zum ersten Mal die Grundelemente jenes Spektakels zur Schau, das Modell für alle künftigen Parteitage und Parteifeiern werden sollte. Hitler erteilte Speer persönlich Aufträge, wie etwa den Umbau der Reichskanzlerwohnung, und im Lauf ihrer Zusammenarbeit entwickelten sich zwischen beiden enge freundschaftliche Bindungen. Hitler sah offenkundig in dem begabten jungen Mann die Verkörperung seiner eigenen unerfüllten Jugendträume. Er eröffnete Speer den Zutritt zum inneren Zirkel, erschloss ihm neue Betätigungsfelder und gestattete ihm ein Maß an Selbständigkeit wie keinem anderen Mitglied seines Gefolges.
Speer wiederum leistete Hitler außerordentliche Dienste und war ihm absolut ergeben. 1934 trat Speer als Hitlers Architekt an die Stelle von Paul Ludwig Troost, der Anfang des Jahres gestorben war. Er widmete sich zwei großen Projekten: einen Plan für die „Neugestaltung“ Berlins zu entwerfen und eine ständige Anlage für Parteitage und Parteiaufzüge in Nürnberg zu bauen. Für beide Projekte entwarfen Hitler und Speer gemeinsam gigantomane Baupläne, die von der Macht und Dauer des Reichs und seines Regimes zeugen sollten. 1937 wurde Speer offiziell zum Generalbauinspekteur für die Reichshauptstadt Berlin ernannt. Das bedeutete u. a., daß eine besondere Abteilung seiner Dienststelle, die Hauptabteilung Umsetzung, zuständig war für die Wohnungen von Berliner Juden, die 1939 zwangsgeräumt wurden. Die Wohnungen wurden nichtjüdischen Bewohnern anderer Gebäude zugewiesen, die Speers Bauprogramm welchen mussten bzw. während des Kriegs ausgebombt wurden. Als im Herbst 1941 die Deportation von Berliner Juden „in den Osten“ begann, hatte Speers Amt noch mehr Wohnungen zu vergeben.
Als Fritz Todt im Februar 1942 durch einen Flugzeugunfall ums Leben kam, wurde Speer zu seinem Nachfolger als Reichsminister für Bewaffnung und Munition ernannt; im September 1943 erhielt er den Titel Reichsminister für Rüstung und Kriegsproduktion. In dieser Eigenschaft gelang es ihm mit Hilfe von Millionen Zwangsarbeitern sowie Konzentrationslagerhäftlingen, die Rüstungsproduktion entscheidend zu erhöhen, zur gleichen Zeit, als die Alliierten ihre Luftangriffe verstärkten. Der Rückhalt, den Speer bei Hitler fand, half ihm auch bei seinen Kämpfen mit altgedienten Parteimitgliedern und war ihm innerhalb der verworrenen Machtstrukturen nützlich, die typisch für die nationalsozialistische Führungsspitze waren. Gegen Ende des Kriegs verschlechterte sich Speers Verhältnis zu Hitler, aber erst in den allerletzten Wochen vollzog sich ein einschneidender Wandel. Entgegen einer ausdrücklichen Anordnung Hitlers setzte sich Speer nicht für die Zerstörung von Industrieanlagen und lebenswichtigen Einrichtungen in jenen Teilen Deutschlands ein, die vor der Eroberung durch die Alliierten standen.
Später behauptete Speer, er habe auch geplant, Hitler zu ermorden, was aber unwahrscheinlich ist. Nach dem Krieg wurde Speer vor dem Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg als Kriegsverbrecher angeklagt. Ihm wurde der Einsatz von Zwangsarbeitern und Häftlingen aus den Konzentrationslagern vorgeworfen. Ungewöhnlich an seinem Verfahren war, daß er sich zu seiner Verantwortung für Handlungen des nationalsozialistischen Regimes bekannte, und zwar auch für solche Handlungen, von denen er seiner Behauptung nach keine Kenntnis hatte. Er wurde in zwei Punkten, dem der Kriegsverbrechen und dem der Verbrechen gegen die Menschlichkeit, schuldig gesprochen und zu 20 Jahren Haft verurteilt.
Autor: Redaktion Zukunft braucht Erinnerung
Literatur
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Kammer, Hilde / Elisabet Bartsch / Manon Eppenstein-Baukhage / Manon Eppenstein- Baukhage: Lexikon Nationalsozialismus, Berlin 1999
Klee, Ernst: Das Personenlexikon zum Dritten Reich Wer war was vor und nach 1945. Frankfurt/Main 2003
Müller, Rolf-Dieter: Der Manager der Kriegswirtschaft. Essen 1999
Reichhardt, Hans / Wolfgang Schäche: Von Berlin nach Germania. Berlin 1998
Schmidt, Matthias: Albert Speer – Das Ende eines Mythos. Speers wahre Rolle im Dritten Reich, München 2005
Sereny, Gitta / Norbert Juraschitz: Albert Speer: Sein Ringen mit der Wahrheit. München 2001.
Speer, Albert: Erinnerungen. Albert Speer. München 2003.
Speer, Albert: Spandauer Tagebücher. München 2002.