Wolodymyr Oleksandrowytsch Selenskyj hat am 25. Januar 1978 das Licht der Welt in der heutigen Region Dnipropetrowsk im Südosten der Ukraine erblickt. Er wurde in eine russischsprachige und jüdische Familie hineingeboren. Seine Mutter (Rimma) war Ingenieurin und sein Vater (Oleksandr) war Professor für Kybernetik. Die Familie gehört – wie schon erwähnt – der jüdischen Religion an. Der Vater arbeitete während Wolodymyr Selenskyjs Kindheit vier Jahre lang in der Mongolei, wo die Familie auch lebte.
Der Großvater Selenskyjs hat während des Zweiten Weltkrieges in verschiedenen Positionen gedient. Angefangen hat er als Kommandeur eines Mörserzuges. Bis Kriegsende hatte er den Rang des Leutnants inne. Der Vater des Leutnants sowie alle drei Brüder von ihm wurden im Laufe des Holocaust umgebracht.
Ausbildung
Nach seinem Schulabschluss im Jahre 1995 fing er ein Studium am Wirtschaftsinstitut von Krywyj Rih an. Dieses Wirtschaftsinstitut ist ein Teil der staatlichen Wirtschaftsuniversität in Kiew. Er erwarb hier den Abschluss der Rechtswissenschaften. Als Jurist war er jedoch nie tätig. Im Jahr 1997 war er Mitgründer der Kabarettgruppe Kwartal 95, was so viel heißt wie „95. Wohnblock“. Die Gruppe war fünf Jahre on Tour. Angefangen in Moskau arbeitete sich durch die Staaten der damaligen Sowjetunion. Er erhielt schnell Popularität als Schauspieler, Synchronsprecher, Komiker, Fernsehmoderator, Filmproduzent und Regisseur.
Selenskyjs Karriere
Durch seine Teilnahme an einer ukrainischen Version von „Dancing with the Stars“ im Jahr 2006 wurde er landesweit bekannt. Auch erhielt er mehrfach in den Jahren 2010 bis 2013 den völkischen Fernsehpreis des Landes (Teletriumph).
Mit seiner Kabarettgruppe eröffnete er dann eine Fernsehproduktionsgesellschaft. Im Jahr 2015 trat er auf einem sehr bekannten Fernsehsender (1+1) eines Oligarchen in Erscheinung. Er spielte den Geschichtslehrer Wassilyj Petrowytsch Holoborodko in einer satirischen Serie (Diener des Volkes). Es ging darum, dass die Figur des Geschichtslehrers von der Korruption der völkischen Politiker nichts mehr hören konnte und machte über Social Media Plattformen Wahlkampf. Er fing an, Geld über sogenannte Crowdfunding-Kampagnen zu sammeln und wird mit einem Mal zum Präsidenten gewählt. Als Holoborodko dann dieses Amt erst einmal innehatte, räumte er dann zunächst einmal die korrupte ukrainische Politik auf. Auf diesem Grundstein lagert Selenskyjs politischer Durchbruch.
Doch im September 2016 verwickelte sich Selenskyj in einen ausgereiften Skandal. In einer Parodie hatte er den ehemaligen Poroschenko sowie den Bürgermeister von Kiew (Vitali Klitschko) als „Bettler“ bezeichnet. Und weiter: Die Ukraine sei eine Darstellerin eines Films aus Deutschland für Erwachsene, die angeblich bereit wäre, irgendeine Nummer auf irgendeiner Seite zu sein. Witalij Portnykow (Politikanalyst und Journalist) bezeichnete Selenskyjs Humor daraufhin als geschmacklos, bürgerlich, minderwertig und beschränkt.
Die politische Zeitachse
Nachdem die Fernsehserie „Diener des Volkes“ und der gleichlautende Film ausgestrahlt wurden, kamen 2016 immer mehr Gerüchte auf, Selenskyj würde eine Kandidatur des Amts des Präsidenten in der Ukraine antreten. Daraufhin bzw. 2017 ließ der Anwalt Iwan Bakanow die Partei mit dem Namen Sluha narodu registrieren. Obwohl Selenskyj offiziell überhaupt noch nicht für die Präsidentschaftswahl 2019 nominiert war, lag er Umfragen zufolge schon auf Platz 2 der Bewerber. Eine weitere Bewerberin für das Präsidialamt war u. a. Julija Tymoschenko. Zum Schluss lag Selenskyj sogar vorne auf Rang 1 mit 24 % im Vergleich zu seinen Mitstreitern mit 16 %.
Am Silvesterabend 2018 gab er dann seinen Antritt für die Wahl auf dem beliebtesten Fernsehsender 1+1 bekannt. Von einigen Medien wurde er als „Strohmann“ des ukrainischen Poroschenkogegners und Oligarchen Ihor Kolomojskyj benannt, da er für den oben angegebenen Fernsehsender arbeitet und sogar bis 2022 dort einen Vertrag hat. Kolomojskyj ist hier mit 50,1 % beteiligt. Die restlichen 49,9 % gehen an eine börsennotierte Medien Holding.
Aufgrund dessen wurde Selenskyj natürlich extrem von Kolomojskyj als Präsidentschaftskandidat gefördert. Ein Radiosender deckte auf, dass schon in den Jahren 2017 und 2018 reger Kontakt zwischen Selenskyj und Kolomojskyj herrschte, da Selenskyj angeblich mindestens 14-mal zu Kolomojskyis Wohnort flog. Auch Kolomojskyis Leibwächter arbeiteten zunehmend auch für Selenskyj und wurden zudem vom Oligarchen hierfür bezahlt. Der Oligarch hatte sodann auch seine Wiederkehr in die Ukraine angekündigt, sofern Selenskyj die Wahl gewinne. Einige Journalisten hatten schon die Vermutung, dass Kolomojskyj die Ukraine regieren würde, sollte Selenskyj die Wahl gewinnen. Selenskyj wirkte auf die Medien als ein gesetzter Bauer im Spiel Schach. Daraufhin entgegnete Selenskyj, dass der Mensch, der ihn kontrollieren könnte, erst noch geboren werden müsse.
In anderen Medienkreisen kursierten Nachrichten darüber, dass Selenskyjs Aufstieg der Ausdruck eines kranken Systems in der Ukraine sei. Dies sei nur möglich gewesen, da der Oligarch die ukrainischen Medien dominiert. Sie können entscheiden, wer ins Fernsehen kommt und wer nicht.
Selenskyj bot mit seinem Politikprogramm eine Projektionsfläche für die Hoffnung einiger Ukrainer. In erster Linie betonte er die Antipathie der Stimmbürger gegenüber Poroschenko und dessen Partei. Die Ukraine sei schon seit langer Zeit von der schlechten Korruptionsbekämpfung im Land unzufrieden. Als man Selenskyj im Jahr 2019 nach seinem politischen Programm fragte, übergab er an seine Berater. Daraufhin hatte Selenskyj auf verschiedenen Social-Media-Kanälen seine Anhänger aufgefordert, ihm Programmvorschläge zu machen. Ende Januar 2019 legte er sodann ein Vier-Seiten-Programm vor. Die Programmpunkte enthielten u. a. die Einführung einer direkten Demokratie sowie die Anteilnahme aller Ukrainer am völkischen Reichtum. Des Weiteren führte er an, dass er für alle von Geburt an eine freie Universitätswahl einführen wollte sowie europäisches Niveau beim Straßenbau. Sein Kompetenzteam war bestehend aus Personen mit politischer Erfahrung wie beispielsweise der ehemalige Finanzminister, der Journalist und Abgeordnete Serhij Leschtschenko und der verflossene Wirtschaftsminister. Ein US-amerikanischer Politologe begründete den Ausgang der Wahl damit, dass es angesichts der Zeiten, in denen permanent Versprechen nicht gehalten werden würden, es wahrscheinlich besser sei, erst gar keine Versprechungen zu machen. Selenskyj begründete erst nach seinem Sieg die Bekämpfung von Eliteherrschaften sowie Korruption zu seinen Absichten.
Für die postsowjetische Region war die Wahl Selenskyjs eine Demonstration dafür, dass nicht immer vor der Wahl schon ein Präsident feststehen muss. Bestenfalls bekämpft solch eine Wahl ein schlechtes System. Eine Zeitung schrieb in einem Artikel darüber, dass Russland wohl sehr argwöhnisch und skeptisch auf diesen lebendigen Prozessablauf im Nachbarland blicken würde. Möglicherweise könnte die Ukraine ein Vorbild für Russland werden. Übliche Floskeln, ob man es gleich der Ukraine machen möchte, könnten so nämlich an Bedeutung verlieren. Eine Zeitung aus Tel Aviv stellte fest, dass die Ukraine nunmehr neben Israel das einzige Land sei, in dem es sowohl einen jüdischen Premier als auch einen jüdischen Präsidenten gibt.
Selenskyjs Rolle gegenüber Trump in der Ukraine-Affäre
Im Mai 2019 beriet sich Selenskyj schon mit seinen Beratern, wie man den Druck, der vom US-Präsidenten Donald Trump ausging, umgehen kann. In einem Telefonat zwischen Trump und Selenskyj soll Trump gefordert haben, dass er als Gegenleistung schneller Militärhilfe von Selenskyj Recherchen gegen Joe Biden verlangte. Biden war damals Trumps Gegenkandidat bei den Wahlen im Jahr 2020. Angeblich soll Biden damals die Freilassung des ukrainischen Generalstaatsanwalts in die Wege geleitet haben, um Bidens Sohn Hunter zu schützen. Dieser war seit 2014 in einem ukrainischen Erdgaskonzern im Verwaltungsrat tätig. Biden wollte ihn so vor Korruptionsermittlungen schützen. Selenskyj erwiderte auf Trumps Forderung, dass er sich von niemandem unter Druck setzen lasse, da er ein Präsident eines freien Landes sei. Bereits während des Telefonats zwischen Selenskyj und Trump hielt die US-Regierung schon fast 400 Millionen Dollar für schon genehmigte Militärhilfe zurück. Durch dieses Telefonat wurde 2020 die sogenannte Ukraine-Affäre ausgelöst.
Autor: Michael Schmidt
Weitere Informationen unter:
https://www.munzinger.de/search/portrait/Wolodymyr+Selenskyj/0/31696.html