Othmar Plöckinger: Unter Soldaten und Agitatoren. Hitlers prägende Jahre im deutschen Militär 1918-1920;
Hitlers prägende Jahre im deutschen Militär 1918-1920
Was braucht es für den Verkaufserfolg eines Buchtitels mehr als eine kernige Aussage und den Namen Hitler auf dem Buchdeckel. In unserem Fall versucht Plöckinger im zeitlich eng gespannten Rahmen der Frage nach den gedanklichen Ursprüngen von Hitlers Ideologie mit seinen Hauptbestandteilen Antisemitismus und Antibolschewismus kurz nach Ende des Ersten Weltkrieges nachzugehen. Ort der Handlung ist München. Die detailreiche Studie besteht aus zwei Teilen. Neben den militärgeschichtlich-biographischen Ausführungen sind ideologie- und propagandageschichtliche Gesichtspunkte Gegenstand der Erörterung. Betrachtet werden das Interregnum während der Auflösung des Heeres und dem Aufbau der Reichswehr. Es „entstanden komplexe und nicht selten widersprüchliche Abläufe, die selbst für beteiligte Zeitgenossen nicht immer überschaubar waren. Der Kampf um die ideologische Ausrichtung und propagandistischen Beeinflussung der Soldaten kam ebenso hinzu wie das gerade in Bayern spannungsgeladene Verhältnis zwischen der militärischen und zivilen Führung“ (S.12).
Hitler hatte es nicht eilig, aus dem Soldatenleben entlassen zu werden. Er meldete sich als Wachsoldat für Gefangenenlager und belegte Schulungskurse, um später selbst in Vorträgen seine Weltsicht ins Publikum tragen zu können. Seinerzeit waren drei Themenbereiche von Bedeutung für die inhaltliche Auseinandersetzung, welche die Menschen inner- und außerhalb der Kasernen bewegen: Bolschewismus – Jüdische Frage – Friedensvertrag von Versailles. Unterschwellig beschäftigte die bayrischen Gemüter ihre Haltung zur Weimarer Republik. Das heißt, Anerkennung der neu entstandenen Verhältnisse im Reich oder doch lieber Pflege des Separatismus mit dem Ziel der Abspaltung.
Während der vielen verfügbaren freien Zeit beschäftigte sich der zukünftige Politiker und Agitator mit – Lesen. Die Bibliotheken der Dienststellen waren auf Weisung der Militärführung neu und zum Teil mit propagandistischer Literatur aufgefüllt worden. Hier entwickelte Hitler seine Weltsicht und spann seine in sich logisch strukturierte, wenn auch simple Ideologie.
Am Ende steht die Frage nach dem Nutzen der Studie. Othmar Plöckinger breitet mangels konkreter Belege viele Unwägbarkeiten aus und verbleibt allerdings konsequent oftmals in der Möglichkeitsform. Der Text wirkt aufgebläht, weil manche Beschreibungen unerheblich für das Gesamtbild Adolf Hitler und das Thema Frühzeit der NSDAP sind. Wenn der Autor unter anderem vorschlägt, die Schriften und Pamphlete während der zwei betrachtenden Jahre systematisch zu erfassen und aufzuarbeiten, zeugt das von thematischer und histografischer Erschöpfung der biographischen und Wissenschaftsgegenstände.
Autor: Uwe Ullrich
Plöckinger, Othmar: Unter Soldaten und Agitatoren. Hitlers prägende Jahre im deutschen Militär 1918-1920; Paderborn – München – Wien – Zürich 2013; 377 Seiten, s-w- Abbildungen; 39,90 Euro