Der Spielfilm „Transit“, von Christian Petzold ist eine Verfilmung des gleichnamigen Buches von Anna Seghers. Die Autorin, mit dem gebürtigen Name Netty Reiling, floh 1941 selbst mit ihrer Familie vor den Nationalsozialisten. Das Ziel der Familie war Mexiko, welches dank einer Einreisegenehmigung durch den damaligen Botschafter Gilberto Bosques in greifbarer Nähe war. Ihnen gelang die Flucht über Marseille, eine Hafenstadt in Frankreich, nach Martinique, New York, Veracruz, bis sie schließlich Mexiko-Stadt erreichten. Dort schrieb Seghers ihr Buch „Transit“, das erstmalig als Buch 1948 in Deutschland veröffentlicht wurde. Christian Petzold nahm sich diesen Bestseller als Vorlage für seinen Film.
Die Hafenstadt im Süden von Frankreich galt während des 2. Weltkrieges als Transitzone, von welcher aus die Flüchtlinge Europa verlassen konnten. Es durften allerdings nur Menschen in diese Zone, die beweisen konnten, dass sie das Land verlassen werden. Zusicherungen für Visa verschiedener Länder waren solche Dokumente, die einen vorerst sicheren Aufenthalt ermöglichten.
„Eine Verfilmung, die gar keine Verfilmung ist“
Transit handelt von einem jungen Mann namens Georg, gespielt von Franz Rogowski, der vor den deutschen Nationalsozialisten flieht. Durch einen glücklichen Zufall gelangt er an wertvolle Dokumente, die es ihm erlauben Europa über Marseille zu verlassen. Die Dokumente stammen von einem Schriftsteller mit dem Namen Weidel, dieser brachte sich aus Angst vor den faschistischen Verfolgern um. Unter diesen Dokumenten befindet sich eine Zusicherung für ein Visum der Mexikanischen Botschaft. Sofort erkennt er die Chance für eine Flucht und nimmt prompt die Identität des Schriftstellers an. Zeitgleich haben die deutschen Truppen Paris erobert und sind auf ihrem Vormarsch Richtung Marseille.
In der Transitzone Marseille trifft er auf Marie (Paula Beer), die ihn im Handumdrehen fasziniert. Die mystische Persönlichkeit von Marie zieht Georg so sehr an, dass er sich in sie verliebt. Es stellt sich aber im Laufe der Zeit heraus, dass es sich hierbei um die Ehefrau des verstorbenen Schriftstellers Weidel handelt. Es entwickelt sich eine verstrickte und mit Dilemmata gespickte Liebesgeschichte.
Die Besonderheit des Filmes von Christian Petzold ist die scheinbare Zeitlosigkeit in der Transitzone. Die Handlung aus der Vergangenheit ist der Ort des Geschehens von heute. Geflüchtete von damals treffen auch Flüchtlinge von heute. In einer komplexen und genialen Story verarbeitet Petzold die Flucht der Europäer vor den Gräueltaten der Nazis und zieht Parallelen zur heutigen Flüchtlingssituation. Der Zuschauer bekommt das Gefühl, sich in einer Zeitblase zu befinden. So treffen Protagonisten auf Elemente, die es 1941 so noch gar nicht gab, so spielt zum Beispiel ein Junge im aktuellen Dortmundtrikot auf den Straßen von Marseille mit seinem Fußball.
Transit als klarer Favorit
Petzold verzichtet bei „Transit“ auf aufwendige Sets, wie man es von „Phoenix“ oder „Barbara“ gewohnt ist. Dafür bedient er sich an verstrickten Elementen und regt zum Nachdenken an. Das heutige Europa kapselt sich immer mehr von der Außenwelt ab und sieht sich nicht verpflichtet zu helfen und „das geht einfach nicht“, so der Regisseur auf der Pressekonferenz vor der Premiere. Sein Film wurde bereits weit vor der 68. Berlinale als Favorit für einen goldenen Bären gehandelt und das nicht zuletzt auch wegen Franz Rogowski, der als einer der wenigen Shootingstars gilt.
Transit
Regie: Christian Petzold
Produktionsland: Deutschland, Frankreich
Veröffentlichung: 2018
Länge: 101 Minuten – Farbe
Produzenten: Florian Koerner von Gustorf, Michael Weber
Berlinale – Sektion Wettbewerb