Die Falklandinseln erinnern heutige Generationen eher an den Biologieunterricht und die Lehre Darwins als an den Falklandkrieg zwischen Argentinien und Großbritannien 1982. Ein kleiner, sinnloser Konflikt um eine kleine Inselgruppe im Südatlantik. Seit Jahrhunderten britisches Territorium, hatte das argentinische Militär die Insel besetzt, um durch einen externen Konflikt von innenpolitischen Schwierigkeiten abzulenken. Das Resultat: Argentinien erlitt eine empfindliche Niederlage und es starben auf beiden Seiten knapp 1000 Menschen, doppelt so viele wurden verwundet. In Europa geriet dieses militärische Intermezzo bald in Vergessenheit– in Argentinien ist es bis heute nationales Trauma.
Die argentinische Regisseurin Lola Arias versucht sich diesem Trauma filmisch anzunehmen. Anstatt in einem Dokumentarfilm beide Parteien vom Krieg erzählen zu lassen, lässt sie englische und argentinische Veteranen die Ereignisse gemeinsam erzählen und rekonstruieren. Die Protagonisten stellen sich zu Beginn von „Teatro de guerra“ gegenseitig vor, in der Sprache des jeweils anderen. Mit holpriger Sprache und nickendem Kopf erzählten sie sich von den Einsatzorten und den Gefühlen während der drei Monate. Ein englischer Veteran trägt ein Gedicht über posttraumatischen Stress vor, ein typisches Krankheitsbild nach einem Einsatz im Krieg. Es folgen Bilder, die an ein „Making-Off“ erinnern, der Tonmann oder die Tonfrau sind im Bild zu sehen, im Hintergrund eine weiße Plane, überall stehen Lichter. Die Bilder zeigen das Set von „Teatro de guerra“, während die Protagonisten mit Lola Arias sprechen. Vereinzelt hört man ihre Fragen.
Die Lehren des Krieges
Auffällig ist die Kleidung der Schauspieler, die zum Teil urkomisch aussieht. Doch lustig ist hierbei gar nichts, denn die Geschichten der Soldaten machen traurig. Man könnte annehmen, dies soll eine Anspielung auf die sinnlose, fast schon lächerliche Auseinandersetzung sein. Doch der Krieg war blutiger Ernst. Das erfährt der Zuschauer, als ein englischer Veteran von der bestialischen Art des Vorgehens erzählt. So wurde den Soldaten angeordnet, keine Gefangenen zu machen, denn „diese würden den Vormarsch nur erschweren“, sondern es galt ein genereller Schießbefehl. Nicht nur Gefangene wurden umgebracht, sondern es gab auch Überfälle auf argentinische Lager, um deren Essen zu stehlen. Der nagende Hunger der Briten im Krieg, der von schlechter Koordination und Planung gekennzeichnet war, trieb sie zu solchen Taten. Die Erzählungen der Soldaten zeigen auf, wie unkoordiniert und überhastet der ganze Krieg war. Ein argentinischer Veteran erzählt von einem Vorfall an einem Strand, wo einige Kameraden durch eine Mine getötet wurden. Diese Mine war allerdings argentinisch. Man hatte die eigenen Soldaten nicht über die Standorte aufgeklärt. Zahlreiche Verluste waren die Folgen.
Der Film reiht sich ein in eine ganze Reihe von filmischen Projekten, die versuchen die ehemaligen Gegner von Konflikten in Versöhnungsprojekten vor die Kamera zu bringen. Er ist dabei erfolgreich wie seine Vorgänger. Noch vor 35 Jahren standen sich die Protagonisten auf dem Schlachtfeld gegenüber, bereit für ihr Land zu töten. Nun, dreieinhalb Jahrzehnte später stehen die Soldaten gemeinsam vor der Kamera, spielen Szenen aus Schlachten nach und machen gemeinsam Musik. Für einen Großteil der argentinischen Bevölkerung kaum vorstellbar, der Schmerz über die Verluste sitzt bis heute noch tief. Es gibt kaum ein Thema, über welches weniger gern gesprochen werden möchte als über den Falklandkrieg. Der Film ist ein gelungenes Experiment und ein kleiner Schritt für ein besseres Verhältnis zwischen den beiden Nationen.
Teatro de guerra – Theatre of War
Regie: Lola Arias
Argentinien / Spanien 2018
Spanisch, Englisch, Nepalesisch
82 Min · Farbe
Berlinale – Sektion Forum