Der Inselstaat Kuba ist trotz der kommunistischen Ausrichtung ein offenes und freundliches Land und erfreut sich an hohen Tourismuszahlen. Doch trotzdem ist die politische Situation auch heute noch unter dem Staats- und Ministerpräsidenten Raúl Castro schwierig. So existiert innenpolitisch bis heute keine echte Gewaltenteilung, die politische sowie wirtschaftliche Macht konzentriert sich auf eine kleine und eingeschworene Elite und die Außenpolitik ist von der harten Embargopolitik der USA geprägt.
Aus diesem und noch vielen weiteren Gründen hat sich in Kuba schon seit Jahrzehnten eine rege und vielfältige Aktivistenbewegung gegründet. Eine dieser Aktivistinnen ist die international bekannte Künstlerin Tania Bruguera.
Tania Bruguera wurde 1968 in der kubanischen Hauptstadt Havanna geboren und verband schon früh ihre Kunst mit einem Aktionismus und Politik. So veranstaltete sie diverse Aktionen bei denen sie Probleme mit den örtlichen Sicherheitskräften zu befürchten hatte.
Bei einer derartigen Aktion – Bruguera wollte eine Plattform schaffen, um den Kubanern die Möglichkeit zu geben sich unzensiert und frei zu äußern – wurde sie letztendlich verhaftet und verlor ihren kubanischen Pass.
Insgesamt verbrachte Tania Bruguera acht Monate in Haft. Die Anschuldigung lautete Landesverrat.
Der Film „Tania Libre“ begleitet Tania Bruguera kurz nach ihrer Haftentlassung und dokumentiert, wie sie die Haft und die politischen Umstände, die dazu geführt haben, mit einem Therapeuten in den USA verarbeitet.
Mit Hilfe des Psychiaters Dr. Frank Ochberg versucht Bruguera über mehrere Gesprächsstunden ihre posttraumatischen Symptome zu analysieren und zu interpretieren.
„Tania Libre“ ist nicht nur für Verehrer der Arbeit und Kunst von Tania Bruguera interessant, sondern auch für politisch Interessierte und Schwärmer für Kuba. Zwar reduziert sich die Dokumentation hauptsächlich auf Gesprächsaufzeichnungen. Doch diese geben uns einen tiefen Einblick.
So werden nicht nur das frühe Leben und Schaffen von Bruguera intensiv thematisiert, sondern auch die Umstände der aktuellen politischen Lage und die große Wirkung der Kunst.
Neben den – doch teilweise langatmigen – Dialogen zwischen Bruguera und dem Psychiater Frank Ochberg helfen kurze Videoaufnahmen und Szenen aus Kuba, uns die Situation vor Augen zu führen und sorgen für Abwechslung.
Obwohl Tania Bruguera durch die Inhaftierung sichtlich mitgenommen ist und als Freigeist die Isolierung nur schwer wegstecken kann, verhalfen ihr die Therapie und die Gespräche zu neuer Kraft. So organisierte sie nur 6 Monate nach Ihrer Entlassung erneut Aktionen.
Dazu hat die gebürtige Kubanerin angekündigt bei der Präsidentschaftswahl 2018 zu kandidieren und wird damit direkt gegen den aktuellen Staatspräsidenten Raúl Castro antreten. Noch wird sich zeigen, ob der kubanische Staat es zulassen wird, dass die berühmte Künstlerin antreten wird.
„Tania Libre“ wurde auf der diesjährigen Berlinale vorgestellt. Die rund 70 Minuten lange Dokumentation wurde in der Kategorie „Panorama“ gezeigt. Regisseurin und Produzentin war die US-Amerikanerin Lynn Hershman Leeson, welche schon durch filmische Dokumentationen wie „Strange Culture“ (2007) und „!Woman Art Revolution – A Secret History“ den Einfluss von Kunst auf die Politik dokumentiert hat.
Tania Libre – von Lynn Hershman Leeson
USA / Deutschland 2017
Englisch, Spanisch
Dokumentarische Form
73 Min · Farbe
Berlinale: Sektion Panorama Dokumente