Auf dem Weg zu ihrer Hochzeit passiert es. Die starke und selbstbewusste Fulani-Nomadin Sira hat ihren muslimischen Vater überzeugt, ihre große Liebe, den Christen Jean Sidi, heiraten zu dürfen. Leider konnte sie aber nicht alle Menschen in ihrem Dorf bekehren, unterwegs wird der Hochzeitszug von islamischen Extremisten angegriffen. Die Männer werden erschossen. Sira wird gekidnappt und anschließend vergewaltigt, bevor sie in der Wüste zurückgelassen wird. Aber Sira gibt sich nicht geschlagen und zeigt einen großen Lebenswillen. Sie macht das Camp der Angreifer ausfindig und versteckt sich monatelang in einer Höhle in der Nähe. Kaltblütig überlegt sie dort ihre nächsten Schritte. Ihre Rache nimmt in der rechtlosen Sahelzone ihren Lauf. Die Regisseurin Apolline Traoré wählte ein rechtloses Kriegsgebiet, die Sahelzone, als den Schauplatz ihres Films. In der Sahelzone regieren bewaffnete Männer, die mit Pick-up-Trucks die Region unsicher machen. Traoré erzählt die Geschichte eines tragischen Kampfes ums Überleben.
Auf den ersten Blick wirkt das Wüstendrama wie ein klassischer Rachemovie in Hochglanzbildern, aber die innovative Perspektive und ausgefallene Setting sorgen für einen interessanten Twist. Hinter der starken Frauenfigur verbirgt sich eine Handlung, die Fortschritt und Moderne miteinander verbindet und zu Toleranz aufruft. Das Stammesleben wirkt durchaus harmonisch und einvernehmlich.
Nafisatou Cisses Schauspiel lässt die Vorführung sexueller Gewalt sehr real werden. Die handwerkliche Kompetenz und der Inhalt gehen hier Hand in Hand. Weitere Themen sind die Unterdrückung der Frauen und die aktuelle Berichterstattung aus dieser Region. Sinnlose Gewalt und Fanatismus werden an den Pranger gestellt. Sicherlich überzeugte das Publikum neben der Handlung auch die schauspielerische Leistung der Hauptdarstellerin Nafissatou Cissé. Auch die Nebenfiguren Moustapha (Mike Danon) und Yere (Lazare Minoungou) fallen positiv auf. Nicht zuletzt haben auch die eindrucksvolle Kulisse und die Ästhetik des Films einen Beitrag zum Erfolg von „Sira“ beigesteuert.
Die burkinische Filmemacherin spricht mit diesem Film sicherlich vielen afrikanischen Frauen aus dem Herzen. Voller Mitgefühl setzt sich Apolline Traoré für ihre Landesgenossinnen ein. Leider wird auch heute noch in vielen Teilen Afrikas die weibliche Bevölkerung missbraucht und unterdrückt.
Traoré verleiht den vielen benachteiligten Frauen ihres Landes eine Stimme und macht auf ihre Probleme und Nöte aufmerksam. Ihre Ausbildung als Filmemacherin absolvierte sie am Emerson College School of the Arts in Boston. Ihr Abschlussfilm, „The Price of Ignorance“, wurde beim panafrikanischen Film- und Fernsehfestival Fespaco im Jahr 2001 ausgezeichnet. Drei Jahre später wurde ihr Kurzfilm „Kounandi“ auf dem Sundance Film Festival und dem Toronto Film Festival gezeigt. 2008 kehrte sie Hollywood den Rücken zu, nachdem sie einige Zeit in der Independent-Filmszene tätig war, und kehrte nach Burkina Faso zurück, um dort mehrere Spielfilme zu drehen.