Rezension über: |
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Waldtraut Lewin: Nenn mich nicht bei meinem Namen. Ein Mädchen an Bord der Exodus. München: cbj 2014, 320 Seiten, ISBN 978-3-570-40228-3, 8,99 EUR. |
Zu Recht lässt sich Waldtraut Lewin fast 160 Seiten Zeit, bevor sie ihre jugendliche Protagonistin Eliane im Sommer 1947 an Bord der Exodus gehen lässt, die sie nach Palästina bringen wird. Indem sie anschaulich schildert, wie es dem jüdischen Mädchen Eliane nach Kriegsende in Berlin ergeht, zeigt die Autorin plausibel, warum auch die wenigen Juden, die wie Eliane die Nazizeit überlebt hatten, für sich in Deutschland keine Zukunft sahen. Und warum die logische Konsequenz der Weg nach Palästina und die Gründung des Staates Israel waren. Eindrucksvoll beschreibt Lewin die Traumata, unter denen Eliane in Folge der Ermordung ihrer Eltern und ihrer jahrelangen Ungewissheit in verschiedenen Verstecken leidet. Auch muss sie erfahren, dass der Antisemitismus die Nazidiktatur überdauert hat. Schwächer fällt der zweite Teil von Nenn mich nicht bei meinem Namen aus, indem die Überfahrt der Exodus von Südfrankreich nach Palästina beschrieben wird. Äußere Spannungselemente, bisweilen sehr klischeehafte Personenzeichnungen sowie eine in dieser Form überflüssige Liebesgeschichte – Eliane und eine Krankenschwester konkurrieren um den jungen Funker Uri – prägen die Handlung.
Gern hätte man hier mehr über die Situation der Displaced Persons in Europa vor der Schiffsreise erfahren. Auch die Politik der jüdischen Widerstandsgruppe Haganah, die die Überfahrt der Exodus organisiert, wird nur pauschal behandelt. Gleiches gilt für die Motive der Briten in Palästina, die die Anlandung der Exodus in Haifa unbedingt verhindern wollen. Auch diesem Jugendbuch hätte ein Glossar mit Erläuterungen des historischen Hintergrunds gutgetan. Eindrücklich hingegen schildert Lewin die bedrückende Enge auf dem Schiff, die Ängste und Hoffnungen der Passagiere sowie die Konflikte zwischen Zionisten und orthodoxen Juden. Auch wenn Nenn mich nicht bei meinem Namen somit nicht völlig überzeugen kann, bleibt der Wunsch nach einer Fortsetzung: Eliane im jungen Staat Israel.
Autor: Tomas Unglaube