Yoel Kanovich wohnt in Tel Aviv. Er unterrichtet Geschichte. Oder besser gesagt, er unterrichtete, denn sein Leben ist momentan auf den Kopf gestellt. Sein Vater starb erst vor kurzem an einem Herzinfarkt. Die Trennung von seiner Frau hat er gerade überstanden. Damit aber nicht genug. Er rastet auch noch während einer Unterrichtsstunde aus und verliert seinen Job.
Das ist die Geschichte Yoels. Sie beginnt in Tel Aviv und geht weit darüber hinaus. Genau in dieser Zeit bricht auch der Gazakrieg aus. Sein Mitbewohner wird einberufen und Yoel muss mit all seinen privaten Problemen notgedrungen versuchen, sich eine neue Welt aufzubauen. Tiefgründig wird die Seite eines Mannes erzählt, der mit vielen privaten Dingen und auch mit seiner Umgebung zu kämpfen hat.
Ausgang zum Meer
Das Meer spielt in Gaza eine besondere Rolle. Es steht für zwei Optionen: auf der einen Seite spiegelt es die Hoffnung der Menschen auf eine bessere Zukunft wider, in dieser Hinsicht eine Art Ausweg aus der Krise, dem Elend und der Perspektivlosigkeit. Auf der anderen Seite steht es für den Tod. Man muss nicht Politikwissenschaften studiert haben, um zu verstehen, dass Juden und Palästinenser bis heute ein schwieriges Zusammenleben haben. Doch viele Menschen sehen positiv in die Zukunft. Die Zeiten sind stürmisch im Land und die Richtung ungewiss, doch die Hoffnung auf ein besseres Leben haben alle noch im Hinterkopf.
Die Situation eines Landes – Wie im Film
Gekonnt schafft es Daniel Mann den Zuschauer in eine andere Welt eintauchen zu lassen, ihn für eine kurze Zeit in die kuriose Mischung aus politischer Unsicherheit und privatem Schlamassel schauen zu lassen. Mit immer wieder gezeigten Nachrichtenteilen und Fernsehbildern kreiert er eine passende Atmosphäre, die die Unruhen in den Gebieten um Tel Aviv zeigen. Yoel sucht einen Ausweg aus all dem. Dabei entstehen oft komische Situationen.
Der Film ist ein wirklich gelungenes Werk, was die Tiefe und den Hintergrund angeht. Die gut ausbalancierte Mischung aus lokalem Konflikt in Israel und privater Zerrissenheit baut Spannung auf und schafft eine neue Sicht auf den Krieg.
Auf jeden Fall lässt Daniel Mann dem Zuschauer viele Interpretationsmöglichkeiten, gerade weil der Protagonist am Ende, überspitzt ausgedrückt, wieder am Anfang steht. Der Film ist in jeder Hinsicht erwachsen, zeigt tiefgründige Emotionen und erweckt im Zuschauer ein gewisses Verlangen nach Veränderung. Veränderung der Situation im Gaza, Veränderung von Yoels Alltag.
Motza el hayam – von Daniel Mann
Israel / Frankreich 2017
Hebräisch, Englisch
74 Min · Farbe
Berlinale: Sektion Forum