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Startseite > Rezensionen > Ausstellungsrezensionen > Michaela Melián: Föhrenwald
Geschrieben von: Matthias Reichelt
Erstellt:

Michaela Melián: Föhrenwald

Eine Abfolge von Schwarz-Weiß-Bildern, die mit Überblenden von zwei Diaprojektoren auf eine Wand im obersten Stock der Kunst-Werke Berlin geworfen werden. Sie zeigen stilisierte und etwas an ein Kinderbuch erinnernde Zeichnungen der Wohnsiedlung Föhrenwald bei München. Aus zwei Lautsprechern ertönt eine ruhige und dahinplätschernde Musik, ein sich wiederholender Loop, der ab und an von einer Kinderstimme aus dem Off unterbrochen wird. Das Kind liest Namen von Straßen und Plätzen aus unterschiedlichen historischen Phasen dieser Siedlung. Mitten in der Aufzählung ist Adolf-Hitler-Platz zu hören. Danach folgen Stimmen von Erwachsenen, die Berichte von ehemaligen Bewohnern der Anlage wiedergeben. Die Künstlerin Michaela Melián, die auch als Solomusikerin („Baden-Baden“) und als Mitglied der Münchener Band FSK bekannt ist, hat diese Ton-Dia-Installation geschaffen.

Die Siedlung Föhrenwald (heute Waldram) wurde von Hermann Grünenwald, einem vom Bauhaus beeinflussten Architekten während des deutschen Faschismus als Arbeitersiedlung geplant. Ende der 30er Jahre war die NS-Mustersiedlung südlich von München im idyllischen Voralpenland fertig und bot den Arbeitern einer nahe gelegenen „Schokoladenfabrik“ – so die offizielle Sprachregelung – Unterkunft. In Wirklichkeit handelte es sich um eine kriegswichtige Munitionsfabrik der Dynamit AG, auf deren Fundamente nach dem Krieg die Stadt Geretsried errichtet wurde. Anfangs war die Föhrenwaldsiedlung von Arbeitern aus Italien und Deutschland belegt und wurde ab 1941 zunehmend in ein Lager für Zwangsarbeiter aus allen Ländern Europas umgewandelt. Nach der Befreiung vom Faschismus wird die Anlage zur Unterbringung von Displaced Persons (DPs), den durch die deutsche Wehrmacht verschleppten Zwangsarbeitern und den überlebenden ehemaligen Insassen von Konzentrationslagern genutzt. Nach nur wenigen Wochen leben ausschließlich jüdische DPs in Föhrenwald, die nicht in ihre – vor allem – osteuropäischen Herkunftsländer zurück wollen oder können, weil dort alle Angehörigen ermordet wurden, ihre Häuser und Dörfer völlig zerstört sind und sie erneut mit Antisemitismus konfrontiert sein würden. Nach dem Krieg befanden sich ca. 200.000 jüdische Menschen aus allen Teilen Europas völlig entwurzelt in DP-Lagern. Allein im Münchener Raum gab es mit Feldafing, St. Ottilien-Konvent, Landsberg und Föhrenwald vier solcher Lager. Föhrenwald bestand bis 1957 als jüdisches DP-Lager, mit einer autonomen Selbstverwaltung und galt für die deutschen Behörden nahezu als exterritoriales Gebiet. Die schrecklich traumatisierten Menschen übten sich wieder in einem zivilen Leben, feierten Feste, organisierten Schulen, unterhielten kleine Betriebe. Manche vergleichen den Alltag mit dem Leben im osteuropäischen Schtetl, das meistens auf den Straßen stattfand. Von Föhrenwald aus wurde auch die Ausreise nach Palästina organisiert und Soldaten rekrutiert für den Widerstandskampf gegen das britische Mandat und zur Gründung eines israelischen Staates. Ab 1957 zogen verstärkt Vertriebene und Aussiedler nach Föhrenwald. Wiederum werden im Laufe dieser Veränderung zum zweiten Mal die Straßen und Plätze der Siedlung umbenannt.

Die Umbenennung der Straßen gibt auch die Struktur für den Perspektivwechsel in Michaela Meliáns Hörstück vor. Die Musik bricht ab und Kinderstimmen lesen die Abfolge der Straßennamen. Danach setzt die Musik ein und die Erzählung beginnt. Über ein Jahr lang hat Melián recherchiert, Interviews mit ehemaligen Bewohnern sowie Dokumente zur Siedlung gesammelt. Aus dem Material hat sie ein polyphones Hörstück komponiert, das durch die geschickte dramaturgische Struktur und den bewussten Einsatz von Kinderstimmen Distanz und Empathie zugleich schafft. Offizielle Dokumente, Gesetzestexte und Verlautbarungen, Zeitungsartikel und ähnlich komplizierte Texte lässt Melián von Kindern lesen, um die Diskrepanz von Geschichte und Gegenwart zu demonstrieren und gleichzeitig die Arbeit der Geschichtsaneignung und der „Vergegenwärtigung“ deutlich zu machen. Sobald die Textur aus den Interviewpassagen beginnt, setzt auch der Musikloop ein. Ihm liegen Schellackaufnahmen der jüdischen Schallplattenfirmen Semer und Lukraphon zwischen 1931 und 1938 mit Einspielungen von Bach, Beethoven, Schubert und Mendelssohn Bartholdy zugrunde, die aufgrund der NS-Ausgrenzungspolitik von Juden für Juden im Rahmen des Jüdischen Kulturbundes entstanden sind. Daraus hat die Künstlerin eine harmonische und nach Idylle klingende Melodie komponiert, womit sie nach eigener Aussage an die Musik von Heimatfilmen anknüpfen wollte. Die ruhige Musik bildet den Klangteppich, auf dem sich die von Schauspielern gelesenen Interviewaussagen zu einer polyphonen Erzählung formen. Da die Erinnerung erst einmal Schwarz-Weiß malt, sind die von Melián mit Bleistift gezeichneten Bilder negativ projiziert und erscheinen als weiße Linien auf schwarzem Grund. Melián ist es in beeindruckender Weise gelungen, die verschiedenen historischen Schichten durch Dokumente und Interviews in einer Mischung aus Oral-History-Projekt und dokumentenbasierender Recherche freizulegen. Eine nicht-jüdische Friseurin von außerhalb, die in der Siedlung den jüdischen Frauen die Haare machen sollte, beschreibt ihre Angst vor Rache und wundert sich über den herzlichen Empfang und die vielen Geschenke, die sie nach jedem Besuch mit nach Hause nehmen durfte. Ein anderer Augenzeuge berichtet von einem ehemaligen SS-Mann, dem es gelungen war, lange im Lager unterzutauchen und der erst bei einem Krankenhausbesuch aufflog, als Ärzte seine SS-Nummer unter der Achsel entdeckten.
Bringt man entsprechend Zeit und Muße auf, gerät man sehr schnell in den Sog des einstündigen Erzählstroms. Für das Hörspiel erhielt Michaela Melián in diesem Jahr den Hörspielpreis der Kriegsblinden und viele weitere Auszeichnungen.

Wer keine Zeit haben sollte, kann sich das hervorragende Buch samt CD mit dem Hörspiel kaufen und zu Hause anhören.

Autor: Matthias Reichelt

 

Michaela Melián
Föhrenwald
Ton-Dia-Schau in den Kunst-Werken Berlin
Bis 12. November 2006, Di–So 12–19 h, Do 12–21 h
Buch herausgegeben von Heike Ander und Michaela Melián mit Texten (deutsch-englisch) von Thomas Meinecke, Jim G. Tobias u.a. mit zahlreichen Fotos und allen Föhrenwald-Zeichnungen von Michaela Melián, erschienen im Revolver Verlag, Frankfurt/M (ISBN 3-86588-185-8), 280 S., € 25,-

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