Hilde Coppi war in der DDR als Widerstandskämpferin bekannt, doch tieferes Wissen um die Person ging damit bei den meisten nicht einher. Andreas Dresen hat sich der mutigen Kämpferin gegen das Naziregime nun in seinem jüngsten Filmprojekt angenommen. „In Liebe, Eure Hilde“ lautet der Titel des Films von Andreas Dresen, der auf der diesjährigen Berlinale seine Premiere feierte.
Das reale Vorbild der Hauptprotagonistin des Films wurde unter dem Namen Gertrud Käthe Hilda Rake 1909 in Berlin geboren. Ihr Vater verstarb bereit 1914. Die Mutter betrieb in der Invalidenstraße in Berlin Mitte ein Lederwarengeschäft, das sie in den 1920er Jahren aufgeben musste. Hilde besuchte zunächst die höhere Handelsschule, die sie 1925 abbrach, um Geld zu verdienen. Sie arbeitete zuerst als Sekretärin und Sprechstundenhilfe. 1939 erhielt sie eine Stelle als Sachbearbeiterin in der Reichsversicherungsanstalt.
1940 lernte die bereits 31 Jahre alte Frau ihren zukünftigen Mann Hans Coppi kennen, den sie 1941 heiratete. Hans war bereits seit Anfang der 1930er Jahre Mitglied des Kommunistischen Jugendverbandes Deutschlands und der Roten Pfadfinder. 1933 weigerte er sich das Gymnasium weiter zu besuchen, welches nun unter nationalsozialistischer Ägide stand. Bald wurde er wegen Widerstands gegen den Nationalsozialismus per Haftbefehl gesucht und musste illegal leben. 1938 fand er Arbeit in einer kleinen Maschinenbaufabrik. Er galt mit Beginn des Zweiten Weltkrieges als „wehrunwürdig“. Hilde und Hans lebten in der Kleingartenkolonie Am Waldessaum im heutigen Berliner Stadtteil Reinickendorf.
Am 27. November 1942 bringt Hilde Coppi im Frauengefängnis Barnimstraße in Berlin Friedrichshain zweieinhalb Monate nach ihrer Verhaftung einen Jungen zur Welt. Zwei Wochen später darf sich die junge Familie ein letztes und einziges Mal in der Gestapozentrale an der Prinz-Albrecht-Straße sehen. Hans Coppi wurde am 22. Dezember 1942 zusammen mit den Widerstandskämpfern Arvid Harnack und Harro Schulze-Boysen im Strafgefängnis Plötzensee hingerichtet. Hilde Coppis Hinrichtung wegen „Vorbereitung zum Hochverrat in Tateinheit mit Feindbegünstigung, Spionage und Rundfunkverbrechen“ erfolgte zusammen mit 12 weiteren verurteilten Insassinnen am 5. August 1943 ebenfalls in Berlin-Plötzensee durch das Fallbeil. Soweit die Lage der Fakten.
Die Handlung des Films setzt Anfang des Jahr 1942 ein. Hilde Coppi wird von Liv Lisa Fries verkörpert, die durch ihrer Rolle als Charlotte Ritter in „Babylon Berlin“ bekannt wurde. Jörg Hauschild spielt Hans Coppi. Auch Alexander Scheer, der Hauptdarsteller in Dresens Film „Gundermann“, der frühe Bekanntheit durch den Film „Sonnenallee“ erlangte, ist als Pastor Harald Poelchau mit von der Partie. Zum Cast gehören weiterhin die großartige Lisa Wagner, Emma Bading, Sina Martens, Fritzi Haberlandt, Lisa Hrdina, Lena Urzendowsky, Hans-Christan Hegewald und Nico Ehrenteit als Hitlergegner Harro Schulze-Boysen. Produziert wurde „In Liebe – Eure Hilde“ von Claudia Steffen, Christoph Friedel und Regina Ziegler. Das Drehbuch verfasste Laila Stieler. Judith Kaufmann führte die Kamera und Jörg Hauschild übernahm den Schnitt.
Zu Beginn von Dresens Drama, das sich an den wahren Begebenheiten orientiert, ist der Zweite Weltkrieg bereits düstere Realität. Hilde Coppi arbeitet als Arzthelferin und hat sich einer Widerstandsgruppe angeschlossen. Die eher unscheinbare junge Frau findet erst nach und nach ihren Platz in der Gruppe, die später als die „Rote Kapelle“ bekannt wurden. Sie verliebt sich in ihren zukünftigen Mann Hans Coppi. Trotz der ständigen Gefahr vor Entdeckung und Verhaftung ist der erste gemeinsame Sommer der wohl glücklichste ihres Lebens und Hilde blüht regelrecht auf. Bereits im Herbst werden die Mitglieder der Widerstandsgruppe von der Gestapo verhaftet und mit ihnen Hans und die schwangere Hilde.
Im Gefängnis wächst Hilde über sich hinaus. Sie bringt einen etwas schwachen, aber gesunden Sohn zur Welt. Kurz nach der Niederkunft wird Hilde Coppi zum Tode verurteilt. Sie versucht mit aller Kraft, ihre Mutterschaft zu leben, an dem drohenden Schicksal nicht zu zerbrechen und die Erinnerung an ihren heißgeliebten Mann aufrecht zu erhalten. Ein Gnadengesuch an Hitler wird abgelehnt, die Vollstreckung ihres Todesurteils jedoch aufgeschoben, damit sie ihr Kind weiter stillen konnte. Ohne zu viel zu verraten, wird vermutlich der verzweifelte, aber gefasste Brief, den Hilde aus der Haft an ihre Mutter schrieb, im Film eine Rolle spielen. In diesem Brief sorgt sie sich vor allem um die Trennung von ihrem Sohn Hans.
Andreas Dresen, 1963 in Gera geboren, ist mit „Alles Liebe, Eure Hilde“ zum fünften Mal auf der Berlinale vertreten. Er und seine Drehbuchautorin erzählen das kurze Leben Hilde Coppis mit viel Herzenswärme. Der Film setzt mit der Verhaftung der jungen Widerstandskämpferin ein. Rückblickend wird der bewusste Widerstand, den die Coppis leisteten, gezeigt. Ein weiterer Erzählstrang ist die Haftzeit, die Hilde gefasst, still und ungebrochen zeichnet und auch von der Unterstützung anderer Gefängnisinsassinnen und Mütter erzählt. Interessant ist, dass Dresen die Mitläufer, wie etwa den Richter, der Hilde Coppi zum Tode verurteilt, keineswegs als Monster darstellt. Mit dem Filmtitel schließt sich der Kreis, denn das sind die letzten Worte, die Hilde dem Gefängnisseelsorger Harald Poelchau diktiert.
Ab 17. Oktober 2024 in den Kinos!
Website: www.in-liebe-eure-hilde.pandora.film