Viereinhalb spannende, aufreibende Jahre Arbeit stecken in dem Film über den Jüdischen Friedhof Weißensee, den Britta Wauer auf der Berlinale 2010 zeigt. Sie lädt die Zuschauer ein auf eine Reise durch eine stille, wundersame und mitunter doch lebendige Reise.
Weitgehend unbekannt liegt der Friedhof seit über 130 Jahren im Norden Berlins versteckt in einem Wohngebiet. Zwischen wucherndem Grün stehen abertausende Steine. Und so erfährt der Zuschauer, dass er hier den größten jüdischen Friedhof in Europa sieht, auf dem noch bestattet wird. Etwa 86 Fußballfelder ist er groß. So überrascht es auch (nicht), dass es sich durch ihn wie durch ein Geschichtsbuch spaziert. Lang ist die Liste berühmter Künstler, Philosophen, Juristen, Architekten, Ärzte und Verleger, die dort beerdigt sind. Wie durch ein Wunder sind weder der Friedhof noch sein Archiv je zerstört worden. Unter Denkmalschutz steht der Friedhof schon, bald soll er auch zum Welterbe der UNESCO zählen.
Doch die Ruhestätte ist auch ein lebendiger Ort. In den Jahren, in denen Wauer und ihr Team den Friedhof besucht haben, stießen sie auf Busladungen von Exilanten, die nach den Gräbern ihrer Angehörigen suchten und auf Restauratoren, die bemüht waren Grabsteinen ihren Glanz wiederzugeben, auf alte Herren, die von alter Liebe erzählten und von Naturschützern, die die Habichtpopulation verfolgten.
All das vermag die Filmemacherin in eine Dokumentation zu fassen, die ihrem Betrachtungsobjekt mehr als gerecht wird. Wenn immer möglich, stellt sie die Menschen in den Vordergrund, berichtet aus deren Perspektive und gibt einem Ort ein Gesicht, den manche der Zuschauer ganz sicher bald besuchen werden.
Im Himmel, Unter der Erde. Der Jüdische Friedhof Weißensee
Deutschland, 2010, 90 min
Regie: Britta Wauer
Sektion: Panorama Dokumente