Regisseur Oliver Hirschbiegel ist seit seinem Film „Der Untergang“ der Guido Knopp des deutschen NS-Geschichtsfilmes. Universitären Historikern ist er nicht geheuer und klassische Filmkritiker verstricken sich in den oft nicht auflösbaren Zwängen einer filmischen Umsetzung eines historischen Stoffes, d.h. der Regisseur kann es niemandem wirklich recht machen. Selbst wenn der Film gelungen ist.
Der Film „Elser – 13 Minuten“ ist gelungen. Die Geschichte ist bekannt. Im Film sieht man einen Mann auf dem Boden knien. Er platziert Sprengstoff in einer Säule, der Zeitzünder beginnt zu ticken. Dann verlässt er die Stadt, versucht die in die Schweiz zu fliehen und wird gefasst. Das Attentat scheitert. Die Bombe, die Georg Elser am 8. November 1939 im Münchner Bürgerbräukeller hochgehen lässt, explodiert 13 Minuten zu spät. Hitler hat die Veranstaltung bereits verlassen. Elser wird verhört, gefoltert und in Dachau inhaftiert. Im April 1945 wird er hingerichtet.
Wäre die Bombe rechtzeitig explodiert, es wären mit Hitler wahrscheinlich auch Himmler, Bormann, Goebbels und Heß in die Luft geflogen. Und man darf sich mit Recht fragen, welchen Weg die deutsche Geschichte dann genommen hätte, wenn nicht 13 Minuten gefehlt hätten.
Hirschbiegel inszeniert den Film in der Art eines amerikanischen Biopics, in dem er das Leben eines Einzelnen als erzählerischen Ausgangspunkt für eine größere Wahrheit nimmt. Die Handlung alterniert zwischen klaustrophobischen Verhörszenen und Rückblenden. Detailliert rekonstruiert der Film soziale und politische Zusammenhänge der Zeit nach 1933, in denen sich das nationalsozialistische Gedankengut auch in Elsers Heimatdorf ausbreitete. Zugleich beleuchtet er das Verhältnis zwischen Elser und dem Kripochef im Reichssicherheitshauptamt, Arthur Nebe, der von der Gestapo angewiesen wurde, die vermeintlichen Hintermänner zu entlarven. Und da ist das Mädchen Elsa, seine große Liebe, die nichts von seinen Plänen wissen durfte und im Film Hoffnungsmomente für Elser visualisiert.
Die unaufgeregte, einfühlsame Art mit der Hirschbiegel sich der Geschichte Elsers annimmt, ist ein Beispiel, wie es eben doch möglich ist sich der vielen noch unerschlossenen Themen des Dritten Reiches filmisch anzunehmen. Und er setzt dem “kleinen Schorsch“ von der Schwäbischen Alb ein Denkmal, das er schon lange verdient hat.
Berlinale – Sektion Wettbewerb (außer Konkurrenz)
Deutschland 2015, 110 Min Deutsch
REGIE: Oliver Hirschbiegel
DARSTELLER: Christian Friedel, Katharina Schüttler, Burghart Klaußner, Johann von Bülow, Felix Eitner, David Zimmerschied, Rüdiger Klink, Simon Licht, Cornelia Köndgen, Lissy Pernthaler