Das Lied „Donna Donna“, welches auch unter dem Namen „Dos Kelbl“ oder „Dana Dana“ bekannt ist, ist ein auf jiddisch verfasstes Lied von 1940. Damals wurde es von den Künstlern Sholom Secunda und Aaron Zeitlin komponiert, wobei Secunda die Melodie und Zeitlin den Text übernommen hatte. Der Song wurde für das Musical „Esterke“ verfasst.
Entstehungsgeschichte und Künstler
Das jiddische Musical „Esterke“ wurde 1940/1941 von Sholom Secunda und Aaron Zeitlin geschrieben und komponiert. „Donna Donna“ war eines der Lieder für das Theaterstück. Woher genau der Namen stammt, lässt sich nur schwer nachverfolgen. Angeblich soll es auf das hebräische Wort Donaj zurückgehen, welches eine Anrede für Gott ist. Es wird auch spekuliert, dass das Wort aus dem Polnischen stammt. Zeitlin hat viele Jahre in Polen verbracht und das Wort womöglich aufgegriffen.
Sholom Secunda (1894-1974) und Aaron Zeitlin (1889-1973) sind beide unter dem russischen Kaiserreich geboren worden und später nach New York ausgewandert. Secunda ist 1907 mit seiner Familie in die USA gezogen und zeigte früh Interesse an Musik. Er genoss verschiedene Ausbildungen, darunter im Institute of Musical Arts oder beim Künstler Ernest Bloch (1880-1958). Er hat über 60 Operetten und Musicals geschrieben, dazu noch tausende Lieder. Neben Donna Donna ist der Song „Bei mir bistu shein“ (Bei mir bist du schön) sein wohl bekanntestes Werk. Die Rechte hatte er 1933 verkauft und das Lied wurde später von den Andrew Sisters populär gemacht.
Zeitlin stammt aus einer Familie von Schriftstellern. Er selbst versuchte sich in frühen Jahren auch am Schreiben, darunter in Kinderzeitungen und Erzählungen. Seine Schriftstücke und Artikel waren im jiddischen und hebräischen Raum beliebt, von 1930 bis 1934 leitete er den Jiddischen PEN-Club in Warschau. Durch die Erfolge seines Theaterstücks „Chelmer Chachomim“ reiste er 1939 zum ersten Mal nach New York. Donna Donna war sein erstes Werk, nachdem er in den USA angekommen war. Beide Künstler hatten bis zu ihrem Tod eine erfolgreiche Karriere in New York feiern können.
Musik aus dem Konzentrationslager?
Es gibt ein Gerücht, dass das Lied aus der Feder des im KZ Auschwitz verstorbenen Schriftstellers Jizchak Katzenelson (1886-1944) stammt. Katzenelson wurde 1944 in das KZ gebracht und wenige Tage später vergast. Zu dieser Version des Ursprungs von Donna Donna gibt es aber keine wirkliche Beweislage und diese Herkunft ist weiterhin umstritten.
Es gibt jedoch einige Werke, welche es aus den Konzentrationslagern geschafft haben. Man möchte meinen, dass Musik und ein Konzentrationslager nicht zusammenpassen, aber es gab tatsächlich verschiedene Arten, wie sich die Häftlinge musikalisch ausdrücken konnten, das alles aber unter dem wachsamen Auge der SS. Eine davon ist das Häftlingsorchester, mit Instrumenten und Gesang. Sie dienten mehr der Unterhaltung der Aufseher und teilweise auch der Erniedrigung der Häftlinge durch die Texte.
Heimlich Musik zu machen wurde bestraft, aber einige Stücke überlebten und schafften es erst nach der Befreiung nach draußen. Bekannte Werke sind die „Moorsoldaten“ und das „Dachaulied“. Diese Stücke sprachen dann oftmals über den Alltag im KZ, die eigenen Hoffnungen und Träume, mitunter auch mit versteckten Botschaften. Man geht von vielen tausenden Werken aus, die im KZ entstanden sind. Donna Donna ist aber wahrscheinlich keines davon.
Text
1.
Auf einem Wagen auf dem Weg zum Markte
Steht ein Kalb mit traurigen Augen
Hoch über ihm fliegt eine Schwalbe
Durch den Himmel ganz geschwind
Wie doch die Winde lachen,
Lachen mit voller Kraft
Liebe und Lachen den ganzen Tag lang
Und die halbe Sommernacht
Donna, Donna, Donna, Donna,
Donna, Donna, Donna, Don,
Donna, Donna, Donna, Donna,
Donna, Donna, Donna, Don
2.
„Hör auf zu jammern“, sagte der Bauer
„Warum musstest du auch als Kalb geboren werden?
Warum hast du nicht Flügel, mit denen du fliegen kannst,
Wie die Schwalbe, so stolz und frei?“
Wie doch die Winde lachen,
…
3.
Kälber, so leicht gefesselt und geschlachtet,
Wissen nie den Grund warum.
Ach, warum habt ihr nicht Flügel, mit denen ihr fliegen könnt?
Wie die Schwalbe, so hättet ihr Fliegen lernen können.
Wie doch die Winde lachen,
…
Inhalt und Interpretation
Es gibt viele unterschiedliche Übersetzungen vom Text, dies hier ist nur eine Variante. Er handelt davon, dass ein Kalb zum Schlachter geführt wird, sich aber dagegen wehrt. Der Bauer betont immer wieder, dass das Kalb dagegen nichts machen kann, weil es eben nur ein Kalb ist und so nicht entkommen kann. Hätte es Flügel, wäre es frei und könnte davon fliegen.
Dieser Inhalt ist womöglich eine Anspielung auf den Holocaust und den Transport von Menschen in Konzentrationslager. Die Menschen können sich nicht aussuchen, in welchen Umständen sie geboren werden. Dabei zeigt es mit dem Bauern die harsche Seite dieses Arguments. Die Menschen können in diesem Falle nichts gegen ihre Herkunft tun und werden schlechter behandelt als andere Menschen, die in anderen Verhältnissen geboren und aufgewachsen sind. Da gerade der Bauer, der ebenfalls keine Flügel besitzt, das Kalb darüber belehrt, sehen einige Interpretationen als ironisch an. Selbst er ist in seiner Art gefangen und übt in diesem Falle nur seinen Beruf aus.
Das Lied ist dabei eine Kritik an eben dieser Denkweise, dass Menschen als weniger wert angesehen werden, nur bestimmt bei ihren angeborenen Verhältnissen. Zeitlin hatte den Text angeblich schon vor oder in den frühen Stadien des Holocaust verfasst. Jedoch reflektiert er seine Denkweise und die Wahrnehmung seiner eigenen Herkunft.
Einige Interpretationen sehen es auch als einen Kampf zwischen dem sterbenden Körper und der freien Seele. Während der Körper langsam stirbt, krallt er sich mit aller Kraft an die noch lebende Seele, die aber frei herumfliegen kann.
Der genaue Hintergrund des Textes wurde von Zeitlin nie erklärt. Von daher gibt es keine eindeutige Aussage darüber, was das Lied repräsentieren soll. Auch ein direkter Bezug zum Holocaust wurde nie hergestellt, dies ist lediglich die beliebteste Interpretation.
Rezeption und Übersetzungen
Das Lied wurde in viele Sprachen übersetzt, darunter Deutsch, Englisch, Japanisch, Französisch und Russisch. Der englische Text wurde 1956 von Arthur Kevess und Teddi Schwartz umgesetzt, dabei auch in den heutigen Titel Donna Donna umgewandelt. Die 1960er-Version, gesungen von Joan Beaz und die Version von Donavan aus dem Jahre 1965 sind die wohl bekanntesten englischen Variationen vom Lied.