„Die Filme, die ich mache, müssen gemacht werden, denn wenn die Menschen tot sind, sind sie tot, dann haben wir nur noch die Gestapo-Protokolle, die Protokolle der Täter, das geht doch nicht.“ Dieses Zitat der, am 27. Juni 2012 verstorbenen, Regisseurin Katrin Seybold steht am Anfang ihres letzten Films, den ihre langjährige Freundin und Kollegin Ula Stöckl jetzt vollendete.
Der Widerstand gegen das NS-Regime war Seybolds Lebensthema. Die bisherigen filmischen Umsetzungen des Stoffes um Sophie Scholl und die Weiße Rose genügten der Münchner Dokumentarfilmerin nicht. Sie war an den persönlichen Erfahrungen der Widerständigen interessiert und dem weitaus größeren Netzwerk von befreundeten Lehrern, Professoren, Eltern, Buchhändlern, Pfarrern und Künstlern, die bisher kaum gewürdigt wurden.
In mehreren Dokumentarfilmen, u.a. in „Die Widerständigen“ (2009), gab Seybold diesen unerzählten Geschichten in der Form von überlebenden Zeitzeugen eine Stimme. Als die Filmemacherin 2012 überraschend starb, hinterließ sie viele Stunden Material, das in ihrem letzten Film über die Münchner Weiße Rose keinen Platz gefunden hatte.
Dieses Material hat Seybolds Freundin, die Regisseurin Ula Stöckl, nun zu dem fesselnden Follow-Up unter dem Titel „Die Widerständigen ‚also machen wir das weiter …'“ komponiert. Stöckl zeichnet darin anschaulich die Milieus nach, in denen die NS-Gegner zueinander fanden: Der Lesekreis im Haus von Erna Stahl, einer ehemaligen Lehrerin der Lichtwark-Reformschule. Aber auch das mutige Wirken des Chemie-Nobelpreisträgers Heinrich Wieland, der sein Ansehen nutzte, um dem nach den Nürnberger Rassegesetzen vom Studium ausgeschlossenen Hamburger Hans Leipelt einen Studienplatz anzubieten.
Stöckl gelingt es, das Vermächtnis ihrer Freundin fortzusetzen und die Geschichte der Widerständigen packend und emotional weiterzuerzählen. Sie setzt damit den Heldinnen und Helden ein Denkmal, von denen wir uns alle wünschen, es hätte damals mehr von ihnen gegeben.
Berlinale – Sektion Panorama Dokumente
Deutschland 2015, 87 Min
Deutsch
REGIE: Katrin Seybold, Ula Stöckl