Sascha Lange: Die Leipziger Meuten. Jugendopposition im Nationalsozialismus, Leipzig 2012
Während die Opposition Jugendlicher gegen den NS-Staat in Westdeutschland inzwischen recht gut erforscht ist, gilt dies für den nicht-kommunistischen Widerstand im Gebiet der ehemaligen DDR nur eingeschränkt. Sascha Langes Dokumentation über die Leipziger Meuten hilft diese Lücke zu füllen.
Ähnlich den Edelweißpiraten in den Städten des Rhein-Ruhr-Gebiets besaßen die Meuten keine feste Struktur, hatten keine eingetragenen Mitglieder. Bis zu 1500 junge Menschen im Alter zwischen 14 und 18 Jahren, überwiegend männliche Lehrlinge und Jungarbeiter, zählten zu ihnen. Meist aus der Arbeiterschaft stammend und im linken Milieu aufgewachsen, einte sie die Gegnerschaft zum Nationalsozialismus. Insbesondere die Gleichschaltung der Jugend durch die HJ wurde abgelehnt. Aus dieser Opposition entwickelte sich bisweilen auch aktiver Widerstand: Parolen wurden angebracht, Flugblätter verteilt, Propagandaaktionen der NSADP gezielt gestört, Verfolgte wurden unterstützt.
Seit längerer Zeit erforscht der Leipziger Historiker die Geschichte der Leipziger Meuten; 2009 promovierte er mit einer Arbeit über die Leipziger Jugendopposition. Die vorliegende Dokumentation basiert auf diesen Arbeiten und belegt vielfältig die Aktivitäten der Meuten in den 30er Jahren. Nebenbei erfährt der Leser viel über die Bedeutung der SPD und der Roten Falken, der Gewerkschaften und der Sportvereine für das linke Milieu in Leipzig während der Weimarer Republik und darüber hinaus. Anhand von Auszügen aus Ermittlungsakten, Anklageschriften und Urteilen zeigt Lange, wie irritiert der NS-Staat auf diese Jugend-Opposition reagierte und wie brutal er diejenigen verfolgte, derer er habhaft wurde. Lesenswert machen Langes Buch vor allem die vielen Interviews, die der Autor mit ehemaligen Meuten-Mitgliedern führte und hier dokumentiert. Diese Zeitzeugenberichte belegen eindrucksvoll Mut und Standfestigkeit dieser jungen Menschen während der NS-Zeit. Und sie beeindrucken durch ihre Bescheidenheit, weil auch rückblickend die eigene Bedeutung nicht besonders herausgestellt und die Frage, ob die Aktionen der Meuten denn Widerstand gewesen seien, durchaus selbstkritisch beleuchtet wird. Informativ sind schließlich die durch zahlreiche Fotos ergänzte Erläuterungen Langes, die nicht nur das Verständnis der Dokumente und Zeitzeugenberichte erleichtern, sondern zusätzlich einen Einblick in das Leben junger Menschen in Leipzig vor und nach 1933 geben.
Autor: Tomas Unglaube (Erstveröffentlichung bei Vorwaerts.de)
Sascha Lange: Die Leipziger Meuten. Jugendopposition im Nationalsozialismus. Eine Dokumentation, Leipzig: Passage-Verlag 2012. 112 S. € 9,95. ISBN 978-3-95415-001-4