Das Königreich Jugoslawien wurde am 6. April 1941 ohne vorherige Kriegserklärung von der deutschen Wehrmacht und verbündeten Streitkräften überfallen und innerhalb kürzester Zeit erobert. Auslöser war ein Putsch gegen die Belgrader Regierung (27.3.1941) gewesen, der den Beitritt Jugoslawiens zum Dreimächtepakt zu gefährden schien. Die schlecht ausgerüstete und teils auch dem ungeliebten Staat gegenüber unloyale jugoslawische Armee wurde von den Angreifern überrannt. König und Regierung flohen nach Großbritannien. Jugoslawien kapitulierte und wurde zwischen NS-Deutschland, Italien, Ungarn und Bulgarien aufgeteilt.
Die Aufteilung Jugoslawiens unter den Besatzungsmächten 1941. Entnommen aus Dunja Melčić Hg., Der Jugoslawien-Krieg. Handbuch zu Vorgeschichte, Verlauf und Konsequenzen. Opladen/Wiesbaden 1999, 166.
Mit der Okkupation des Landes, die ursprünglich nicht zu seinen Kriegszielen gezählt hatte, wollte sich NS-Deutschland die Verfügung über jugoslawische Rohstoffe und Arbeitskräfte sichern und den Balkan in Hinblick auf den Russlandfeldzug „befrieden“. Außerdem sollten die „aufrührerischen“ Serben bestraft werden. Entsprechend legte die „Operation Strafgericht“ am 6. April 1941 Belgrad in Schutt und Asche.
Die Okkupationspolitik des Dritten Reiches war von Anfang an von Terror gegen die Zivilbevölkerung geprägt. Die Juden und Jüdinnen sowie die Roma Jugoslawiens wurden im Einflussbereich der deutschen Besatzungsorgane systematisch verfolgt. Im sog. „Unabhängigen Staat Kroatien“ beteiligte sich daran auch die faschistische Organisation der Ustaša, zu deren Opfern nicht zuletzt auch ethnische SerbInnen gehörten. Wieviele Menschen in Ustaša-KZ wie z. B. Jasenovac und Stara Gradiška ihr Leben verloren, ist nicht genau bekannt. Dem Holocaust fielen im „Unabhängigen Staat Kroatien“ jedenfalls über 90 Prozent der jüdischen Bevölkerung zum Opfer. Die Zahl der auf diesem Territorium ermordeten Roma wird auf 40.000 geschätzt. Auch als Geiseln wurden ZivilistInnen gefangen gehalten und bei „Vergeltungsaktionen“ erschossen. Die festgesetzte Quote betrug anfänglich 100 Menschen für einen getöteten deutschen Soldaten und 50 Menschen für einen verletzten. (Später wurde sie halbiert und schließlich offiziell aufgehoben.) 1941 fielen Tausende Menschen, darunter auch Jugendliche, in den serbischen Städten Kraljevo und Kragujevac „Vergeltungsaktionen“ der Wehrmacht zum Opfer. Unter Zivilpersonen und den InsassInnen der Lager und Gefängnisse im okkupierten Jugoslawien wurden außerdem ZwangsarbeiterInnen für die deutsche Kriegswirtschaft rekrutiert. Sie arbeiteten teils im „Reich“, teils in jugoslawischen Industriebetrieben (z. B. im Bergwerk Bor). Außerdem mussten auch jugoslawische Kriegsgefangene in Deutschland schuften. Als Teil einer „rassenideologisch fundierten Repressionspolitik“ (Długoborski 1996, 21) sind auch die deutschen Germanisierungsversuche in Slowenien anzusehen.
Bereits im Sommer 1941 formierten sich zwei Widerstandsbewegungen gegen die deutsche Besatzung: die kommunistisch geführte „Volksbefreiungsbewegung“, besser bekannt als „Tito-Partisanen“, und die serbisch-nationalistischen, königstreuen Četnici Draža Mihailović‘. Letztere sahen bald in den Partisanen ihren schlimmsten Feind und kämpften – manchmal sogar gemeinsam mit den Okkupanten – gegen die „Volksbefreiungsbewegung“, warteten aber ansonsten die Entwicklung auf den internationalen Kriegsschauplätzen ab. Die PartisanInnen hingegen, deren Führung hoffte, im Widerstand die Grundlage für eine spätere Machtergreifung schaffen zu können, führten einen hartnäckigen Kleinkrieg gegen Besatzer und kollaborierende bewaffnete Gruppierungen. Zwischen 1941 und 1945 tobte in Jugoslawien also auch ein ethnonationalistisch bzw. von politischen Rivalitäten motivierter Bürgerkrieg.
Der bewaffnete Widerstand goß Öl ins Feuer des Besatzungsterrors; nicht zuletzt weil er die Ausbeutung des jugoslawischen Wirtschaftspotenzials verunmöglichte. Adolf Hitler ordnete schließlich den Einsatz „allerbrutalste[r] Mittel“ im „Kampf gegen die Banden“ (Befehl vom 16. 12. 1942, BA-MA RW 40/50) an. Zwangsumsiedlungen und Vertreibungen, die Vernichtung ganzer Dörfer und Geiselmorde, die schon zuvor auf der Tagesordnung gestanden waren, erhielten durch die Partisanengefahr ihre vermeintliche Rechtfertigung.
Die deutsche Okkupationspolitik erwies sich bald in Hinblick auf das Besatzungsziel – „Befriedung“ zum Zweck der Ressourcenausbeutung – als kontraproduktiv. Die Kollaborationsregierungen waren schwach (wie in Serbien) oder verschärften die Lage durch ihre Gewaltherrschaft noch zusätzlich (wie im „Unabhängigen Staat Kroatien“).
Die PartisanInnenbewegung unter Tito hingegen gewann an Anziehungskraft und konnte besonders seit der Kapitulation Italiens im September 1943 wachsende Erfolge verzeichnen. Sie befreite große Territorien, etablierte dort ihre Machtorgane und bildete sogar eine provisorische Regierung. Zwischen Herbst 1944 und Mai 1945 gelang es der „Volksbefreiungsarmee Jugoslawiens“, wie der bewaffnete Arm der Bewegung genannt wurde, teils in Zusammenarbeit mit der Roten Armee die Besatzungssoldaten aus Jugoslawien zu vertreiben und auch ihre Bürgerkriegsgegner Ustaša und Četnici entscheidend zu schwächen. Die Verbindung von Befreiungs- und revolutionärem Krieg hatte sich für die Kommunistische Partei Jugoslawiens als erfolgreiche Strategie zur Machtergreifung erwiesen. Okkupationsterror, Befreiungs- und Bürgerkrieg hatten allerdings etwa eine Million Menschenleben gefordert und die Wirtschaft und Infrastruktur des ohnehin schwach entwickelten Landes weitgehend zerstört.
Autorin: Dr. Barbara N. Wiesinger
Literatur
Broszat, Martin u. Ladislaus Hory: Der kroatische Ustascha-Staat 1941-1945, Stuttgart 1964.
Długoborski, Waclaw: Kollektive Reaktionen auf die deutsche Invasion und die NS-Besatzungsherrschaft. Ein Prolegomenon, in: Wolfgang Benz et al. Hg., Anpassung Kollaboration Widerstand. Kollektive Reaktionen auf die Okkupation, Berlin 1996, 11-24.
Goldstein, Slavko: Der Zweite Weltkrieg, in: Dunja Melčić Hg., Der Jugoslawienkrieg. Handbuch zu Vorgeschichte, Verlauf und Konsequenzen, Opladen/Wiesbaden 1999, 167-184.
Manoschek, Walter: „Serbien ist judenfrei“. Militärische Besatzungspolitik und Judenvernichtung in Serbien 1941/42, München 1993.
Sundhaussen, Holm: Okkupation, Kollaboration und Widerstand in den Ländern Jugoslawiens, 1941-1945, in: Werner Röhr Hg., Europa unterm Hakenkreuz. Okkupation und Kollaboration (1938-1945). Beiträge zu Konzepten und Praxis der Kollaboration in der deutschen Okkupationspolitik, Berlin/Heidelberg 1994, 349-365.