Der Film Death Mills versucht den Holocaust, das schrecklichste Verbrechen, das Menschen jemals an ihresgleichen verübt haben, begreiflich zu machen, in der Hoffnung, dass es sich niemals wiederholen wird.
Kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges, als die Welt langsam von den Verbrechen des NS-Regimes erfuhr, sah sich das US-Kriegsministerium gezwungen, die deutsche Öffentlichkeit über die ungeheuerlichen Taten des Nazi-Regimes aufzuklären. Im Rahmen eines Programms zur Umerziehung beauftragte man den im Exil lebenden tschechischen Regisseur Hanus Burger mit der Herstellung eines etwa 20 Minuten langen Dokumentarfilms, der den deutschen Bürgern vor Augen führen sollte, welche Verbrechen sie stillschweigend hingenommen und damit zugelassen hatten.
Burger war nicht selbst vor Ort, um die Szenen für seinen Film zu drehen. Stattdessen verwendete er Sequenzen aus dem Dokumentarfilm „Nazi Concentration Camps“, der vom United States Army Signal Corps und dem United States Counsel for the Prosecution of Axis Criminality produziert wurde. Zusätzlich reicherte er sein Werk mit Szenen aus dem NS-Propagandafilm „Triumph des Willens“ von Leni Riefenstahl sowie Filmmaterial, das Alfred Hitchcock für ein ähnlich geartetes Filmprojekt mit dem Titel „Night will fall“ gesammelt hatte an.
Zusammengesetzt wurde das Material von Sam Winston, einem erfahrenen Cutter, der in den meisten Filmen mit Marlene Dietrich, darunter „Der blaue Engel“ und „Die große Zarin“ Berufserfahrung sammeln konnte.
Neben der deutschen Fassung von Death Mills wurde zusätzlich eine in englischer Sprache hergestellt, die für das amerikanische Kinopublikum gedacht war. Die Aufsicht über die englische Fassung wurde Billy Wilder aufgetragen, dessen Name dem amerikanischen Kinopublikum durch einige erfolgreiche Mainstream-Filme bekannt war.
Death Mills, der auch unter dem deutschen Titel “Die Todesmühlen” auf YouTube und diversen Public Domain-Plattformen zu finden ist, zeigt Filmmaterial, das während der Befreiung durch die Alliierten in den deutschen Konzentrationslagern aufgenommen wurde. Die Filmemacher fertigten daraus eine albtraumhafte Montage der Unmenschlichkeit, die auf Nahaufnahmen von Toten und den ausgemergelten Körpern der Überlebenden verweilt. Als Hintergrundmusik wählten sie eine düstere, militaristische Partitur.
Der außergewöhnliche Streifen geht nicht speziell auf das Leid der Juden ein. Das von Anton Reimer gesprochene Voiceover behauptet, dass im Holocaust Menschen aus allen Volksgruppen und Gesellschaftsschichten starben.
Der Titel des Films, Death Mills, lässt sofort an Industrialisierung und Handel denken. Sein Finger der Anklage zeigt nicht nur auf den Mann, der den Gashahn aufdrehte. Er zeigt auch auf die glückliche deutsche Bevölkerung, die von diesem mörderischen System profitierte und teilweise immensen Wohlstand aufbauen konnte.
Der Film schreckt nicht davor zurück, keine Ausreden zu suchen und konzentriert sich in einigen Schlüsselszenen mit bösartigem Hohn auf den „normalen“ Deutschen, der nichts hinterfragt und einfach nur die vielen Annehmlichkeiten genießt, die ihm das mörderische System der Todesmühlen offenbart.
Death Mills, und auch alle anderen Filme, die sich mit dem Holocaust beschäftigen, darunter Alain Resnais‘ Night and Fog, Shoah von Claude Lanzmann und Schindlers Liste von Steven Spielberg, ringen mit der zentralen Frage, wie man das Unaussprechliche, das Unbeschreibliche darstellen kann. Der kontinuierliche Strom neuer Filme über den Holocaust, der auch mehr als siebzig Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges nicht abreißt, zeugt von der Bedeutung dieses Problems.
Im Gegensatz zu vielen anderen Holocaust-Filmen zeigt Death Mills die Deutschen nicht nur als eine Gruppe Verrückter, die Spaß am Morden hat. Der Film offenbart auch die Motivation dahinter. Die Konzentrationslager waren nicht nur Tötungsmaschinen, sie waren auch Geldmaschinen für die Nazis. Brillen, Schuhe, Familienerbstücke und andere Wertgegenstände der Opfer wurden verkauft. Den Bauern in der Umgebung verkaufte man die Asche aus den Krematorien als Dünger. Menschen in Konzentrationslagern wurden nicht als Menschen betrachtet, sie waren nur leicht zu beschaffende Rohstoffe, die zu wertvolleren Waren verarbeitet wurden.
Die Szenen wechseln zwischen Bergen von Leichen, die den Zuschauer mit kalten, glasigen Augen anstarren und jubelnden Deutschen, die den Hitlergruß zeigen und ehrfürchtig auf ihren Führer starren. Trotz der distanziert wirkenden Erzählung im Stil der während der Hitlerzeit in den Kinos gezeigten Wochenschauen, durchzieht Death Mills ein leiser Aufschrei der Empörung. Hinter den 22 Filmminuten stecken Wut und Mitleid, die der Erzähler kaum in Worte fassen kann.
Eingerahmt wird die Handlung durch eine Szene, die ernst und traurig blickende Zwangsarbeiter zeigt, die still schweigend mit Schaufeln und großen Holzkreuzen zu einer Feldscheune marschieren, in der die verbrannten Leichen von Menschen liegen, die wenige Tage zuvor ermordet wurden. Damit beginnt und endet der Film.
Dazwischen immer wieder Bilder von abgemagerten Gefangenen, die den Holocaust mit knapper Not überlebten und Menschen, die durch Hunger, Krankheit, Erschießung oder in der Gaskammer starben. Der Gemüsehändler um die Ecke, der alte Mann, der im Park immer die Tauben fütterte, ehemalige Schulkameraden, Mütter und Väter. Und Kinder, die für grausame medizinische Experimente missbraucht wurden.
Die Soldaten der Alliierten, die das Grauen entdecken, befragen inhaftierte Lagerwachen, versuchen zu verstehen, was geschehen ist. Wichtige Persönlichkeiten wie der Erzbischof von Canterbury und General Eisenhower begutachten die Maschinerie des Todes und starren entsetzt auf Leichen und Überlebende. Die deutsche Bevölkerung aus der Umgebung wird gezwungen anzusehen, was ihre Führer angerichtet haben.
Hanus Burger schuf mit Death Mills ein beklemmendes Stück Zeitgeschichte, das durch seine gnadenlos realistische Darstellung schockiert. Sein Film bleibt in den Köpfen der Zuschauer hängen.
Death Mills ist ein Plädoyer, eine Warnung. Der Film weckt Schuldgefühle und wirft Fragen auf. Er wirkt verstörend, erfüllt aber auch eine wichtige Aufgabe: Er kämpft gegen das Vergessen, gegen die Gleichgültigkeit gegenüber der Vergangenheit. Es ist wichtig, dass die Geschichte der Todesmühlen immer wieder erzählt wird. Nur so können die Menschen in der Gegenwart verhindern, dass sich diese Geschichte mit ihren vielen, grauenvollen Facetten wiederholt.