Rezension über: |
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Monica Hesse: Das Mädchen im blauen Mantel. Aus dem amerikanischen Englisch von Cornelia Stoll. München: cbj 2018, 384 Seiten, ISBN 978-3-570-16532-4, 16,00 EUR. |
Nicht selten scheitern historische Jugendromane an dem hohen Anspruch dieses Genres: Entweder stimmt zwar die Darstellung der historischen Sachverhalte, aber die Romanhandlung lahmt; oder der Text funktioniert zwar als Roman, der historische Hintergrund ist aber lediglich beliebige, schlimmstenfalls sogar reißerische Staffage. Anders ist es bei Monica Hesses Das Mädchen im blauen Mantel, dessen Handlung 1943 im von der deutschen Wehrmacht besetzten Amsterdam spielt.
Einerseits schildert die Autorin historisch präzise die Situation in den Niederlanden, beschreibt anschaulich die Zwänge, denen die Menschen dort unter der deutschen Besatzungsherrschaft ausgesetzt waren, aber auch die Kollaborationsbereitschaft vieler Niederländer. Im Mittelpunkt stehen dabei die Versuche einiger Niederländer, jüdische Mitbewohner vor der Deportation in deutsche Konzentrationslager zu retten. Deutlich wird, wie schwierig es war, Widerstand zu leisten, und dass es in der Bevölkerung hierzu unterschiedlichste Positionen gab. Dabei vermeidet Monica Hesse vorschnelle moralische Urteile und provoziert damit das eigenständige Urteilen der Leserinnen und Leser. Gerade wegen dieser Qualität funktioniert Das Mädchen im blauen Mantel auch als Roman so gut: Die Personen werden differenziert dargestellt, sie entwickeln sich, sie haben Ängste und Sehnsüchte und sind interessant, weil sie in ihrer Widersprüchlichkeit glaubhaft bleiben. Das gilt nicht nur für die 18-jährige Hanneke, aus deren Perspektive der Roman erzählt wird, sondern ebenso für die Nebenfiguren. Schließlich gelingt es Hesse, auch durch sinnvoll eingesetzte Cliffhanger eine Spannung zu erzeugen, die einen das Buch nicht vorzeitig aus der Hand legen lässt.
Dass am Ende kein einfaches Happy End steht, zeigt, dass die Autorin sich der Schwierigkeit sehr bewusst war, einen Roman über die Zeit des Nationalsozialismus und den Holocaust zu schreiben. Und wegen seiner literarischen Qualität kann Monica Hesses Roman auch Jugendlichen empfohlen werden, die sich für historische Themen zunächst einmal nicht interessieren.
Autor: Tomas Unglaube