Ein tschechoslowakisches Armeeblatt berichtete im April 1945 aus dem KZ
Im März 1939 war die Tschechoslowakei zerschlagen worden – in die „souveräne“ Slowakei und das deutsche „Protektorat Böhmen und Mähren“. Teile der ehemaligen tschechoslowakischen Armee hatten sich in die Sowjetunion geflüchtet, wo sie ab Februar 1942 in den Verband der Roten Armee integriert und bis Kriegsende an den Kämpfen beteiligt waren. Für die tschechoslowakischen Soldaten erschien ein dreisprachiges Blatt (tschechisch, slowakisch und ukrainisch), das sich zunächst „Naše Vojsko v SSSR“ (Unsere Armee in der UdSSR) nannte, später „Za svobodné Československo“ (Für die freie Tschechoslowakei). Am 23. April 1945 veröffentlichte das Blatt einen Bericht über das soeben befreite KZ Bergen-Belsen (bei Hannover). Bergen-Belsen war ein Aufnahmelager für kranke und erschöpfte und somit arbeitsunfähige Häftlinge aus anderen KZs, die nun ohne ärztliche Behandlung, ausreichende Nahrung und Unterkünfte ihrem Schicksal überlassen waren. Die totale Überbelegung des Lagers und die völlig unzureichenden Lebensbedingungen kosteten in der Zeit von Januar bis Mitte April 1945 über 35.000 Menschen das Leben. Am 15. April 1945 wurde das Lager befreit. Etwa 50.000 Häftlinge und 20.000 sowjetische Kriegsgefangene kamen im Lager ums Leben. Rund 14.000 Überlebende starben bis Ende Juni 1945 an den Folgen der Haftbedingungen.
Angloamerikanische Armeen, die derzeit siegreich Deutschland durchqueren, haben auch eine ganze Reihe deutscher Konzentrationslager befreit. In diesen sahen die englischen und amerikanischen Soldaten erstmalig mit eigenen Augen, wie schrecklich die Deutschen mit ihren Gefangenen umgingen. Im Lager Belsen waren 21.000 Männer, 18.000 Frauen und 500 Kinder. Es gab kein Trinkwasser, eine Ernährung war nicht möglich. Als die Amerikaner und Engländer ins Lager drangen, fanden sie dort Gefangene in einem so furchtbaren Zustand vor, dass diese sich kaum bewegen konnten. Von 40.000 Gefangenen waren 20.000 in so schlechtem gesundheitlichen Zustand, dass sie umgehend in Krankenhäuser verlegt werden mussten. Ein amerikanischer Korrespondent berichtet, dass in diesem Lager täglich viele Menschen an Hunger starben. Niemand begrub die Leichen. Amerikanische Soldaten sahen in einem Lagerbezirk aufeinandergehäufte tote Frauen, die alle völlig nackt waren. Der Haufen war 60 Meter lang und erreichte Tischhöhe. In Gruben und Gräben lagen viele weitere Leichen.
Amerikanische Ärzte, die unverzüglich ins Lager geschickt worden waren, stellten fest, dass in dem Lager Flecktyphus und vielfach Lungenentzündung grassierten. Kurz vor Eintreffen der Alliierten ermordeten die Deutschen 30.000 Menschen. Der Lagerkommandant Josef Kramer (1906-1945, Bild) ließ vor der Ankunft der verbündeten Truppen noch einige Hundert politische Gefangene erschießen. Es gelang ihm nicht zu fliehen, er wurde von den Alliierten gefasst. Besonders unmenschlich gingen die Deutschen mit russischen Gefangenen um. Die Deutschen hatten sich nicht einmal bemüht, die Spuren ihrer schrecklichen Verbrechen zu vertuschen. Als die alliierten Truppen eintrafen, fanden sie Krematorien voll mit halbverbrannten menschlichen Knochen.
Ähnliche Verhältnisse herrschten in den Konzentrationslagern Buchenwald, Nordhausen und vielen anderen. Überall Bilder des Grauens und der Unmenschlichkeit. Das waren Szenen, bei denen den amerikanischen und britischen Soldaten das Blut in den Adern stockte.
Die alliierten Truppen zwangen die lokale deutsche Bevölkerung zu obligatorischen Besichtigungen der Lager, wobei deutsche Frauen in Ohnmacht fielen. Überall hörte man Stimmen, dass sie doch unschuldig seien, dass sie nichts dafür konnten, dass sie von diesen Brutalitäten nichts gewußt hätten. Die Massenmedien der Welt kommentieren die Berichte, die von diesen Orten der Nazi-Gewaltherrschaft kommen. Englische Zeitungen bringen eine große Photographie einer verkohlten Frauenleiche. Zeitschriften polemisieren gegen die Ansicht von Einzelnen in England, dass man solche Aufnahmen doch unmöglich veröffentlichen könne, weil von ihnen Kindern schlecht würde. Dazu schrieben englische Blätter, dass es doch besser wäre, wenn den Kindern jetzt schlecht würde, als wenn sie demnächst auf dieselbe schreckliche Weise wie Kinder in deutschen Konzentrationslagern sterben müssten. Diese Konzentrationslager sind ein untrennbarer Bestandteil der politischen und „kulturellen“ Tätigkeit der Hitler-Leute – schreibt die englische Presse.
Korrespondenten amerikanischer Zeitungen schreiben: „Diese Konzentrationslager sind nicht das Werk einiger sadistischer Individuen. Die Lager sind die Grundlage des Nazismus. Ihre Anfänge muß man im Jahre 1933 suchen, und ihretwegen wurde auch dieser Krieg geführt. Dieses Regime wollte sich durch Helfer und Kollaborateure über die ganze Welt verbreiten“.
Die „Times“ schreibt, dass die Amerikaner Berichten aus Majdanek und Auschwitz nicht glauben wollten. Sie dachten, dass diese Berichte übertrieben seien. Aber die veröffentlichten Bilder aus Buchenwald haben sie eines anderen belehrt. Die französische Zeitschrift „Franc-Tireur“ schreibt: „Gestern Charkov und Warschau, heute Buchenwald und Belsen – alles Ausdruck derselben nazistischen Bestialität, die die Welt mit einem solchen Grauen erfüllte, dass die Menschen nicht einmal den eigenen Augentrauen wollten. Die Welt kann nicht in Ruhe leben, solange die Ausführer solcher Verbrechen nicht ausgemerzt sind. Letztendlich wünscht die ganze Weltpresse, allen voran englische und amerikanische Blätter, ihre möglichst rasche Verurteilung und Bestrafung. Gegen Kriegsverbrecher muß mit der größten Strenge vorgegangen werden. Damit sich diese Grauen nicht wiederholen, muß das deutsche Problem ein für allemal beendet werden“.
Die Deutschen begreifen, dass sie enthüllt sind, dass keine Lüge, keine Beschwichtigung ihnen mehr helfen. Aber mit typisch deutscher Rücksichtslosigkeit und Schamlosigkeit wollen sie ihre ungeheure Schuld in den Augen der Weltöffentlichkeit mindern. So hat der Sprecher des deutschen Außenministeriums gestern wörtlich erklärt: „Falls die Nationalsozialisten überhaupt Verbrechen begangen haben, dann waren es vergleichsweise geringe Verbrechen, zudem solche, die den Bedürfnissen des deutschen Volks entsprachen“.
Das Konzentrationslager Belsen wurde im Film festgehalten. Der Film wird ausschließlich vor deutschem Publikum gezeigt werden.
Übersetzung aus dem Slowakischen: Wolf Oschlies