Rezension über: |
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Margret Steenfatt: Auf immer und ewig (= rororo Rotfuchs 21530). Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch 2010, 240 Seiten, ISBN 978-3-499-21530-8, 6,99 EUR. |
Freundschaft und Liebe unter schwersten Bedingungen – die Nazizeit am Hamburger Grindel
Anhand der Geschichte dreier Jugendlicher aus Hamburg schildert Margret Steenfatt in ihrem Roman Auf immer und ewig die Entwicklung in Deutschland in den Jahren 1938 bis 1941.
Nike Heitmann, Paul Christiansen und Nathan Rosenau, im Jahre 1938 etwa 12 Jahre alt, sind befreundet und treiben allerlei Schabernack, gern auch zulasten des örtlichen Blockwarts. Sie leben im Hamburger Stadtteil Grindel, bis zur NS-Zeit wegen des relativ hohen Anteils an jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern im Volksmund auch „Klein-Jerusalem“ genannt. Während Paul, vor allem unter dem Einfluss seines Vaters, sich immer stärker von der NS-Ideologie bestimmen lässt und dadurch auch in Gegensatz zu Nathan, einem Juden, gerät, hält Nike, deren Vater ein Buchantiquariat betreibt und sogenannte „entartete Kunst“ schätzt, an der Freundschaft zu Nathan fest. Trotz der drohenden Verfolgung gehen Nike und Nathan eine Liebesbeziehung ein, die – so versprechen sie sich – „auf immer und ewig“ halten soll. Präzise schildert Steenfatt Entrechtung und Verfolgung der jüdischen Bürgerinnen und Bürger in den Jahren 1938 bis 1941: Ausgrenzung aus dem öffentlichen Leben, Verlust der Möglichkeit zu beruflicher oder kultureller Tätigkeit, Ausschluss von Bildungsmöglichkeiten, willkürliche Festnahmen, Misshandlungen, Deportationen in Konzentrationslager.
Während die historische Entwicklung sehr detailliert und gut nachvollziehbar dargestellt wird – das Glossar sollte entweder umfassender sein oder völlig durch Recherchetipps ersetzt werden –, überzeugt Auf immer und ewig nicht als Roman. Die Personenzeichnung bleibt recht eindimensional und klischeehaft. Nike, der als führender Protagonistin eindeutig die Sympathien der Autorin gehören, kommt einfach zu heldenhaft daher; nicht nur verfügt sie über eine für ihr Alter ungewöhnlich ausgeprägte politische Klugheit und moralische Kompetenz, auch Zweifel, Angst und – damit einhergehend – Vorsicht fehlen dieser jungen Frau. Damit aber vergibt der Roman etwas die Möglichkeit, den Alltag in den Jahren 1938 bis 1941 mithilfe von differenziert gestalteten Menschen überzeugend darzustellen und so das Aufkommen des Holocaust in seiner Komplexität zumindest ansatzweise plausibel zu machen.
Was bleibt, ist eine gut recherchierte Geschichte des Grindels in den Jahren 1938 bis 1941 aus jugendlicher Perspektive – eine Einladung, auf den Spuren von Nike, Paul und Nathan im Rahmen eines Hamburg-Besuchs „Klein Jerusalem“, das heutige Universitätsviertel, zu erkunden.
Autor: Tomas Unglaube