Els Beerten: Als gäbe es einen Himmel, Frankfurt am Main 2011.
Keine einfachen Wahrheiten
Es gibt Bücher, die möchte man, sobald man sie beendet hat, gleich wieder zur Hand nehmen und erneut lesen – so vielfältig sind die angesprochenen Themen, so faszinierend sind Sprache und Aufbau. Der neue Roman der flämischen Autorin Els Beerten „Als gäbe es einen Himmel“ ist so ein Buch.
Die Haupthandlung spielt in einem flämischen Dorf während des Zweiten Weltkrieges. Das Deutsche Reich hat Belgien besetzt und unterdrückt die dortige Bevölkerung. Zugleich rekrutiert Deutschland junge Männer für die Flämische Legion, um diese im Krieg gegen die Sowjetunion einzusetzen. Die Menschen im Dorf sind gespalten: Widerständler und Kollaborateure bekämpfen sich, andere versuchen nur irgendwie die Besatzungszeit zu überleben. Am Beispiel der Geschwister Remi, Renée und Jef sowie ihres Freundes Ward zeigt Beerten, wie schwierig das Leben damals war. Während der 18-jährige Ward sich unter dem Einfluss der katholischen Kirche von den Deutschen anwerben lässt und dafür auch seine Liebe zu Renée aufgibt, wird der gleichaltrige Jef scheinbar zum Widerstandskämpfer.
Indem Els Beerten die Ereignisse aus ständig wechselnden Perspektiven erzählt, virtuos Zeiten und Räume wechselt, spiegelt auch der Aufbau des Romans die Komplexität der Lebenssituation der Protagonisten. Dass und wie der Krieg in das Leben gerade junger Menschen eingreift und deren Persönlichkeiten nachhaltig deformiert, wird dabei überzeugend dargestellt.
Die Lektüre dieses Romans ist anspruchsvoll. Das Ineinandergreifen verschiedener Erzählstränge und die Multiperspektivität verwirren zunächst. Sobald man aber die Hauptpersonen genauer kennengelernt hat, möchte man nur noch das Geflecht aus Halbwahrheiten, Andeutungen und Verdrängung durchbrechen und erfahren, was denn wirklich in diesem kleinen Dorf geschah …
Autor: Tomas Unglaube
Els Beerten: Als gäbe es einen Himmel. Aus dem Niederländischen von Mirjam Pressler. FISCHER Kinder- und Jugendbuch Verlag, Frankfurt am Main 2011, 624 Seiten, ISBN 978-3-8414-2135-7, EUR 19,95.