Michael Klein: Vera und der Braune Glücksmann. Wie der NS-Staat einen Judenmörder hinrichtete. Eine wahre Geschichte. Neuer Europa Verlag Leipzig 2006.
Im multimedialen Totenbuch der Gedenkstätte Plötzensee sind die Opfer des Faschismus aufgeführt, die in Plötzensee hingerichtet wurden. Der Autor Michael Klein begibt sich auf die Spur eines der Geehrten. In seinem Buch „Vera und der Braune Glücksmann“ schildert er die Geschichte eines zweifachen Mörders.
Es ist weithin unbekannt, dass sich jüdische Einwohner während der Nazizeit legal in Deutschland aufhielten. Zumeist geduldet, lebten sie in sogenannten Mischehen, verfemt und weitgehend entrechtet. Die Lebensmittelkarten, die sie erhielten, sicherten kaum das Überleben.
Vera Korn, eine in Berlin-Mitte lebende Jüdin, und ihre Tochter Eva hätten das Ende des NS-Regimes erlebt, wenn sie nicht Ende 1943 in Schöneberg einem Raubmord zum Opfer gefallen wären. Vera Korn gehörte zu den wenigen Juden, die nach mehreren Deportationswellen weiter in Berlin lebten, da sie mit einem „Arier“ verheiratet war. Später ließ sich das Ehepaar scheiden. Die gemeinsame Tochter Eva hatten sie christlich erzogen. Auch nach einer Scheidung war der jüdische Elternteil vor einer Deportation in den Osten geschützt.
Anfang 1943 wurde Vera Korn zu Hilfsarbeiten bei der Reichsbahn in Berlin zwangsverpflichtet. Dort lernte sie August Eckert kennen, einen „deutschblütigen“ Arbeitskollegen, der sie heftig umwarb. Mit seiner Hilfe plante Vera Korn, Deutschland zu verlassen. Eckert, der Geschwister in der Schweiz hatte, gab ihr das Versprechen, sie mit der Reichsbahn ins sichere, neutrale Ausland zu lotsen. Doch die Liebesaffäre begann sich bei der Reichsbahn herumzusprechen. Als Eckert vom Dienststellenleiter vor die Alternative gestellt wird, sich von der Jüdin zu trennen oder zum Hilfsarbeiter degradiert zu werden, kommt es zur Tragödie. August Eckert tötet Vera Korn und ihre Tochter. Ihre Wertsachen nimmt er an sich.
Michael Klein schildert auf mehreren Ebenen die Ereignisse, die zu dem Doppelmord führten. Besonders interessant sind die Zeugenaussagen des Ermittlungs- und Strafverfahrens, die der Autor in seinen Tatsachenbericht einfügt. Die Aufklärungsarbeit der Berliner Mordkommission wird bis ins Detail und aus verschiedenen Perspektiven vorgeführt. Während vormittags die Bombenopfer der letzten Nacht identifiziert wurden, ging nachmittags die Jagd auf den Mörder weiter. Der Autor erklärt zudem, warum die Polizei, die SS und die Gestapo den Mord an einer Jüdin und ihrer Tochter untersuchten. Es ging den Ermittlern um die Befolgung der staatlichen Aufsicht. Eigeninitiative, oder etwa ein privater Raubmord, waren nicht erlaubt.
„Vera und der Braune Glücksmann“ vermittelt neben dem Kriminalfall aber auch den Alltag einer in Kriegsdeutschland lebenden Jüdin, die versuchte, mit ihrem Kind zu überleben. Michael Klein betont im Nachwort, sein Buch komme ohne Fiktion aus. Es sei vielmehr eine journalistische Arbeit im Romanstil, die auf einer kritischen Auswertung zeitgenössischer Akten beruhe.
Autorin: Nora Rahman
Michael Klein: Vera und der Braune Glücksmann. Wie der NS-Staat einen Judenmörder hinrichtete. Eine wahre Geschichte. Neuer Europa Verlag Leipzig 2006, gebunden, 238 Seiten, 19,90 Euro.