Claude Lanzmanns Film über Israel und die israelische Armee (Tsava Haganah Leisrael = Tsahal, auch Tzahal oder Zahal = Armee zur Verteidigung Israels) ist sein kontroversestes Werk.
Die israelischen Streitkräfte werden täglich von Millionen von Palästinensern als Besatzer erfahren. Die Israelis wiederum verstehen die Streitkräfte als Garant des Überlebens in einer feindlichen Umgebung und ihre Armee als die Helden der Nation.
Der Film erzählt von 46 Jahren permanenter Alarmbereitschaft, beginnend mit der erkämpften Unabhängigkeit 1948, über den Sinaifeldzug 1956, den Sechstagekrieg 1967 und den Jom-Kippur-Krieg 1973 bis in die Neunzigerjahre. In all den Jahren sicherten die Streitkräfte einen nachhaltigen identitätsbildenden Mythos.
Im Laufe der fünfstündigen Dokumentation, die zwischen 1991 und 1994 produziert worden ist, entsteht das facettenreiche Panorama eines anhaltenden Ausnahmezustands. Vor dem Hintergrund karger Wüstenlandschaften, moderner Städte und geisterhafter Siedlungen in den besetzten Gebieten montiert Lanzmann Erinnerungen, Tondokumente und zahlreiche Interviews. Er befragt dabei vor allem israelische Militärs, aber auch Politiker, Palästinenser und Siedler, er sprach mit den Schriftstellern Amos Oz und David Grossman sowie mit Mitgliedern der israelischen Friedensbewegung.
Es wundert ein wenig, dass Lanzmann, der in seinen Werken SHOAH, KARSKI und anderen einen sehr um Objektivität bemühten Stil pflegt, in TSAHAL hingegen jedoch eine recht einseitige Position bezieht. Das kritische Hinterleuchten des behandelten Themas findet in dieser Dokumentation kaum Platz und es scheint als wären Lanzmann selbst wichtige Zusammenhänge entgangen. Dennoch bleibt TSAHAL ein spannendes Werk, das man vor allem als historischen Blick auf die schwierige Unabhängigkeitsgeschichte Israels sehen sollte.
Frankreich / Deutschland 1994, 304 Min
Englisch, Französisch, Hebräisch
Regie: Claude Lanzmann